Kerssenboomsche Mühle soll gerettet werden

Ein Schmuckstück ist sie auf den ersten Blick nicht, wie sie so dasteht, ohne schmückende Kopfbedeckung, ohne Flügel. Und dennoch landet man, lernt man ihre inneren Werte kennen, schnell im Märchenland und hier bei Dornröschen. Denn das, was mit der Kerssenboomschen Mühle gerade passiert, ist so etwas wie die Erweckung aus einem Dornröschenschlaf.

Zurück in die harte Realität, in der heute alles irgendwie mit Geld zu tun hat: Die Mühle an der Einmündung der Xantener in die Sonsbecker Straße, 1848 erbaut, wurde rund ein Jahrhundert später, genauer 1949, stillgelegt. Der Betrieb lohnte sich nicht mehr. Also drehte Müller Kerssenboom den Schlüssel rum und das war‘s.

Obwohl Nachfahrin Maria Kerssenboom alles versuchte, ihre schützende Hand über das hohe Bauwerk zu halten und in den 1970er- und 1990er-Jahren kleine Instandhaltungen erfolgten, verfiel die Mühle immer mehr. Zuletzt war es das löchrige Dach, das dem eigentlich betriebsbereiten Inneren der Mühle und dem vollständig erhaltenen Mahlwerk zunehmend zusetzte. Und dann kam der Braunkohle-Tagebau. Und der rettete die Winnekendonker Mühle.

Märchenhaft

Das hört sich doch ziemlich märchenhaft an: Mit dem Geld, das Stromgigant RWE an die Deutsche Stiftung Denkmalschutz zahlte, weil die Immerather Mühle vor dem Tagebau Garzweiler nicht mehr zu retten war, soll nun die Kerssenboomsche Mühle wieder restauriert werden. Denn die Mühle, die im Oktober 2018 für den Tagebau Garzweiler II abgerissen wurde, weil Verkauf und Wiederaufbau als Heimatmuseum scheiterten, war ebenfalls ein so genannter „Bergholländer“. Und das Geld dafür sollte, so die Bedingung an die Stiftung, in die Erhaltung einer ähnlichen Mühle fließen.

Davon erfuhr Armin Zocher, bei der Wallfahrtsstadt zuständig für die Denkmalpflege, von Landeskonservator Dr. Andreas Stürmer. Er nahm Kontakt mit der Familie Wassenberg auf, die als Nachfahren heute den Kerssenboomschen Hof bewirtschaften, und stieß auf großes Interesse bei Hedwig und Bernhard Wassenberg und ihren Kindern Matthias, Robert und Andreas.

Die Kerssenboomsche Mühle

Es wird allerdings noch Jahre brauchen, bis sich die Flügel wieder drehen oder gar Korn zwischen den Mühlsteinen wieder zu Mehl gemahlen wird, erklärt Matthias Wassenberg. „Wir rechnen in einzelnen Bauabschnitten.“ Denn allein die Restaurierung der Dachhaube, die gerade in den Niederlanden erfolgt, gehe „in Richtung 200.000 Euro“, sagt er.

Zwar gebe es auch Landesfördermittel, erläutert Zocher, doch rund zehn Prozent der Kosten müsse der Eigentümer selber tragen. Ist das Dach wiederhergestellt, soll es an das darunter befindliche Drehgerüst gehen, dessen hölzerner Ring schon vor der Montage des provisorischen Daches zusammen mit der Haube abgenommen wurde und jetzt neben den Metall-Flügeln gut abgedeckt auf dem Hof liegt. Bis alles wieder montiert werden könne, werde es wohl bis ins kommende Jahr dauern, sagt Matthias Wassenberg.

Im Inneren der Mühle hat man in der Vergangenheit nur das Nötigste getan, um die Mechanik nicht vollends verfallen zu lassen. Auch hier wartet noch viel Arbeit, doch die Wassenbergs sind guter Dinge, dass sich vielleicht eines Tages die Flügel wieder drehen, das Mahlwerk wieder mahlen und sogar Besucher durch die alte Kerssenboomsche Mühle geführt werden können.

Zur Geschichte der Mühle

Die Winnekendonksche Mühle, wie sie bis 1860 genannt wurde, ist als Gesellschaftsmühle gegründet worden.

Am 26. August 1848 trafen sich sieben Ackerwirte und der Kaufmann Theodor Kerssenboom als Mitglieder der Mühlengesellschaft bei Notar Carl Friedrich Grisenbeck, um von Everhard Anton Opgenoorth das Grundstück zu kaufen.

1858 wurde die Mühle mit Haus und Garten zur Pacht angeboten. Bernhard Kerssenbohm bekam den Zuschlag und kaufte 1860 den Gesellschaftern die Mühle ab.
1872/73 wurde die Mühle auf Dampfantrieb umgestellt.
1913 wurde sie auf Elektroantrieb umgestellt.