In der politischen Familie

In Zeiten des Wahlkampfes ist es normal, dass auch prominentere Parteigesichter den Weg in die jeweilige Region finden, um für ihre Partei mit zu werben. Gleiches galt für den Besuch des NRW-Verkehrsministers Hendrik Wüst, für den die Kevelaerer CDU einen „Informationsstand“ mitten auf dem Mechelner Platz aufgebaut hatte. Der Besuch zog neben einigen Bürgern auch viele wichtige CDU-Politiker in die Wallfahrtsstadt – den CDU-Bundestagsabgeordneten Stefan Rouenhoff, die Landtagsabgeordnete Margret Voßeler-Deppe, die Kandidatin für den Landratsposten, Silke Gorißen, oder auch den aus dem Amt scheidenden Weezer Bürgermeister Ulrich Franken.

Flankiert von dem kommissarischen CDU-Ortsverbandsvorsitzenden Michael Kamps und dem CDU-Bürgermeisterkandidaten Mario Maaßen äußerte sich der Minister, der zuletzt im Dezember 2019 zum offiziellen Spatenstich der OW 1 nach Kevelaer gekommen war, zu der „Zukunft der Mobilität auf dem Land“.

„Da sticht einem natürlich sofort die OW 1 ins Auge, um die wir als CDU gekämpft haben. Als Rot-Grün abgewählt wurde, haben wir gesagt: Da müssen wir sofort zuschlagen“, spielte Kamps den Ball zu Wüst herüber. „Dass wir so einen tollen Verkehrsminister kriegen, war da noch nicht absehbar“, verteilte er Freundlichkeiten an den Gast – und nahm am Handy spontan den Anruf von Voßeler-Deppe entgegen, die sich verspätet hatte.

Komplimente für Margret Voßeler-Deppe

Die erhielt vom Minister in Abwesenheit Minuten später persönlich erstmal Komplimente. „Jedesmal, wenn Landtagssitzung war und wir uns auf dem Weg zum Kaffee oder Händewaschen über den Weg gelaufen sind, hat sie gesagt: ,Du denkst aber an die OW1.‘ Ich habe irgendwann angefangen, schon einen Bogen um sie zu machen, weil sie wirklich sehr hartnäckig war. Aber sie macht es so charmant“, sorgte er für Lacher und bewarb Gorißen als Landrätin und Maaßen als Bürgermeister.

„Es gibt ja Kandidaten, die verleugnen ihre Partei. Ich halte da nix von“, feuerte Wüst eine rhetorische Spitze in Richtung des politischen Mitbewerbers ab. „Man wird in einer politischen Heimat groß und bekennt sich dazu. Es ist wichtig, dass man einbezogen ist in eine politische Familie, wo man den Draht nach Düsseldorf hat – das geht dann Hand in Hand: Stadt, Landratsamt und Land. Das ist gut für diese Region.“

Das erachte er auch für wichtig, was das Thema Mobilität betrifft – die Herausforderungen des demographischen Wandels, Klimawandel, Globalisierung mit den „hidden champions“ aus dem Handwerk und dem großen Anteil Deutschlands am Export. „Wir müssen die Güter rauskriegen in die Welt, das schaffen wir nicht mit dem Lastenfahrrad“, erlaubte er sich eine zweite Spitze Richtung Grüne.

Für Pendler und Wirtschaft

Er betonte die Wichtigkeit der OW 1: „Für die Menschen die pendeln müssen, für die Wirtschaft, die immer mehr exportiert“ müsse man eine „gute Infrastruktur und Verkehrsinfrastruktur anbieten“. Und er hatte für diejenigen, die auf sichtbare Fortschritte in Sachen OW 1 warten, eine gute Nachricht parat: „Ende 2020 wird man was sehen, am Bauwerk B 9 mit dem Gewässer Dondert.“

Wüst verwies aber auch auf die Schiene, für die genauso wie in die Straße eineinhalb Milliarden Euro vom Land NRW investiert würden. „Den großen internationalen Bahnhof Kevelaer wird es hier nicht geben“ machte er allerdings etwas scherzhaft klar. Deshalb brauche es eine Ortsumgehung. „So holen wir mindestens die Hälfte des Verkehrs aus dem Ort raus, – Autos raus, Lebensqualität rein.“ Wüst sprach sich „für mehr Raum für Fußgänger und Fahrradfahrer“ aus.

Der ganz große Nachholbedarf beim Rad bestehe zwar hier nicht, aber „trotzdem geht noch was. Mit E-Bikes und Pedelecs kann man größere Distanzen fahren, und dafür muss man Raum anbieten.“ Da sei Luft nach oben. Er finde es gut, dass die Kevelaerer CDU da als Konsequenz aus der OW 1 mehr Raum für Rad und Fußgänger schaffen wolle. „Das ist eine unideologische, pragmatische Verkehrspolitik, die den Menschen zugute kommt. Und das gefällt mir.“

Für Verkehrskonzepte stelle sein Ministerium 1 Euro pro Einwohner bereit, forderte er die Kommunen auf, das im Haushalt vorhandene Geld auch abzurufen. Und der Bund stelle 900 Millionen Euro für drei Jahre zur Verfügung, also könnten „die Kommunen da ruhig in den Wettbewerb gehen. Ihr rennt damit bei mir offene Türen ein. Ich habe die Kohle, also holt es ab.“ Die E-Mobilität komme „als erstes nicht über die Autos, sondern über die Räder“, so der Minister. Auch da lägen noch Potenziale. Und die Digitalisierung gebe die Möglichkeit, Verkehre auch in suburbanen ländlichen Regionen zu steuern. Er nannte das Beispiel des „On-Demand-Shuttle“, wo man auf Abruf ein mobiles Angebot nutzen könne. Land und Bund würden da mit Förderungen helfen. „Sascha Lobo hat mal gesagt: Bequemlichkeit ist alles.“ So sei nun mal der Mensch, dem gelte es Rechnung zu tragen.

RE 10: Eine der „dunkelsten Strecken im Netz“

Wüst ging dann noch auf einzelne Fragen ein. Den RE 10 bezeichnete er als eine der „dunkelsten Strecken“ im Netz. Das Interesse der Bahn sei da „nicht sehr ausgeprägt“, versuchte er sich in Diplomatie. „Wenn die Bahn Lust hat, soll sie sie in Schuss halten, ansonsten sollte sie sie abgeben.“

Und vom Kervenheimer Ortsvorsteher Martin Brands nahm er noch zwei Gedanken mit – einmal die  Frage der Anbindung an die B 67 n („Ich hake da mal nach“) und die der Kreuzung der beiden Landesstraßen kurz vor Kervenheim.