Was lässt sich gegen Leerstände tun?

Im Moment wird es wieder an einigen Stellen in der Stadt deutlich: Auch Kevelaer ist vom Problem vieler Kommunen, von leerstehenden Ladenlokalen, betroffen. Das Kevelaerer Blatt sprach dazu mit Wirtschaftsförderer Hans-Josef Bruns.

KB: Herr Bruns, wie ernst ist das Problem mit den Leerständen in Kevelaer?

Hans-Josef Bruns: Wir haben in unserer ganzen Stadt in etwa 180 Betriebe im Einzelhandel mit rund 50 000 Quadratmetern Verkaufsfläche – ohne Lebensmittelmärkte. Für knapp zehn Prozent dieser Fläche suchen wir derzeit nach einer Folgenutzung. Das ist sicherlich nicht schön, aber weniger als im Bundesdurchschnitt. In den Hochfrequenzlagen finden wir in Kooperation mit den Eigentümern meist schnell neue Mieter, schwieriger in der Neuvermarktung sind da schon die Randlagen.

Wollen Sie damit sagen, dass Kevelaers Einzelhandel unterm Strich keine Probleme hat?

Bruns: Nein, die gesellschaftliche Entwicklung geht natürlich auch an Kevelaer nicht vorbei. Gerade durch die Digitalisierung haben sich im Handel die Strukturen insgesamt sehr verändert. Der Einzelhandel in Deutschland wächst ja immer noch, auch im letzten Jahr – aber eben überproportional stark ist das Wachstum im Onlinegeschäft. Deshalb ist unser Rat an die Kevelaerer Einzelhändler auch, das stationäre Geschäft und den Onlinehandel qualifiziert miteinander zu verbinden. Wir sind hier in Kevelaer aber in der glücklichen Lage, eine sehr schöne Innenstadt zu haben. Die Stadt hat Flair und Atmosphäre, es gibt einen guten Branchenmix und nach wie vor auch viele inhabergeführte Geschäfte. Beim Treffen mit anderen Wirtschaftsförderern merke ich, dass andere Kommunen oft größere Probleme haben als wir.

Trotzdem ist auch in Kevelaer von sinkenden Umsätzen die Rede.

Bruns: Die Kaufkraft in Kevelaer wächst, vor allem durch die Tatsache, dass die Einwohnerzahl stetig steigt. Aber das gilt leider nicht für den Zufluss der Kaufkraft von außerhalb, wahrscheinlich auch als Auswirkung der Zunahme des Onlinegeschäftes. Wir müssen uns deshalb unabhängig davon auch alle die Frage stellen: Sind eigentlich unsere Besucherzahlen unverändert? Wir haben ja niemanden, der das konkret zählt. Statistisch haben wir auf jeden Fall geringere Übernachtungszahlen – das wissen wir. Und das wirkt sich definitiv auch in Gastronomie und Einzelhandel aus. Das neue Hotel auf der Hüls wird hier aber sehr sicher zu einer Belebung insgesamt führen.

Welche Maßnahmen kommen von Seiten der Stadt, um die Innenstadt zu beleben?

Bruns:Wir konzentrieren uns im Rahmen des Strategieprozesses „Wir für unverwechselbar Kevelaer“ auf insgesamt fünf Handlungsfelder. Das Thema „Einzelhandel und Innenstadt“ ist mit drei Schwerpunktprojekten dabei: die Parkplatzsituation, die Verbesserung und Optimierung der Vermarktung und die Erhöhung der Besucherfrequenzen.
Eine veränderte Parkraumbewirtschaftung muss nicht immer gleich auch Einnahmeverluste für die Stadt bedeuten. Wir sprechen hier eher davon, das SMS-Parken einzuführen oder ein intelligentes Payback-System abzustimmen, bei dem die Händler dann den Kunden das Parkticket erstatten.
In der Vermarktung haben wir derzeit mehrere Werbegemeinschaften und den Verkehrsverein. Das muss meines Erachtens verdichtet werden, um für deutlich mehr Werbedruck und Umsetzung einheitlicher Themen über unsere Stadtgrenzen hinaus zu sorgen. Hierzu sind wir aber mit den Verantwortlichen bereits im intensiven Austausch.
Für die Besucherfrequenz spielen die Angebote des Stadtmarketings und die Wallfahrt eine große Rolle. Außerdem ist es wichtig, dass unsere Stadt insgesamt attraktiv und lebendig ist und bleibt. Dazu gehört der erste Eindruck eines Besuchers: das städtebauliche Erscheinungsbild, die Sauberkeit, offene Läden…

Offene Läden sind zu bestimmten Uhrzeiten in Kevelaer eher Glückspiel…

Bruns: Einheitliche Öffnungszeiten stehen definitiv auf unserer Agenda. Ich halte das für extrem wichtig.

