Das sind die Gründe für den derzeitigen Erfolg beim KSV
Es ist noch gar nicht lange her, da spielte der Kevelaerer SV im Orchester der Fußball-Teams des Stadtgebiets der Marienstadt noch nicht einmal die zweite Geige. Kreisliga B hieß der triste Alltag für die Gelb-Blauen, damit war man hinter der Union Wetten, Viktoria Winnekendonk und der DJK Twisteden – seinerzeit allesamt A-Ligisten – nur das vierte Glied. Vergessen schienen die erfolgreicheren Zeiten, als der KSV noch mindestens in der Bezirksliga mitmischen durfte.
Doch das Blatt hat sich gewendet. Gut, die Nummer eins im Kevelaerer Stadtgebiet ist noch immer die DJK aus Twisteden, die nach dem fulminanten Aufstieg in die Bezirksliga im Sommer auch in dieser Saison größtenteils stark aufspielt und als Liga-Neuling für Aufsehen sorgt. Doch dicht gefolgt wird die Mannschaft von Trainer Andreas Holla im Stadtranking nun vom Kevelaerer SV, der die Winnekendonker und Wettener A-Ligisten hinter sich lassen konnte. Nach dem Aufstieg, den man erst kurz vor Saisonende eingetütet hatte, wusste das Team von Coach Ferhat Ökce bisher auch in dieser Spielzeit zu überzeugen. Als Spitzenreiter hat der KSV bereits 33 Punkte aus 14 Spielen gesammelt, lediglich eine Saisonniederlage mussten die Gelb-Blauen bisher einstecken. Die Verantwortlichen der Viktoria Winnekendonk hatten aufgrund vieler personeller Sorgen eine schwierige Saison prognostiziert, mit 22 Punkten und Platz sechs hat sich die Kleuskens-Elf aber bisher stark präsentiert. Deutlich schlechter läuft es unterdessen in Wetten, derzeit steht das Team des im Sommer neu installierten Trainers Marcel Lemmen mit nur zwölf Punkten auf dem Abstiegs-Relegationsplatz 13. Bezeichnend: In der noch laufenden Hinrunde konnte der KSV sowohl das Derby in Winnekendonk als auch das prestigeträchtige Heimspiel gegen Wetten mit 3:0 für sich entscheiden.
Doch was sind die Gründe für die neue Dominanz und den derzeitigen Erfolg beim Kevelaerer SV? Wohl am bezeichnendsten ist die starke Balance zwischen Defensive und Offensive: Mit bisher erst zwölf Gegentoren in 14 Spielen stellt die Ökce-Elf die beste Hintermannschaft der Liga, außerdem hat man mit bereits 45 geschossenen Toren die zweitstärkste Sturmreihe der Kreisliga A. Einen fast unglaublichen Bärenanteil daran hat Miroslav Sekela. Der 27-jährige Sommerneuzugang hat bereits 19 Saisontore auf dem Konto und führt damit nicht nur die interne KSV-Torschützenliste mit Abstand an, sondern ist auch klar der beste Torjäger der Kreisliga A.
Gemeinsam mit seinem 28-jährigen Bruder Martin, der ebenfalls vor der Saison nach Kevelaer gewechselt war, bildet er ein kongeniales Duo. Neun Vorlagen und drei Treffer gehen auf das Konto des älteren Bruders, nicht selten legten sich die Sekela-Brüder die Treffer einfach gegenseitig auf. Doch auch David Brinkhaus hat im Torranking ein Wörtchen mitzureden, der Mittelfeldmotor kommt immerhin schon auf neun Treffer in 13 Spielen und ist damit ligaweit der sechstbeste Schütze. Brinkhaus, der von Kindesbeinen an für den KSV kickt und dem Verein trotz der zwischenzeitlich schwierigen Lage und Angeboten von höherklassigen Teams die Treue gehalten hatte, ist immer wieder ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt im Umschaltspiel zwischen Defensive und Offensive und lenkt das Spiel in die richtigen Bahnen. Das Sagen in der Abwehrreihe hat Kapitän Dennis Hermens. Der 25-jährige Innenverteidiger besticht durch Übersicht, ein starkes Stellungsspiel und die nötige Ruhe am Ball, dazu gelingt es dem Kevelaerer immer wieder, das Spiel mit geschickten Pässen zu eröffnen. Seine Entwicklung der letzten Jahre hat sich dem sportlichen Aufwärtstrend der gesamten Mannschaft angepasst.
Über alledem steht die sportliche Führung um Trainer Ferhat Ökce und Obmann Jean Kamps. Und die setzt auf Konstanz: Nach dem Abstieg in die Kreisliga B zum Ende der Saison 2014/15 und dem damit einhergehenden sportlichen Tiefpunkt der Kevelaerer Fußballgeschichte wurde Ökce als Coach installiert. Bereits zum Beginn seiner Amtszeit betonten alle Beteiligten, nicht auf Biegen und Brechen sofort wieder aufsteigen zu wollen, sondern das Projekt Wiederaufstieg mit Ruhe und Gelassenheit anzugehen. „Wir wollen ein sportlich funktionierendes Fundament legen, auf das wir dann aufbauen können“, hatte Ökce immer wieder betont. So kam es, dass der Aufstieg im ersten Versuch nicht gelang, dafür dann aber im zweiten Anlauf diesen Sommer. Dank personeller Weitsicht, bei dem neben dem Halten von Leistungsträgern wie Brinkhaus oder Hermens auch die jährliche punktuelle Verstärkung des Kaders eine Rolle spielt, und der nötigen Ruhe hat der KSV zurück in ruhigere Fahrwasser gefunden.
Und dann ist da auch noch der gesamte Unterbau des KSV. In dieser Saison hat Kevelaer zum ersten Mal seit einigen Jahren wieder eine Dritte Mannschaft gemeldet, insgesamt ist das Spieler-Portfolio im Verein also quantitativ gestiegen. Und auch qualitativ hat das Ganze seine Vorteile, denn Spieler aus der Zwoten können so auch einmal in der Dritten Spielpraxis sammeln, sodass wiederum Platz im Kader frei wird für Akteure der Ersten Mannschaft, die bei dem von Marcel Kempkes trainierten B-Ligisten ihre Erfahrungen machen und sich fit halten können. Der enge Austausch zwischen allen drei Teams ist dabei der Schlüssel zum Erfolg.
Ein letztes Hinrundenspiel steht Anfang Dezember noch an, da kann die Ökce-Elf bereits die Herbstmeisterschaft eintüten. Zwei weitere Rückrundenpartien werden dann – solange es die Witterungsbedingungen zulassen – bis zur Winterpause noch absolviert. Neun Punkte sind also noch zu vergeben im Kalenderjahr 2017. Und egal wieviele dieser neun Zähler am Ende noch auf dem Punktekonto des KSV gelandet sind: Schon jetzt können die Verantwortlichen auf ein extrem erfolgreiches Jahr zurückblicken. Und wer weiß, vielleicht wird 2018 mit einem möglichen Aufstieg in die Bezirksliga ja noch erfolgreicher. JAN ABEN