Eine Reise durch Europa mit dem Männergesangverein

Klang- und sinnbildlicher hätte der Auftakt des Konzerts im Bühnenhaus nicht sein können, als der Männergesangverein Kevelaer und der Uedemer Frauenchor „pro musica“ gemeinsam auf der Bühne „Kommt zusammen“ intonierten. Das Lied stand für die Idee des Konzerts, das für eine gesangliche „Reise durch Europa“ zum zweiten Mal die beiden Chöre zusammengeführt hatte.

„Wir haben vor fünfeinhalb Jahren schon mal zusammen hier gespielt, und im Januar kam dann die Anfrage“, erzählte Dirigent und Pianist Michael, für den nach den guten Erfahrungen des ersten gemeinsamen Ereignisses schnell feststand, dass man gerne dabei ist. Dass auf dem Parkplatz angesichts des Regens schon „Schlauchboote“ gesichtet worden seien, war nur ein Scherz des gut aufgelegten Moderators Josef Pauls, der unterhaltsam durch den Abend führte.

Von „Sweet dreams“ bis „Weg da“

Als guter Gastgeber überließ der Männergesangverein zunächst dem Frauenchor aus Uedem die Bühne. Deren Palette reichte von den sehr getragenen „Moskauer Nächten“ über „Sweet dreams“ von den Eurythmics bis zu dem am Klavier bossanova-angedeuteten „Über den Wolken“-Klassiker von Reinhard Mey. Sehr treffend gelang dem Chor auch Herman van Veens „Weg da“, der mit mehrstimmigem Stakkato die im Lied beschriebene Hektik des Alltags zum Ausdruck brachte.

Anschließend nahm Tom Löwenthal am Klavier Platz – und auf ihn zu bewegte sich tangospielend die schlanke, hochgewachsene niederländische Violinistin Emma Breedveld. Die aus Amsterdam stammende Musikerin sorgte im Zusammenwirken mit Löwenthal bei Glucks „Reigen seliger Geister“ und den „Zwei Gitarren“ für gefühlvoll-leise und expressiv-furiose Klangmomente. Später nahm sie die Zuhörer im zweiten Konzertteil mit dem Zigeunerlied „Der Schlitten fährt“, der „Meditation“ von Jules Massenet und der Eigenkomposition „Swing No.1“ mit auf ihre besondere Klangreise – und blieb auch souverän, als ihr während des Spiels eine Saite riss.

Auch der zweite Gast, Marco Bakker, sorgte für große Momente. Der Baritonsänger, der bereits auf der ganzen Welt gesungen hat, gab sich an diesem Abend in Kevelaer die Ehre. Dem mittlerweile 81-Jährigen gelang es dabei, in würdevoller Form und ergänzt durch das hochsensible, feine Pianospiel von Löwenthal die Zuhörer in eine Zeit zurückzuversetzen, in der ein Pianist und ein Sänger noch Menschen zu fesseln vermochten.

Ob er nun Händels „Wherever you walk“ mit seinem optimistischen Grundton, den irischen Klassiker „Bally Boy“ oder in Reminiszenz an Robert Stolz „Auf der Heide blühen die letzten Rosen“ vortrug (wobei Mitsummen erlaubt war), verlieh er den Liedern mit seinem noch immer beeindruckenden Bariton und seiner ruhigen Stimme Wärme und Ausdruckskraft. Im zweiten Konzertteil überzeugte er mit Klassikern wie „´O sole mio“, dem „Escamillo“ aus Bizets „Carmen“-Oper und zum Schluss mit „Tulpen aus Amsterdam“.

Ein harmonisches Ensemble mit Ansporn

Dem Männergesangverein schien die Anwesenheit so renommierter Musiker Ansporn zu sein – so geschlossen und harmonisch präsentierte sich das gut vierzigköpfige Ensemble an diesem Abend. Auch ihre „europäische“ Reise“ bot viel Abwechslungsreichtum – zum Auftakt mit der heimlichen Nationalhymne Finnlands „Finlandia“ von Jean Sibelius, mit dem Ausflug nach Schweden und ABBAs  „I have a dream“, Luigi Denzas „Funiculi-Funicula“ mit mehrstimmigem, bewegtem Arrangement oder dem schwungvollen „Chianti-Lied“. Und die Griechin Nana Mouskouri fand mit „La Provence“ in diesem Repertoire genauso ihren Platz wie der Österreicher Udo Jürgens. 

Zum Schluss vereinigten sich alle beteiligten Sänger und Musiker auf der Bühne, um gemeinsam Ludwig van Beethovens „Ode an die Freude“ vorzutragen. Dabei sangen sie die ersten drei der von Schiller bekannten Strophen, ergänzt um die Strophen vier und fünf des Kölners Willi Kastenholz, der mit seinen Worten eine Art europäische Nationalhymne begründen wollte. Und was wäre ein Kevelaerer Konzert von einem Kevelaerer Chor ohne das Heimatlied? Dass bei dieser besonderen „Uraufführung“ noch die Hymne „Wor hör ek t‘hüß“ angestimmt wurde, verstand sich fast von selbst.