Privileg – ja oder nein ?

Die Ankündigung ließ aufhorchen: Der Konzertanbieter „cts eventim“ will zwar keinen Konzert- Besuch von Impfungen abhängig machen, aber man sei „gefordert, sich als Unternehmen auf politische oder privatwirtschaftliche Vorgaben vorzubereiten“, sagte kürzlich der Eventim-Vorstandsvorsitzende Klaus-Peter Schulenberg.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr rechnet damit, dass Passagiere auf Langstreckenflügen künftig entweder einen negativen Corona-Test oder eine Impfung nachweisen müssen.
Kanzlerin Angela Merkel hatte zum Thema im Fernsehen gesagt: „Wenn wir später allen Menschen ein Angebot gemacht haben können zum Impfen, da sagen dann einige Menschen – wir haben keine Impfpflicht – wir möchten nicht geimpft werden. Dann muss man vielleicht solche Unterschiede machen und sagen wer das nicht möchte, kann bestimmte Dinge nicht machen.“

Wie sehen die Kevelaer die Frage, inwieweit es für diejenigen, die geimpft sind, eine Form von Privileg geben muss? Wir haben uns in der Kevelaerer City umgehört.

Wilfried Pluciennik Foto: AF

Wilfried Pluciennik (73) ist dagegen: „Keine Privilegierung.“ Denn sonst hieße es momentan, „die paar, die geimpft sind, kommen irgendwo rein, der andere nicht. Ich meine, die sollen weiter machen, dass alle schnellstens geimpft werden.“

Eine Unterscheidung würde aktuell auch keinen großen Sinn machen. „Das ist aber noch nicht bewiesen, dass die Geimpften sicherer sind. Die können sich noch was einfangen und was verteilen.“    Stattdessen sollte man erst mal impfen und die Wirkung abwarten.
Auch Christian Gleumes hält davon nicht viel. „Ich bin dagegen, weil ich glaube, dass es die Spaltung in der Geelslchaft fördern würde“, meitn der 44-Jährige. „Das würde der Gesellschaft auf die Dauer nicht guttun. Nachher würde es Privilegierte geben und welche geben, die nicht das Privileg haben. Ich glaube nicht, dass das zum Zusammenhalt der Gesellschaft beitragen wird.“

Für die Frage, wie man Sicherheit für Gaststättenbesuche, Konzerte oder Flüge zukünftig gewährleisten    könne, „gibt es andere Methoden, mit denen man das auch erreichen kann“, sagt er. „Ich finde das zum Beispiel gut, wenn man vor den Veranstaltungen so Schnelltests machen und darüber die Sicherheit herstellen würde.“

Aus Sicht des Veranstalters sei es durchaus verständlich, schnell eine Lösung zu finden. „Aber langfristig tun wir uns da keinen Gefallen mit. Es kommt auch drauf an, ob das ein Unternehmen von sich aus sagt oder ob das als Gesetz vorgegeben wird.“

Allerdings wäre er nicht „so massiv dagegen“, wenn „man das aus einem privaten Unternehmen heraus machen würde“. Wenn er ein Ticket dann bräuchte, würde er , „wenn ich zu einer Veranstaltung gehen wollte, nicht aus Protest es nicht kaufen.“

Peter Lemmen Foto: AF

Bei dem Ehepaar de Jong und Peter Lemmen, die sich zufällig beim Bummel begegnen, sorgt die Frage für eine angeregte Diskussion.

„Man sollte das nicht machen – erst dann, wenn sicher ist, dass die, die geimpft sind, nicht den Infekt weitergeben können“, sagt Theo de Jong. „Das wird kommen, wenn die Zahlen der Geimpften groß genug sind.“ Das sei nur eine Frage der Zeit. Dann werde man diejenigen, die „hartnäckig bleiben, in irgendeiner Form zwingen“, meint er. „Und das ist ja schon angedacht, dass alle Unternehmen wie Lufthansa das dürfen.“

Peter Lemmen hat eine klare Haltung: „Wenn 60,70 Prozent geimpft worden sind“, müsse doch eine Rechtfertigung vorliegen, „dass die, wenn da 30 Prozent – ob das Querdenker sind oder wer auch immer – sagen: wir nicht. Dann bitte, sollen sie das Risiko tragen.“ Für ihn hat das auch eine Konsequenz: „Aber dann sollen die da, wo Geimpfte sind, sich raushalten – ob es Gaststätte ist, Friseursalon oder sonstwo.“

Denn diejenigen schützten sich und andere, die geimpft worden sind. „Die tun ja was dafür, die anderen tun ja nix. Das ist dasselbe wie mit Maske tragen: Die tragen keine Maske. Dann müssen sie halt die Konsequenzen ziehen.“

Dass Veranstalter wie „eventim“ daran denken, ihre Ticketausgabe schon auf Geimpfte und Nichtgeimpfte auszurichten, stößt in der Runde auf ein geteiltes Echo. „Die Kultur, die will ja auch wieder aufleben, die müssen sich ernähren können. Das ist doch verständlich, wenn die das sagen“, meint Peter Lemmen. „Ich bin da nicht für, aber es wird kommen“, sagt Roswitha de Jong.

Ihr Mann sagt: „Jein.“ Da gebe es dann eine „Menge Verschiebungen“, bezieht er das auf die Gesellschaft insgesamt. „Da wird die Minderheit überfahren – die muss dann, sonst kannst du nirgendwo mehr rein, sonst kannste keinen Flug mehr machen, nix mehr.“
Da „braucht keine Pflicht kommen“, ist er überzeugt. „Die freiwillige Pflicht wird kommen“, sagt er. „Die Wunderwaffe ist die Impfung, da müssen die alles dransetzen.“ Und seine Frau ergänzt: „Wenn der Impfstoff kommt, werden die Leute sich impfen lassen.“

Ein Aspekt macht Helmut de Jong aber nachdenklich: „Die Demokratie ist da langsam am Abbauen. Es werden immer mehr Maßnahmen gemacht, das ist ein schleichender Prozess. Die Leute sehen ihre Grundrechte gar nicht verletzt, weil sie sich daran gewöhnt haben“, sagt er. „Da sehe ich die langfristige Gefahr. Die Leute wissen gar icht mehr, was ein Grundrecht bedeutet.“

Seine Frau ergänzt: „Man hat nicht mehr die Wahl.“

Hubert Lemken Foto: AF

Hubert Lemken, der an der Stern-Apotheke sein Fahrad aufschließt, sieht eine Privilegierung kritisch. „Nein, es muss erstmal genügend Impfstoff da sein und genügend geimpft sein, dann kann man drüber nachdenken. Im Moment nicht“, sagt er „Wenn 40,50 Prozent geimpft sind, kann man über Privilegierung nachdenken. Aber es ist schwierig“, sieht er auch die Probleme dabei. So wirklich festlegen bei der Frage, das möchte er momentan beim besten Willen wirklich nicht.

Der 17-jährige Yannik kann da „nix zu sagen. Für mich ist das generell egal, Corona“, sagt er. „Corona kommt und geht wie eine ganz normale Grippe. Deswegen finde ich, sind Impfungen auch nicht so notwendig. Jetzt momentan geht ja alles von alleine zurück, wenn sich alle an die Maßnahmen halten. Dann müssen sich auch nicht alle impfen lassen.“

Nachdenklicher wird er bei der Frage, was passiert, wenn so ein Veranstalter wie „eventim“ den Besuch nur geimpft zulassen würde. „Dann würde ich mich impfen. Ich gehe aber generell nicht so in Theater oder so.“