Beiträge

Anmerkungen aus den Ortschaften

Über die Kevelaerer Innenstadt wird eifrig diskutiert und gefachsimpelt. Das KB berichtete in den vergangenen Woche über die Verkehrsbefragung und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auf dem eigens dazu eingerichteten Online-Portal.

Die Beteiligung aus den Kevelaerer Ortschaften ist eher verhalten bis ruhig. Doch auch hier gibt es natürlich Anregungen und so zeigt das KB Beiträge aus und zu den Ortschaften Kervenheim, Twisteden und Wetten auf, Stand: Dienstagabend, 2. Juni.

Wer sich weiter an der Verkehrsbefragung beteiligen möchte, findet eine entsprechende Karte, in der Verkehrspunkte und Anmerkungen markiert werden können, auf der Homepage der Wallfahrtsstadt Kevelaer.

Kervenheim

Bekannt ist der Unfallschwerpunkt an der Kreuzung Schloss-Wissener-/Winnekendonker Straße. „Auch wenn hier ein Blitzer aus Richtung Autobahn steht und nur 70km/h erlaubt sind, passieren hier doch sehr häufig schwere Unfälle. Diese sind nicht immer nur überhöhter Geschwindigkeit geschuldet. Teilweise wird die Sicht durch Verkehrsinseln oder entgegenkommende Linksabbieger eingeschränkt.

Über diese Kreuzung läuft sehr viel Lieferverkehr und auch der Flugghafenverkehr wird hier entlang geleitet.

Ein Kreisverkehr macht hier mehr als nur Sinn. Er hätte sicherlich schon den ein oder anderen tödlichen Unfall verhindert.

Hinzu kommt noch der schlechte Straßenbelag, vor allem Richtung Autobahn. Tiefe Spurrillen und quer laufende Huckel sind hier sehr extrem. Mit dem Motorrad hebt man fast ab. Sehr gefährlich, wenn man dadurch die Kontrolle verliert“, heißt es in einem Beitrag, der Zustimmung erntet.

Twisteden

Eine „Bushaltestelle auf Nachkriegsstandard“ wird in einem weiteren Beitrag beklagt: „So sieht eine Bushaltestelle aus in einer Stadt, der die Klientel der Nutzer des ÖPNV eigentlich so etwas von gleichgültig ist – unter jedem noch so niedrigen Standard.
Was hindert die Verantwortlichen bei den Stadtwerken, hier endlich mal halbwegs im 21. Jahrhundert anzukommen und ein anständiges Angebot aufzulegen ?“

Die Endtschestraße ist auch ein Thema: „Auf der Endtschestraße ist die Geschwindigkeit von 100 km/h erlaubt, diese wird jedoch aufgrund des Straßenverlaufs häufig missachtet. Motorradfahrer oder Autofahrer nutzen das gerade Streckenstück gerne zum ‚heizen‘. Leider ist kein Geh- oder Radweg vorhanden um andere Verkehrsteilnehmer zu schützen.

Auch LKWs nutzen oft die Strecke und fahren zu dicht an Fußgängern und Radfahrern vorbei. Da noch keine nennenswerten Unfälle passiert sind gibt es kein Tempolimit, aber das ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit. Man fühlt sich als Fußgänger dort sehr unwohl, da viele Autofahrer wenig Rücksicht nehmen und in den uneinsichtigen Kurven schnell angefahren kommen und auch mit zu geringem Abstand an Personen vorbeifahren.

Auf dieser Straße sind viele Radfahrer, darunter auch Kinder, Spaziergänger mit und ohne Hund und auch Reiter anzutreffen. Diese gilt es als Verkehrsteilnehmer zu schützen.
Ein Geh-/Radweg wäre ein Traum oder zumindest ein Tempolimit. Die Geschwindigkeit auf den umliegenden Straßen ist auf 70 km/h begrenzt, wieso nicht auch auf der Endtschestraße?“

Lob gibt es aber ebenfalls: „Die Straße Et Grotendonk ist vor einigen Jahren sehr gut ausgebaut und gestaltet worden! Das durchgehende Tempolimit von 70 km/h ist der Sicherheit bzw. Unfallhäufigkeit sehr zugute gekommen. Der Radweg mit Anbindungen an landschaftlich schön gelegene Nebenwege sowie das Wanderwegenetz, z.B. im Bereich des Kieswerkes Richtung Weeze, ist attraktiv und wird von der Bevölkerung gut genutzt, da auch die ergänzte Straßenbegrünung mit Gehölzen und Bäumen zur Qualitätssteigerung beiträgt.“

Twisteden

Ein Beitrag bringt hier „eine nachdrückliche Aufforderung an die Stadt Kevelaer und den Kreis Kleve, endlich eine Verkehrskonzept auszuarbeiten, um bei der An- und Abfahrt zum Irrland den Verkehr aus Twisteden herauszuhalten“ zum Ausdruck – ergänzt durch den Kommentar „Ja, aber auf jede Fall ohne neue Straßen zu bauen! Das muß auch inteligenter gehen als bei der OW1.“

Die Verkehrssituation auf der Dorfstraße hat ein weiterer Beitrag zum Thema: „Täglicher Autoverkehr auf der Dorfstrasse: 4.500 PKW + ca 3.000 Besuchs-Pkw für Plantaria. Dies entspricht ca 40 bis 80 Verkehrsbewegungen pro Stunde. Zusätzlich ein Anteil von ca 10 40-t-LKW pro Stunde, alle als durchfahrende Laster. Hierdurch große Gefahr der zahlreichen Fußgänger und Radfahrer, namentlich auch zu nennen die Schulkinder.

Wegen der großen Gefährdung auch unnötiger Lärm des Verkehrs. Dieser beträgt laut Berechnung ca 65 – 70 dbA. Anzustreben sind im Wohnberich 53 dbA.
Umleitungsmöglichkeiten des Verkehrs sind vorhanden. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h und zusätzlich Anliegervekehr sind angeraten.“

Die Dorfstraße ist auch Thema einer weiteren Betrachtung: „Die Dorfstraße in Twisteden ist ein stark befahrene Straße, die sehr eng ist. Eine Beruhigung durch die erst kürzlich eingeführte 30 Zone hat eine leichte Verbesserung dahingehend ergeben, dass langsamer gefahren wird, aber die parkenden Autos vor den Geschäften etc. führen zu gefährlichen Überholmanövern, obwohl nahegelegene Parkplätze vorhanden sind. Eine zusätzliche Gefahrenstelle ist die Kreuzung Dorfstraße/Maasstrasse. Dort ist eine Einsicht beim Abbiegen auf die Dorfstraße fast unmöglich, ohne fast auf der Strasse zu stehen.“

Neben dem Verkehr auf der Dorfstraße ist auch die mangelhafte ÖPNV-Versorgung ein Thema eines Beitrages: „Im Gegensatz zu allen anderen Ortschaften Kevelaers hat Twisteden keine Direktverbindung per Bus nach Geldern.

Bisher wurde auf unsere Initiative lediglich zur ersten Schulstunde eine Anbindung an die Linie 53 geschaffen. Um 06.48 Uhr fährt die Linie 53 über Kevelaer – Wetten – Veert nach Geldern und trägt zur Entlastung dieser Linie bei. Der Bus kommt gegen 07:30 Uhr in Geldern an. Mit dem PKW ist man in 20 Minuten in Geldern, wenn man über Lüllingen fährt. Klimaschutz?!

Eine direkte ÖPNV-Verbindung über Lüllingen mehrmals am Tag käme der gesamten Ortschaft Twisteden zugute. Geldern ist zuständiger Standort vieler Dienstleistungseinrichtungen (Amtsgericht, Finanzamt, Arbeitsagentur, Straßenverkehrsamt, MVZ, Krankenhaus).

Außerhalb der vorgenannten Verbindung um 06.48 Uhr bleibt per ÖPNV nur die Nutzung der Linie 73 (startet außerhalb des Ortes am Irrland) oder Bürgerbus (max. 8 Personen), dem RE10 und diversen Stadtlinien in Geldern. Abgesehen vom Umsteigen dauert die Hinfahrt alleine ca. 2 Stunden (bei einer Distanz von 12 km zwischen beiden Orten!).

Die Schulbushaltestelle wird ebenfalls bemängelt: „Die Schulbushaltestelle an der Dorfstrasse gegenüber Haus-Nr. 44 ist der zentrale Ort zum Aus- und Einsteigen von Schülern in Twisteden. Nutzer aus dem Bereich Maasweg müssen hiefür die stark befahrene Dorfstraße überqueren. Dies muss erfolgen ohne ausreichenden Schutz vor dem Verkehr.Die Haltestelle ist zudem schlecht ausgeleuchtet und kaum gekennzeichnet.“

Überdurchschnittlich häufig bemängeln Radfahrer den Gerberweg: „Hier gibt es weder eine Beleuchtung noch einen Radweg, den die Anwohner der nahen Nachbarschaft „Am Heyberg“ oder andere Radfahrer oder Spaziergänger nutzen könnten. Besonders in den Wintermonaten ist es kaum zu verantworten dass die Kinder diese Strecke alleine mit dem Rad befahren.“ Und: „Die Ausfahrt aus dem Ahornweg auf den Maasweg ist total gefährlich.
Als Autofahrer sieht man überhaupt nicht, wenn ein Radfahrer aus Richtung Holland kommt. Da kann man noch so langsam fahren.

