Ein Leben auf See

„Ich habe schon als Kind aus Zeitschriften Matrosen mit der Schere ausgeschnitten“, erinnert Günther Stenmanns sich gerne zurück an die schon früh beginnende Liebe zur Schifffahrt. Stenmanns feierte am Dienstag seinen 94. Geburtstag, seine letzte Weltreise ist nicht einmal zehn Jahre her. Geboren ist der ehemalige zweite Steuermann am 15. Oktober 1925 in Wetten, lange war er nach seiner Schulzeit auf See unterwegs und nun lebt er seit einigen Jahren im Haus für Senioren Regina Pacis in Kevelaer.

Stolz hält Günther Stenmanns auch heute noch seine Bescheinigung der Lehre als Schiffsjunge in der Hand, die er 1941 begann. Warum es damals nur zwei Jahre anstatt drei Lehrjahre waren, daran erinnert der 94-Jährige sich noch genau: „Wären wir inzwischen in den Krieg gekommen, hätten wir nichts in der Hand gehabt.“ Mit 17 Jahren wurde er eingezogen und ab 1943 arbeitete Stenmanns nach einigen Lehrgängen auf einem U-Boot. „Ich kam gar nicht mehr nach Hause“, erinnert er sich.

Im Jahr 1964 hörte er auf mit der Schifffahrt. Irgendwann hatte er ein ganz besonderes Verlangen: „Ich hatte den Wunsch, einmal um die Welt zu fahren.“ Angetrieben von Karel Gotts Lied „Einmal um die ganze Welt“, machte er mit 80 Jahren seine erste Weltreise – 180 Tage auf See. Fünf Jahre später, erzählt Stenmanns, veranlasste ihn erneut ein Lied zur Reise – Hans Albers mit seinem Song „Einmal noch nach Bombay“. „Einmal durch den Suez und durch den Panama“ heißt es in dem Lied. Kurzerhand ist der damals 85-Jährige dann ins Reisebüro gegangen und „dann bin ich mit 85 noch durch den Suez und den Panama-Kanal.“ Ein halbes Jahr habe die Reise gedauert.

Zusammenbruch und Herzprobleme

Neben der Musik, die Stenmanns damals ermutigte, war es der einfache Wunsch: „Ich wollte rund um die Welt.“ Mit 86 Jahren startete er schließlich noch eine dritte Weltreise – leider kam er diesmal auf anderem Wege zurück nach Deutschland als geplant. Ein Zusammenbruch und Herzprobleme haben ihn damals außer Gefecht gesetzt, „sodass ein mehrwöchiger Krankenhausaufenthalt in Argentinien folgte“, erzählt Stenmanns. An diese Reise erinnert der 94-Jährige sich noch heute genau. Er sei damals mit dem Flugzeug nach Amsterdam geflogen worden, anschließend folgte ein Transport nach Düsseldorf und eine Fahrt mit dem Krankenwagen nach Kleve und schließlich habe er einen Herzschrittmacher bekommen.

Seitdem reist Stenmanns nicht mehr, seine Sehkraft hat der 94-Jährige fast gänzlich verloren. Auch wenn ein bisschen Wehmut mitschwingt, der ehemalige Schiffsjunge blickt mit Freude auf die Zeit zurück: „Ich bin dankbar, dass ich das alles noch erleben konnte.“ Heute ist er im Regina Pacis in Kevelaer sehr glücklich. Trotz seiner fehlenden Sehkraft ist Stenmanns selbstständig. Nicht nur, dass er selbst seine Geburtstagsorganisation in die Hand nimmt – Stenmanns geht, erzählt er, jeden Tag „wenn ich gefrühstückt habe, durch Kevelaer an die frische Luft“ und am Nachmittag setzt er sich auf eine Bank am Museum. Für seine Eigenständigkeit ist der 94-Jährige dankbar. Seinen Geburtstag feierte er am Dienstag im kleinen Kreise beim Kuchenessen im Regina Pacis.