„ver.di“ versus Rat und Verwaltung

Dass die Sache auf ein Duell mit der vereinten Dienstleistungsgewerkschaft „ver.di“ hinauslaufen würde, war wohl jedem klar, der die 26 Seiten Unterlagen zum zentralen Thema der Ratssitzung am vergangenen Donnerstagabend studiert hatte. Denn eines war auffällig: Neben der ausführlichen Begründung der Kevelaerer Verwaltung, warum sie die Anträge des Verkehrsvereins Kevelaer und Umgebung e.V. und der FDP-Fraktion unterstützt, einem an Minister Pinkwart gerichteten Brief des Bürgermeisters Dominik Pichler zum Thema Sonntagsöffnung sowie zustimmenden Stellungsnahmen der Industrie- und Handelskammer, der Kreishandwerkerschaft, des Handelsverbandes und der Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche in Kevelaer war es einzig das 7-seitige Fax aus dem „ver.di“ Bezirk Duisburg-Niederrhein, das die beantragten vier verkaufsoffenen Sonntage rundweg ablehnte.

In ihrer Stellungnahme folgte die Gewerkschaft erwartungsgemäß der Argumentation der Antragsteller und der Verwaltung nicht, aufgrund der besonderen Situation in der Corona-Pandemie zur Unterstützung des örtlichen Einzelhandels eine Sonntagsöffnung für das gesamte Kevelaerer Stadtgebiet am 6. und 20. September, sowie am 4. Oktober und 13. Dezember zu ermöglichen.

Wie die Verwaltung in ihrer Beschlussvorlage mehrfach aufzeigt, meldet die Gewerkschaft in ihrem Schreiben Bedenken an, die grundsätzlich die Gegebenheiten der Corona-Pandemie ignorieren. Dazu gehören beispielsweise das Verbot von Großveranstaltungen, durch das ein Zusammenhang der Sonntagsöffnung mit örtlichen Festen natürlich nicht darstellbar sei, sowie die Kritik an einer fehlenden Prognose der Besucherfrequenzen, die aufgrund der Corona-Krise nach Auffassung der Verwaltung „völlig aus der Luft gegriffen und damit angreifbar“ wäre.

Insbesondere kommt in der Stellungnahme der Verwaltung zu den Bedenken der „ver.di“ zum Ausdruck, wie verärgert man dort darüber ist, dass man gewerkschaftsseitig nicht anerkennen wolle, dass die verkaufsoffenen Sonntage zur Stärkung und Entwicklung einen vielfältigen stationären Einzelhandels beitragen, obschon man in der Begründung erklärt habe, dass diese in der Vergangenheit mit 3 % des Gesamtjahresumsatzes von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung seien. „Im Übrigen geht es nicht um das bloße Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber, wie ver.di glaubt. Es geht um die nackte Existenz der Händler und Betriebe und damit auch um die Arbeitsplätze der bei ver.di organisierten Mitglieder, die von ver.di mit ihrer harten Haltung aufs Spiel gesetzt werden“, heißt es in der Stellungnahme der Verwaltung.

Es folgen weitere Vorwürfe an die Stellungnahme, etwa die Kritik seitens der Gewerkschaft an Gründen, die von der Verwaltung gar nicht vorgetragen wurden.
Verwaltungschef Dominik Pichler hegt den Verdacht, dass es die „ver.di“ auf ein Normenkon­trollverfahren ankommen lassen will, um Kevelaer als Präzedenzfall vorzuführen. „Gerade vor dem Hintergrund des Hinweises, dass die Gewerkschaft sich rechtliche Schritte vorbehält, mag an dieser Stelle die Frage erlaubt sein, wie Rat und Verwaltung in die Lage versetzt werden sollen, sich – auch zur Vermeidung eines Normenkontrollverfahrens! – mit den Argumenten einer Gewerkschaft inhaltlich auseinanderzusetzen, wenn die Gewerkschaft offenbar gedenkt, diese erst im gerichtlichen Verfahren vorzutragen“, heißt es dazu in der Begründung der Beschlussvorlage.
Die Kevelaerer Ratsmitglieder jedenfalls haben sich für die vom Verkehrsverein und von der FDP geforderte Unterstützung des lokalen Einzelhandes ausgesprochen: Mario Maaßen (CDU) war „recht begeistert von der Verwaltungsvorlage“. Trotz der Bedenken von „ver.di“ unterstütze man die Durchführung der vier verkaufsoffenen Sonntage „zu 100 Prozent“. Jan Ittrich (FDP) hoffte auf den „Mut aller Fraktionen“, auch gegen den Widerstand von „ver.di“ die Sonntagsöffnung durchzusetzen.

Der Rat der Wallfahrtsstadt Kevelaer sprach sich einstimmig dafür aus.