Für Radfahrer ist die Ecke ebenfalls sehr gefährlich. Kommt man aus dem Ahornweg sieht man niemanden aus Richtung Holland, will man in den Ahornweg einbiegen, kann man nicht sehen, ob aus dem Ahornweg ein Auto kommt.“

Wetten

Um Tempo 30 gehts in den wenigen Beiträgen, die es zur Verkehrssituation in Wetten gibt: „Der alte Ortskern von Wetten westlich der Haupt- und nördlich der Marienstraße ist eine Tempo-30-Zone. Die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung ist verbesserungswürdig. Daran erinnern – neben den leicht übersehenen Tempo-30-Zone-Schildern an den Einfahrten in den Bereich – an (zu) wenigen Stellen, z. B. im markierten Bereich auf der Grünstraße nahe Friedhof, auf die Fahrbahn aufgemalte weiße „30“-Zahlen. Diese sind ziemlich verblichen bzw. abgefahren, und sollten erneuert, ggf. auch an anderen Stellen noch ergänzt werden.“

Um die Hauptstraße in der Nähe der Schule geht es in einem weiteren Beitrag: „Stoßweise findet auf dieser Straße ein hohes Verkehrsaufkommen statt. Besonders viele LKWs und auch Landwirtschaftliche Fahrzeuge nutzen diesen Weg zur Umgehung. Dies birgt für Radfahrer und gerade für Kinder eine hohes Unfallrisiko auf dieser schmalen Strecke.
Hier sollte durchgehend eine 30er Zone eingerichtet werden.“

Wetten

Der Beitrag wird urch einen Kommentar ergänzt: „Für den nüchternen Beobachter ist es eigentlich unfassbar, dass es in dieser engen und sehr belebten Straße keinerlei geschwindigkeitsreduzierenden Anordnungen gibt. Tempo 20 (gefahren wird dann ja effektiv doch mit mindestens 30 km/h !) wäre eigentlich das Mindeste an Anordnungen. Leider tut sich die Wallfahrtsstadt mit Anordnungen, die den KFZ -Verkehr etwas ausbremsen sehr schwer.“

Auf der Veerter Straße „fahren grundsätzlich fast alle Autofahrer zu schnell“, hat jemand festgestellt. „Wenn man sich dann selber an den Regeln hält wird man von den anderen Autofahrern bedrängt schneller zu fahren mit Lichthupe oder aufblenden und zu dichtem auffahren oder sie überholen einen im Überholverbot. Es wäre schön wenn hier ein paar Blitzer stehen oder mehr kontrolliert würde.“

Auch fehle an der Veerter Straße rund um den Hagelkreuzweg ein Fußweg: „Das Wohngebiet ist nicht durch einen Fußweg erreichbar. Es gibt nur einen Fußweg auf der anderen Straßenseite. Fußgänger (auch Kinder auf dem Schulweg) müssen zum Überqueren der Straße eine Straßenverengung nutzen, die direkt am Ortseingang liegt. KFZ-Fahrer haben dann aber oft noch eine deutlich höhere Geschwindigkeit, als die vorgeschriebenen 30 kmh. Der Ausbau eines Fußwegs würde erheblich zur Sicherheit aller Fußgänger beitragen.“

Landwirte protestieren wieder

Monatelang ruhte – auch bedingt durch die Corona-Krise – der Protest der Landwirte. Gerade im letzten Viertel des Jahres 2019 sorgten mehrere Demonstrationen landes- und bundesweit für Schlagzeilen. Die Landwirte wehrten sich gegen die sich aus ihrer Sicht immer wieder ändernden EU-Regeln und gesetzlichen Vorgaben zur Bewirtschaftung oder auch gegen die die einseitige Schuldzuweisung, was die Auswirkungen ihrer Arbeit auf das Klima und die Umwelt betrifft: Die lose Bewegung „Land schafft Verbindung“ organisierte die Proteste. Jetzt flammt der Protest wieder auf – mit Treckerkorso in Richtung Bonn und Münster. „Wir erwarten 500 in Bonn – und über 1000 Landwirte in Münster“, erklärte vorab der Pressesprecher der LSV-NRW, der Winnekendonker Georg Biedemann.

Es fanden am Donnerstag, 28. Mai 2020, jeweils um elf Uhr Kundgebungen statt – einmal am Bundesumweltministerium in Bonn und an der Münsteraner SPD-Geschäftsstelle. Auch Bauern aus dem Kreis Kleve waren wieder mit von der Partie. Den Corona-Vorgaben geschuldet, durften die Landwirte ihre Fahrzeuge nach Erreichen des Ziels allerdings nicht verlassen. Die Debatten mit den politischen Gesprächspartnern wurden aber digital übertragen, so dass alle Teilnehmer die Gespräche mitbekamen.

Über die Zerschneidung der Landschaft

Was den Landwirten missfalle, seien die einseitigen Schlussfolgerungen von Bundesumweltministerin Svenja Schulze aus dem jüngsten Bericht „Zur Lage der Natur“ , wo der Landwirtschaft die Hauptverantwortung für die Fehlentwicklungen in der Natur zugewiesen werde. „Denn tatsächlich ist die Zerschneidung der Landschaft und der Biotope durch Infrastrukturmaßnahmen wie auch durch Siedlungs- und Gewerbeflächen bis hin zur Umsetzung der Energiewende der Kern des Problems und keineswegs wie im Bericht dargestellt – eine untergeordnete Randerscheinung“, heißt es in einer Erklärung von „Land schafft Verbindung“ in NRW.

„Sicher tragen wir auch einen Teil der Schuld, weil wir in die Natur eingreifen, aber es sollten alle Ursachen beschrieben werden“, sagt Biedemann. „920.000 Quadratkilometer Flächen wurden versiegelt. 1,3 Millionen Quadratkilometer landwirtschaftliche Flächen sind verschwunden“, nennt er zwei wesentliche Aspekte. „Und die OW1 zerschneidet auch die Natur – es ist halt die Summe der Dinge“, wünscht sich Biedemann einfach mehr Ausgewogenheit in der Debatte. Als Landwirte habe man da nur die Möglichkeit einer „intelligenten Biodiversität“. Man könne Blühstreifen und Biotope gezielt auf Flächen anlegen. „Aber wir sind nicht bereit, uns als die beschimpfen zu lasen, die alleine für die Versäumnisse, für den Klima-, Umwelt- und Artenschutz verantwortlich sind. Das ist nur gemeinsam zu lösen.“

Jährlich werden laut „LSV-NRW” bei vorsichtiger Schätzung mehr als 50 Millionen Euro über das System von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen etwa zum Kauf landwirtschaftlicher Flächen in NRW verwendet. Stimmten die Aussagen im Bericht zur Lage der Natur, würden diese Mittel hierzulande größtenteils wirkungslos verpuffen. „Statt fortlaufend eine Korrektur und Anpassung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmethoden zu fordern, stünde es dem Bundesumweltministerium gut zu Gesicht, endlich die Hausaufgaben der verfehlten Naturschutzpolitik zu erledigen“, sagt „LSV-NRW”. Und auch Biedemann steht zu dem Konzept der NRW-Bauern, deren Motto einfach lautet: „Mehr Kooperation wagen!“.

Viele Beiträge in der Befragung

Die Kevelaererinnen und Kevelaerer machen reichlich Gebrauch von der Möglichkeit, ihre Meinung zur aktuellen Verkehrssituation in der entsprechenden Bürgerbefragung (das KB berichtete) zu äußern.

Vom kurzen Hinweis, etwa auf den schlechten Zustand eines Radweges oder komplizierte Verkehrslösungen, bis zum ausführlichen Statement zur Gesamtsituation ist alles dabei – und für Jedermann öffentlich einzusehen und zu kommentieren.

Auffällig ist zunächst, dass bislang kaum oder nur wenige Äußerungen kommen, die den Verkehr in den Ortschaften betreffen. Dafür beteiligen sich die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer umso eifriger, wenn es um die Innenstadt und dieser nahen Bereiche geht. Insgesamt geht es nach der Einschätzung derer, die die Beiträge verfassten, hauptsächlich um Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger, und zwar in dieser Reihenfolge, zumindest wenn man die Zahl der insgesamt fast 200 Beiträge zugrunde legt, die, Stand Dienstagnachmittag, eingegangen sind.

Ein Votum lässt sich daraus allerdings noch lange nicht ableiten, denn die Legende erklärt, dass damit lediglich ein Bezug zu dem entsprechenden Thema hergestellt wird. Ob man in den Kommentaren auf Anregungen, Zustimmung oder Ablehnung stößt, ist damit nicht gesagt – die Befragung ist ja auch keine Abstimmung.

Die Themen “Bus- und Bahnverkehr sowie LKW- und Reisebusverkehr” spielen bislang eine untergeordnete Rolle. Mit dem Fähnchen „Sonstiges“ haben einige ihre Beiträge ebenfalls versehen – sie lassen sich allerdings in den meisten Fällen auch den entsprechenden anderen Rubriken der Verkehrsteilnehmer zuordnen.

