Über unsere anhaltende Liebe zum Bargeld
Gleich zu Beginn machte Professor Dr. Oliver Serfling deutlich, was wohl der Satz „Nur Bares ist Wahres“ bei den Deutschen zu bedeuten vermag: Eine von ihm durchgeführte Studie zeigt, dass rund 90 Prozent der deutschen Wahlbevölkerung gegen die Abschaffung des Bargeldes sind. Die Kernfrage der Studie lautete: „Soll Bargeld in Deutschland abgeschafft werden?“ und hat seit August 2016 knapp 50.000 Stimmen aus der Wahlbevölkerung erzielt. In der Öffentlichen Begegnungsstätte in Kevelaer stellte der Professor für Wirtschaftspolitik und Entwicklungsökonomik an der Hochschule Rhein-Waal die Ergebnisse der Studie vor und lud damit gemeinsam mit dem KB zu Kevelaers ersten Leser-Uni ein.
Keine Trauer um den 500-Euro-Schein
„Dass es vielleicht auch sanftere Formen von Bargeldabschaffung gibt“, darüber klärte Serfling zu Beginn seines Vortrages auf. Die Abschaffung des 500-Euro-Scheins sei bereits ein Anfang gewesen. Die Abschaffung der Kleinstmünzen oder das Etablieren von Kryptowährungen seien weitere mögliche Schritte. Wie die deutsche Wahlbevölkerung zu diesen Alternativen steht und was sich in Zukunft durchsetzen könnte, auch das war Gegenstand der durchgeführten Studie. „Die Hauptziele sind Kriminalitätsbekämpfung und Vereinfachung“, klärte Serfling über die wichtigsten Gründe der Befragten für die Befürwortung der Bargeldabschaffung auf. Nicht zuletzt seien aber auch die Handhabungskosten des Bargeldes zu beachten. Diese zahle der Kunde zwar nicht direkt, indirekt trage er die Kosten für den Bargeldkreislauf jedoch vermutlich auch zum Teil mit.
Zunächst stellte Serfling klar, dass die Liebe der Deutschen zum Bargeld nicht nur eine Annahme und eine Selbsteinschätzung derer ist. Im Jahr 2014 seien in Deutschland 80 Prozent der Einkäufe in bar getätigt worden (zum Vergleich: in Dänemark seien zu diesem Zeitpunkt bereits 80 Prozent unbar gewesen). Und auch heute zeige sich, „dass Bargeld in Deutschland weiterhin das wichtigste Zahlungsmittel im Alltag ist.“
Dem 500-Euro-Schein, so zeigt Serflings Studie, scheinen nur wenige Menschen nachzutrauern. Rund Dreiviertel der Befürworter der Bargeldabschaffung gaben an, auch die Abschaffung des 500-Euro-Scheins ab 2018 zu befürworten. Und selbst bei den Gegnern der Bargeldabschaffung gaben fast 40 Prozent der Befragten an, mit der Abschaffung des 500-Euro-Scheins konform zu gehen, etwas über 40 Prozent waren gegen die Abschaffung und fast 20 Prozent zeigten sich unentschlossen der Thematik gegenüber.
Ein deutlicheres Ergebnis brachte die Frage nach der Abschaffung der 1- und 2-Cent-Münzen. „Da gäbe es keine Widerstände im Volk“, meinte Serfling. 89 Prozent der Befürworter der Bargeldabschaffung befürworten auch die Abschaffung der Kleinstmünzen. Und selbst bei den Gegnern der Bargeldabschaffung gaben knapp 60 Prozent an, für die Abschaffung der Kleinstmünzen zu sein. „Ich suche mir dann immer den nächsten Bäcker, wo ich die ganzen Kupferlinge dann wieder los werde“, schmunzelte auch Serfling über das leidige Münz-Problem.
Bar oder doch lieber mit Karte?
Im Jahr 2018 seien im Einzelhandel erstmals mehr Umsätze unbar als bar erzielt worden, erklärte Serfling. Die Präferenzen seiner Befragten sind deutlich. Knapp 80 Prozent der Befürworter der Bargeldabschaffung gaben an, lieber mit Karte als in bar zu zahlen – bei den Gegnern waren es lediglich 33 Prozent. Von ihnen gaben hingegen gut die Hälfte an, lieber in bar zu zahlen.
Zuletzt stellte sich bei der Studie heraus, „dass das Datenschutzthema ein klares Thema zu sein scheint, was die Bargeldsache angeht“, erklärte Serfling. So wurde deutlich, dass viele der Befragten eine Verschärfung des Datenschutzes fordern. In Sachen Datenschutz scheint hier die Bargeldzahlung als sicherere Methode. Andere Dienste wie Payback werden dennoch genutzt, meinte Serfling und machte deutlich, dass die kritischen Betrachter des Datenschutzes hier scheinbar weniger Konsequenz zeigten.
Die Frage „Bargeld – Quo vadis?“ („Bargeld – wohin gehst du?“) ließ den Referenten an diesem Abend zum Schluss seiner Präsentation übergehen. Es sei „ein leichter Trend zur Akzeptanz für die Abschaffung des Bargeldes“ zu erkennen. „Bargeld ist/bleibt eine einfache, praktische, anonyme und kostenfreie Bezahlmöglichkeit“, erklärte der Professor. Dass es in einigen Situationen zeitaufwendiger ist, ließ er nicht außer Acht. „20 Augenpaare lasten auf einem an der Kasse“, führte er den Anwesenden eine Situation an der Supermarktkasse vor Augen, die wohl den meisten bekannt sein dürfte.
Eine Diskussion zum Abschluss
Bei der anschließenden Diskussionsrunde erläuterte Serfling einige Details zum Thema Datenschutz und ging auf Nachfrage aus der Zuhörerschaft näher auf die Gründe ein, die der Studie zugrunde liegen. Die Ergebnisse seien in einem Kapitel des Buches „Die Zukunft des Bargeldes“ (Hrsg. Lempp, Pitz, Sickmann) verarbeitet worden, erklärte Serfling. Das Vorhaben sei der ausschlaggebende Grund für die Befragung gewesen. Die Frage, ob die Ergebnisse weiterreichend auch die Verantwortlichen der Politik interessieren würden, konnte der Professor nicht endgültig beantworten. Er sei jedoch der Meinung, dass Studien dieser Art zumindest zur Kenntnis genommen werden, da man erkennen könne, dass sich die Politik mit dem Thema auseinandersetze.
Außerdem tauschte Serfling sich mit den Anwesenden über die ganz persönlichen Meinungen zum Bargeld aus. „Die Bequemlichkeit wird irgendwann siegen. Dann halte ich meine Karte auf das Gerät und dann bin ich fertig“, lautete da die deutlichste Prognose einer Zuhörerin.