Puppenspiel mit Hand und Fuß

Auch wenn die Reihe den Namen „Puppenspiel 18+“ trägt: An diesem Abend bekam der Name nochmal eine ganz neue Bedeutung. Denn die 46-jährige Frau, die aus der fränkischen Schweiz stammt und seit über zwanzig Jahren mit ihrer ganz speziellen Art des Kleinkunst- Theaters die ganze Welt bereist, zeigte, wie man mit ganzem Körpereinsatz für außergewöhnliche Bühnenmomente sorgen kann.
Ihre Kunst lockte so viele Menschen in die öffentliche Begegnungsstätte, dass man fast hätte anbauen können. „Ausverkauft – das hatten wir zuletzt nur beim „Besuch der alten Dame“, staunte Stefan Reudenbach von der Stadt Kevelaer als Gastgeber nicht schlecht.
Die eigenen Füße als Handwerkszeug
Klinges „Handwerkszeug“ sind hauptsächlich ihre eigenen Füße, die sie vor den Augen des Publikums auf dem Rücken liegend quasi als „Figuren“ zum Leben erweckt, was allein schon eine bemerkenswerte körperliche Leistung darstellt. Dazu kommt noch die Koordination mit den Händen – und das „Umkleiden“ der Figuren inmitten des Stückes auf offener Bühne.
„Ich habe Pantomime in Erlangen gelernt. Da gab es viele Maskenspiele und Experimente mit dem Körper“, erzählte sie nach der Vorstellung. In dem Kontext entwickelte sie die Idee, die Füße als eigenständigen künstlerischen Akteur zu nutzen. „Da bin ich dann dran geblieben. Es gab keinerlei Vorbilder, das musste man selbst entwickeln.“ Und so transportierte sie über die Jahre „ die Schauspieltechniken in die Füße.“ Dass sie damit schlicht-schöne Geschichten erzählen kann, bewies sie in den gut 85 Minuten ihres Spiels.
Da ist beispielsweise die alternde Chansonette, die für einen windigen Galan zu „You sexy thing“ und „Sex machine“ mal ihre Reize zeigt – eine Affäre, die dann allerdings „tödlich“ mit der Küchenrolle endet. Zauberhaft gestaltete Klinge die Figur des Anglers, der sich an die See setzt, ohne zunächst erfolgreich zu sein – ehe er den Fang seines Lebens macht.
Klinges Hände und Füße verblüfften als „Zauberer“ mit tatsächlichen Karten- und Tuch-Kunststücken das Publikum, das in der Pause staunend über das Gesehene diskutierte. „Man vergisst, dass es Füße sind und taucht in die Figuren ein“, meinte eine Zuschauerin – und traf damit den Kern der ganzen Darbietung.
Nach der Pause sorgte „Rudis Restaurant oder das Schicksal eines alleinerziehenden Kellners“ immer wieder für Gelächter und die Beschreibung von Lebensrealitäten auf der Bühne.
Da kämpft der alleinstehende Kellner mit Klebestreifen gegen das Loch in der Tischdecke, muss die schreiende Schöpfkelle als sein Kind immer wieder beruhigen, weil das „Kind“ eine „Mama“ will.
Dann kommt der zweite Fuß wieder ins Spiel – die Frau fürs Leben, die gleich den klassischen „Hausfrauenreport“ darstellt – und wo waschen, kochen, bügeln, telefonieren zur selben Zeit erfahrbar wird.
Hausfrauenreport und Herzensangelegenheit

Dass dann komischerweise das Ei, das in die Pfanne geschlagen werden soll, um Gnade bettelt und sich als Mini-Küken entpuppt, wirkte genauso originell wie der sexy Strip, den die Hausfrau ab-zieht, bis nur noch der Fuß quasi übrigbleibt – und die junge Frau zu Recht frenetisch minutenlang mit Beifall gefeiert wurde.
Im Rahmen des Abends nutzte Klinge die Gelegenheit, auf ihr „Herzensanliegen“ und ihre Mitarbeit in dem Verein „Child Care Initiative“ für Kinder in Uganda hinzuweisen – eine soziale Komponente in dem Wirken einer kreativen Frau mit einem großartigen Vortrag an diesem Abend.