Auf das Beste für Twisteden gucken

Dass Paul Schaffers leidenschaftlicher Fußballfan ist, ist nicht nur an den Geißbock- Symbolen an der Garage und im Garten zu sehen. Im Keller hat der 63-jährige Geschäftsführer der Welbers Kieswerke GmbH zahlreiche Utensilien seines Vereins aufbewahrt, wo er mit seinen Jungs früher auch Fußball geguckt hat. Mit dem jüngeren seiner beiden Söhne, der in Siegen studiert und Ende des Jahres in seine Firma mit einsteigt, geht er immer wieder zu den Spielen. „Man hat jetzt gemerkt, dass da was fehlt“, bekennt er gerne. Mit dem Ältesten geht das mit dem Fußballbesuch nicht – denn der studierte Physiker ist wissenschaftlicher Assistent an einer Uni in Finnland.

Es fehle ihm auch was in Richtung Karneval, wo die Jecken am 11.11. wegen Corona nicht loslegen können – ein Wermutstropfen für den „überzeugten Karnevalisten“ Paul Schaffers, der „22 Jahre lang hier im Karnevalsverein Vorsitzender“ war. Er habe gerne in Projekte wie das Männerballett viel Zeit hineingesteckt. „Es war wahnsinnig viel Arbeit“, bekennt der Kevelaerer Karnevalsprinz von 1998 im Nachhinein. Als er 2009 merkte, dass er keine Ideen mehr hatte, gab er das Amt ab, „ehe die mich da wegjagen“. Eben ganz oder gar nicht.

Geboren ist der CDU-Politiker in Keylaer, wuchs auf einem kleinen Bauernhof auf. Der Vater war Betriebsschlosser und gelernter Schmied. Von ihm stammt der Leitsatz: „Wenn Du Dir was vornimmst, musst Du das durchziehen.“ Seine Mutter war Hausfrau. „Sie hat immer zu mir gesagt: ein lieber braver Junge. Ich war vom Wesen her sehr zurückhaltend.“

Als Kind bestand die Welt aus der Schule, der Umgebung und einer sorgenfreien Zeit. „Wir durften Baumhäuser bauen, Cowboy und Indianer spielen und schmutzig nach Hause kommen“, erinnert sich Schaffers sichtbar gerne daran. Über die Stationen Hubertus- Grundschule und Edith-Stein-Realschule sowie Handelsschule Geldern begann er eine Lehre als Industriekaufmann, ging dann für 15 Monate zur Bundeswehr, war in Emmerich stationiert. „Eine verlorene Zeit“, sagt Schaffers im Rückblick dazu. Eine Zeit, die man irgendwie rumbekommen musste.

Eine harte Zeit

Nach einer kurzen Episode bei Welbers, wo er jetzt seit Jahrzehnten wirkt, zog es den damals 21-Jährigen eigentlich in die Großstadt, raus aus dem „engen“ Kevelaer. Aber daraus wurde nichts. „Da stand dann ,leider‘ die richtige Frau“, spricht er über seine erste Ehe. Im Alter von 29 Jahren starb seine damalige Frau jedoch an Brustkrebs – eine harte Zeit, über die Paul Schaffers aber reden kann. „Man sitzt stundenlang in der Ecke und weint“, bekennt er ganz offen. „Sie war damals auch schwanger und es bestand die Frage, ob nur Chemo oder nur Schwangerschaft. Das war die schlimmste Woche meines Lebens.“ Am Ende signalisierte der behandelnde Mediziner, dass beides möglich sei; der jüngste Sohn wurde im Alter von acht Monaten vorzeitig geholt.

Seiner Frau versprach er, sich um die beiden Jungs zu kümmern. Das habe geklappt, sagt er heute. „Die wollten ja auch weiterleben, und das Leben geht schließlich weiter.“ Um die Kinder nicht aus der gewohnten Umgebung herausnehmen zu müssen, gestaltete er das Grundstück an der Martinistraße, wo sie wohnten, um.

Und er habe das große Glück gehabt, „nochmal eine tolle Frau kennenzulernen“, die ihn und die zwei Kinder in ihr Herz geschlossen hat. Diese Zeit damals habe ihn aber in der Hinsicht geprägt, nicht alles im Leben so ernst zu nehmen. „Wenn ich daran denke, kann ich bei vielen Sachen gut runterfahren.“

