Die Arbeit hat ihm Spaß gemacht

Seit dem 15. Dezember 1992 ist Wilhelm Cleve Standesbeamter der Stadt Kevelaer. Zum 31. Januar 2018 geht er in den Ruhestand, vielmehr „Unruhestand“, wie er selbst sagt. „Ich habe sehr gerne mit und für die Bürger gearbeitet. Ich war einfach gerne Standesbeamter.“ Cleve macht den Anschein, als wenn er diese Aufgabe durchaus noch weitermachen würde. Es funkelt voller Freude in seinen Augen, als er von der Zeit erzählt.
Als Cleve gefragt wurde, ob er die Nachfolge von Walter Braßeler als Standesbeamter der Marienstadt antreten wolle, brauchte er nicht lange überlegen. Das Amt war ihm aus der Lehrzeit bekannt. Der vielseitige und direkte Kontakt zu den Bürgern reizte ihn. Nach der Tätigkeit in der Schulverwaltung, dem Steueramt und der Kämmerei hatte er hier seine Aufgabe gefunden, die ihn ganz ausfüllte. Ein Standesbeamter führt ein eigenes Siegel, hat ähnliche Funktionen wie ein Notar und ist an keine Weisungen der Stadt gebunden. Als Beamter oder Angestellter des Amtes, der Stadt oder Gemeinde, ist er rechtlich nicht Teil der Kommunalverwaltung, sondern der Verwaltung des Bundeslandes und handeln bundeseinheitlich nach dem Personenstandsgesetz.
In 26 Jahren gab es für Cleve nicht nur 3.400 Eheschließungen, 3.000 Geburtsbeurkundungen und die Ausstellung von 8.400 Sterbeurkunden. Die Aufgaben umfassten unter anderem auch Beurkundung von Vaterschaftsanerkenntnissen oder Namenserklärungen für Kinder, Ehegatten, Lebenspartner und Spätaussiedler. Folgebeurkundungen und -eintragungen in den Personenstandsbüchern bzw. -registern, wie Adoptionen, behördliche Namensänderungen, Prüfung der Namensführung nach Eheschließung oder Scheidung im Ausland mit Auswirkung auf den Familiennamen von Kindern, oder nötige Folgebeurkundungen. „Hierbei musste ich mich zunehmend mit internationalem Privatrecht auseinandersetzen“, sagt Wilhelm Cleve.An einige Amtshandlungen erinnert sich Cleve noch besonders. Bei einer geplanten Eheschließung zwischen einer Deutschen und einem ausländischen Mitbürger, der bereits einmal verheiratet war, waren die Vorarbeiten enorm. Da seine erste Heirat und seine Scheidung in der Botschaft seines Geburtslandes durchgeführt wurde, musste die Scheidung formal erst einmal bei einem deutschen Gericht erneuert werden, um Rechtsgültigkeit zu erlangen. Scheidungen dürfen in Deutschland nur durch ein Gericht ausgesprochen werden. Erst dann war die Eheschließung in Kevelaer möglich.
Die Erinnerung an eins seiner ersten Brautpaare ergibt sich für Cleve fast schon von selbst. Seit 25 Jahren erhält er pünktlich zu Weihnachten von einem deutsch/kanadisch/englischem Paar aus dessen Wohnort in London Grußpost. Zur Wiedereröffnung des neuen Rathauses waren sie auch angereist. Darüber hinaus gab es schon einmal eine Postkarte von einer Hochzeitsreise auf die Malediven.
Im Laufe der Jahre hat sich besonders bei den Eheschließungen der Wandel der Zeit bemerkbar gemacht. Laut Gesetz gibt es seit dem 1.1.2009 die Möglichkeit, nur kirchlich zu heiraten (für staatliche Rechte und Verordnungen einer Ehe, z.B. Renten, ist dies aber nicht ausschlaggebend) und erst später oder gar nicht die standesamtliche Trauung nachzuholen.
Auch finden größere Trauungen mit bis zu 40 Personen vor dem Standesbeamten statt, weil eine kirchliche Trauung nicht vorgesehen ist oder durch vorherige Eheschließungen sich eine größere Familie ergibt. Für Wiederverheiratete oder Paare, die erst später heiraten und Kindern haben, hat sich Cleve etwas besonderes ausgedacht. „Früher saßen die Kinder immer nur in der zweiten Reihe. Als mir dies auffiel, habe ich sie bewusst mit einbezogen (wenn auch nur inoffiziell) und für sie ein Blatt entworfen. Hier können sie dann durch ihre eigene Unterschrift einbezogen werden, schließlich gehören sie ja dann auch zur Familie.“
Auch „Schnellverheiratungen“ mit reduziertem Verwaltungsaufwand wegen lebensbedrohenden Erkrankungen, zum Beispiel im Hospiz oder Krankenhaus, haben zugenommen. Hierbei ist nur zu beachten, dass Konsequenzen für Renten erst nach einer Ehezeit von zwei Jahren greifen.
Dass es neben dem Trauzimmer im alten Rathaus weitere Standorte in Kevelaer gibt, findet Cleve sehr positiv. „Das alte Rathaus und das Schumacher Stübchen in Winnekendonkk werden sehr gerne angenommen.“
Dass Wilhelm Cleve nach der Pensionierung die Füße nicht hoch legt, liegt in seinem Naturell: „Ich war immer in Aktion. Nicht nur als Standesbeamter, sondern auch als Vertrauensmann für den Kreis Kleve, im Fachverband der Standesbeamten.“ Hier war er als Verbindungsmann zwischen Verband und Standesämtern dafür zuständig, dass neue Gesetze und Verordnungen in den Städten des Kreises zur Kenntnis genommen wurden. Außerdem arbeitet Cleve seit langem in der „Aktion St. Nicolaus e.V.“ Hilfe für das behinderte Kind und hat sich vorgenommen auch weiterhin im Vorstand als Kassierer tätig sein.
Und was bleibt aus den 26 Jahren als Standesbeamter? „Ich habe viele gute Erfahrungen mit Bürgern gemacht und hoffe, dass die, die an meinem Schreibtisch gesessen haben, das auch so von mir erfahren haben“, antwortet Cleve. „Es hat viel Spaß gemacht.“