In Kevelaer brennen noch immer die Kerzen

Der Kapellenplatz liegt im Sonnenschein, die Vögel zwitschern, ansonsten ist es ruhig. Vereinzelt läuft ein Mensch an der Gnadenkapelle vorbei, hält kurz inne und betrachtet im stillen Gebet das Bild der Gottesmutter. Sind doch mal zwei Gläubige zur gleichen Zeit an der Kapelle, halten sie Abstand – auch dann, wenn sie eine Kerze an der Kerzenkapelle entzünden. Obschon insgesamt weniger Menschen zum Kapellenplatz kommen, flackern einige der kleinen Flammen im Wind.

Dr. Bastian Rütten, theologischer Referent der Wallfahrt, kann aus seinem Büro den Platz beobachten. „Einige Menschen zünden nicht nur eine, sondern direkt fünf oder sechs Kerzen an“, berichtet er. Aus Gesprächen – in sicherem Abstand geführt – weiß er, dass diejenigen, die nach Kevelaer kommen, im Auftrag für Freunde und Nachbarn gleich mehr Kerzen anzünden. „Auch da herrscht eine große Solidarität“, stellt Rütten fest. Eine Solidarität, die das Seelsorgeteam um Wallfahrtsrektor Gregor Kauling, Kaplan Christoph Schwerhoff und Rütten auf eine Idee gebracht hat. „Wegen der Kontakt- und Aus- gangsbeschränkungen haben viele Menschen derzeit nicht die Möglichkeit, selber nach Kevelaer zu kommen“, erklärt Rütten, „sie haben aber dennoch das Bedürfnis, eine Kerze anzuzünden. Das möchten wir ihnen mit einem neuen Angebot ermöglichen.“

Kontakt per E-Mail oder Brief

Wer für ein bestimmtes Anliegen eine Kerze aufstellen möchte, kann eine E-Mail an kerze@wallfahrt-kevelaer.de oder einen Brief an das Priesterhaus in Kevelaer, Kapellenplatz 35, schreiben. „Die Seelsorger werden für jeden Mailschreiber eine Kerze aufstellen und in einem Gebet das Anliegen vor Gott bringen“, verspricht Rütten. Wallfahrtsrektor Kauling ergänzt: „Wir hoffen, dass wir durch dieses Zeichen auch eine Möglichkeit bieten, in diesen Zeiten seine Anliegen und Sorgen hier in Kevelaer vor Gott und die Mutter Gottes zu tragen.“

Normalerweise hört man jedes Mal eine Münze in die Spendenbox fallen, wenn sich jemand eine Kerze am Kapellenplatz nimmt. „Keiner, der uns darum bitter, eine Kerze aufzustellen, muss etwas bezahlen“, betont Rütten nun. Wer dennoch etwas Gutes tun möchte, wird um eine Spende an das Hilfswerk Misereor gebeten, das mehr als 100.000 Projekte in Afrika, Asien, Lateinamerika und Ozeanien betreut. Üblicherweise wird die Kollekte in der Fastenzeit insbesondere an Misereor gespendet – da aktuell jedoch keine öffentlichen Gottesdienste gefeiert werden dürfen, entfallen diese Spenden derzeit.