In memoriam

Es muss nicht andauernd und immer Corona sein, dachte ich mir und ging mal wieder in die Amsterdamer Straße zum Goldenen Löwen. Es muss doch einen Grund haben, warum mich diese Adresse immer besonders interessiert…

So habe ich dann der heutigen Wirtin „Guten Tag“ gesagt und wir kamen über die Geschichte und Bewohner des Hauses und vor allem seine damalige, betagte Inhaberin und Chefin ins Plaudern. In ihrer Verwandtschaft soll sie immer nur „Große Oma“ genannt worden sein, bis sie im Februar 1980 verstarb, knapp vor ihrem 100. Geburtstag.

Aus derselben Verwandtschaft stammt dann auch diese nette Anekdote, die allerdings den Vorzug hat, wirklich wahr zu sein.

Große Oma“ hatte bekanntlich sieben Töchter und einen Sohn. Eines der Mädchen verstarb schon im Kindesalter. Was die anderen jungen Damen angeht, die später teils ein respektables Alter erreichten, konnte es nicht ausbleiben, dass eines Tages die entsprechende Anzahl von potenziellen Schwiegersöhnen auftauchen würde. In den damaligen 20er-Jahren waren die Damen alle im erwachsenen, also heiratsfähigen Alter angekommen.

Für eine der Töchter kam dann auch irgendwann der große Tag und sie stellte ihren Freund und geplanten Bräutigam vor, natürlich kritisch beäugt von der Mutter.
Im behaglichen Wohnzimmer, oberhalb der Gaststätte, bei einer Tasse Kaffee und ein paar Möppkes fand das etwas gequälte Gespräch statt, das wir heutzutage als „small talk“ bezeichnen würden. Tochter und junger Mann hielten sich währenddessen auf dem Sofa sitzend bei der Hand.

Nach Beendigung der Anstandsstunde und nach artiger Verabschiedung des Bräutigams in spe nahm die alte Dame ihre liebe Tochter noch einmal kurz ins Gebet. Ihr war selbstverständlich das Händchenhalten nicht entgangen und genau dies war ihr auch die Frage wert: „Segg, düt dän ömmer so geck?“

Darauf zog sie sich wieder in den Lehnstuhl zurück und befasste sich mit einem ihrer geliebten Liebes-Schmöker. Das wiederum veranlasste besagte Tochter zu der kleinen, aber höchst mutigen Stichelei: „Na, ham’se sich schon?“
Prompt erscholl die entrüstete Antwort: „Sit stell! Dat es ni van sowat!“

Mechel hat bei dieser Geschichte nur milde gelächelt und meinte: „Ek kann die Oma gut verstohn. So was dat frugger: Dij hebbe öhr Blage all en de Laej gefonde.““

Euer Hendrick