Die Sache mit den Bienen und den Blumen

Die Steine des Anstoßes liegen auch in Kevelaer und den Ortschaften in einigen Vorgärten herum: Mit Stein-Split belegte Flächen sind in den vergangenen Jahren immer mehr in Mode gekommen. Sterile Rasenflächen und Hecken aus Lebensbaum oder Kirschlorbeer tun ein übriges. Wer einen solchen Garten sein Eigen nennt, sagt endgültig ade zur Idee blühender Landschaften. Denn sowas lockt keine Biene mehr aus der Wabe. Und auch andere Insekten oder Vögel drehen in Scharen und maßlos enttäuscht ab. Das ärgert längst nicht nur Bienen, auch Vertreter des gemeinen Volkes und erst recht Experten warnen vor dem Rückgang der Artenvielfalt in Flora und Fauna. In Kevelaer hat eine besondere Allianz jetzt beschlossen, mit einem lokalen Angebot auf diese Problematik zu antworten.

Wer Johannes Baaken im Achterhoek besucht, findet eigentlich immer eine blühende Landschaft vor. Der Leiter des städtischen Betriebshofs ist so etwas wie der „Daniel Düsentrieb“ der Saatgut-Mischungen: Seit Jahren experimentiert er in seiner Freizeit vor der eigenen Haustür mit den unterschiedlichsten Zusammenstellungen. Jetzt sollen auch andere von seinem Forscherdrang profitieren: Gemeinsam mit der städtischen Klimaschutz-Managerin Dr. Nina Jordan, Großhändler Cox und dem lokalen Gartencenter-Chef Heino Breuer hat Baaken das Projekt „Niederrhein-Mischung“ ins Leben gerufen. Unter dem Motto „für unsere regionale Artenvielfalt“ wird im Gartencenter Breuer ab sofort eine Blumenwiese „im Glas“ angeboten. Zum selber aussäen, auf ehemaligen Rasenflächen, ehemaligen Pflaster- oder Schotterflächen, im Vorgarten oder hinterm Haus.

Schon bei der Verpackung fängt‘s an: Nicht Ein-Weg, sondern ein Weck-Glas steht für 9,95 Euro im Regal. Auf die Idee ist Baakens Frau Petra gekommen. Kann man wiederverwenden, wenn man die Mischung entnommen hat, die Baaken mit Unterstützung seines verstorbenen Vaters Franz Baaken und seines Sohnes Raphael entwickelt hat und die von Mitarbeitern des Hauses Freudenberg ins Glas hineingefüllt wurde. Selbst das Bild der bunten Blumenwiese auf dem Aufkleber wurde von der Grafikdesignerin Elke Pechhold erstellt, die in Kevelaer geboren wurde. Wer jetzt denkt, es gehe nicht lokaler, der täuscht sich: Pro Glas soll ein Euro des Verkaufspreises an einen sozialen Zweck in Kevelaer gehen, auch das war Johannes Baaken wichtig. An welchen, wollen die Initiatoren und Bürgermeister Dr. Dominik Pichler von der Höhe der Summe abhängig machen. In einer ersten Auflage sind 1000 Gläser bereitgestellt worden.

Im Gegensatz zu Mischungen vom Discounter, die laut Baaken „im Prinzip auch in Ordnung sind, jedenfalls immer noch besser als Schottergärten“, ist die „Niederrhein-Mischung“ speziell auf die regionalen Verhältnisse abgestimmt. Will heißen: Die Mischung kommt ohne Düngung mit den mageren Böden und der Witterung klar – extreme Wetterverhältnisse einmal ausgenommen. Und sie ist so zusammengesetzt, dass die Blumen nacheinander blühen und das mehrere Jahre hintereinander. Die Mischung für den Privatgarten kann an einem möglichst sonnigen bis halbschattigen Standort auf einen gepflügten oder umgegrabenen und danach geharkten Boden ausgebracht und dann gewalzt werden, ähnlich wie bei der Raseneinsaat. Mehr Arbeit hat man damit nicht, im Gegenteil: Harken oder Rasenmähen entfällt. Das sei übrigens auch eine gute Idee für öffentliche Grünanlagen, finden die Beteiligten und wollen auf fünf kleiner Flächen in der Stadt mit gutem Beispiel vorangehen und etwas für die Artenvielfalt tun.

„Das Glas mit der niederrheinischen Blumenwiese ist ein schönes Geschenk für alle möglichen Gelegenheiten“, sagt Johannes Baaken. Nachfrage habe es schon vorher gegeben, etwa als der Betriebshof Flächen mit der ersten Mischung für „Blühstreifen am Wegesrand“ bestückte. Und die Mischung eigne sich ja nicht nur für Privatgärten, ergänzt Dr. Nina Jordan. Auch auf Firmengelände könne die niederrheinische Blumenwiese für einen echten Hingucker-Effekt und für einen nachhaltigen Umgang mit einem StückNatur sorgen. Daher sind alle beteiligten guter Dinge, dass die Kevelaerer jetzt die Gelegenheit nutzen, sich auch ein Stück echter Natur vor die Tür zu holen.

Das Saatgut kann von April bis Juni ausgebracht werden. Die Wuchshöhe beträgt ca. 80 Zentimeter. Der Inhalt eines Glases (100g) reicht für zehn Quadratmeter Fläche. Das Saatgut setzt sich aus folgenden Pflanzen zusammen: Bienenfreund, Ringelblume, Schafgarbe, Goldlack, Margerite, Bartnelke, Natternkopf, Schleifenblume, Bechermalve, Roter Lein, Staudenlein, Zwerglupine, Basilikum, Klatschmohn, Mittagsblume.