Aufgrund der Komplexität haben wir uns entschlossen, bestimmte räumliche Bereiche im Kevelaerer Blatt einzeln zu beleuchten, jeweils nach dem aktuellen Stand der Befragung. Wie zu erwarten, gruppieren sich zahlreiche Anmerkungen um den derzeit wieder einmal heiß diskutierten Peter-Plümpe-Platz. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns daher mit dem direkten Umfeld.

Rund um den Peter-Plümpe-Platz geht‘s rund

Im bis dato einzigen Beitrag zum Thema Reisebusverkehr kommt die bisherige und auch für die Zukunft hier vorgesehene Ankunft der Reisebusse mit Pilgern nicht gut weg. „Der Busbahnhof vor dem Bahnhof wäre dafür besser geeignet“, ist hier zu lesen. Und zur größeren Entfernung heißt es: „Die Pilger schaffen das schon. Es ging ja früher auch. Die Busse könnten dann problemlos auf dem dafür vorgesehenen Europaplatz parken.“ Immerhin 19 andere Leser finden das auch, einer nicht.

Eine weitergehende Umgestaltung der Innenstadt wird in einem weiteren Beitrag gefordert, der bei drei „Gegenstimmen“ 23 Anhänger findet: „Wenn man jetzt die Innenstadt umgestaltet, sollte man Zeichen für die Zukunft setzen. Eine autofreie Innenstadt wäre unverwechselbar.“ Die Kirmes könne auf andere Plätze ausgeweitet werden.

Eine weitere Forderung betrifft den Parkbereich neben dem Rathaus zur Annastraße. Hier könne man „den von der Stadtverwaltung dringend benötigten Raum“ schaffen. „Sozialamt und Jugendamt wären somit auch fußläufig wesentlich einfacher zu erreichen“, heißt es hier und „die teure Miete am Hoogeweg wäre somit hinfällig“.

Ein weiterer Beitrag aus der Kategorie „Sonstiges“ fordert „gerne mehr Begrünung entlang von Straßen, um das Städtebild aufzuwerten“. Ein anderer Teilnehmer fordert den Bau von Wohn- und Geschäftshäusern zwischen Marktstraße und Peter Plümpe-Platz. „Das wird dem Verkehrsverein sicher nicht gefallen, aber irgendwie muss man Kevelaer ja attraktiv machen. Und das geht sicherlich nur durch eine große Vielfalt an weiteren Geschäften.“

Eine Tiefgarage unter dem Parkplatz des Kaufcenters hält auch jemand für sinnvoll: Sie wäre „an diesem zentralen und verkehrsgünstigen Platz (Zufahrt über die Gelderner Str.) sicherlich angebracht, der Peter-Plümpe-Platz müsste somit auch nicht als Parkplatz freigehalten werden und könnte sinnvoll und schön gestaltet werden.“ „Hier sollte ein Parkdeck entstehen“, heißt es in einem weiteren Beitrag, dieses sei im Gegensatz zu einer Tiefgarage „günstig zu errichten“.

Rund um den Peter-Plümpe-Platz gibt es in der Verkehrsbefragung viele Anregungen und Anmerkungen. Foto: KB-Screenshot

Eine Weiterführung der Busmannstraße, also ein „Durchstich“ Richtung Stadthotel, wird in einem weiteren Beitrag gefordert, „um den Roermonder Platz von diesem schrecklichen Verkehr zu befreien“.

In einem anderen Beitrag heißt es: „Die Marktstraße sollte als verkehrberuhigte Einbahnstr. wie die Bahnstr. funktionieren. Ab der Kreuzung Twistedener Straße / Kroatenstraße kann der Verkehr in Richtung Norden über die L361 oder über Egmontstr./B9 abfließen. Richtung Süden entsprechend über Lüllingen oder Ortsumgehung.

Zur Annastraße gibt es ebenfalls mehrere Beiträge: „Kaum zu glauben, wo man in Kevelaer überall 50 km/h fahren darf! In dieser engen Straße, in der auch Fahrradfahrer in der Gegenrichtung verkehren dürfen, sollte Tempo 30 eigentlich schon seit Langem selbstverständlich sein…“ „Durch die parkenden Autos und die enge Fahrbahn ist es hier sinnvoll, die Straße zu beruhigen.

Vor allem für Fußgänger und Fahrradfahrer wäre es eine Verbesserung.“ Auch die Querung der Hauptstraße stößt auf Unverständnis: „Es ist komplett unerklärlich, dass hier noch keine Poller stehen und der Verkehr die schöne Fußgängerzone queren kann. PKW haben dort nichts zu suchen.“ Die Annastraße diene aber auch als Verbindung zwischen Haupt-und Busmannstraße, findet ein anderer: „Dieses Stück der Annastraße sollte verkehrsberuhigt sein. Mehr Platz für Fahrräder und Fußgänger. Dazu reicht es schon, die Parkplätze am Seitenstreifen auf die andere Seite der Annastraße zu verlegen. Die Annastraße muss aber für den Autoverkehr freigegeben sein. Wichtig ist eine gute Verbindung zwischen Busmannstraße und Hauptstraße zu erhalten, damit Besucher der Stadt quasi einen „Rundgang“ durch die Innenstadt machen können.“

Was die ins Auge gefasste Sperrung der Busmannstraße vor dem Alten Rathaus angeht, ergibt sich ein interessantes „Abstimmungsbild“: Der Beitrag „Dieses Stück der Busmannstraße sollte für den Pkw-Verkehr durchlässig bleiben.“ findet dreimal Zustimmung, stößt aber 27 Mal auf Ablehnung.

Mehrfach und teils sehr ausführlich wird übrigens auch die Frage nach einer autofreien Innenstadt laut: „Warum kann der Innenstadtbereich nicht komplett für Autos gesperrt werden oder zumindest so umgerüstet werden, dass Fußgänger und Fahrradfahrer absolutes Vorrecht haben.

Brüssel hat das bspw. probeweise sehr schnell realisiert.“ In einem längeren Beitrag heißt es unter anderem: „Aus meiner Sicht sollte Kevelaer ein Verkehrskonzept versuchen, das den Stadtkern verkehrsberuhigt oder noch besser verkehrsfrei macht. Jeder, der mal einige Zeit bei Stassen gesessen hat, fragt sich doch, warum so viel PKW-Verkehr über die Marktstraße überhaupt sein muss oder warum die Linden- und Egmontstraße als Durchfahrtstraße genutzt werden muss und warum im Stadtkern nicht mehr verkehrsfreie Zonen eingerichtet sind.“

Diese Auflistung kann natürlich immer nur eine Momentaufnahme sein. Wer sich für weitere Details interessiert: https://www.buergerbeteiligung.de/kevelaer/.

Schutzmasken für die Tafel Kevelaer

Die Kevelaerer Bürgervereinigung unterstützt die Tafel Kevelaer und spendete rechtzeitig vor deren Wiedereröffnung FFP2-Schutzmasken.

Ins Leben gerufen wurde die Kevelaerer Tafel im Juni 2005, konnte aber nur als Zweigstelle der Gelderner Tafel ihre Arbeit verrichten. Seit März 2009 ist die Tafel Kevelaer e.V. ein selbständiger eingetragener Verein und Mitglied im Bundesverband Tafel Deutschland e.V.
Die Gruppe der Fahrer und Lebensmitteleinholer besteht aus vielen ehrenamtlichen Helfern.

Die Lebensmittel werden an vier Tage in der Woche bei Discountern, Supermärkten, Bäckereien und Kartoffelbauern in zwei Teams nach einem festen Tourenplan eingeholt. Im Tafelladen hinter der Begegnungsstätte an der Bury-St.Edmunds-Straße wird die Ware auf Haltbarkeit und Frische geprüft, sortiert, portioniert und zur Abgabe vorbereitet. Jede helfende Hand ist willkommen.

Der Leitsatz der Tafel lautet: „Bediene deine Kunden niemals mit Lebensmittel, die du selbst nicht essen würdest.“ Die Räumlichkeiten und hygienischen Bedingungen der Tafel Kevelaer werden regelmäßig durch den Kreis Kleve überprüft.

Die ständigen Kosten der Tafel Kevelaer sind nicht unerheblich, Kfz-Kosten, Lagermiete, Versicherungen, Strom- und Heizungskosten werden aus Spendengeldern bestritten. Die Tafel erhält für ihre Arbeit keine öffentlichen Zuwendungen.

Auch die kleinste Spende ist daher sehr willkommen und wird von der Tafel Kevelaer gern entgegengenommen. Der Vorsitzende der Kevelaerer Tafel, Rainer Morawietz (links) nahm die Masken dankend von Gottfried Winkels (Stv. KBV-Geschäftsführer -und sachkundiger Bürger) und dem stellvertretenden Vorsitzenden Paul Verheyen (rechts) entgegen.

Foto: privat

„Wir sind auf einem richtig guten Weg“

Den weiteren Lockerungen im Land sehen Bürgermeister und Ordnungsamtschef aus Kevelaer mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits begrüßt Dominik Pichler die Ankündigung, dass ab dem heutigen Donnerstag die Vorschulkinder wieder in den Genuss eines eingeschränkten „Regelbetriebs“ kommen.

