Am Gradierwerk ist Endstation

Rotweißes Flatterband umschließt seit Kurzem den Hügel nahe dem Gradierwerk. Noch vor ein paar Tagen hatten mehrere Jugendliche ihn dazu genutzt, ihn mit ihren BMX-Rädern auszufahren. So auch Nico, Marcelino und Hanna, die nahe dem Gradierwerk auf der Wiese saßen. Die drei jungen Leute sind begeisterte BMX-Fahrer. Den Hügel nahe dem Gradierwerk, ja, den haben sie auch schon in den letzten Tagen mal genutzt. „Wir sind da auch gefahren. Es macht einfach Spaß, da rauf und runter zu fahren“, erzählt der 17-jährige Nico. „Gerade bei der Abfahrt bekommt man etwas Adrenalin“, meint der junge Mann. „Das ist ein Hügel, wo man ziemlich gut mit Sprung runterkommt“, findet auch der 16-jährige Marcelino „nicht so toll“, da nicht mehr fahren zu können. „Aber ich kann es natürlich auch verstehen, weil da schnell ein Unfall passieren kann und es verständlich ist, dass man nicht will, dass da die Jugendlichen fahren und fallen.“ Die Aktivitäten der Fahrer auf dem Hügel sorgen durchaus für Unmut und kontroverse Diskussionen.

Roxana Pach und ihr Freund Michael Peters flanierten entlang des Gradierwerks und waren sich da nicht einig. „Das finde ich überhaupt nicht schlimm, aber es sieht nicht schön aus. Der Hügel sah vorher besser aus, ich war länger nicht mehr hier“, meinte sie. Er dagegen meinte: „Ich finde es nicht so schön, es ist so ruhig und idyllisch. Vielleicht kann man da eine andere Lösung finden.“

Nicole Wilhelmi hatte dazu eine ganz klare Meinung. „Als ich letztens hier vorbeigelaufen bin, habe ich gedacht: das geht gar nicht. Als die Jungs da runtergefahren sind, das fand ich unmöglich. Man sieht doch, dass das keine Rennstrecke ist, sondern was Bepflanztes.“ Die 48-Jährige bummelt häufig von ihrer Wohnung an der Schillerstraße vorbei am Gradierwerk. Die Diskussion um „die armen Jugendlichen, die finde ich unnötig. Die haben genug hier, wo sie fahren können. Aber doch nicht gerade hier an so einem Ruhepol.“

Gut für die Geschicklichkeit

Mit der Diskussion um die „armen Jugendlichen“ bezog sie sich auch auf die Reaktion des ADFC, der in Gestalt von Eckehard Lüdke für das Anliegen der Kids Verständnis gezeigt hatte. „Die Jugendlichen machen sich eine tolle Strecke draus, trainieren ihre Geschicklichkeit und Körperkoordination. Das sind die Dinge, wo wir bei Jugendlichen so hohe Defizite haben“, findet der ADFC-Kreisvorsitzende das Fahren mit den BMX-Rädern grundsätzlich gut. „Wenn wir Jugendliche nicht nur vor Geräten hängen lassen wollen und sie kognitiv was tun, kann man das begrüßen.“

Aber natürlich sieht er das Problem, ausgerechnet diesen Hügel  dafür zu nutzen. „Da fahren die natürlich alles kaputt.“ Er habe auch gehört, dass dort bewusst Blumenbeete für Insekten angelegt sind. Und dass das Ganze als Ort der Entspannung dient, sei ja auch klar. „Da prallen verschiedene Bedürfnisse aufeinander“, sagt er, regt aber an, den Impuls, der durch die Nutzung von den Jugendlichen ausgegangen sei, aufzunehmen und „die Bedürfnisse in Einklang zu bringen.“ Man könne sich ja mit den Kids zusammensetzen, um eine Lösung hinzukriegen. Ihm schwebt soetwas wie eine Hügellandschaft vor, die man aufschütten könnte, nicht als städtische Anlage deklariere und die Kids diese Hügel dann auf eigene Gefahr benutzen können.

Möglichkeiten sollen geschaffen werden

Eine solch kreative Lösung fände auch Dominik Pichler ganz gut. „Das Gradierwerk und die Sole sind ein Ruheort und nicht für BMX angelegt“, sagt der Bürgermeister der Stadt. So seien eben auch Ältere durch die „flotten Kinder“ schon erschreckt worden. Aber die Interessen der Jugendlichen sollen auch Berücksichtigung finden. „Wir sind dabei, 2021 einen Skaterpark zu machen – vielleicht nicht nur für Skater, sondern auch für Inliner und BMX-Fahrer.“ Das sei da „mehr als nur eine Halfpipe“. Und „irgendwo einen Hügel aufschütten“, könne ja vielleicht möglich sein. „Wir planen ja einen Workshop mit der Community“, rät Pichler den jungen Leuten, „sich bei Werner Barz in der Verwaltung mit anzumelden und da dann die Idee mit zu verankern.“

Nico, Marcelino und Hanna fänden es klasse, wenn in der Richtung für sie was passieren könnte.  „Wenn es eine Gelegenheit gäbe, das würde richtig Spaß machen“, meint Nico. „Ein Mischmasch wäre gut – so die Skaterbahn und so daneben eine kleine Strecke, wo man auch Mountainbike fahren könnte, mit Steilkurve oder so.“ Und auch Hanna wäre mit so einer Lösung einverstanden: „Ich fände es toll, wenn man irgendwas bauen würde extra für die Jugendlichen, wo auch drauf geachtet wird, dass es etwas sicherer ist als nur so ein kleiner Hügel – so eine Offroad-Strecke.“