Wie ein Winnekendonker zum Deutschen Fernsehpreis kam

Am 31. Januar wurde in Düsseldorf – moderiert von Barbara Schönberger und Steffen Hallaschka – der Deutsche Fernsehpreis verliehen. Zu den Preisträgern gehört auch die NDR-Show „Inas Nacht“, die in der Kategorie „Beste Unterhaltung Late Night“ geehrt wurde. Redakteur dieser Sendung ist Christoph Pellander. Der gebürtige Kevelaerer beantwortet dem Kevelaerer Blatt Fragen zur Preisverleihung, gewährt einen Einblick in die Zusammenarbeit mit Ina Müller und verrät, wie sehr er sich Kevelaer und seinem Heimatdorf Winnekendonk verbunden fühlt.
KB: Hallo Herr Pellander, erst einmal herzlichen Glückwunsch zum Deutschen Fernsehpreises 2019. In der Kategorie VBeste Unterhaltung Late Night“ wurde CInas Nacht“, für die Sie als Redakteur zuständig sind, mit dem begehrten Fernsehpreis ausgezeichnet. Was geht in einem vor, wenn man einen so wichtigen Preis erhält?
Christoph Pellander: Zunächst einmal vielen Dank für die Glückwünsche. Natürlich war und ist die Freude groß nach solch einer Auszeichnung – im Team, beim NDR und auch bei mir persönlich. Es war mein erster Deutscher Fernsehpreis, dementsprechend bekommt er natürlich auch einen besonderen Platz.
Wann haben Sie und Ihr Team von der Nominierung erfahren und sehen Sie die Auszeichnung als eine Art Belohnung für Ihre Arbeit?
Etwa sechs Wochen zuvor wurden wir über die Nominierung informiert und offiziell eingeladen. Bis zum Moment der Verkündung haben wir aber weder etwas gewusst noch geahnt. Da „Inas Nacht“ auch bereits vor zehn Jahren schon mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde, hielten wir uns für „Nominierungsfutter“, wie Ina es in ihrer Dankesrede nannte. Umso schöner, dass die Jury so entschieden hat.
Was den zweiten Teil Ihrer Frage betrifft: Am Ende ist es ein organisches Zusammenspiel aus einer einzigartigen Moderatorin, einem sehr motiviertem Team, einer spitzen Formatidee, wie man sie im deutschen Fernsehen eher selten findet, und einem Sender, der sich als Teil der Mannschaft versteht – daher war es für uns alle eine schöne Belohnung.
Inas Nacht ist ein Dauerbrenner. Lockere Atmosphäre mit lieben und spontanen Gästen, die sich auf ein Bier in einer Hamburger Kneipe treffen. Wer steckt hinter so einer Idee? Und wie kann man sich einen solchen Erfolg erklären?
Vorsicht, es gibt nicht nur Bier. In zwölf Jahren haben sich die Trinkgewohnheiten sehr verändert, kürzlich tranken Ina und Sido zum Beispiel Moscow Mule und mit Iris Berben und Barbara Schöneberger wurde natürlich Champagner getrunken. Und die „Kneipe“ ist unser „Schelli“, Hamburgs älteste Seemannskneipe mit nordisch romantischer Seefahrer-Atmosphäre und Blick auf den Hafen.
Die Idee zur Sendung kam von Ina Müller selbst, die vor 13 Jahren die Unterstützung des damaligen NDR-Intendanten Jobst Plog fand. Der gab grünes Licht für drei Episoden, inzwischen sind über 120 im Kasten und wir laufen nicht mehr nur im NDR sondern auch erfolgreich im Ersten, wo wir Zuschauer aus der ganzen Republik erreichen. Die lieben Inas ehrliche, manchmal schnodderige, aber stets liebenswerte Art, den Shanty-Chor, die Bierdeckel-Fragerunden, die nationalen wie internationalen Musik-Acts, die sich freiwillig auf 3,5 Quadratmeter quetschen, um bei uns zu singen… um nur ein paar Faktoren zu nennen. Am Ende erlebt der Zuschauer eine 60-minütige Late-Night-Show, in der die Gastgeberin Themen anspricht, wie sie in keiner Talkshow zu finden sind. Es wird herrlich und laut gelacht… und am Ende oft bis in die späte Nacht gefeiert.