Andererseits blickt er auch über den Tellerrand und hält den vom Thüringer Ministerpräsidenten Ramelow anvisierten Weg in die Vor-Corona-Zeit für übereilt. „Wir sind auf einem richtig guten Weg“, sagt Pichler und wirkt entschlossen, das jetzt nicht aufs Spiel zu setzen. Als weiteres Beispiel führt er an, dass die Reisebeschränkungen gelockert werden sollen. Da komme ein Risiko auf die eigentlich „gute Entwicklung“ der Zahlen in der Wallfahrtsstadt zu.

Einerseits entwickelten sich im Ausland teils neue Corona-Hotspots, die für Kevelaerer Reisende, die ja auch irgendwann Reiserückkehrer werden, problematisch werden könnten. Andererseits sagt er zu Besuchern, die klassischerweise in der Wallfahrtssaison nach Kevelaer kommen: „Wir haben keinen Überblick über die Leute, die aus den Niederlanden oder Belgien kommen.“ In jedem Fall hält er es für wichtig, die geltenden Abstands- und Hygiene-Regeln unbedingt einzuhalten und jetzt nicht nachlässig zu werden.

Auf eine mögliche Ausweitung der Corona-Tests auf landwirtschaftliche Betriebe und Sammelunterkünfte von Arbeitern will man in Kevelaer vorbereitet sein. Ludger Holla bittet daher alle Vermieter solcher Unterkünfte, sich beim Ordnungsamt zu melden. Bei der Überprüfung der Schlachthof-Mitarbeiter habe sich gezeigt: „Nix ist besser als zu wissen, dass nix ist“, sagt Bürgermeister Dominik Pichler.

Geschäfte und Dienstleister, die in seit Neuestem wieder öffnen dürfen, seien „sehr gut vorbereitet“, sagt der Ordnungsamtschef mit Bezug auf entsprechende Kontrollen, die „sehr unauffällig“ verlaufen seien. Lediglich das Verständnis für das ordnungsgemäße Führen von Besucherlisten fehle zum Teil, sagt er. Dabei sei gerade dies „auch im Sinne des eigenschutzes“ wichtig. „Wir müssen die Kontaktnachverfolgung sicherstellen.“

Die will man übrigens umgehend vom Kreis übernehmen, wie in der vergangenen Woche bereits angekündigt. Für Dienstag war eine entsprechende Schulung der Kevelaerer Verwaltungsmitarbeiter in Kleve vorgesehen.

Besondere Aufmerksamkeit erfordert in Corona-Zeiten auch die Vorbereitung der Wahl im September, berichtet Holla. Einerseits rechnet man bei der Stadt damit, dass die Zahl der Briefwähler stark steigen werde. Andererseits brauche man aber in jedem Falle auch für die Wahllokale noch zusätzliche Wahlhelfer. Wer sich hier engagieren wolle, könne sich direkt beim Ordnungsamt melden, sagt Holla. Und die Eignung der Wahllokale werde auch gerade überprüft. So rechnet man beispielsweise damit, dass Kitas wegfallen werden.

Wieder Normalbetrieb bei den Stadtwerken

Maske aufsetzen, klingeln, warten und Hände desinfizieren: Das ist vielerorts das derzeit gängige Prozedere, bevor man sein Anliegen vortragen kann. Nicht anders läuft es im Kundencenter der Kevelaerer Stadtwerke, wo man froh ist, wieder „Normalbetrieb“ fahren zu können – „Corona-Normalbetrieb“.

Auch wenn wieder geöffnet ist, ist der Haupteingang doch verschlossen und Mitarbeiterin Nina Borghs lässt jeden Besucher einzeln herein.

Immerhin zählt die städtische Wasserversorgung zu der Infrastruktur, die neuerdings mit dem Modewort „systemrelevant“ belegt wird. Doch Wolfgang Toonen versichert, dass zu jedem Zeitpunkt alles seinen gewohnten Gang ging, beziehungsweise „lief“. Um das zu gewährleisten, wurde die technische Belegschaft in zwei Schichten aufgeteilt, so dass die Arbeit zwischen 6 und 22 Uhr verteilt werden konnte, einschließlich dazwischenliegender Desinfektionspause.

Während der Kernzeit des Lockdown haben die Kevelaerer nicht mehr Wasser verbraucht, berichtet Wolfgang Toonen, aber das Verbrauchsverhalten war ein anderes. Das trockene Wetter im April ließ schon früh im Jahr bei vielen Gartenfreunden die Bewässerung beginnen, allerdings nicht mit der feierabendlichen Verbrauchsspitze ab 17 Uhr, sondern bereits um zwei Uhr nachmittags – Homeoffice eben.

Was das Aufgabenpensum angeht, gab es nur wenige wirklich wesentliche Unterschiede zur Vor-Corona-Zeit. Einer davon ist, dass mancher Hausbesitzer oder Mieter vergeblich auf den vorgeschriebenen Wechsel des Wasserzählers „gewartet“ haben dürfte. Bedingt durch die derzeit noch geltenden kontaktreduzierenden Maßnahmen, werden diese wohl vornehmlich in der zweiten Jahreshälfte erfolgen. Die Eichbehörde gewährt eine Kulanzzeit bis Mitte 2021.

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Büros galten und gelten die allgemein üblichen Spielregeln, wie man sie inzwischen kennt: Homeoffice, nur ein Arbeitsplatz pro Büro und im Publikumsverkehr stehen die allerorts präsenten Trennwände bereit, um das Ansteckungsrisiko für Mitarbeiter und Besucher zu minimieren.

Noch nicht ganz rund läuft es derzeit bei den Bürgerbussen, die ihren Fahrbetrieb noch nicht wieder aufgenommen haben. Die Abstandsregeln sind in den kleinen Fahrzeugen schwer umzusetzen und würden dazu führen, dass nur drei Fahrgäste pro Tour den Kleinbus nutzen könnten.

Dennoch sind inzwischen Trennwände eingebaut und man steht in engem Kontakt zu den Bürgerbusvereinen, um eine eventuell mögliche Wiederaufnahme des Fahrbetriebes im Juni zu organisieren. Nicht vergessen werden darf, dass alle Fahrer ihre Tätigkeit ehrenamtlich versehen und zum Teil auch der Risikogruppe angehören.

Er will gestalten, motivieren und sich einbringen

Gerne hätte er sein Jubiläum mit einem großen Tag der offenen Tür gefeiert, gesteht Winfried Janssen, als er seinen Gesprächsgast an dem Eingangszaun empfängt und durch die Einfahrt die Treppe hinauf entlang der Fenster in die Wohnung führt. „Aber das fällt alles wegen Corona ins Wasser“, bedauert der mittlerweile 80-Jährige. In seinem Wohnzimmer fallen mir die Zeichnungen seiner Enkel auf, die an den Wänden verteilt zu sehen sind. „Und das hier, das bin ich im Alter von fünf Jahren“, zeigt er auf einen Rahmen. „Das hat ein Engländer gezeichnet, der in Sonsbeck gelebt hat.“ Auf der Zeichnung findet sich der Name „Jaar Sonbroeck“ und das Datum „Mai 1945“.

Winfried Janssen wurde am 24. Mai 1940 in Sevelen als ältester von fünf Kindern als Sohn eines Organisten und Küsters geboren. „Krieg war Alltagsgeschehen für uns“, sagt Janssen heute. „Wir haben noch von Weitem den blutroten Himmel im Ruhrgebiet gesehen. Und ich kann mich gut an den Alarm erinnern, wo die Maschinen von England kamen. Da mussten wir in die Keller rein.“

Aus der Zeit sind ihm noch einige bruchstückhafte Fragmente in Erinnerung geblieben. „Anfang 1945 wurden wir Richtung Paderborn evakuiert, und da habe ich die kaputten Städte gesehen. Unterwegs kamen dann die Tieffliegerangriffe. Die schossen die Leute vom Rad, wenn Du nicht schnell genug warst. Da mussten wir raus aus dem Bus, da war ein Haus in der Nähe, rein in den Keller.“

Zwischen Krieg und Kirche

Er sah auch ein Flugzeug, das über Sevelen brannte und in Geldern abstürzte. „Und neben dem Bürgermeister lagen die Soldaten im Garten, da bin ich in einen Panzer rein, als die Deutschen noch die Front hier hatten.“ Als der Vater auf Heimaturlaub war und dann wieder weg musste, „weiß ich noch genau die Stelle, wo er auf den Laster gestiegen ist und weggefahren ist.“ Ob er an der Front war, weiß er nicht. Sein Vater war im ersten Weltkrieg gefallen und er war der einzige Sohn.

