Schneller Verstand und schnelle Hände
Rauchende Köpfe, geleerte Gläser und tippende Finger – so stellte sich die Situation dar an den „Brettern“, die für den passionierten Schachspieler so etwas wie seine „Welt“ bedeuten. Auf den Tischen standen große Stoppuhren – und auf einem Ehrentisch die zahlreichen Fußballverein-Weihnachtsmänner, die am Ende der sportlichen Partien an die Anwesenden in Erwartung des Festes verteilt wurden. 14 Seniorenspieler hatten sich in der „Gaststätte Einhorn“ eingefunden, um sich nochmal zum Jahresende so richtig miteinander zu messen und ihren Geist zu trainieren.
„Hier läuft gleich Blitzschach – drei Minuten Bedenkzeit plus zwei Sekunden pro gespieltem Zug- und jeder gegen jeden. Entscheidend ist: schnell ziehen und den ersten Gedanken aufs Brett bringen“, beschrieb der Vorsitzende des Kevelaerer Schachclubs, Werner Vonk, den Grundcharakter des Vergleichs.
„Das ist das letzte Turnier im Jahr, und dann beginnt auch für uns die besinnliche Zeit. Aber vorher hauen wir noch einen raus“, schmunzelte der Vorsitzendende. 2019 sei ein sehr erfolgreiches Jahr für den Verein gewesen, bilanzierte Vonk, bevor es so richtig losging und er selbst mit ans Brett ging. „Wir haben in der Jugendarbeit erstaunlichen Zuwachs. Beim Weckmannturnier hatten wir 20 Jugendliche – so eine Zahl hatten wir seit Jahren nicht mehr. Wir sind froh, dass wir da gut aufgestellt sind.“ Im Gegensatz dazu sei das Durchschnittsalter hier „sehr hoch. Und hier wird es trotz Blitzschach ein ruhiger Abend.“
Die Mädels ausblenden
An den Tischen hatte sich „viel Erfahrung“ angesammelt. „Hier sitzen ein Dutzend Leute mit um die 50 Jahre Schacherfahrung: Wir spielen heute ohne Wertung. Da kann man experimentieren und jeder das zeigen, was er im stillen Kämmerlein vorbereitet hat.“ Einer dieser erfahrenen Schachspieler war Klaus Gutsche. „Gute Routine und viel Übersicht“ zeichne einen guten Blitzschachspieler aus, machte es ihm nicht viel aus, dass nebenher eine Frauengesellschaft laut miteinander sprach. „Ich kann die Mädels super ausblenden“, meinte er schmunzelnd.
Ludger Simon stellte derweil zufrieden seine schwarzen Figuren nach einer spannenden Runde wieder auf das Brett in die Ausgangsposition. „Er hat die Chance für C6 nicht gesehen“, beschrieb der 74-Jährige, der im Jahr 1961 mit dem Schachspielen begonnen hat, die Herausforderung dieser besonderer Schachart. „Ein guter Spieler übersieht sowas nicht, aber ein normaler Spieler sieht oft diese Gelegenheiten nicht. Und es ist oft schwer abzuschätzen, welcher Angriff jetzt stärkerer Natur ist und was ich ‚laufen’ lassen kann.“
Zwischen den Partien nutzten die Spieler die Gelegenheit zum Plauschen über die Partien und ihre persönlichen Erfahrungen am Spielbrett. Und ab und an gab es dann auch spannende Anekdoten zu hören, wie die von Simon, der einmal in Eschborn die Gelegenheit bekam, gegen den früheren Schachweltmeister und Weltmeister im Schnellschach, den Inder Viswanathan Anand, anzutreten. „Ich habe da gelernt, wie man mit dem Springer so umgeht – eine seiner Spezialitäten.“