Mit Politik hatte er nichts am Hut, bis ihn 2009 ein CDU-Mann fragte, ob er sich vorstellen könnte, für die CDU in den Kevelaerer Rat zu gehen. Es brauche da nicht nur Verwaltungsleute, sondern auch Unternehmer. „Meine Frau warnte mich: Du musst immer alles hundertprozentig machen.“ Er sagte zu. „Das war am Ende auch zuviel“, meint er aus heutiger Sicht. Die CDU sei schon „meine Partei“, sagt er. Als junger Mann sei er eher der SPD zugeneigt gewesen. Aber mit dem Beruf und immer mehr Verantwortung veränderte sich auch der Blick. „Ich kam mit den CDU-Leuten vom Denken her eher zurecht.“ Er wurde Fraktionsvorsitzender, habe „versucht, Dinge für Kevelaer anzuschieben“, sagt er. „Da konnte ich was machen, was mit einem guten Bürgermeister bewegen“, steht er zu dem konstruktiven Verhältnis, das er mit Dominik Pichler ab 2015 gepflegt hat. „Er hat immer, wenn es um Kevelaer ging, praktisch gedacht.” Und Schaffers zeigt sich anderen Positionen gegenüber aufgeschlossen. „Mir ist fremd, Ideen schlecht zu finden, nur weil sie von einer anderen Partei kommen.“

Der politische Rückzug

Ende 2013, nachdem parteiinterne Auseinandersetzungen zum Rücktritt von Thomas Selders führten, wurde ihm auch das Amt des CDU-Stadtverbandsvorsitzenden angeboten. „Da habe ich mich wirklich gewehrt. Aber man sagte mir: Du kannst das.“ Aus dem Gedanken, das nur eine zeitlang kommissarisch zu machen, wurde ein Amt, das ihn bis zum März dieses Jahres begleitet hat. Man traute ihm zu, die Strömungen in der Partei zusammenzuhalten. Im März trat er von seinem Amt als Stadtverbandsvorsitzender zurück, als die Partei nicht der Empfehlung des Vorstands folgte, keinen eigenen Bürgermeister- kandidaten gegen Pichler aufzustellen. „Ich wollte mich nicht verdrehen und habe das nicht bereut.“ Er zog sich politisch zurück, trat nicht mehr für den Rat an.

Aber er erkennt an, wie sich die Partei jetzt zusammengerauft hat. Dabei nennt er ausdrücklich den Namen Michael Kamps. Was er gut fand an der Arbeit als Fraktionsvorsitzender, sei, dass sich Kevelaer „gut entwickelt“ habe, was nicht nur sein Verdienst sei, wie er betont – und man viele Dinge recht geräuschlos habe entscheiden können. In der Rückschau sei er froh über strukturpolitische Entscheidungen wie den Antwerpener Platz und Aldi-Süd oder bei Fragen wie der Gesamtschule. „Das mit der Hüls, da bin ich stolz drauf“, sagt Schaffers. „Auch Kevelaer wird sich verändern“, ist er überzeugt, dass die „Pilgerei alleine nicht reichen wird“, um die Zukunft der Stadt zu sichern.

Es kommt anders als man denkt

Josef Kobsch (l.) übergibt das Amt des Twistedener Ortsvorstehers an Paul Schaffers. Foto: AF

Eigentlich war das Thema Politik abgeschlossen. „Haken dran und Thema durch“, hatte er sich gesagt – bis der Ortsverband ihn versuchte, für das Amt des Ortsvorstehers zu aktivieren. „Das wollte dann nicht nur die CDU, mich haben auch viele im Dorf angesprochen.“ Er beriet sich mit seiner Frau und versprach, „dass sie die Notbremse ziehen darf“, wenn das Amt zu viel an Zeit kostet. „Ausgleichend sein und auf das Beste für Twisteden gucken“, das stehe jetzt an erster Stelle. Neue Baugebiete bekommen, für das IBC eine Lösung finden. „Da muss dringend was gemacht werden.“ Die Vereine wollten das IBC vor Ort behalten. „Je weiter das raus ist aus dem Ort, desto weniger wird es frequentiert.“ Das kleine Gebäude an der Seite werde in den nächsten Tage ja abgerissen. „Bevor das überplant wird, sollte man wirklich die ganze Fläche in Angriff nehmen und sehen, was man da machen kann.“ Für den Traberpark kann er sich super vorstellen, das Potenzial dort zu nutzen und ein Wohngebiet mit bezahlbarem Wohnraum zu entwickeln.

Was das Dauerthema Verkehr in der Dorfstraße angeht, sieht er beide Seiten. „Die wird man nicht ganz sperren können, da wird ein gewisser Verkehr immer stattfinden.“ Man sei ja auch zum Beispiel über die Gärtnereibetriebe vor Ort froh. Mit der Stadtverwaltung werde man in dieser Woche dazu Gespräche zu führen. „Wir haben unseren Kunden als Unternehmer Merkzettel für die Umgehung in Lüllingen mitgegeben, und unsere eigenen Fahrzeuge haben da auch ihre Anweisungen.“