Das kirchliche Leben „das hat mich geprägt“, sagt er. „Das war ein Bestandteil unseres Lebens.“ Als Messdiener ging er dem Vater, als der aus dem Krieg zurückkehrte, viel zur Hand. „Bis auf Beichte habe ich alles mitgemacht“, muss er an der Stelle schmunzeln. „Ich war ja auch ‘backstage’ bei allen, die da bei den Vorbereitungen mit einbezogen waren“, sagt Janssen. „So habe ich Kirche, die Kapläne, die Pfarrer, die Vielzahl dieser geistlichen Herren kennen und schätzen gelernt. Da waren einige dabei, die waren menschlich gesehen für jungen Menschen solche, an denen man sich orientieren konnte.“

Der Vater war ein begnadeter Musiker, leitete den Chor in Sevelen. „Da hatte ich aber nix von“ – im Gegensatz zu seinen beiden Brüdern, die beide Instrumente lernten. „Mein Talent war, an dem Musik-Studium vorbei zu kommen. Aber die Liebe zur Musik, die ist geblieben.“ Der kleine Winfried verbrachte viel Zeit bei der Familie des Großvaters mütterlicherseits, der Bürgermeister von Sevelen war und selbst acht Kinder hatte. „Eine Schwester wohnte in Geldern, wo ich zur Schule ging. Da wohnte ich, um den Weg abzukürzen. Die jüngste Schwester wohnte in Hönnepel, wo wir auf dem Hof die Pferde auf die Weide führten. Und im Krefeld wohnten zwei Vettern. Das war für mich die große weite Welt.“

Eine Schwester meiner Mutter war mit dem ehemaligen Gelderner Stadtdirektor Matthias op de Hipt verheiratet. „Da habe ich viel mitbekommen.“ Aus seinen Erzählungen bekommt er einen Begriff des demokratischen politischen Systems, das im Entstehen begriffen ist. „Das war ja britische Verwaltungszone, und die Bürgermeister und Stadtdirektoren sind ja erstmals eingesetzt worden. Und nach 1949 kamen die ersten Wahlen.“ Als der Vater aus dem Krieg zurückkam, hatte der kleine Winfried „intensive Erziehungsversuche – vor allem meiner Tanten“ – hinter sich. „Als mein Vater ansetzte, da hatte ich soviel ‘Abwehrkräfte’ aufgebaut, dass er da nicht viel ausrichten konnte, auch wenn das Regiment streng war. „Wenn Gleichaltrige draußen spielten, musste ich Zähne putzen und ins Bett.“

Vom Starkstromelektriker zum Rektor

Mit 17 Jahren absolvierte Winfried Janssen nach der Volksschule in Krefeld eine Lehre als Starkstromelektriker. „Da lernte ich was Anderes kennen als die gut behütete Situation zu Hause. Da kam ich in eine Welt, wo der Arbeiter im Stundenlohn sein Geld unter teilweise sehr schwierigen Verhältnisse verdienen musste.“ Erstmals erlebte er „die Kontraste derjenigen, die die Fabriken betreiben, und der Arbeitnehmer. Da habe ich Einblicke in deren Gegebenheiten, deren Denken und wirtschaftlichen Verhältnisse bekommen.“

Seine Frau Ingrid heiratete er im Dezember 1963 in Geldern erst standesamtlich, im April 1964 kirchlich. Aus der Ehe gingen die beiden Kinder Verena und Daniel hervor. Das Paar zog 1970 nach Winnekendonk. Janssen ging über den zweiten Bildungsweg und in die Abendschule nach Kempen. Im Jahr 1968 wurde er Lehrer. „Während meiner aktiven Zeit als Elektriker hatte ich viel mit Azubis zu tun. Da habe ich für mich gesagt: Mit deinem Wissen kannst Du das besser rüberbringen, indem Du in die Schule gehst.“ Naheliegend wäre da Berufsschullehrer gewesen. „Aber ich habe mich für die jüngere Schüler entschieden, weil ich die mit meinem Wissen und Möglichkeiten auf das Berufsleben vorbereiten wollte“, sagt Winfried Janssen. Das habe er bis 2004 als Schwerpunkt seiner schulischen Arbeit gesehen. Aus dieser Arbeit ging dann später unter anderem der Berufsinfotreff bei der Sparkasse hervor.

Die alte Form Volksschule wurde durch die Schulreform 1968 und die Fachlehrer der 70er Jahren grundlegend verändert. Janssen lehrte Naturwissenschaften, Physik, Mathematik und Wirtschaftslehre, später auch Geschichte. Von 1977 bis 1984 war er Konrektor der Edith-Stein Schule, kehrt 1984 als Direktor an die Theodor-Heuss-Hauptschule zurück und ging am 31.Juli 2004 in den Ruhestand. „Ich habe gerne unterrichtet. Das war nicht so, dass ich vor den Schülern geflohen bin. Ich konnte deren Macken, Methoden und Verhaltensweisen schnell erkennen. Und ich habe versucht, bei Schülern, die erziehungsresistent waren, Akzeptanz zu bekommen und denen eine Perspektive zu zeigen.“

Heute komme er mit vielen Ehemaligen ins Gespräch, die die Sinnhaftigkeit seiner Bemühungen anerkennen. Viele seien Unternehmer, Lehrer oder Menschen mit besseren Bezügen als er selbst geworden. „Das sind so die Momente, wo du ein bisschen zurückkriegst und denkst: verdammt, hast Du doch nicht alles falsch gemacht.“

Vom Jungsozialisten zum Bürgermeister-Kandidaten

Die politische Karriere begann, als er 1973 in die SPD eintrat und Vorsitzender der Jungsozialisten wurde. „Ich habe immer nur Kommunalpolitik gemacht, weil ich dann nah an den Leuten bin, um direkt was tun zu können und direkt die Verantwortung zu übernehmen, wenn was schief ging. Und ich bin keinem Streit aus dem Weg gegangen.“

Anfang der 70er Jahre kamen viele neue Lehrer aus der 68er-Generation nach Kevelaer. „Und es war damals das Gesamtschulprojekt hier, das anstand.“ Dem Rat in der Form wollte man nicht die Zukunft der Jugend überlassen. Und die SPD befand sich über die Willy-Brandt-Jahre im Aufschwung. „Da waren selbst Peter Hohl und Edmund Bercker in der SPD“, erinnert er sich. Aber das ging auch nicht ohne Konflikten ab. „Der Werner Helmus sagte: solange der mit am Tisch sitzt, bleibe ich nicht. Da ist der aufgestanden und gegangen.“ Denn als Jungsozialist habe man in der damals „stark schwarz gefügten Welt“ wortwörtlich als „ein rotes Tuch“ gegolten.

Über den Bundestagsabgeordneten Helmut Esters wurde diese Strömung parteiintern allmählich gesellschaftsfähig. Im Juli 1974 wurde Janssen stellvertretender Vorsitzender des Ortsverbandes. Und 1975 folgte der erste Wahlkampf, den die jungen Leute mit aufzogen. „Das hat uns Mut gemacht, weiter zu machen.“ Er selbst kam mit in den Stadtrat, wurde später auch Fraktionsvorsitzender im Rat. Weitere erfolgreiche Wahlkämpfe an der Haustür folgten, in denen er sein Organisationstalent mit einbringen konnte.

Zu ungeduldig

„Auf Widerstand zu stoßen, das war in Kevelaer so gesehen Tagesgeschäft“, beschreibt Janssen die politische Zeit. „Da musstest Du tricksen, Mehrheiten schaffen.“ Zugleich sei „Politik immer ein Feld, das von Kompromissen beherrscht wird. Da habe ich nie meinen Kopf durchgesetzt. Meine Ideen haben aber nicht allen gefallen“, räumt er ein. Und dazu kommt noch eine weitere persönliche Eigenschaft. „Ich bin in vielen Dingen zu ungeduldig“, gesteht er selbstkritisch. Als Wahlkampfleiter habe er immer das aufgebaute Konzept zügig und so gut wie möglich umsetzen wollen. „Da erwarte ich sicher auch zu viel – und erwarte, dass die anderen auch so mitmachen.“ Wichtig sei in der Politik aber auch eins: „Man kann politisch verschiedener Meinung sein, auch mit den CDU-Leuten. Aber da war immer eine Ebene, wo man das besagte Bier danach trinken konnte und die Ideologien nicht so wesentlich waren.“ Dass er mit CDU-Hilfe zum Rektor der Theodor-Heuss-Hauptschule gewählt wurde, gefiel nicht jedem Sozialdemokraten.

Einen besonderen Draht entwickelte er zu seinem Parteikollegen Klaus Hölzle. „Der war Anwalt, ein begnadeter Redner. Wenn der zum Haushalt sprach, war alles im Rat still. Das war ein Ereignis.“ Beide hätten als Tandem gut funktioniert, sagt Janssen. „Da war schwer gegen uns anzukommen“, gibt er zu.

„Ich hatte realistisch nie eine Chance“

Im Jahr 1986 trat der begeisterte Stadionsprecher beim KSV vom Fraktionsvorsitz zurück, als er den SPD-Platz im Verwaltungsrat der Sparkasse nicht an Werner Helmus freimachen wollte – und ihm die Fraktion ein Ultimatum stellte. 1988 endet seine Arbeit im Parteivorstand, ein Jahr später schaffte er es in den Kreistag. 1992 ist er zurück im Ortsvorstand, mit in der Fraktionsführung, 1996 auch im Unterbezirksvorstand. Drei Jahre später zog Winfried Janssen für die SPD 1999 in den Wahlkampf um das erstmalig zu besetzende Amt des hauptamtlichen Bürgermeisters. „Ich hatte realistisch nie eine Chance“, sagt Janssen heute, auch wenn er sich in den Wahlkampf voll reingehängt hatte und „dafür breite Unterstützung“ erfuhr.

