Mehr als nur ein Sportplatz

Die ersten Abgrenzungszäune hat die Stadt bereits abgebaut, die Spielgeräte dort entfernt, Baufahrzeuge haben tiefe Furchen in die Rasenspielfläche an der Kevelaerer Straße gezogen – und wo früher eine Allee von großen Pappeln stand, sieht man diese nun hinter den Umkleiden an der Sonsbecker Straße aufgereiht liegen.

Viele in Winnekendonk verfolgten die ersten Abbauarbeiten und das Fällen der ersten Bäume an dem Platz mit einer Mischung aus Unglauben und Wehmut    – so wie Ulrich Berns, der die Frauenmannschaft der Viktoria als Coach in die Niederrheinliga geführt hat.
„Für uns war die Mitteilung, dass die Anlage schon zum 1. März hin nicht mehr zur Verfügung steht, ein Schock.“ Insgeheim habe man noch gehofft, „dass, wenn die Pandemie mal vorbei ist und man Sport treiben kann, noch mal die Möglichkeit besteht, auf dem Platz zu trainieren oder eventuell noch ein Spiel auszurichten oder vielleicht sogar eine kleine ,Abschiedsfeier-Zeremonie‘ zu machen.“ Das was dort aktuell passiere, habe man so gar nicht erwartet als Verein. „Es hieß ja: Erstmal die Bäume, nicht das Sporthaus oder den Platz. Wenn man sich das nach einer Woche so anguckt, da blutet einem schon das Herz.“
Es sei ja nicht nur eine Sportanlage, wo die Mannschaften wie seine Damenteams darauf gespielt hätten. „Ich selber habe ja mein Leben lang auf der Anlage gespielt und trainiert. Es ist ja nicht nur eine Vereinsanlage, sondern ein sozialer Treffpunkt gewesen für das gesamte Dorf.“

So viele Veranstaltungen hätten dort stattgefunden wie der Golddorflauf , so viele Menschen hätten sich dort zu den Spielen versammelt „über Generationen hinweg.“ An diesem Platz habe „man Feste gefeiert, Turniere gemacht, danach stundenlang zusammen gesessen mit Eltern, die geholfen haben, ein Bierchen getrunken und gegrillt, wirklich soziales und geselliges Leben gehabt, was über den Sport hinausgeht.“ Und in den Ausbau des Platzes sei „viel Arbeit und Herzblut reingesteckt worden. Generationen vor uns haben da viel erlebt.“ Deshalb sei dieser Platz für ihn persönlich „mehr als eine Sportanlage – und das verschwindet jetzt aus dem Dorf.“

In der vergangenen Woche wurden die Bäume am alten Sportplatz in Winnekendonk gefällt. Der Platz soll bebaut werden. Foto: AF

Als er die Nachricht seiner Mannschaft per „whatsapp“ geschrieben habe, habe er schon zu kämpfen gehabt, „weil mir bewusst wurde: Der Platz ist weg.“ Zur neuen Sportanlage müsse erst der Bezug entstehen. „Viele fühlen da die Traurigkeit, dass man sich da nicht so „wie man sich das vorstellt, wenn man so eine Anlage aufgibt, verabschieden kann.“
Der Verein stelle sich aber der neuen Situation. Die Absprachen, die der Vorstand und die sportliche Leitung in Bezug auf die Trainngszeiten mit allen getroffen haben, sei ein Erfolg. „Da ändert sich nicht viel, das passt. Bei den Jugendmannschaften muss noch was verschoben werden, damit alle wieder so trainieren können.“    Man werde das hinkriegen, aber es werde eine Herausforderung.

Dass das alles gelinge, dazu würden die fünf behelfsmäßigen Container beitragen, die an dem Sportpark übergangsweise aufgestellt würden. Was die Sachen im Sporthaus angehe, werde viel in den dortigen Garagen zwischengelagert. Die Zaunanlage werde komplett um den Platz herum entfernt und soll genutzt werden „für den Platz drei, wenn er dann kommt.“

