Einblicke in einen bemerkenswerten Film

Dass der schwedische Stummfilm „Die Wallfahrt nach Kevelaer“ von 1921 überhaupt in der Marienstadt gezeigt werden konnte, ist besonders Peter Essen zu verdanken. Der gebürtige Kevelaerer wohnt nun in Bonn und konnte dort vor zwei Jahren den besagten Stummfilm, mit Livemusik unterlegt, während der internationalen Stummfilmtage in Bonn sehen.

Essen gab Bürgermeister Dr. Dominik Pichler den entscheidenden Hinweis auf diesen Film. Vor der Aufführung gab es im Konzert- und Bühnenhaus eine Werkeinführung zum Film, die auch Peter Essen mit Interesse verfolgen konnte. Eigens war auch Filmarchivar Magnus Rosborn aus Stockholm angereist, der den Film hauptverantwortlich restauriert hat. Bernd Pool, Stadtmarketing- und Kulturleiter der Stadt und Dr. Bastian Rütten, Theologischer Referent an St. Marien, freuten sich auf den historischen Augenblick, den Film in Kooperation von Stadt und Wallfahrtsgemeinde in Kevelaer präsentieren zu können.

„Dieser Film ist einer meiner persönlichen Favoriten“, bezeugte Magnus Rosborn. „2002 habe ich ihn zum ersten Mal gesehen und ihn sofort geliebt. Dass ich einmal seine Restauration leiten werde und ihn nun in Kevelaer selbst vorstellen darf, hätte ich damals nicht für möglich gehalten.“

Rosborn stufte den Film als einen der wichtigsten Filme der schwedischen Filmgeschichte ein. Dass in dem lutherischen Land Schweden dieser Film mit so ausgesprochen katholischer Volksfrömmigkeit überhaupt produziert wurde, hänge damit zusammen, dass der schwedische Film damals seine goldenen Jahre hatte und berühmte Literatur gerne verfilmt wurde. Das Gedicht von der Wallfahrt nach Kevelaer sei in Schweden eines der berühmtesten Gedichte, die man von Heinrich Heine kenne.

Der Film selbst enthalte Originalaufnahmen rheinländischer Wallfahrten und sei im Herbst 1920 in Köln und teils auch in Kevelaer gedreht worden. Szenen von der Gnadenkapelle oder der Kerzenkapelle jedoch seien im Stockholmer Filmstudio aufwendig nachgebaut und dort gedreht worden.

Im Mai 1921 wurde der Film zunächst in Stockholm gezeigt, wobei er musikalisch durch einen Kirchenchor und eine Musikkapelle begleitet wurde. Während der Restauration und Digitalisierung des Films wurde er auch für die Neuzeit coloriert.

Der restaurierte Film wurde in Bonn und in Düsseldorf gezeigt; mit der Vorführung vor Kevelaerer Publikum werde nun, so Rosborn, der neurestaurierte historische Film zum dritten Mal einem Publikum gezeigt, und finde hoffentlich bald noch weiteres Publikum, besonders in Deutschland.
r. Bastian Rütten ging näher auf den Inhalt des Heine-Gedichtes und die theologische Einordnung ein. Dass Heine weder katholisch war noch je an einer Wallfahrt teilnahm, veranlasste den Dichter wohl dazu, bewusst die Außenperspektive einzunehmen und irrationale Volksfrömmigkeit auch ein Stück weit zu kritisieren.

Dass die Mutter am Ende des Gedichtes trotz des Todes ihres Sohnes einen Lobpreis auf Maria spreche, sei sehr widersprüchlich. Die scheinbare Naivität der Mutter werde von Heine auch kritisiert. Vielleicht, so Rüttens Mutmaßung, sei alles von Heine als Spottgedicht gedacht, wofür auch die Einfachheit der Reime steht, die Heines nicht würdig sei. Inhaltlich werde der Glaube in Riten erstarrt gezeichnet.

Dr. Rütten verriet, dass er und Basilikaorganist Elmar Lehnen in Worten und Musik den Film religiös betrachten und unter dem Aspekt der Pilger, der Fragenden, der Austherapierten sehen würden, die Ankerpunkte ihres Glaubens in Kevelaer finden.