SSG Kevelaer ist Deutscher Meister

„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die erfolgreichste Mannschaft im ganzen Land?“ So können sich die Mitglieder der 1.-Bundesliga-Mannschaft der SSG Kevelaer im Vereinshaus nun vor ihrer Trophäe stellen. Was die Meisterschale beim Fußball, ist für die Sportschützen in der Bundesliga der Spiegel. Hier wird sich die SSG nun auf dem noch freien Platz bei 2019 mit einem Namensschild verewigen.
Es war ein langer Weg, bis sich die „Tiger“ den verdienten Titel erkämpfen konnten. Die Saison hat im Oktober 2018 etwas holprig begonnen. So fand sich die Mannschaft um Trainer Rudi Joosten, nach dem ersten Wettkampfwochenende noch ziemlich am Tabellenende wieder, da beide Begegnungen damals verloren gingen – unter anderem auch gegen den SSV St. Hubertus Elsen, der am vergangenen Sonntag in Paderborn als Gastgeber und Ausrichter den Tigern im Goldfinale gegenüberstand. Damals fehlten in der Mannschaftsbesetzung die beiden erfolgreichen Juniorinnen Anna und Franka Janssen, die zu diesem Zeitpunkt bei der Weltmeisterschaft in Korea für das Nationalteam antraten.
Am vergangenen Wochenende aber waren die Kevelaerer komplett anwesend und lieferten eine beachtliche Show ab. Bereits das gefürchtete Viertelfinale gegen den Tabellenzweiten aus der Bundesliga-Süd-Tabelle zeigte mit 4:1 für die Marienstädter den Gegner SV Petersaurach chancenlos. Fast hätte es in diesem Duell noch zusätzlichen Grund zum Jubeln gegeben: Sergey Richter verfehlte mit nur einem Ring das Optimum von 400 Ringen und auch Anna Janssen lieferte mit 398 Ringen ein fast blitzsauberes Ergebnis ab. Bis auf Alexander Thomas konnten alle SSG-Sportler ihre Wettkämpfe gewinnen und zogen somit in das Halbfinale ein, welches bereits ein paar Stunden später stattfand.
Eichenlaub Saltendorf hieß der nächste Gegner für die „Tiger“. Bei den Finalwettkämpfen 2017 hatten die aus der Nähe von Regensburg stammenden Meister der Tabelle Süd die SSG bereits im Viertelfinale „rausgekickt“. Die Joosten-Schützlinge blieben davon relativ unbeeindruckt und ließen sich das Zepter nicht aus der Hand nehmen. Anna Janssen und Sergey Richter drehten nun den Spieß um. Während Janssen bis zum dritten Schuss fehlerfrei blieb und mit 399 schloss, konnte Richter erst in den letzten beiden Serien jeweils 100 Ringe abliefern und in der Endabrechnung 398 Ringe vorweisen. Ebenfalls sicher waren Franka Janssen und Jana Erstfeld, die jeweils 396 Ringe auf die Scheibe brachten. Alexander Thomas musste mit knappen 391:392 Ringen seinen Punkt an den Saltendorfer Helmut Kächele abgeben. Die sehr starken Kevelaerer überzeugten in der fast ausverkauften Sporthalle am Maspernplatz in Paderborn somit ein weiteres Mal und gewannen wieder mit 4:1. Mit 1980 Ringen verfehlten sie um zwei Zähler den eigenen Bundesligarekord und setzten ein Ausrufezeichen für das bevorstehende Finale am nächsten Tag.
Die weit über 50 mitgereisten Fans feuerten auch im Finale gegen den SSV St. Hubertus Elsen ihre Mannschaft aus der Marienstadt kräftig an. Dass der Gegner mit Heimvorteil eine harte Nuss sein würde, war im Vorfeld klar. Man kennt sich aus der Nordliga und zusätzlich verbindet die beiden Vereine eine Kooperation im Juniorenbereich. Deshalb stand das Finale um die Deutsche Mannschafts-Meisterschaft auch unter dem Motto „Finale unter Freunden“.
Anna Janssen bekam es mit dem Niederländer Peter Hellenbrand zu tun. Hellenbrand ist ein alter Hase im Schießsportgeschäft und trat bereits 2012 bei den olympischen Spielen in London an, wo er Fünfter wurde. Janssens Taktik, das Match schnell und gut abzuschließen, um den Gegner damit aus der Reserve zu locken, hat geklappt. Nur der zweite Schuss ging in die Neun, die restlichen Punkte auf der Anzeigetafel waren rot, also alles Zehnen. Nach nur 25 Minuten beendete Anna Janssen ihren Wettkampf mit 399 Ringen. Da hatte Hellenbrand noch ein paar Schüsse vor sich, allerdings bereits eine Neun mehr auf der Scheibe, was den sicheren ersten Einzelpunkt für die Kevelaerer bedeutete.
Das zweite Duell, Sergey Richter gegen Denise Palberg, wurde ab Mitte der dritten Serie spannend. Richter legte zuerst zwei blitzsaubere 100er-Serien vor und erst in der dritten Serie rutschten ihm zwei Neunen raus. In der Hochrechnung stand es mit Palberg, die einige Schüsse hinterher war, nun gleich. Doch auch wenn Richter in Serie Vier noch mal zwei Neunen auf die Scheibe brachte – Palberg zeigte mit einer 96er-Serie Nerven und somit holte Richter Punkt Nummer zwei mit 396:393 Ringen für die „Tiger“.
Dass Alexander Thomas (389:391) und Franka Janshen (391:396) ihre Duelle wahrscheinlich verlieren würden, stand zu diesem Zeitpunkt fest. So waren nun alle Augen auf die Begegnung Jana Erstfeld gegen Annemarie Röser gerichtet. Erstfeld schoss schneller als Röser und in der Hochrechnung hatte sie bereits einen Vorsprung von fünf Ringen. Sie musste nun einfach nur die Nerven behalten – und das tat sie auch: Mit zwei 100er-Serien zum Abschluss verabschiedete sich Erstfeld aus dem Duell und holte damit den dritten und entscheidenden Punkt, der die SSG Kevelaer zum neuen Deutschen Meister der Bundesliga Luftgewehr machte.
„Irgendwann in der zweiten Hälfte der Saison habe ich bereits den Verdacht gehabt, dass es diesmal was werden kann, und klar sind wir auch mit diesem Gefühl nach Paderborn gefahren“, schildert Trainer Rudi Joosten. „Gestärkt wurden wir durch unsere Fans vor Ort, die haben uns so toll angefeuert, was nicht nur bei unseren Schützen sehr gut ankam! Bedanken möchte ich mich bei meinem Co-Trainer Simon Janssen, der die Mannschaft zusätzlich betreut. Ich bin sehr stolz und zufrieden, wir werden jetzt zur Ruhe kommen und den Titel genießen!“