Das Handicap war, dass es fünf Kandidaten damals gab, wo sich das Wählerpotenzial zergliederte. „Da konnte ich nie auf eine Größenordnung kommen, die den Pahl gefährden hätte können.“ Und die SPD im Bund „hatte in der Regierung zu der Zeit auch keine gute Bilanz vorzuweisen.“ Immerhin erreicht er mit 24,6 Prozent mehr Stimmen als seine Partei. „Aber es hat mir schon weh getan“, gesteht Janssen, als er Pahl als Erster zum Sieg gratulierte. „Die Nacht habe ich nicht geschlafen. So abgebrüht war ich nicht.“ Der erste Schultag danach war „für mich wie im Film. Aber das Leben geht ganz schnell weiter.“

Die Beförderung des Ehrenamts sieht Janssen als eine wichtige Weichenstellung. Als einen der größten konkreten Erfolge bezeichnet er „die Tatsache, dass wir mit der CDU die Wirtschaftsförderung haben gründen können. Umso mehr hat es mich getroffen, dass die unter Stibi aufgelöst wurde – auch weil das bis heute nicht richtig funktioniert. So sehe ich das, und bin da sicher nicht der Einzige.“

Abschied und letzte Karriere

Ab der Stadtratswahl 1999 war er SPD-Fraktionsvorsitzender und mit Hilfe der CDU zweiter stellvertretender Bürgermeister, was der SPD missfiel – und das problematische Verhältnis zu dem eigenwilligen Denker erneut offenlegte. „Anfang der 2000er Jahre gab es eine unliebsame Zeit“, ist Janssens Bezeichnung dafür. „Da kam eine jüngere Generation, die das Gefühl hatte, die Alten waren jetzt lange genug dran.“ Obwohl für ihn klar war, dass 2004 Schluss ist. „Das war terminiert und abgesprochen. Aber das ging einigen nicht schnell genug.“

2001 ersetzen die Genossen ihn durch Sigrid Ehrentraut im Fraktionsvorsitz. Der Konflikt um den Posten als stellvertretender Kreisvorsitzender – die Kevelaerer wollten Jörg Vopersal, Parteichefin Barbara Hendricks ihn – führte ein Jahr später zu Janssens Rückzug. Er blieb aber bis zu seinem politischen Karriereende 2004 zweiter stellvertretender Bürgermeister. Danach wollte er Herr über seinen eigenen Terminkalender werden. 2005 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Ein Jahr später wurde er „aus Geselligkeit und Spaß an der Freud’“ Mitglied der Bürgerschützen, arbeitete die Chronik des Vereins auf und machte die Öffentlichkeitsarbeit. „In der Zeit sind wir 2008 nach Kevelaer gezogen.“

Über die Bürgerschützen kam er 2017 zum Krippenmarkt, wo er als „Marktmeister“ und mittlerweile auch Geschäftsführer der „Event- und Marketing-Agentur“ noch immer aktiv ist. Seine „letzte Karriere“ nennt er die Arbeit an diesem Projekt. „Bei dem Marktmeister kann das durchaus noch zwei-,drei Mal so sein, bis mich jemand mit dem Rollator drüber schiebt“, sollte die Gesundheit mitmachen, sagt er. Dafür will er mit der neuen „Fiets“ so viel fahren wie möglich. Für den Geschäftsführer will er so bald wie möglich einen Nachfolger benennen. Ob er es brauche, gebraucht zu werden? „So würde ich das nicht sehen, auch wenn meine Frau das oft sagt. Ich will gestalten. Ich will was tun, bringe mich dafür 100 Prozent und mehr ein, will motivieren und Leute finden, die mitmachen. Das ist mir an vielen Stellen gelungen.“

„Kevelaer wird nicht untergehen“

Natürlich ist Janssen seiner Frau Ingrid, die seit Jahrzehnten an seiner Seite ist, dankbar für ihren Beitrag. „Politik ist nicht immer familienfreundlich“, formuliert er diplomatisch das, was an Zeit für Sitzungen, Wochenenden und politische Treffen drauf ging. „Aber die Kinder sind in der Erziehung nicht zu kurz gekommen.“ Heute pflegt er das Home-schooling mit seinen Enkeln.

Wie er die Zukunft Kevelaers sieht  Da will er angesichts von Corona lieber noch keine Prognose wagen. „Nichts wird mehr so sein wie vorher, aber es wird sich auch nicht alles ändern.“ Der Schwerpunkt für das persönliche Lebensumfeld werde stärker werden. Das sehe man am Peter-Plümpe-Platz „Kein Auto wird es genauso wenig geben wie nur Grün“, da komme es auf die Gewichtig an. „Der totale Grün-Plan, davon wird 2030 mehr umgesetzt sein, als dass das Auto im Mittelpunkt steht.“ Kevelaer werde die Bedeutung als Wallfahrtsstadt sicher behalten, ist er überzeugt. „Das Bedürfnis, die Trösterin der Betrübten zu besuchen, wird sicher nicht weniger.“ Außerdem sei er sehr überzeugt von der jungen Generation der Geschäftsleute, die „Kevelaer in diesem Bestand erhalten“ können mit inhabergeführten Geschäften und Leuten, die „Ahnung haben“. An eins, daran glaubt er fest: „Kevelaer wird nicht untergehen.“

Bürgermeister geht als Favorit ins Rennen

Im angemessenen Abstand, mit Gesichtsmasken und reichlich Desinfektionsmittel konnte die Aufstellungsversammlung des Kevelaerer SPD-Ortsverbandes im Bühnenhaus kein großes Flair verbreiten. „Es waren widrige Umstände, unter denen wir agieren mussten“, sagte der Ortsverbands-Vorsitzende Ulli Hütgens zum Abschluss der Versammlung.

Dabei ging es vornehmlich um die Aufstellung der SPD-Kandidaten für die Kommunalwahl, die nach dem Willen der NRW-Landesregierung auf jeden Fall am 13. September stattfinden soll. Dementsprechend hatten die 28 Mitglieder auch genug zu tun, die Wahl der 17 Kandidaten für die jeweiligen Stimmbezirke vorzunehmen.

Kandidaten stehen fest

Unter der Moderation des SPD-Kreisvorsitzenden Norbert Killeweit bestimmte die Versammlung Lothar Hermens, Moritz Walter, Ulli Hütgens, Karin Raimondi, Uwe Janssen, Thomas Ammich, Pierre Keysers, Michael Vonscheid und Udo Fischer zu den Kandidaten für die neun Wahlbezirke in Kevelaer.

Für Twisteden treten Niklas Janßen und Norbert Borgmann (einstimmiges Ergebnis für ihn) an. Nicole Kraft-Englich und Jörg Vopersal (einstimmig) gehen in Wetten auf Wählerstimmen. Eva Faltermeyer, Magnus van Oeffelt und Karin Heyer wollen in Winnekendonk ihre Mandate für den Rat erringen. Und Irene Vonscheid wird sich in Kervenheim dem Wählervotum stellen.

Als Kandidaten für den Kreis benannte die Versammlung (in der Reihenfolge) Jörg Vopersahl, Irene Vonscheid, Karin Heyer und Nicole Kraft-Englich.

Dass nach dem überraschenden Wechsel an der Spitze des SPD-Ortsverbandes Ende Januar die Wogen parteiintern noch nicht geglättet sind, zeigte sich an dem Punkt „Aussprache und Abstimmung über das Wahlprogramm“. Es wurde an diesem Tag dem Plenum nicht zur Abstimmung vorgelegt. Der neue UB-Vorsitzende Ulli Hütgens erläuterte, das Programm liege während der Veranstaltung aus. Der Vorstand habe sich aber vor zwei Tagen darauf verständigt, es nicht zu debattieren und zu verabschieden, „weil das Wahlprogramm in der vorliegenden Form noch nicht allen zugänglich“ sei.

Jürgen Völlings machte deutlich, dass bei der letzten Versammlung Ende Januar genau das kritisiert worden sei, „dass noch kein Wahlprogramm“ da sei. „Und jetzt höre ich nach Monaten, dass es noch nicht spruchreif“ sei für die Mitglieder, noch überarbeitet werde und dann noch mal in einer Versammlung abgestimmt werden solle. „Das kann doch wohl nicht sein.“

Die Verzögerung „in der Vorbereitung der Wahl und des Programms liege schon im letzten Jahr zurück“, entgegnete Hütgens. Man sei sogar soweit gewesen, „dass wir ursprünglich gar kein Wahlprogramm überarbeiten wollten“, ehe man sich dann doch drangesetzt habe. Bis September sei es „auch noch ein bisschen hin“, sagte Hüting. „Von daher ist das schon ein guter Kompromiss, den wir vorgeschlagen haben.“

Norbert Killewald führte durch die Versammlung.

Assistiert wurde er von Schriftführerin Karin Heyer. „Das war ein sehr demokratischer Prozess Jeder hat sich eingebracht“. Es habe Vorschläge, Kleingruppen, E-mails und Dutzende Telefonate dazu gegeben. Der Vorstand ließ dann symbolisch alle im Raum aufstehen, die daran mitgearbeitet haben. Anschließend erhielt Bürgermeister Dominik Pichler aus den Reihen der Genossen ein einstimmiges Votum der Unterstützung für seine Kandidatur.

