Ich bin dann mal ein touristischer Pilger

Ja, so ist das mit dem Jakobsweg. Es gibt nicht nur den einen. Mittlerweile mag man sogar den Eindruck bekommen, den Weg zur Kathedrale von Santiago de Compostella vor lauter Muscheln kaum noch erkennen zu können. Aber den Weg zu sich selbst, der manchmal mit Gott und der Welt, aber weit weniger mit dem namensgebenden angeblichen Grab des Apostels Jakobus zu tun hat, findet nun wohl doch der eine oder die andere beim Etappenlauf in sein Innerstes.
So sei es, so will es das in seinem Namen veröffentlichte Buch, auch dem deutschen Entertainer Hape Kerkeling ergangen. Der machte sich Anfang des 2. Jahrtausends nach Christi und nach persönlichen gesundheitlichen Problemen auf seinen Jakobsweg und veröffentlichte seinen Wanderbericht im Jahre des Herrn 2006. Es wurde in Millionenauflage verkauft und führte zu einem weiteren wahren Boom dieser touristischen Pilger-Reiseform.
Irgendwie kann dieser geborene Entertainer nicht aus seiner Haut: Mit einer gehörigen Portion Humor meistert er in seinem Bericht den steinig-hügeligen Weg, amüsiert sich über Sonderbares und Sonderlinge (also etwa seinesgleichen) – und entzieht sich dabei immer wieder dem religiösen Boden, dem Spirituellen. Einerseits hat er dafür gesorgt, dass der Jakobsweg in aller Munde ist und so mancher seine Angst oder Scheu verloren haben mag, andererseits hat er ihn ein langes Stück weit beliebig gemacht.
Hape und Humor

Urs Alexander Schleiff hat die fürs Theater bearbeitete Fassung von Monika Reithofer mit einem engagierten Ensemble des Westfälischen Landestheaters Castrop-Rauxel auf die Bühne gebracht. Und er gibt sich nicht wirklich viel Mühe, der Vorlage Spiritualität einzuhauchen. Es sind die absonderlichen und teils amüsanten Begegnungen mit Wegesabschnittsgefährten, die hier ins rollen kommen. Wo Hape Kerkeling draufsteht, muss, verdammt nochmal, auch Humor drin sein. Man wird bei dem ganzen Theater auf dem Jakobsweg ja wohl noch lachen dürfen.
Sicher, das tut man, schmunzelt zumindest. Ja, das Buch ist ganz unterhaltsam, die Theaterumsetzung umrundet die tiefsten der allgemein eher seichten philosophischen Abgründe weiträumig, bevor es zu Gedankenstaus kommt. Die Reise ist interessanter und verläuft auf der Bühne flotter, als es die 800 Kilometer in der Wirklichkeit befürchten lassen. Engagierte Schauspieler und ein unterhaltsamer Abend im Theater-Sessel, mehr darf man, wenn man die Vorlage kennt, auch nicht erwarten. Ein touristisch erschlichener Pilgerweg, eine Reise ins Ich eines erschöpften Alleinunterhalters – das trägt in diesem Falle, um ein allzu grüblerisches Theaterabendformat zu vermeiden und sich an einigen aufblitzenden Humorspitzen durchaus zu erfreuen. Um wirklich anrührend, vielleicht gar angreifend zu sein, bedürfte es einer Vorlage anderen Ernstes. Die, da muss man kein Prophet sein, auch in einer Wallfahrtsstadt weit weniger Publikum zöge.
Die Zuschauer in Kevelaer dankten für diese Aufführung am Ende mit langem, warmem Applaus.