Irrfahrt der Iren

„Sie haben unsere Gastfreundschaft missbraucht.“ Klare Worte fand am Mittwoch der Leiter des Kevelaerer Ordnungsamtes, Ludger Holla. Da herrschte in Kevelaer gerade wieder Ruhe: Um Punkt 12.05 Uhr war das letzte Gespann der „Irish Travellers“ vom Europaplatz aufgebrochen – Ziel ungewiss. Wenig später fuhren auch an der Delbrückstraße die letzten Iren aus Kevelaer ab.
Es ist ein alljährliches Schauspiel: Zu Mariä Himmelfahrt reisen die oft als „Tinker“ bezeichneten Iren mit ihren Wohnwagen nach Kevelaer an. Meist sind die Iren, von denen viele als Pilger herkommen, friedlich. Immer jedoch sind sie laut und schrill und – besonders in diesem Jahr – Quell von Verschmutzung und teils auch Zerstörung.
In diesem Jahr waren die Iren bereits in der vergangenen Woche angereist, um in Kevelaer drei Hochzeiten zu feiern. Rund 60 Gespanne tauchten unangemeldet auf und wurden vom Ordnungsamt zunächst zum Parkplatz am Hallenbad gelotst, weil Bad und Schulzentrum derzeit geschlossen sind. Bald häuften sich die Beschwerden der Kevelaerer über Müll und Fäkalien rund um den Parkplatz. Mancher forderte die Räumung des Platzes.
Bürgermeister Dominik Pichler setzte hingegen auf Deeskalation, nicht zuletzt, weil sich die Stadt nicht imstande sah, eine Räumung tatsächlich durchzusetzen. Pichler erlebte die Iren selbst abends im Prinzenhof, wo er sie als laut und trinkfest, aber friedlich erlebte. Kurz darauf teilte der Prinzenhof allerdings mit, die nächsten Tage nicht zu öffnen. Die Iren hatten dem Vernehmen nach zwar ihre zahlreichen Getränke bezahlt, aber auch die Toiletten regelrecht verwüstet.
Die Polizei registrierte nur eine Anzeige eines Cafés, in dem eine Gruppe Irinnen zwar ebenfalls bezahlt hatte, dann aber ein Verkaufsschild mitgehen ließ und zuvor die Toiletten verschmutzt hatte. In sozialen Medien wird von weiteren Problemen berichtet, die jedoch nicht zur Anzeige gebracht wurden und daher meist unbestätigt sind.
Darüber hinaus gab es zahlreiche Ordnungswidrigkeiten – besagte Fäkalien im öffentlichen Raum, gefährliches Fahrverhalten und mehr. „In der Fülle konnten wir das nicht wirksam sanktionieren“, erklärt Holla die von den Bürgern gefühlte Untätigkeit des Ordnungsamtes. „Wir müssen Androhungen auch umsetzen können.“
Insgesamt aber fruchtete die Deeskalationsstrategie: Die Iren kamen freiwillig der Aufforderung der Stadt nach, den Hallenbadparkplatz am Sonntag zu räumen, da dieser für die Tamilenwallfahrt gebraucht werde. Nur einzelne Gespanne machten vom Angebot der Stadt Gebrauch, zur Delbrückstraße umzuziehen.
In der Folge tauchte die irische Gruppe in Neuss und Düsseldorf auf, wo sie jeweils von einer Hundertschaft der Polizei vertrieben wurde – und, jetzt mit rund 100 Gespannen, nach Kevelaer zum Europaplatz zurückkehrte. Diesmal erließ das Ordnungsamt noch am Dienstagabend auf Englisch eine Räumungsverfügung. Mittwochvormittag fanden sich mehrere Abschleppfahrzeuge, zahlreiche Polizeikräfte des Kreises sowie eine Hundertschaft des Landes ein. Deren Präsenz genügte, um die Iren zum pünktlichen Aufbruch zu bewegen. Zu Mariä Himmelfahrt werden einige wohl wiederkommen.