Das Stadtoberhaupt nutzte anschließend die Gelegenheit, ausführlich darzulegen, „welche Probleme anstehen aus meiner Sicht, und wie ich sie gern lösen möchte.“ Zum Einstieg machte er klar: „Ja, ich bin in der SPD – und ich kandidiere aus dem Amt heraus“, weil er „als Bürgermeister für alle Kevelaerer“ zur Wahl stehen wolle. Die CDU habe noch im Januar mit sich gerungen, ob sie überhaupt einen eigenen Kandidaten aufstellen solle oder ihn unterstützen. Jetzt wollten sie doch einen eigenen Kandidaten. „Ich rechne mit einem „sozialistischen“ Ergebnis“, scherzte er, „aber das wird ihm auch nichts helfen.“

Ein wichtiges Thema für die nächsten Jahre sei für Pichler für „bezahlbaren Wohnraum“. Dabei führte er das Beispiel GWS-Fläche an, weil der Rat auf Druck der Anwohner trotz des Bedarfs mehrheitlich den Grundstücksverkauf für bezahlbaren Wohnraum abgelehnt hatte. „Es gibt immer noch Menschen, die dringend bezahlbaren Wohnraum brauchen.“

Den Bereich „Klimaschutz“ nannte er als zweiten Schwerpunkt. Das sei eine „weltweite Herausforderung, die sich mit der derzeitige Corona-Pandemie ja nicht Luft aufgelöst hat“, nannte er die „Vereinbarkeit von Wohlstand und nachhaltigem Wirtschaften, die Rückkehr von Grau zu Grün, in den geschlossenen Ortslagen und Entsiegelung von Flächen“ sowie „die Verbesserung der Radinfrastruktur“ als Teilaspekte des Themas.

Stadtplanung gelungen

Im Bereich der Stadtplanung sei im Großen und Ganzen eine Menge gelungen. Auch wenn vieles über den Kompromiss geregelt worden sei, sprach Pichler von einer gelungenen Umsetzung des integrierten städtebaulichen Handlungskonzepts.

Er habe bei seinem Amtsantritt mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung versprochen. „Ich blicke im Zusammenhang mit dem Großprojekt Peter-Plümpe-Platz auf die unfassendste Bürgerbeteiligung zurück, die je in Kevelaer im Zuge eines Einzelprojekts durchgeführt wurde“, bilanzierte er mit einem gewissen Stolz, dass aus sämtlichen Bürgervorschlägen über den Gestaltungsbeirat die fünf Planungsvarianten in die Politik eingebracht worden seien.

Dabei machte Pichler auch deutlich: „Die Empfehlungen des Gestaltungsbeirats scheinen manchem nur willkommen, wenn die eigene Position bestätigt wird.“ Er bezeichnete das als „kognitive Dissonanz.“ Was der Stadt noch ein Stück weit fehle, sei nicht ein technischer Beigeordneter, sondern „der Mut, Veränderung wirklich zu wollen und als Chance zu begreifen, nicht als Risiko.“

Kevelaer habe „in den letzten 30/40 Jahren im Dornröschenschlaf gelegen und von der Substanz gelebt.“ Die angestoßenen Veränderungen würden teils noch mit Argwohn beäugt. „Hier bedarf es noch einer Menge Überzeugungsarbeit, und die möchte ich leisten.“
In Sachen „Tourismus“ sei mit dem Solegarten St. Jakob ein neuer Besuchermagnet entstanden. Erholungsort sei man wieder. Jetzt sei es die reizvolle Aufgabe, auch das Prädikat „Ort mit Heilquellen-Kurbetrieb“ zu erhalten. „Von dieser Sorte gibt es nicht so furchtbar viele Orte in Deutschland.“ Das Prädikat werde sich „für Kevelaer, seine Bürger, seine Unternehmen und seine Besucher auszahlen“, sagte Pichler.

Was das Unternehmertum betrifft, verwies der Bürgermeister auf den Umbau des Verkehrsvereins. Der habe dazu geführt, dass für Unternehmer und Gewerbetreibenden „wieder mehr Kommunikation in der Stadt möglich“ sei. Die Wirtschaftsförderung sei personell aufgestockt, der Gastfaserausbau nach vorne getrieben worden. Es gelte jetzt, „gemeinsam Wege zu finden, dass die Firmen und die Selbstständigen die Auswirkungen der Corona-Pandemie wirtschaftlich überstehen.“

Sollte das gelingen, „werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterhin in Arbeit sein und die Unternehmer mit ihren Steuerzahlungen der Stadt den finanziellen Spielraum“ für den hohen Lebensstandart Kevelaers in Bereichen wie Feuerwehr, Bürgerbusse, Vereinswesen, Kultur, Kindergärten und Schulen“ erhalten können. Pichler griff das Beispiel des Fussballspiels St. Pauli gegen Bayern am 6. Februar 2002 auf, wo der Underdog gegen den hohen Favoriten nach großem Kampf 2:1 gewonnen hatte. „Auch ich galt als krasser Außenseiter. Auch ich wurde völlig unterschätzt. Auch ich habe gekämpft. Auch ich habe knapp gewonnen.“

Heute sei die Situation eine andere. „Heute kann ich mich in Kevelaer und den Ortschaften hinstellen und im besten Merkelschen Sinne mitteilen: „Sie kennen mich.“ Die Menschen hätten ihn und seine Arbeitsweise in den letzten fünf Jahren kennengelernt. Von denen würden heute viele, die ihn nicht gewählt hatten, „heute rückblickend sagen, dass das nicht die schlechtesten Jahre für Kevelaer waren und dass sich viel getan hat.“
Er sei sicher der Favorit bei der Bürgermeisterwahl. Aber auch der politische Gegner spiele „auf Sieg“, bezog er sich auf die bevorstehende Wahlauseinandersetzung mit dem designierten CDU-Kandidaten Mario Maaßen.

Und er stellte einen erneuten Fußball-Vergleich zum Champions-League-Finale 1999 an, als Bayern München 1:0 nach 90 Minuten gegen Manchester United führte und nach 93 Minuten mit 1:2 verloren hatte. „Die Chancen stehen gut, aber das Spiel ist noch nicht entschieden, es fängt gerade erst an.“

Deswegen bat er die Anwesenden , ihn nach Kräften zu unterstützen, um dann am 13. September gemeinsam ein jeweils gutes Ergebnis zu feiern. „Es gibt viel zu tun. Packen wir‘s an.“.

Erst OW1, dann biologische Vielfalt – und auf jeden Fall Parktickets

Neben dem auch die Ratssitzung am Dienstagabend beherrschenden Thema der Umgestaltung des Peter-Plümpe-Platzes (einen ausführlichen Bericht dazu finden Sie hier auf unserer Website) beschäftigten sich die Ratsmitglieder noch mit einigen anderen Themen, die teils bereits mehrfach in Form von Anträgen durch die Gremien gegangen waren.

Da war etwa der Antrag der Grünen, Kevelaer möge dem Bündnis der Kommunen für biologische Vielfalt beitreten und eine entsprechende Deklaration unterzeichnen. Im Umweltausschuss hatte es Mitte März in der Abstimmung eine Pattsituation gegeben, somit war der Antrag abgelehnt worden. Im Haupt- und Finanzausschuss hatten dessen Mitglieder jedoch anders abgestimmt: Bei vielen Enthaltungen reichten wenige Stimmen für eine Empfehlung in den Rat. „Somit sind die Grünen mit ihrem Antrag wieder im Rennen“, sagte Bürgermeister Dominik Pichler im Rat und warb für eine Zustimmung. Es handele sich um eine reine Absichtserklärung und die Mitgliedschaft biete zudem die Möglichkeit, sich günstig Beratungsleistungen einzukaufen, warb er darum „diese Mitgliedschaft als Chance anzusehen“. Dem mochte die CDU nicht folgen. Der Vorsitzende des Umweltausschusses Franz Kolmans meldete sich und sagte, wenn man sich genauer informiere, stoße man bei diesem Bündnis schnell auf den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). „Und den BUND kann ich auf keinen Fall unterstützen.“

Auch in der KBV regte sich Widerstand: Günter Krüger befürchtete konkret Auswirkungen auf den Weiterbau der OW1 und bat deshalb im Namen seiner Fraktion darum, den Antrag „zurückzustellen, bis wir sicher sind, dass die OW1 auch wirklich kommt.“ In der Abstimmung wurde der Antrag dann mehrheitlich abgelehnt.

Hilfe im Niger

Weiter hatte Bündnis90/Die Grünen den Antrag gestellt, der Kevelaerer Stiftung „Aktion pro Humanität“ 5000 Euro zu spenden, mit denen Patenschaften für Flüchtlingsfamilien im Niger übernommen werden sollten. Ulrich Hünerbein-Ahlers erklärte, mit der Kevelaerer Stiftung um Elke Kleuren-Schryvers und mit dem Fürsprecher Weihbischof Rolf Lohmann habe man eine Garantie, dass die Mittel vollständig und direkt bei den Bedürftigen ankämen. Zudem wollten die Grünen mit gutem Beispiel vorangehen und aus eigenen Mitteln die Aktion unterstützen. Den Vorschlag machte auch die Kevelaerer Ratsfraktion der Union. Mario Maaßen stellt 1000 Euro in Aussicht. Aus dem Stadtsäckel wolle seine Fraktion die APH aber nicht unterstützen, sagte er. Die CDU-Ratsmitglieder enthielten sich bei der anschließenden Abstimmung und so segnete der Rat die Spende schließlich ab.