Bei früheren Anläufen ist es nicht geglückt, die Händler dazu zu bringen, bei den Öffnungszeiten an einem Strang zu ziehen. Ziehen denn Händler und Gebäudeeigentümer an einem Strang, Stichwort hohe Mieten?

Bruns: Da haben sich manche Eigentümer in den letzten Jahren schon bewegt. Ich weiß von Fällen, wo im Gegenzug für den Abschluss eines neuen Fünfjahresmietvertrages auch die Mieterwartungen gesenkt wurden. Das macht auch für beiden Seiten durchaus Sinn. Wünschenswert wäre hier aber noch mehr Flexibilität, beispielsweise eine umsatzabhängige Miete, damit sich durch größeren Gestaltungsspielraum vielleicht noch mehr junge Unternehmer eine Gründung zutrauen.

Herr Bruns, vor einiger Zeit haben Sie acht Kevelaerer Makler zur Kooperation bei der Vermarktung von Gewerbeimmobilien bewegt, um die Zeiten der Leerstände zu verkürzen. Zeigt das Erfolge?

Bruns: Mit dem Maklerpool haben wir die Weichen richtig gestellt. Die Grundidee dabei ist eine Poolbildung von Angebot und Nachfrage, um schneller und zielführender zu Ergebnissen bei der Neuvermietung zu kommen. Aber das ist ein langfristiger Prozess, da hier irgendwie ja auch Wettbewerber im Maklergeschäft zusammenkommen. Parallel müssen wir aber auf jeden Fall auch den rechtzeitigen und permanenten Informationsaustausch mit den Immobilienbesitzern im Blick halten.

Die Randlagen sind trotz geringer Mieterwartungen teilweise von langfristigen Leerständen betroffen. Was hilft hier?

Bruns: An manchen Stellen wird man überlegen müssen, ob es bedingt durch veränderte Laufwege oder Frequenzverschiebungen nicht sinnvoller ist, bestehende unrentable Gewerbeflächen des Einzelhandels möglicherweise in Wohnraum umzuwandeln. Der Bedarf an Verkaufsflächen im Einzelhandel wird meines Erachtens in unserer Innenstadt in den kommenden Jahren eher zurückgehen als wachsen. Beim Wohnraum haben wir dagegen meines Wissens keinen Leerstand, ganz im Gegenteil.

Was sind für Sie Kevelaers Toplagen?

Bruns: Sie meinen bestimmt die berühmten A-Lagen. Bei uns hat das Hufeisen aus Hauptstraße, Kapellenplatz, Busmannstraße und Peter-Plümpe-Platz nach wie vor eine sehr stabile und hohe Frequentierung. Aber bitte denken Sie daran, für die Entscheidungsträger im Handel ist nicht unbedingt eine örtliche A-Lage entscheidend, sondern ob in einer Kommune ein bestimmter Mindestumsatz erwirtschaftet werden kann. Und da kommen dann auch noch weitere Kriterien als die Lage ins Spiel.

Bedeutet der geplante Edeka-Markt auf dem Antwerpener Platz Hoffnung für die Amsterdamer Straße und die Maasstraße?

Bruns: Das müssen wir abwarten. Wir wissen natürlich, dass es gerade bei großen Lebensmittelmärkten auch sehr viele Auto-Einkäufer gibt, die nicht unbedingt weiter in die Innenstadt gehen.

Wie würden Sie zusammenfassen, was in Kevelaer geschehen muss?

Bruns: Kevelaer ist städtebaulich eine hochattraktive Stadt. Unsere Bürger und auch Besucher sollen sich hier wohlfühlen und zeitgemäße Angebote vorfinden. Wir müssen in Vermarktungsfragen die richtigen Themen finden und meines Erachtens zwingend einheitlich vorgehen. Uns einfach auch noch besser abstimmen und vernetzen. Vielleicht auch ein wenig mutiger sein und auch mal neue Wege gehen. Wenn dabei alle Akteure aus der Innenstadt, aus Politik und Verwaltung an einem Strang ziehen, kann meines Erachtens eigentlich nichts mehr schiefgehen.