Der Beständige

Hermann Voss sitzt mit seiner Ehefrau Yvonne gewissermaßen auf „gepackten Koffern“ und fiebert Sonntagabend in seinem Haus an der Endstraße dem Abflug entgegen. „Um drei Uhr nachts geht es Richtung Düsseldorf, um sechs Uhr geht die Maschine“, erzählt Voss, dass man sich in Richtung westliche Agäis zu den nördlichen Sporaden Griechenlands aufmacht.
„Statt Geschenken gibt es den Urlaub mit der Frau – das war einfach mal eine gute Idee. Aber wir feiern mit der Familie sicher nach“, kann er auf diese elegante Weise auch dem Chor der Gratulanten entgehen. Und die 46-Jährige ergänzt: „Und es ist die Hoffnung, dass es ruhiger wird.“
Vor 65 Jahren erblickte Hermann Voss im Kevelaerer Krankenhaus das Licht der Welt – das Baugeschäft des Vaters befand sich unmittelbar neben dem Hospital, „da wo die Krankenwagen heute runterfahren“. Für ein Jahr geht der junge Hermann noch zur Volksschule am Markt, danach ist er auf der Antonius-Grundschule an der Biegstraße.
Auf dem Kardinal-von-Galen-Gymnasium absolviert er die mittlere Reife, geht auf die höhere Handelsschule in Geldern. „Ursprünglich wollte ich Luftverkehrskaufmann werden und bei einer Fluggesellschaft arbeiten“, erinnert sich der Jubiliar.
Weltweite Kontakte
Stattdessen macht er anschließend bei den Deutschen Edelstahlwerken in Krefeld eine Lehre als Industriekaufmann, kommt in die Logistik und organisiert das „english overseas shipment“ , wo die Güter in Containern in Schiffe geladen werden. „Das war interessant, da hat man weltweite Kontakte geknüpft, das hat immer Spaß gemacht und nach Welt geatmet.“ Dort arbeitet er 45 Jahre lang, bis er am 1. Juni diesen Jahres in Rente geht.
Im Jahr 1971 tritt er in den Bürgerschützenverein Kevelaer ein. „Die Schützen waren bei mir früh auf dem Schirm“, lächelt der 65-Jährige. Schon der Vater war bei den Schützen, der Klassenlehrer war dort Major – und als Kind war Hermann bereits Vogelträger.
„Wir sind mit einem Stamm von fünfzehn Leuten über zwei Jahren hinweg eingetreten, die alle noch heute irgendwie aktiv sind.“ Dabei ist auch Gerd Aengenheyster, der ihn über die Jahre als Freund und später als stellvertretender Präsident stets begleitet.
1978 wird er Adjutant des Präsidenten Werner Zumkley. „Ich werde das machen, wenn ihr dort mitmacht“, machte Voss gegenüber seinen Schützenfreunden deutlich. Denn sich nach vorne hin groß aufplustern und in der ersten Reihe stehen, ist seine Sache nicht. „Wat mutig angeht, war ich ‚ne bange Bux‘“, gesteht er heute im Rückblick.
Als Zumkley zehn Jahre später schwerkrank wird, ist es für Voss selbstverständlich, für ihn das Amt zu übernehmen. Denn seine Einstellung ist glasklar: „Egal in welchen Verein ich reingehe, da muss ich bereit sein, Verantwortung zu übernehmen.“
Festkettenträger
Seine Frau Yvonne, die in der stationären Jugendhilfe tätig ist, lernt er 1991 auf der Hubertuskirmes kennen. Die achtzehn Jahre Altersunterschied machen dem Paar nichts. „Da war irgendwie sofort die Chemie da, das hat gepasst“, war für beide die Sache sofort klar.
Ihr Vater war als Feuerwehrmann Festkettenträger, sie selbst geht früh in den Reiterverein. Gerd Plümpe ist ihr Mentor. „Die Geselligen Vereine waren mir also nicht unbekannt“ – und somit klar, dass sie die Leidenschaft ihres Ehemannes mitträgt. Was sie besonders am ihrem Hermann schätzt? „Seine Kontinuitität und Beständigkeit, das Sich-Kümmern und gegenseitig den Rücken freihalten.“
Mittlerweile ist er seit 1988 ununterbrochen im Amt, durfte in der Zeit dreimal mit dem Verein die Kirmes organisieren und den Festkettenträger stellen. Im Jahr 2001 trägt Voss die Festkette sogar selbst. „Das ist die größte Ehre und Auszeichnung, die man als Miglied der Geselligen Vereine erhalten kann“, merkt man ihm bis heute die Freude und den Stolz über diese Ehrenbezeugung an.
Generationenwechsel
Im vergangenen Jahr ist sein Freund Gerd Aengenheyster aus dem Vizeamt ausgeschieden, 2018 wird ihm Hermann Voss nachfolgen. „Dreißig Jahre sind eine ganz lange Zeit – da muss dann mal irgendwann auch ein Generationenwechsel her“, zeigt sich der Jubiliar überzeugt, dass es dann auch ganz gut sein wird, „auch mal Schütze A… in der letzten Reihe zu sein.“
Mit dem Rentnerdasein und dem Rückzug vom Amt wird für den passionierten Doppelkopfspieler und Gartenarbeiter dann für diese Vorlieben mehr Zeit bleiben – genauso wie für seinen neunjährigen Labrador und die Familie.
Mit seinem Motorroller kann er seine Frau auf ihren Motorradfahrten entlang des Niederrheins und nach Holland nun häufiger begleiten – und als relativ „junger“ Vater mit zwei Jungs von 21 und 18 Jahren möchte er von deren Weiterentwicklung noch soviel miterleben, wie es eben geht. „Das ist ein wichtiges Ziel“, sagt er ganz bewusst.