In der Heimat zählt der Künstler nicht!
In dem Artikel kann der Eindruck entstehen, dass sämtliche Straßenmusik in eine „Schmuddelecke“ gestellt wird. Vermutlich wäre es an dieser Stelle sinnvoll, zwischen belästigendem Handeln und schützenswertem Kulturgut zu unterscheiden. So wird wohl weder Herr Heckens, noch Herr Hollas oder Frau Dicks auf die Idee kommen die Ehrengarde eines Schützenvereines oder stadtbekannte Antikdrehorgelspieler von der Straße zu vertreiben. Anläßlich der Puppenspielertage hörte ich von Passanten öfter die Frage an jenen letztgenannten Drehorgelspieler, warum er so lange nicht mehr in der Stadt gewesen sei. Diesmal sei er von dem Restaurant gebucht worden, jedoch ansonsten wäre er von der Stadtverwaltung nicht gern gesehen.
Es kann ja wohl nicht das Bestreben bestehen, Kulturgut aus Kevelaer zu vertreiben. Man sollte eher dankbar sein, wenn durch entsprechend hochwertige und beliebte Darsteller die Innenstadt aufgewertet wird. Dabei muss es sicherlich auch die Möglichkeit geben, die Spreu vom Weizen zu trennen. Dies würde die Attraktivität der Innenstadt erweitern. Dazu bedarf es aber auch gezielter „Rechtssicherheit“ für die Darsteller, statt einer drohenden Vertreibung.
In den 50er und 60er Jahren mussten diese Darsteller vor dem Polizeimusikmeister dazu vorspielen, um eben nur den seriösen Darstellern eine entsprechende Lizenz zu erteilen. Die Darstellung in historischen Kostümen und Drehorgeln ist wohl von dem handgeschriebenen Bettelzettel mancher bandenmäßig auftretender Plage zu unterscheiden, um nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten und beliebtes Kulturgut gleich mit zu vertreiben. Jener freundliche Mann erzählte mir auf Nachfrage, dass er teilweise europaweit zu Veranstaltungen eingeladen wird.
Und da wir in Kevelaer doch eigentlich Traditionen lieben, hegen und pflegen, wundert es um so mehr, dass der Nachfolger Drehorgelmann, des aus der Kevelaerer Enzyklopädie bekannten „Kevelaeres eigener Drehorgelmann“ Paul Heckens, nun verjagt werden soll. Andere Städte und Schützenvereine wissen sogar um die besondere seltene Kirmesorgel, die in Kevelaer beheimatet ist, aber nur im Exil unter anderem in Goch, Münster, Alpen… bewundert werden kann – eigentlich sehr schade. Bewahrheitet aber die alte Erkenntnis: In der Heimat zählt der Künstler nicht!