Zu wenig Platz vor Ort für Kinder

„Wir haben die Ausnahme zur Regel gemacht.“ Bei der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses war Arnulf Jackel von den Grünen der Einzige, der neben Lob auch deutliche Kritik an der Arbeit der Verwaltung äußerte. Denn in Kevelaers Ortschaften fehlen massiv Kindergartenplätze.
Rechtlich dürfte das Vorgehen der Stadt in Ordnung sein, denn das Versorgungsangebot erfüllt in seinem Umfang die gesetzlichen Anforderungen. Erreicht wird das aber nur, indem die Kindergärten seit Jahren ihre Überhangplätze – eigentlich für Notfälle gedacht – voll ausreizen. Zudem hat Kevelaer ein großes Angebot an Plätzen bei Tagesmüttern.
Begonnen haben die Schwierigkeiten mit dem Ausbau der Betreuung von Kindern unter drei Jahren. Dieser Ausbau auf die vorgeschriebene Quote verringerte die Plätze für Kinder ab drei Jahren. Politik und Verwaltung haben in Kevelaer reagiert und 2012 und 2014 jeweils einen neuen Kindergarten auf den Weg gebracht. Doch das war nicht genug.
Kein Platz für Zuzügler
Das Kevelaerer Blatt weiß von mindestens drei Kindern, deren Familien jüngst nach Kevelaer gezogen sind und die weder in der Stadtmitte noch in den Ortschaften einen freien Kindergartenplatz finden können – denn die dafür vorgesehenen Überhangplätze sind alle vergeben. Die dadurch permanent zu großen Gruppen gehen „auf Kosten der Kinder und der pädagogischen Kräfte“, betonte Jackel.
Besonders angespannt ist die Situation in Winnekendonk. Obwohl Anmeldungen noch bis Weihnachten möglich sind, müssen die beiden dortigen Kindergärten Neuanmeldungen bereits jetzt auf die Warteliste setzen. Ausgehend von den Kindern, die im kommenden Jahr einen Ü3-Platzanspruch haben, fehlen im Golddorf 45 Plätze. Auch in Twisteden und Kervenheim werden 15 bzw. 16 Plätze fehlen. Lediglich in Wetten zeichnet sich ab kommendem Jahr eine Trendwende ab und die Ü3-Plätze werden in etwa auskömmlich sein. Legal wird der Mangel nur dadurch, dass die Ortschaften mit Kevelaer-Mitte zusammengefasst werden, wobei auch hier der Überschuss nur 16 Plätze beträgt. Unterm Strich bleibt stadtweit ein Minus von 62 Plätzen, denen 70 mögliche Überhangplätze gegenüber stehen.
Um speziell die Situation in Winnekendonk zu lösen, empfiehlt die Verwaltung neben den Überhangplätzen und Plätzen in der Stadtmitte dreierlei: Bislang aufgrund der Inklusion behinderter Kinder klein gehaltene Gruppen sollen diese Größenbegrenzung aufheben. Plätze in der Kindertagespflege sollen genutzt werden. Und zuletzt gebe es mit der Spielgruppe „Vergissmeinnicht“ ein weiteres Betreuungsangebot.
Entspannung ab 2019?
Den Prognosen zufolge entspannt sich die Situation ab 2019: Hier könnte das Angebot über die gesamte Stadt betrachtet erstmals wieder die Nachfrage übersteigen. Doch die Zahlen verdecken eines: In Winnekendonk, Twisteden und Kervenheim werden auch dann noch mehr Plätze fehlen, als durch Überhangplätze ausgeglichen werden können. Für die Eltern bedeutet das heute wie in drei Jahren, dass sie ihre Kinder aus ihrer jeweiligen Ortschaft täglich in einen Kindergarten in Kevelaer-Mitte fahren müssen. Zumindest für viele Berufstätige in Winnekendonk und Kervenheim dürfte das dem Weg zur Arbeit, der oft über die A57 führt, entgegen liegen. Nicht zuletzt dürfte nicht jede Familie die Möglichkeit haben, ihr Kind jeden Tag überhaupt mit dem Auto zur Betreuung zu fahren.
Für Politik und Verwaltung ist die Situation nicht einfach. Jugenddezernent Marc Buchholz betont, man wolle langfristige Lösungen schaffen, um Betreibern wie Mitarbeitern von Kindergärten Verlässlichkeit zu bieten. Es könne nicht das Ziel sein, einen Kindergarten zu bauen und aufgrund sinkender Kinderzahlen nach drei Jahren wieder zu schließen. Jackel erinnerte daran, dass Kevelaer Zuzugsgemeinde sei, was Buchholz veranlasste zu bekräftigen, dass man sich auf jeden Fall Gedanken zum Betreuungsangebot machen müsse, wenn man auf der Hüls oder in Winnekendonk auf dem alten Sportplatz neue Baugebiete ausweise.
Ein neuer Kindergarten mit einer Gruppe in Winnekendonk lohne sich nicht, sagte Ingrid Brahms vom Jugendamt. Ob ein Anbau des Urbanus-Kindergartens möglich sei, war jedoch ebenso wenig Thema wie die Überlegung, ob gemeinsam mit dem Bedarf in Kervenheim nicht sogar eine neue zweigruppige Einrichtung langfristig möglich wäre. Die meisten Politiker schlossen sich Martin Brandts (CDU) an, der eingangs resümiert hatte: „Auf Kante genäht, aber es passt.“ (loh)