Gemeinsame Anstrengungen, den bisherigen ,Flurschaden‘ zu bereinigen, war dann auch beim Antrag zur einmaligen Aufnahme von minderjährigen Flüchtlingen aus griechischen Flüchtlingscamps zu verspüren. Die Aufnahme auf Initiative der Verwaltung hatte der Rat zunächst mehrheitlich abgelehnt (das KB berichtete). Inzwischen haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus den Flüchtlingscamps durch einen Koalitionsbeschluss von Anfang März geändert. SPD und Grüne beantragten eine neuerliche Beratung und beide Fraktionssprecher sprachen sich dafür aus, den Blick nach vorne zu richten. Horst Blumenkemper (SPD) befand, es sei „Zeit, Abstand zu nehmen von Schuldzuweisungen“. Ulrich Hünerbein-Ahlers (Grüne) erklärte sich dazu bereit und wollte seinen Antrag auf das Wesentliche – eben die Aufnahme der Flüchtlingskinder – reduzieren, „wenn es der Mehrheitsfindung dient“. Und auch die CDU wollte „nicht in der Vergangenheit kramen“, sagte Mario Maaßen, „wir wollen den Kindern helfen und zu einem ordentlichen Abschluss kommen.“ Seine Fraktion hatte eine Resolution zu dem Thema verfasst. Bürgermeister Dominik Pichler ließ auf Vorschlag von Maaßen beide Anträge und die Resolution einzeln abstimmen und zusammenfassen – Einstimmigkeit bei der Zustimmung im Rat war das Ergebnis.

Parkgebühren werden nicht ausgesetzt

Weitestgehend herrschte diese Einigkeit im Rat auch vor, als es um die von der FDP beantragte Aussetzung der Parkgebühren auf dem Peter-Plümpe-Platz ging (das KB berichtete). Bürgermeister Dominik Pichler erinnerte an den September 2018, wo es eine Aussetzung der Parkgebühren gegeben habe. Damals seien „keine Umsatzsteigerungen beim Einzelhandel“ zu erkennen gewesen. „Der hier versprochene Effekt ist aus meiner Sicht nicht vorhanden.“ Wirtschaftsförderer Hans-Josef Bruns pflichtete ihm bei: Im Vergleich der Monate September 2018 und 2019 habe man „keinen Mehrwert für den Einzelhandel erkennen können“. Und auch Kämmerer Ralf Püplichuisen war von dem Vorschlag nicht überzeugt: „Ich glaube nicht, dass das in irgendeiner Form die Konjunktur ankurbelt.“ Mario Maaßen konnte im Verzicht auf Parkgebühren „keine wirksame Methode“ und „kein ausschlaggebendes Argument“ erkennen; Wolfgang Röhr (Grüne) meinte: „Diese Maßnahme bringt den Einzelhandel in Kevelaer nicht nach vorn.“ Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Schließlich wurde in der Ratssitzung am Dienstagabend noch beschlossen, die Arbeit der Klimaschutzmanagerin der Wallfahrtsstadt Kevelaer im Rahmen eines Anschlussvorhabens um weitere zwei Jahre zu verlängern.

Rat beschließt Vorgaben für den Peter-Plümpe-Platz

In der Ratssitzung am vergangenen Dienstag brachten die Ratsmitglieder die Vorgaben für den Wettbewerb auf den Weg, in dem Raumplaner ihre Ideen zur Neugestaltung des Peter-Plümpe-Platzes vorstellen sollen. Nach ausführlicher Erörterung im Haupt- und Finanzausschuss (siehe aktuellen Bericht) wurden die aus dessen Sitzung resultierenden Formulierungen noch einmal diskutiert und präzisiert.

Die wichtigsten Eckdaten in einer Zusammenfassung:

Als Grundstruktur ist eine Teilung des Platzes in einen nördlichen Bereich zur Annastraße als Bürgerplatz mit hoher Aufenthaltsqualität und einen südlichen Bereich zur Marktstraße im Wesentlichen für verkehrliche Nutzungen vorzusehen.

Die Annastraße soll zwischen der Hauptstraße und der Busmannstraße bei bestehender Einbahnstraßenregelung verkehrsberuhigend zugunsten des Radverkehrs ausgebaut werden.

Die Marktstraße zwischen dem Roermonder Platz und dem St.-Klara-Platz soll bei bestehendem Zweirichtungsverkehr verkehrsberuhigend ausgebaut werden; eine funktionelle und attraktive Anbindung des Karl-Dingermann-Platzes (Bushaltestelle) ist zu berücksichtigen.

Die Straße hinter dem Rathaus soll verkehrsberuhigend ausgebaut, die Parkplätze aber erhalten werden.

Auf der Annastraße zwischen der Hauptstraße und der Busmannstraße und der Marktstraße zwischen dem Roermonder Platz und dem St.-Klara-Platz entfallen die Parkplätze.

Auf dem südlichen Teil des Peter-Plümpe-Platzes soll eine multifunktionale Fläche gestaltet werden, die als Stellplatz für mindestens 100 Fahrzeuge ausgerichtet ist.

Die Einfahrt zur bestehenden Tiefgarage unter dem Sparkassengebäude ist, ggf. mit anderer Anordnung, in die Neugestaltung zu integrieren; eine öffentliche Tiefgarage als Ersatz für bestehende oberirdische Stellplätze wird nicht berücksichtigt.

Attraktive und sichere Fahrradstellplätze an mehreren Positionen sind zu berücksichtigen.

Parallel zur Marktstraße wird eine Busankunft in Form eines Aufstellstreifens als attraktiver Ankunftsort für anreisende Gruppen eingerichtet.

Der Kirmesmarkt ist mit den notwendigen Aufstellflächen für Festzelt und Großfahrgeschäfte gemäß den Größenangaben der Verwaltung auf Basis der bisherigen Bestückung des Marktes zu ermöglichen.

Auf dem nördlichen Platzbereich müssen Aufstellflächen für den Wochenmarkt im Rahmen der heutigen Bestückung berücksichtigt werden.

Die Grünanlage nördlich des Rathauses ist unter Erhalt des Baumbestandes zu einer höheren Aufenthaltsqualität aufzuwerten; eine Durchfahrt zwischen dem Rathaus und der Grünfläche sowie Stellplätze für Polizeifahrzeuge vor der Wache sind zu erhalten.

Das alte Rathaus soll einen attraktiven, ausreichend dimensionierten Vorplatz erhalten. Vor dem neuen Rathaus ist ein attraktiver, ausreichend dimensionierter Eingangsbereich zu gestalten.

Der nördlich der Verkehrsfläche liegende Bereich zwischen Rathaus und Roermonder Platz ist unter Ersatz der vorhandenen Grünbepflanzung neu zu gestalten.

Die neu zu gestaltende Platzfläche an der Annastraße ist mit einem Wasserspiel, ggf. mit thematischem Bezug auf den Solegarten St. Jakob auszustatten.

Die Eingangsbereiche an der Annastraße zum Mechelner Platz und zum Museum sowie an der Marktstraße zum Konzert- und Bühnenhaus (Theaterpassage) sind in die Planung einzubeziehen.

Diskussion und Beschlussfassung im Rat

Sowohl in der Ratssitzung als auch in der vorangegangenen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses hatte Jürgen Hendricks für die FDP die Ablehnung der Neugestaltung zum Ausdruck gebracht. Sie war auch im Antrag seiner Fraktion zum Ausdruck gekommen. „Wenn man die augenblicklichen Stimmungen und scheinbar abgeschlossene Meinungsbildung aus den verschiedenen Fraktionen hört und bewertet, stellt sich für uns schon die Frage, ob man sich dort wirklich ernsthaft mit unserem Antrag auseinandergesetzt hat“, sagte Hendricks beispielsweise im Ausschuss.

In beiden Sitzungen hakte Michael Kamps (CDU) mehrfach beim Thema Parkplätze nach. Insbesondere war ihm dabei wichtig, dass die festgelegte Mindestanzahl von Stellplätzen nicht auf die von der Verwaltung vorgeschlagene Zahl von 80 festgelegt, sondern auf 100 erhöht wurde. Zudem wird die CDU wohl weiterhin darauf achten, dass kein Planer die im direkten Umfeld des Planungsgebietes liegenden Parkplätze gleich mit streicht.

Wolfgang Röhr erklärte im Rat für die Grünen, dass das Verfahren einschließlich der Bürgerbeteiligung „demokratisch abgelaufen“ sei. Dennoch sei man in seiner Fraktion „vom Ergebnis enttäuscht“, weil die „Darstellung der eigenen Wünsche“ nicht so umfangreich erfolgt sei, wie man sich das gewünscht habe. Johann-Peter van Ballegooy sagte für die KBV: „Wir haben die Sorge, dass wir mit den vielen Vorgaben, die wir machen, die Kreativität der Planer einschränken.“ Michael Kamps befand für die CDU, man habe „eine gute Balance gefunden. Wir werden nachher noch genug Parkplätze haben und gleichzeitig die Attraktivität steigern können.“

Der Beschluss des Rates liegt nun vor, eine Ausschreibung nach den festgelegten Vorgaben ist der nächste Punkt des Verfahrens.