Tatort Bühnenhaus

Das Neujahrskonzert der Kreispolizeibehörde Kleve ist lieb gewonnener Bestandteil des Kevelaer Veranstaltungskalenders. Klanglich war der Abend am vergangenen Samstag gottlob deutlich weniger sperrig als der Name des Veranstalters, denn die heimische „Big Band For Fun“ lief zu großer Form auf.
Den roten Faden durch den Abend bildete eine „fiktive Tatortfolge“ aus der Feder Peter Niersmans‘, in der Kommissar Rütters zwar keinen besonders vertrackten Fall zu lösen hatte, dieses aber mit einer reichlichen Menge an Pointen auf die lokalen Verhältnisse garnierte. Vorgetragen wurde der Text durch die WDR-Mitarbeiterin Marina Müller-Klösel. Ihrer ausdrucksstarken Stimme zu lauschen, war ein Genuss.
Mangelnde Nachfrage hatte die Veranstalter dazu bewogen, nur den kleinen Saal zu nutzen, der mit rund 130 anwesenden „Zeugen“ auch ausverkauft und damit voll besetzt war – gegenüber den Vorjahren ein deutlicher Rückgang des Interesses, wie Moderator Jürgen van Os konstatieren musste. Rechnet man noch die 22 „Tatverdächtigen“ der Band hinzu, die genregemäß überwiegend ein eher klangstarkes Instrumentarium spielen, wird schnell klar, dass es für großen Big-Band-Sound räumlich etwas grenzwertig war, erst recht in der jedem Musizieren feindlichen staubtrockenen Akustik.
Nach ausführlicher Eingangsmoderation eröffnete die Band mit „Tatort Theme“. Ein bisschen musste sich das Orchester noch sortieren, fand dann aber schnell zusammen und steigerte sich im Laufe des Abends stetig. Einzelne Musiker herauszugreifen, ist gewiss ein Stück weit ungerecht all den Ungenannten gegenüber, aber einige besonders ausladende Soli verdienen es, erwähnt zu werden. Im Phil-Collins-Klassiker „Against all odds“ hatte Alexandra Claasen (Altsaxophon) ihren großen Auftritt, den sie mit Bravour und großer Wärme in ihrem Spiel meisterte. Auch wurde hier die stilistische Breite der Big Band deutlich, die sich keineswegs auf die einschlägigen Klassiker der Swing-Ära beschränkt, sondern ein breites Repertoire bis in die Moderne pflegt.
Die zwei „beliebtesten Tatverdächtigen“ des Abends waren sicher Hans Ingenpass („Mr. Soul“) und Sara Salinga, die mal einzeln und mal gemeinsam den Gesangspart bestritten und mit „You can leave your hat on“ das Publikum in die Pause entließen. Die Kombination aus stimmlicher Perfektion, Ausstrahlungskraft und gekonntem „Flirt mit dem Publikum“ ließen Sara Salinga bereits in ihrer ersten Nummer „On Broadway“ die Herzen zufliegen. In diesem Zusammenhang muss auch ganz besonders die Leistung der Tontechniker gelobt werden, die es trotz der räumlich ausgesprochen schwierigen Situation geschafft haben, eine gute Balance zwischen allen Klanggruppen zu erreichen – eine „Schuhschachtel“ ist nun einmal nicht der natürliche Lebensraum einer Big Band.
Nach der Pause wurde die „Brass Machine“ angeworfen, die in mitreißender Kraft und Präzision ihre Wirkung nicht verfehlte. Als Ruhepunkt in einer langen Steigerung Richtung Finale griff Philipp Niersmans zum Flügelhorn und zeigte in „Stolen Moments“ eine weitere Facette seines großen musikalischen Könnens – er ist musikalischer Leiter der „Big Band For Fun“ und war den ganzen Abend etwas versteckt am Piano in Aktion. Den Abschluss des offiziellen Programms bildete noch einmal eine große Nummer („Think“). Das Publikum dankte es mit reichlichem und mehr als nur verdientem Beifall. Beachtlich war das „musikalische Wachstum“ der Big Band im Laufe des Abends, die sich dank ihrer Musizierfreude von Nummer zu Nummer im Ausdruck steigerte. Die begeisterten Zuhörer erstritten sich zwei Zugaben. Das Publikum wurde Zeuge einer unterhaltsamen und musikalisch hochwertigen „Ermittlung“ – es muss eben nicht immer Wiener Walzer zum Jahresauftakt sein.