„Wir sind nicht gegen die OW1, sondern für die Binnenheide“

Für den Biber und gegen die Menschen seien sie – das müssen sich Kevelaers Grüne in Diskussionen um die geplante Umgehungsstraße OW1 immer mal wieder anhören. Dabei geht es den Grünen gar nicht um einen Biber, sondern um eine schützenswerte Naturlandschaft.

„Wenn einzelne Biber gesichtet werden, sind das meist umherziehende Junggesellen“, erläutert Wolfgang Röhr, Fraktionsvorsitzender der Kevelaerer Grünen. So sei es auch nicht der Hinweis auf einen Biber gewesen, der seinerzeit eine erneute Umweltprüfung im Planungsbereich der OW1 ausgelöst habe. „Das Gutachten musste erneuert werden, weil sich seit des Erstellung Vorschriften verändert hatten“, stellt Röhr richtig.

Die Grünen sind als einzige Partei in Kevelaer – mehrheitlich – gegen den Fortbau der OW1. „Die Binnenheide ist eine ganz besondere Landschaft, und die OW1 wäre ein erheblicher Eingriff in die Natur“, begründet Röhr. Magere Feuchtböden mit lediglich extensiver Landwirtschaft, das finde man in Kevelaer sonst nicht. Das nur wenig bebaute Gebiet sei auch bei Wanderern und Radfahrern geschätzt.

OW1 auf einem Wall

Und noch eines macht der Grüne deutlich. Man spreche hier nicht, wie manche meinten, lediglich von einer zehn Meter breiten Straße. Die Straße solle auf einem Wall geführt, die Feldwege überbrückt werden. „Die OW1 wird eine größere Breite haben als normale Straßen.“

Besonders stört die Grünen, das mit ihrem Anliegen „Naturschutz“ so abfällig umgegangen wird. Insbesondere ärgert Röhr der eingangs zitierte Vorwurf, gegen die Menschen zu sein. „Wir versuchen fair zu sein, Argumente abzuwägen. Auch in der Partei sind wir nicht einheitlicher Meinung. Aber mit uns wird nicht immer fair umgegangen.“

„Mir tun die Menschen an der Rheinstraße leid“, sagt der Grüne. Aber er finde, man müsse die Situation im größeren Kontext bewerten. So werde auch Twisteden zu bestimmten Zeiten stark vom Irrland-Verkehr belastet, Straßen in Großstädten hätten teils das sechsfache Verkehrsaufkommen am Tag. Es gebe eine Karte von NRW, in der das Verkehrsaufkommen belasteter Straßen farblich markiert sei. „Da gehört die Rheinstraße zu den weniger belasteten“, berichtet Röhr. Viele Winnekendonker, insbesondere auf den Durchgangsverkehr angewiesene Geschäftsleute, fänden die OW1 ebenfalls nicht gut, und wer nicht direkt an der Durchgangsstraße wohne, stehe oft hinter dem grünen Anliegen „Naturschutz“. Die meisten Kevelaerer ärgerten sich vor allem über die Wartezeit an der Ampel zur B9.

Mit der OW1 gäbe es sicher eine gewisse Entlastung, glaubt Karl-Heinz Kandolf, Urgestein der Kevelaerer Grünen. „Aber die Rheinstraße wird vielbefahren bleiben“, sagt er überzeugt. Nicht zuletzt, weil ein großer Teil des Verkehrs nachweislich Ziel- und Quellverkehr der Innenstadt sei. „Die Verkehrsprobleme Kevelaers werden damit keinesfalls gelöst. Das Problem ist die Stadtdurchfahrt.“

Genau da aber würden die anderen Parteien, auch die CDU, die gerade mit der OW1 „Wahlkampf“ mache, versagen. „Es fehlt ein Verkehrskonzept für Kevelaer“, kritisiert Röhr. Auf der Bahn- und Marktstraße staue sich der Verkehr, die Lindenstraße könne man zu bestimmten Zeiten kaum noch überqueren. Der Antrag, eine Tiefgarage unter dem Peter-Plümpe-Platz – „Kevelaers schönstem Platz“ – zu prüfen, sei von den Grünen gestellt worden.

Alternativvorschläge

Übrigens ebenso wie die Vorstöße, auf der Bahnstraße Tempo 30 und von der Niersbrücke bis zum Ende der Bebauung Tempo 50 einzuführen. „Wir verstehen, wenn die Anwohner der Rheinstraße für die OW1 sind“, sagt Röhr. Auch die Grünen wollten die Bedingungen dort weiter verbessern. So könnte der Lkw-Verkehr über Kervenheim und die Schloss-Wissener-Straße geführt werden, Kevelaer nicht an der Autobahnausfahrt Sonsbeck, sondern bei Uedem ausgeschildert werden. Selbst eine nördliche Umfahrung Winnekendonks anstelle einer südlichen, wie für die OW1 geplant, könnten sich die Grünen vorstellen und hatten lange für eine solche Trassenführung geworben, weil dort mehr Acker- und weniger Naturflächen liegen. „Wir sind nicht gegen die OW1“, resümiert Röhr, „sondern für die Binnenheide“.