Entscheidender Player

Die katholische Kirchengemeinde St. Antonius hat zu der Entwicklung an der Fläche eine klare Haltung. „Wir wollen der Entwicklung der Stadt nicht im Wege stehen“, sagt Pfarrer Andreas Poorten. Denn die katholische Gemeinde ist ein entscheidender Player in dem ganzen Geflecht. „Der Sportplatz gehört der Kichengemeinde. Die Stadt hat die Fläche gepachtet. Der Pachtvertrag läuft bald aus. Und wenn die Stadt sagt: Wir pachten nicht weiter, hätten wir eh ein schönes Grundstück da gehabt und überlegt.“ Da sei der Schritt zum Verkauf an Edeka Brüggemeier schon schlüssig. „Brüggemeier ist  schon früh auf die Kirchengemeinde zugekommen. Das jetzige Edeka-Geschäft da ist einfach zu klein –    und da stünden noch Investitionen an. Und dann haben wir gesagt: Wenn der Rat der Stadt das möchte, dann sagen wir natürlich Ja. Dann kann die Fläche auch verkauft werden.“
Wichtig ist der Kirchengemeinde natürlich das dortige Heiligenkreuz. „Wir haben das behutsam abgebaut und im Betriebshof zwischengelagert“, bestätigt der Leiter Johannes Baaken. „Auch da ist die Stadt zeitig auf uns zugekommen“, sagt Poorten.    „Dann haben wir im Kirchen-vorstand und mit der Gemeinde Winnekendonk überlegt, wo es hinkommen soll.“ Am Neuen Markt in Winnekendonk soll es seine neue Heimat finden.
Der Investor selbst agiert in Sachen Erschließung der Sportplatz-Fläche öffentlich noch vorsichtig. „Das ist ja noch nicht zu hundert Prozent durch, weil das bei Straßen NRW und der Bezirksregie-rung liegt“, sagt Firmensprecher Michael Terhoeven. „Da kann es sein, dass die sagen: Das geht nicht.“ Der Flächennutzungsplan sei aber bereits abgesegnet, der Bebauungsplan liege jetzt beim Land.

Der Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan wurde zuletzt von der Tagesordnung des Kevelaerer Rates genommen, „weil für den geplanten Umbau der Kevelaerer Straße mit der Zufahrt zu Edeka und der Linksabbiegerhilfe mit Straßen.NRW eine Verwaltungsvereinbarung abgeschlossen werden muss“, sagte Bürgermeister Dominik Pichler zur Begründung. „Dies muss im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens erfolgen, da die Umsetzung des Bebauungs-planes von der Durchführung der Tiefbaumaßnahmen abhängig ist. Folglich muss die Vereinbarung zwingend vor dem Satzungsbeschluss vorliegen.“

In der vergangenen Woche wurden die Bäume am alten Sportplatz in Winnekendonk gefällt. Der Platz soll bebaut werden. Foto: AF

Ratssitzung

Die dementsprechende    Abstimmung zwischen den Stadtwerken, dem Planungsbüro VDH und Straßen.NRW laufe bereits, „ist aber noch nicht komplett abgeschlossen, so dass eine Verschiebung des Satzungsbeschlusses in die nächste Ratssitzung erforderlich ist.“ Die ist voraussichtlich am 18. Februar.

Für die Zeitplanung von Brüggemeier sei das aber unkritisch, „da der Feststellungsbeschluss zur 64. Flächennutzungsplan-Änderung wie geplant gefasst werden kann und wir dann ohnehin auf die Genehmigung durch die Bezirksregierung warten müssen, bevor der Bebauungsplan Rechtskraft erlangen kann“, so Pichler. „Die Genehmigung wird also frühestens im April vorliegen, so dass es durch die Verschiebung des Satzungsbeschlusses zu keiner zeitlichen Verzögerung für Brüggemeier kommen wird.“
Das Unternehmen scharrt im übertragenen Sinne schon mit den Hufen. „Wir sitzen schon ein bisschen in der Warteschleife“, sagt Firmensprecher Michael Terhoeven. „Wenn das Go vom Land kommt, sind wir bereit. Wir würden im Juli/August einsteigen, wenn es durchgewunken wird.“ Der Mietvertrag mit dem alten Edeka-Markt, wo sich auch die Modernisierung der Kühltechnik nicht lohne, laufe Ende Mai 2022 aus. „Bis dahin wollen wir umgezogen sein.“

Baumfällarbeiten

Dann sollen gut zwei Drittel des Platzes von 1200 Quadratmeter Marktfläche mit Bäckerei und Co. plus Edeka-Verwaltung auf der Heiligenweg-Seite und die entsprechenden Parkplätze stehen.Wohnhäuser sollen dort auch entstehen. „Aber solange nichts in Stein gegossen wird, halten wir da den Ball flach.“

Solange geht das Ganze erstmal Schritt für Schritt seinen Gang. „Wir haben am Dienstag begonnen“, sagt der beauftrage Sonsbecker Garten- und Landschaftsbauer Matthias Bergmann zu den Baumfällarbeiten. „Wetterbedingt machen wir jetzt Pause, ist nur Regen. Ende nächster Woche wollen wir mit den Arbeiten fertig sein.“

Historisches zum Heiligenkreuz
1860 entstand an der Ecke Heiligenweg/Kevelaerer Straße ein kleines Gebetshäuschen, das sogenannte „Heiligenhaus“. Dort hielten viele Menschen auf dem Weg nach Kevelaer oft inne, um zu beten – und auch die Sebastianus-Schützen auf ihrem Weg zur Vogelstange.
Im Zuge des Ausbaus der K 6, der Kreisstraße von Wetten nach Winnekendonk, musste das Heiligenhäuschen weichen und wurde im März 1972 abgebrochen. Der Kirchenvorstand entschied sich nach längeren Beratungen, es durch ein modernes Denkmal zu ersetzen.