Unvereinbare Standpunkte

Wie sehr die Anwohner das Thema tatsächlich umtreibt, ließ sich alleine schon daran ablesen, dass in dem Versammlungsraum im „Einhorn“ kaum ein Platz mehr frei blieb. „Wenn da so´n Block hinkommt, ist das nicht schön so optisch“ und „Das wäre ja direkt auf der Wiese“ war die Skepsis bei Einzelnen schon vor der eigentlichen Debatte deutlich herauszuhören.
Der Geschäftsführer der GWS, Paul Düllings, machte vor Beginn der Infoveranstaltung deutlich, was der Sinn der Zusammenkunft ist. „Wir wollen vorstellen, was wir wollen“, bezog er sich auf die „Unruhe“, die im vergangenen Sommer durch die mediale Berichterstattung zwecks möglicher Flüchtlingsunterbringung dort entstanden sei.
Dabei kritisierte er sehr deutlich, dass der Eindruck vermittelt worden sei, dass quasi der Bau eines Mehrfamilienhauses schon fast beschlossene Sache sei und die Objekte nur einer Interessensgruppe, nämlich Flüchtlingen, zugeordnet werden sollen.
„Wir haben noch nicht begonnen und auch noch nicht erworben, wir haben es angeboten bekommen“, machte er klar. Entsprechend habe man versucht, eine Konzeption zu entwickeln, die genehmigungsfähig sei. „Wir tragen vor, was theoretisch kommen kann.“
Der anwesende Bürgermeister Dominik Pichler präzisierte die Aussage. Die Politik habe im letzten Jahr grundsätzlich entschieden, sich über stadteigene Bebauungsflächen Gedanken zu machen. Und sie hatte knapp entschieden, dass die GWS die Rasenfläche überplanen soll, aber über einen Verkauf noch nicht entschieden wird – vor dem Hintergrund eines Bürgerantrages, der sich gegen die grundsätzliche Nutzung der Fläche ausgesprochen hatte.
Als Wohnungsbaugesellschaft, die von diversen Kommunen – darunter auch Kevelaer mit knapp neun Prozent der Anteile – getragen werde, habe man den Auftrag, nach Flächen zu suchen, um der „ganz starken Nachfrage nach Mietwohnungen“ in Kevelaer und dem Kreis Kleve als Zuzugsgebiet zu begegnen, so Düllings.
Es gebe einfach den Trend nach immer kleineren Wohnungen, die Niederlassungsfreiheit der Arbeitskräfte, damit den Zuzug aus Osteuropa und die ankommenden Flüchtlinge. „Die, die da ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht haben, gehen natürlich auch auf den Markt.“
Düllings machte deutlich, dass sich das mögliche Angebot an die Bestandsmieter der GWS-Häuser, die sich verbessern wollten, richte – und das Angebot der dann leer werdenden, billigeren Wohnungen an die Personen, die weniger Chancen am Wohnungsmarkt haben. Es sei kein Billigwohnungsbau vorgesehen. Die angestrebte Miethöhe bei Neubauten sei bei „6,40 Euro, 6,60 Euro – eventuell 6,80 Euro“.
Architekt Jörg Bousart stellte die Pläne vor
Der Architekt Jörg Bousart, der schon für die GWS Objekte geplant hat, stellte dann in einem Kurzvortrag die Grundzüge der Planungen für die Fläche Ecke Schubertstraße/Beethovenring vor.
Sie sehen zwei Gebäude mit insgesamt acht bis neun Wohneinheiten mit Garagen vor. Die Größe der Wohnungen soll 50 bis 75 Quadratmeter umfassen und sich von der höhen- und größenmäßigen Struktur einbetten in die vorhandene Bebaung – also zweigeschossig mit Dachgeschoss.
Man sei noch nicht so weit, konkret etwas zum Klinker oder zu Farben zu sagen, so Bousart. Das seien Fragen der Detailplanung, die man erst nach einem Grundsatzbeschluss bearbeiten müsse.
Für die Anwohner formulierte Werner Hax vom Beethoovenring die zentrale Gegenrede zu den Plänen. Er hatte zu dem Anliegen damals den Bürgerantrag gestellt.
„Uns geht es nicht um Ihre Gründe“, machte er klar, dass die Ablehnung der Bürger sich nicht gegen diese spezielle Bebauung richtet. „Aber nicht an dieser Stelle. Für uns ist die Grünfläche notwendig in diesem Quartier. Es ist uverständlich, dass die Stadt das zur Bebauung angeboten hat.“
Er wohne seit 1962 dort, sein Vater habe für die Herrichtung der Grünfläche gekämpft. „Wir sind entschieden gegen die Bebauung und entschlossen, wenn die Bebauung kommen soll, das juristisch prüfen zu lassen.“ Ein Bau nach § 34 des Baugesetzbuchs über „Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile“, wie es dem Unternehmen vorschwebt, sei Interpretationssache und sehr schwammig.
Weitere Anwohner machten deutlich, dass man nicht mal ein Auto zum Parken dort abstellen könne, die Bebauung auch Garagen zustelle und man für die Grünfläche früher sogar Aufschlag gezahlt habe.
Eine Frau mahnte die „historische Verantwortung“ an. Die mindestens 170 Jahre alte Eiche dort dürfe man nicht fällen, das Insektensterben nicht weiter befördern. Dafür könne man grundsätzlich Ausgleichsmaßnahmen schaffen, meinte Düllings dazu.
Bürgermeister Dominik Pichler machte kurz vor Ende der eineinhalbstündigen Diskussion noch mal klar: Es sei noch nichts entschieden. Selbst wenn man nach § 34 Baugesetzbuch bauen wolle, winke die Bauaufsicht nicht alles durch. Die anwesende Politik werde das Stimmungsbild mit in ihre Entscheidung mit einbeziehen.
Nur der KBV-Politiker Karl Renard machte ein paar Detailbemerkungen. Die anwesenden Fraktionschefs von SPD, CDU, FDP und Grünen äußerten sich mit keinem Wort zu der Angelegenheit. Alexander Florié-Albrecht