Ergebnis spiegelt nicht die Realität wider – konstruktive Debatte in kleiner Runde

Es war eine kleine Runde, die sich zur Vorstellung der Sozialraum-Studie in der Kervenheimer Burg versammelt hatte. Gemeinsam begrüßten Sozialdezernent Marc Buchholz und Vanessa Freienstein die acht Gäste. Es folgte dennoch eine erstaunlich substanzielle Debatte.
36 Eltern, 24 Schüler und elf Mitarbeiter der verschiedenen Einrichtungen in Kervenheim hatten ihre Fragen abgegeben, darunter kein einziger polnischer Mitbürger. Die Anzahl der Geschwister betrug bei den Befragten im Schnitt 1,6 (Gesamtdurchschnitt = 1,8). Fünf Personen bezeichneten sich als „alleinerziehend mit Kind“ , eine Großfamilie sei in Kervenheim nicht zu finden.
Fast 70 Prozent der Kervenheimer wohnen nicht seit ihrer Geburt in der Ortschaft. Das bestätige den Trend, so Freienstein, dass „Kevelaer Zuzugsgebiet“ sei. Kervenheim sei nun mal „Schlafstadt“, wies der Vorsitzende des Heimatvereins, Horst Neisius, in dem Kontext aber auf die „deutliche Überalterung“ in der Ortschaft hin. 38, 9 Prozent der Zugezogenen wohnen maximal neun Jahre lang erst dort. Auch eine Zahl über dem Durchschnitt. Über 72 Prozent verfügten über Eigentum, nur etwas mehr als ein Viertel lebten in Kervenheim zur Miete.
In Sachen Familienfreundlichkeit Kevealers ergaben die Zahlen eine größere Skepsis, nur etwa 36 Prozent der Eltern sahen diese als gegeben, 52 Prozent antworteten „teils/teils“ oder „eher weniger.“ Bei den Mitarbeitenden lag die Positiv-Quote mit 63, 6 Prozent dagegen deutlich höher. So wusste zum Beispiel die Hälfte der Eltern nicht, wo es einen Treffpunkt für sie gibt.
Deutliche Unterschiede zu den anderen Statistiken zeigten sich bei der Frage nach ausreichenden Einkaufsmöglichikeiten (91,67 Prozent verneinten dies), ausreichender medizinischer Versorgung (88,89 Prozent nein), vorhandenen Freizeitmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche (86,11 Prozent nein) sowie für Erwachsene (72,22 Prozent nein). Kritisch äußerte sich Buchholz dazu, dass nur drei von acht Eltern, die den Bogen ausgefüllt haben, den Träger des Offenen Ganztags kennen. „Wir haben ja den offenen Ganztag eingeführt in den Schulen und dazu ein Konzept abgestimmt“. Er wolle da nochmal mit der Caritas reden.
Tagesmutter Waltraud Spittmann kritisierte die unflexiblen Abholzeiten, die immer fremdbestimmt seien. Da sei der Gesetzgeber gefragt. Das sei ein Thema fürs ganze Stadtgebiet, entgegnete Buchholz. Auffällig seien auch die vielen Teilzeittätigkeiten der Mütter (47,22 Prozent). Deutlich wurde auch, dass in Kervenheim mehr Erwachsene (ein Drittel) den öffentlichen Nahverkehr als eher schlecht kennzeichnen, zu fast drei Viertel selbst nicht nutzen. Zwei Drittel der Befragten verfügen über mehr als ein Auto.
Bei der Frage nach dem Ehrenamt bestätige sich der Trend der anderen Ortschaften, so Freienstein: „Wenn man ehrenamtlich tätig ist, dann ist man das nicht nur bei einem Verein.“ Es sei allerdings schwer, Nachfolger zu benennen. Das Ehrenamt spiele in Kervenheim aber eine größere Rolle als in Kevelaer, meinte Ortsvorsteher Martin Brands. „Das ist unser Pfund für die Zukunft.“
Auch in Kervenheim warb Martin Buchholz für die Weitergabe der Infos zum Bildungs- und Teilhabegesetz. Die Anzahl der Teilnehmer an der Studie führte bei dem Vorsitzenden der Geselligen Vereine Kervenheim, Christian van Oeffelt, zu der Auffassung, dass 36 Erwachsenenbögen keinesfalls die Realität in einer gesamten Ortschaft widerspiegeln können. „Die Angaben fließen mit in unserer Bild ein, das ist nicht repräsentativ für jede Ortschaft“, räumte der Sozialdezernent ein.