3D-Grafik des SARS-CoV-2-Virions (Grafik: Public Domain)

„Verwundert“ bis „ziemlich erzürnt“

Dass Kevelaer, was die Verwaltungshierarchie angeht, eher am unteren Ende angesiedelt ist, weiß man natürlich auch im hiesigen Verwaltungsvorstand. Doch das Kopfschütteln gegenüber Entscheidungen und Anordnungen der übergeordneten Bundes- und Landesregierung und vor allem gegenüber den Modalitäten bei der Umsetzung in der Corona-Krise nimmt auch in der Wallfahrtsstadt deutlich zu.

Dass Bürgermeister Dominik Pichler es schon vor Wochen unverständlich fand, dass beispielsweise Möbelhäuser mit zig-tausenden Quadratmetern Angebotsfläche öffnen durften, für andere Branchen aber die Beschränkung auf 800 Quadratmeter galt, mag man inzwischen vielleicht noch als Randnotiz abtun. Doch warum eine geregelte Kinderbetreuung in überschaubaren Gruppen immer noch nicht möglich ist, riesige Freizeitparks aber wieder öffnen dürfen, das erschließe sich ihm nicht, sagte er beim wöchentlichen Pressegespräch zur Umsetzung der Maßnahmen vor Ort am Montag.

Fallzahl steigt nur leicht

Die Zahl der Corona-Fälle in Kevelaer steigt äußerst moderat, die Anzahl der Genesenen stark an, und dennoch scheint sich bei Bürgermeister Dominik Pichler und Ordnungsamtschef Ludger Holla so etwas wie Verwunderung darüber breit zu machen. Die Anzahl der positiv getesteten Personen seit Beginn der Pandemie kann Holla abrufen. Wieviele Kevelaerer überhaupt getestet wurden, erfahren der Bürgermeister und der Ordnungsamtsleiter aber nicht. „Wir vermuten, dass die Dunkelzifferder Infizierten sehr hoch ist“, sagen sie. Zustände wie in einem Betrieb der Fleischindustrie in Coesfeld gibt es in Kevelaer wohl nicht, aber an der Stadtspitze mag man sich lieber nicht vorstellen, wie die Zahl der Infektionen sich entwickeln könnte, wenn etwa Menschen im Gesundheitswesen, in der Pflege oder in Altenheimen betroffen wären.

Foto: NGG

Was sie aber „ziemlich erzürnt“, sagt Holla, sei die zeitlich und inhaltlich dürftige Umsetzung der poltischen Beschlüsse in Berlin und Düsseldorf. Als deutliches Beispiel führen die beiden Kevelaerer Stadtspitzen die Regelungen zur Öffnung der Geschäfte und insbesondere der Gastronomie an. Am Mittwoch seien dazu Ministerpräsident und Minister vor die Kamera getreten und hätten Maßnahmen verkündet. Am Freitag hätten die entsprechenden Verordnungen vorliegen sollen – lagen sie aber nicht. „Wir haben diese am Samstagmorgen um halb vier vom Deutschen Städtebund bekommen“, sagen Pichler und Holla, „und mussten feststellen, dass sie nicht dem entsprechen, was Ministerpäsident und Minister vor der Kamera gesagt haben“. Beispielsweise sei ursprünglich von der Öffnung der Spielhallen und von Kneipen nicht die Rede gewesen. „Wir haben also am Freitag“, auf Grundlage der Fernsehbeiträge, „Auskünfte erteilt, die am Samstag schon nicht mehr richtig waren“, sagt Holla für die Ordnungsbehörde. „Ich hätte erwartet, dass man die Regelungen zu Papier bringt, bevor man sie verkündet.“

Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes seien daraufhin zusammengekommen und hätten noch am Samstag ein Anschreiben an die Gastronomen in Kevelaer verschickt, in dem die neue Situation erklärt wurde. Zudem habe man am Sonntag eine telefonische Sprechstunde eingerichtet, in der es zahlreiche Anrufe gegeben habe. „Größtenteils“ habe man die noch offenen Fragen beantworten können, sagte Holla am Montag.

Das Ordnungsamt werde jetzt verstärkt Gastronomiebetriebe ins Auge fassen „und erst mal beraten“, sagt Holla. In diesem Zusammenahng weist er beispielsweise darauf hin, dass Mitarbeiter*innen hinter Bedienungstheken, so wie im Handel auch, Schutzmasken tragen müssen, wenn sie den Mindestabstand untereinander nicht einhalten könnten.

Die nächste Aufgabe wird nicht lange auf sich warten lassen: Schon sei eine Öffnung von Beherbergungsbetrieben angekündigt, sagt Holla. Die dazu erfoderlichen Hygiene-Standards seien allerdings noch nicht definiert worden…

Corona-Zahlen in Kevelaer

Stand 10. Mai (Zahlen der Vorwoche in Klammern) gibt es in Kevelaer seit Beginn der Krise 231 (225) Verdachtsfälle, 54 (53) Menschen wurden positiv getestet, davon sind 2 (2) verstorben und 8 (13) in Quarantäne. 44 (38) gelten als genesen. 2 (2) nicht positiv getestete Reiserückkehrer befinden sich in Quarantäne, sowie 11 (17) nicht positiv getestete Kontaktpersonen.