In der Warteschlange

Sehr selten kommt es heute noch vor, dass ich einen (handgeschriebenen) Brief verschicke. In den letzten Tagen war es aber mal wieder so weit. Also ging ich auf meiner letzten Handelsreise den kleinen Umweg zur Post an der Gelderner Straße. Als ich dort eintraf, kam mir an der Auffahrt vom Hof ein Mann mit leicht gerötetem Gesicht entgegen. „Ich weiß, ich darf hier eigentlich nicht parken, aber … sehen Sie das Chaos auf der Straße vor der Post?“ Natürlich, es war alles vollgeparkt und im Hof sah ich noch sechs weitere Autos, die dort eigentlich nicht hingehören.

Als ich Richtung Eingang ging, wurde mir sofort klar, warum. Eine Schlange stand vor der Türe– also noch geschlossen, um die Zeit? Nein, dann sah ich es: Die Schlange stand bis vor die Schalter. Na ja, übe ich mich halt in Geduld. Nach einer gefühlten guten Stunde konnte ich zumindest bis in die „Wartehalle“ vorrücken. Da sah ich, dass an einem der Schalter schon seit geraumer Zeit ein Kunde versuchte, von seinem Postsparbuch Geld abzuheben. Irgendwie gab es Probleme, auch mit der Sprache, alles in Englisch. Die Dame am Schalter wirkte genervt, lächelte das aber weg. Die Technik …

Deutlich peinlicher wurde mir aber dann, was ich aus dem seitlichen Beratungsraum der Postbank mitbekam: „Sie heißen …“ – „Ja.“ – „Geboren am …“ – „Ja.“ – „Na, das ist ja kein Wunder. Der Automat spuckt nichts mehr aus, weil Sie Ihren Kreditrahmen ausgeschöpft haben …“ usw. usw..

Ich versuchte, den diskreten Abstand wie bei jeder normalen Bank zu halten. Leider war das aber nicht möglich, stand ja alles voller Leute und Platz nach links gab es nicht. Verschämt versuchte ich wegzuhören. Die Leute vor mir: einige grinsten, andere schüttelten verstört den Kopf. Da wurde mir schnell klar: Sollte ich mal nicht mehr mit Bargeld arbeiten können, so müsste ich wohl ein Konto eröffnen, sicher aber nicht bei der Postbank.

Als ich endlich an der Reihe war, stand übrigens an dem anderen Schalter immer noch der „Bankkunde“ mit seinem Postsparbuch und die Dame war jetzt sichtlich total genervt.

Meine Mechel meinte: „Joa, so is dat, wenn die grote Konzerne de Milliarden make. Dat gätt well blos, wenn se överall an de verkeerde Kant spaare.“

Euer Hendrick