Bei 30 km/h auf 180

Horst Blumenkemper (SPD) musste sich doch sehr wundern, als er hörte „wie hier über geltendes Recht gelästert wird“. Ulrich Hünerbein-Ahlers (Grüne) antwortete prompt: „Ich lästere nicht, ich deute mein Unverständnis an.“ Immerhin mit so markanten Sätzen wie „Wir glauben der Verwaltung nicht“ und „Wir müssen runterkommen von dem Vorrang für PKWs.“
Dazu hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag zum Thema „Tempo 30 in Kevelaer und den Ortschaften“ gestellt, der von der Verwaltung ausführlich bearbeitet und im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung vorgestellt worden war. „Gute Ansätze, aber zu kurz gesprungen“, lautete die erste Einschätzung Hünerbein-Ahlers‘.
Auch die Hinweise von Bürgermeister Dominik Pichler auf den Paragraphen 45 der Straßenverkehrsordnung, der der Anlage von Tempo-30-Zonen zugrunde liege, sowie seine Anmerkung, man habe mit der vorgeschlagenen zeitlichen Begrenzung vor Schulen „den Vorschlag einer Behörde“ übernommen, wischte der Grüne vom Tisch.
Als besonders schwierig stellt sich aus Verwaltungssicht dar, dass die in Paragraph 45 genannten Voraussetzungen für die Einrichtung von Tempo 30 so umfangreich sind, dass sie „für keine der untersuchten Straßen im Stadtgebiet der Wallfahrtsstadt Kevelaer vorliegen“. Und das sind immerhin 400.
400 Straßen überprüft

Selbst eine Novellierung, die eine Einrichtung in Einzelfällen gestattet, wenn bestimmte Einrichtungen einen direkten Zugang zu einer Straße haben, habe in Kevelaer lediglich an zwei Stellen zum Ergebnis, dass Tempo 30 angeordnet werden könne: Vor dem Regina Pacis und vor dem Urbanus Kindergarten in Winnekendonk.
Der Forderung Hünerbein-Ahlers‘, „wenn die Verwaltung kann, aber nicht muss, dann soll sie“, ist diese in einigen Fällen durchaus nachgekommen, etwa bei der Grundschule in Winnekendonk oder der in Twisteden. Hier liegen nicht unbedingt zwingende Gründe vor, jedoch haben Rückfragen ergeben, dass sich Polizei und Straßen NRW durchaus die Einrichtung einer zeitlich begrenzten Tempo-30-Strecke vorstellen können und diese befürworten.
Ein weiterer Aspekt, den die Verwaltung anführte und der durch Willi Gerats von der FDP bestätigt wurde, sind Straßen, auf denen aufgrund ihrer Beschaffenheit, Verkehrsführung oder Länge eine Geschwindigkeitsvorschrift schlichtweg überflüssig wäre, weil dort eine Geschwindgkeit über 30 km/h ohnehin nicht erreicht werden kann. Hier Verkehrsschilder
aufzustellen, wäre tatsächlich ein klassischer „Schildbürgerstreich“.
Um der Enttäuschung über die Ablehnung einer flächendeckenden Begrenzung auf Tempo 30 im Stadtgebiet nicht die im Prinzip gute und wichtige Sache zum Opfer fallen zu lassen, wurden die letztgenannten Straßen ausgenommen und folgende von der Verwaltung vorgeschlagenen Zonen bzw. Beschränkungen vom Ausschuss beschlossen:
1. Einrichtung Tempo 30 Zone auf dem Klösterpad in Winnekendonk,
2. Einrichtung einer Tempo 30 Beschränkung auf der Friedenstraße vor dem Regina Pacis Altenheim,
3. Einrichtung einer Tempo 30 Beschränkung auf der Basilikastraße vor dem Krankenhaus,
4. Einrichtung einer Tempo 30 streckenbezogenen Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Sonsbecker Straße in Winnekendonk vor der Grundschule, beschränkt auf die Schulzeiten,
5. Einrichtung einer Tempo 30 streckenbezogenen Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Dorfstraße in Twisteden vor der Grundschule beschränkt auf die Schulzeiten.