Zeit für Sicherheit

39 Sekunden. So viel länger wäre jemand unterwegs, der die gesamte Sonnenstraße ohne einmal abzubremsen von vorne bis hinten mit Tempo 30 anstelle von Tempo 50 entlang fahren würde. Angesichts der zahlreichen Rechts-vor-links-Kreuzungen dürfte der tatsächliche Zeitverlust wohl eher bei der Hälfte liegen. Tempo 30 wird es auf der Sonnenstraße jedoch nicht geben. Einen entsprechenden Antrag der CDU-Fraktion hat die Stadtverwaltung abgeschmettert und für die kommende Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses nicht mal zur Abstimmung gestellt.

Dass die Polizei Tempo 30 dort befürwortet, um die Sicherheit des Wohngebiets zu verbessern, fand in den Bürokratenohren weniger Beachtung als die Feststellung, dass die Rechts-vor-links-Regelung den Verkehr bereits verlangsamen würde. Dabei dürfte jeder wissen, dass Verkehrsteilnehmer weit häufiger mit unangepasster Geschwindigkeit auf solche Kreuzungen zufahren, wenn dort Tempo 50 erlaubt ist, als wenn die maximal zulässige Geschwindigkeit nur 30 km/h beträgt. Hinzu kommt die verstärkte Belastung der Anwohner mit Emissionen wie Feinstaub, Stickoxiden und Lärm infolge des stärkeren Abbremsens und Beschleunigens.

Als Argument führt die Verwaltung an, dass die Sonnenstraße eine wichtige Verkehrsachse durch die Stadt ist. Primär deshalb soll eine Tempo-30-Zone dort rechtlich nicht zulässig sein. Aber gibt es da nicht 300 Meter entfernt die parallel verlaufende OW1? Und dürften den Anwohnern nicht bessere Luft und Sicherheit für ihre Kinder wichtiger sein als ein paar Sekunden Fahrzeit zu ihren Häusern? Alle anderen juristischen Kriterien scheinen erfüllt zu sein für Tempo 30.

Manchmal wünscht man sich in Kevelaer mehr Mut. Andere Kommunen haben weniger Probleme damit, zukunftsweisende Verkehrskonzepte auch dann umzusetzen, wenn sie diese möglicherweise vor Gericht verteidigen müssen. Es gibt zahlreiche mit der Sonnenstraße vergleichbare Fälle, wo seit vielen Jahren unangefochten Tempo 30 umgesetzt ist.