Ina Müller ist sehr spontan, flexibel, hat ein lockeres Mundwerk, sagt was ihr gerade einfällt und auf der Zunge liegt, verbreitet mit ihrem unvergleichlichen Lachen immer gute Laune. Überträgt sich das auf Ihre Arbeit? Geht man da nach einem harten Arbeitstag eher beschwingt und mit einem Lächeln auf dem Gesicht nach Hause? Oder ist man eher geneigt zu sagen: Gott sei Dank, endlich Ruhe.
Ina Müller trägt das Herz auf der Zunge und lässt sich weder vor noch hinter der Kamera verbiegen. Sie sagt, was sie denkt, hat eine Haltung zu vielen Themen und steht auch dazu. Das macht die Zusammenarbeit am Ende leicht, denn wir alle haben ein Ziel: die Sendung so unterhaltsam wie möglich gestalten. Das beginnt bei der Auswahl der Gäste und den Themen und Fragen und endet beim finalen Schnitt, den ich als Redakteur abnehme. Spaß und Humor stehen in der Sendung im Vordergrund und dies überträgt sich auch auf die Zusammenarbeit. Uns beide verbindet ja auch zum Beispiel eine Kindheit auf dem Bauernhof. Wir haben eine Menge Spaß bei der Gestaltung der Sendung und auch bei den Dreharbeiten im Schelli. Die beginnen stets am Abend gegen 20 Uhr und enden dann tief in der Nacht. Gern feucht-fröhlich.
Viele Prominente Gäste kommen seit 2007 zur legendären Hamburger Kneipe „Zum Schellfischposten“ und stellen sich den manchmal pikanten Fragen von Ina Müller. Wie muss man sich die Arbeit mit den prominenten Gästen vorstellen? Möchten sie umgarnt werden, benötigen sie eine besondere Behandlung? Oder ist der Umgang ein ganz lockerer, so wie er dann letztendlich auch dem Zuschauer präsentiert wird?
Natürlich gibt es solche und solche und immer ist es spannend. Man trifft auf einen plötzlich eher schüchternen Otto Waalkes oder auf eine völlig entspannte Iris Berben – alle eint am Ende, dass sie vor einem ungewissen Abend mit Ina stehen. Eine Sonderbehandlung braucht aber keiner. Und wenn, würde ich sie oder ihn hier nicht outen (lacht).
Bereits im vergangenen Jahr erhielten Sie und Ihr Team den Deutschen Comedypreis in der Kategorie Beste Sitcom. In diesem Jahr erstmalig den Deutschen Fernsehpreis. Sind Ihnen beide Preise gleich wertvoll oder macht man da Unterschiede?
Den Deutschen Comedypreis bekamen wir für die NDR-Comedy-Serie „Jennifer – Sehnsucht nach was Besseres“, die am Niederrhein leider weniger bekannt sein dürfte, weil sie nur im Dritten läuft. Wer sich jetzt über den grammatikalischen Fehler wundert – der ist gewollt und steht für eine Redensart, wie sie in bestimmten Regionen im Norden durchaus üblich ist. Es waren an diesem Abend zwei sehr bekannte RTL-Comedyserien nominiert, da waren die Überraschung und Freude mindestens so groß wie in der Vorwoche beim Deutschen Fernsehpreis. Am Ende hält es sich die Waage – beide Preise machen uns als Sender stolz, der Zuspruch der Zuschauer ist aber mindestens genauso wichtig, denn wir machen ja kein Programm für Jurys.
Herr Pellander, Sie sind ein junger Mann, um die 36 Jahre, wenn ich da richtig liege. Bedeutet diese Auszeichnung einen weiterer Ansporn für Ihren beruflichen Weg? Und wo genau führt dieser wohl hin?
Sehr schmeichelhaft, ich werde in diesem Jahr 41. Nominierungen und Preise für Filme, Serien oder Shows sind natürlich eine besondere Form der Anerkennung für die geleistete Arbeit, doch die größte Auszeichnung bleibt die Akzeptanz des Publikums und die Begeisterung beim Zuschauer. Denke ich an den Eurovision Song Contest, für den ich seit 2018 im Ersten verantwortlich bin, so war auch Rang 4 von Michael Schulte in Lissabon ein gefühlter Sieg, auch wenn die Trophäe nach Israel ging. Das Ergebnis hat uns als Redaktion beflügelt und auch in ganz Deutschland etwas bewegt. Zunächst führt mich der Weg in diesem Jahr aber noch nach Tel Aviv, wo wir am 18. Mai um Punkte aus Europa kämpfen.
