Drei Wege zu kostengünstigem Wohnungsbau in Kevelaer

Der Wohnungsmarkt in Kevelaer ist alles andere als entspannt: Das Mietniveau ist vergleichsweise hoch, der Anteil an selbst genutztem Eigentum auch. Hinzu kommt ein erhöhter Druck durch Flüchtlinge, Studierende und Mitarbeiter von Fluggesellschaften, um nur die größten Gruppen zu nennen. Und schließlich kostet ein hohes Mitniveau auch die Stadt deutlich mehr Geld bei der Wohnungsversorgung von Bedarfsgemeinschaften aus der Sozialgesetzgebung.
Da macht die Idee, kostengünstigen Wohnraum zu schaffen, durchaus Sinn. Die SPD-Fraktion hatte dazu mit einem Antrag angestoßen, sich in Bezug auf Handlungsmöglichkeiten seitens der Stadt informieren zu lassen. In der gemeinsamen Sitzung der Sozial- und Gebäudemanagement-Ausschüsse stellte am Dienstagabend die Technische Beigeordnete der Stadt Nettetal ein Modell vor, mit dem die Gemeinde im Kreis Viersen an diese Aufgabe herangegangen ist.
Susanne Fritzsche ist zugleich Vorstandssprecherin der Baugesellschaft Nettetal AG, deren größter Anteilseigner die Stadt ist. Schon der Abriss zu Unternehmensform, Bilanz und den Bautätigkeiten in den vergangenen Jahren war äußerst interessant. Denn Fritzsche nahm kein Blatt vor den Mund, was positive, aber auch negative Erfahrungen der Nettetaler angeht.
Zum Abschluss ihres Vortrags zeigte sie dann drei Wege auf, wie in Kevelaer aus ihrer Sicht sozialer, beziehungsweise kostengünstiger Wohnungsbau seitens der Stadt initiiert und gefördert werden kann. Dies könne entweder durch eine eigenständige Wohnungsbaugesellschaft oder Genossenschaft, durch einen städtischen Eigenbetrieb oder durch eine Kooperation zwischen Stadt und einer Wohnungsbaugesellschaft erfolgen. Die Beigeordnete aus Nettetal – die übrigens in Weeze wohnt – zeigte auch die Vor- und Nachteile der jeweiligen Modelle auf.
So sieht sie auf der positiven Seite einer eigenständigen Gesellschaft oder Genossenschaft eben deren Eigenständigkeit, hohe Flexibilität und größere Verhandlungsspielräume sowie kurze Entscheidungswege. Allerdings seien hier zunächst erhebliche Investitionen erforderlich, sowohl um die erforderliche Mindestzahl von Wohnungen zu kaufen oder zu bauen, um ein solches Unternehmen wirtschaftlich betreiben zu können, als auch für den Aufbau einer Gesellschaftsstruktur und beim Personal.
Ein städtischer Eigenbetrieb könne hingegen seine Arbeit weitgehend mit städtischem Personal und beauftragten Architekten abwickeln, so Fritzsche. Zudem sei ein sukzessiver Aufbau der Strukturen und des Gebäudebstandes möglich. Bei einem Eigenbetrieb sei die Kontrolle durch politische Gremien naturgemäß sehr stark. Defizite sieht sie in möglicherweise starren Strukturen und längeren Entscheidungswegen. Zudem habe städtisches Personal in der Regel keine Erfahrung mit der Wohnungsbewirtschaftung und der Personalpool müsse daher sinvollerweise aufgestockt werden.
Städtisches Vermögen
Viele positive Aspekte habe dagegen aus ihrer Sicht eine Kooperation zwischen Stadt und einer Wohnungsbaugesellschaft, stellte die Nettetaler Beigeordnete dar. Vor allem ein schrittweiser Aufbau von Portfolio und Strukturen schlügen hier zu Buche und es könne städtisches Vermögen gebildet werden. Planungs- und Bauleistungen könnten durch einen Eigenbetrieb erfolgen, die Bewirtschaftung der Wohnungen durch die Gesellschaft erfolgen. Allerdings müsse in diesem Modell die Erfahrung Dritter eingekauft werden, erläuterte die Expertin.
Der Kevelaerer Beigeordnete Marc Buchholz, der über einen Zeitungsartikel über ein Wohnprojekt der Baugesellschaft auf die Aktivitäten der Nettetaler gestoßen war, fragte gleich mal nach, ob die Gesellschaft auch außerhalb der eigenen Stadtmauern aktiv werden würde und ob sich Susanne Fritzsche eine Kooperation mit Kevelaer vorstellen könne. Die Vorstandssprecherin der Baugesellschaft versprach, die Frage in die entsprechenden Gremien mitzunehmen.