Sie kommen gebürtig aus Winnekendonk am schönen Niederrhein, wo Ihre Eltern auch noch leben. Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf, würden Sie diesen Weg noch einmal so gehen?
Ursprünglich kam für mich kein anderer Beruf als der des Tierarztes in Frage. Aus gesundheitlichen Gründen hat mir jedoch ein Fachmann von einem Studium abgeraten, obwohl ich schon einen Studienplatz in Hannover hatte. Die Alternative war dann schnell gefunden: Ich wollte Drehbuchautor werden, denn Geschichten zu erzählen, zu entdecken, aufs Papier zu bringen und dann zu verfilmen – davon habe ich schon als Kind geträumt. Ich bin dann mit 19 Jahren nach Köln gezogen, eine der wichtigsten Städte in Deutschland, wenn man in dieser Branche arbeiten möchte. Nach zwei Jahren begann ich mein Studium an der Filmhochschule in Ludwigsburg, von wo ich aus schnell bei der ARD anheuerte. Zunächst beim Bayerischen Rundfunk in München, dann beim Westdeutschen Rundfunk in Köln und seit 3,5 Jahren beim Norddeutschen Rundfunk in Hamburg. Sozusagen geographisch von unten nach oben. Es kann also beruflich nur wieder abwärts gehen. Natürlich meine ich nur die Himmelsrichtung. In diesen Jahren habe ich das Glück gehabt, mit großartigen und für großartige Menschen arbeiten zu dürfen und ich kam an verschiedenste Orte auf der ganzen Welt – ja, ich würde den Weg genauso noch einmal gehen. Vielleicht würde ich nur meine Eltern öfter mitnehmen.
Nebenbei sind Sie dem Trabrennsport verbunden und Sie fahren auch selbst Rennen und züchten Rennpferde. Bleibt dafür noch Zeit?
Leider zu wenig, mein Job nimmt schon viel Zeit in Anspruch – gerade jetzt, wo wir wenige Monate vor dem ESC stehen und auch Filmprojekte im Sommer anlaufen. Ich fahre nicht mehr so viel wie früher, steige etwa 10- bis 15-mal im Jahr noch ins Rennsulky. 2014 zum Beispiel, als ich deutscher Meister werden durfte, waren es 80 Rennen im Jahr. Ich verpasse aber kein Pferderennen in Deutschland und vor allem meiner Heimatbahn in Mönchengladbach fühle ich mich verbunden. Ganz an den Nagel hängen werde ich den Sport aber nicht. Sonst würde ich auch nicht weiter züchten.
Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie an Kevelaer, den Niederrhein und Ihren Heimatort denken?
Es ist nicht leicht, sich hier kurzzufassen. Wenn ich an Kevelaer denke, denke ich – neben meiner Familie – sofort an meinen besten und großartigsten Freund Robin, an den Papstbesuch, an den Traberpark in Twisteden, die Backstreet Boys im Stadion, an den Prinzenhof, an eine nicht immer leichte Zeit an einem Gymnasium, das inzwischen einen guten Ruf genießen soll, damals aber ein Paradebeispiel unseres katastrophalen Bildungssystems in Zeiten des Pisa-Schocks war, und an eine großartige Chemie-Lehrerin Marie-Luise Müller, von deren Sorte es mehr gebraucht hätte.
Mit dem Niederrhein verbinde ich den Dialekt meiner Großeltern, den Geruch von Pferden und frisch gepresstem Heu, dreistellige Telefonnummern, aber auch schlechtes Handynetz. Und was meinen Heimatort Winnekendonk betrifft: an die Overberg-Grundschule und an meiner erste Lehrerin Frau Klein habe ich wunderbare Erinnerungen, an Wochenenden auf dem Tennisplatz zu einer Zeit, als Poster von Boris und Steffi an den Wänden hingen, an den Pastor Kopovski, der eines Tages meinen Eltern mitteilte, dass ich von meinen Aufgaben als Messdiener befreit werde. Nicht etwa, weil ich mich daneben benommen habe, sondern weil ich bei Beerdigungen zu viel weinte. Traurig war ich über diese Nachricht aber nicht.
Herr Pellander, wir bedanken uns für das ausführliche Gespräch und ihre Offenheit.