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Hubert Lemken (rechts) und Anton Koppers sangen im Forum Pax Christi mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Altenheime und Behinderteneinrichtungen sowohl weltliche als auch geistliche Lieder. Foto: FG
Bewohnerinnen und Bewohner von Altenheimen und Behinderteneinrichtungen singen zusammen

Offenes Singen im Forum Pax Christi

Gesellschaftliche und gemeindliche Teilhabe aller sind zwei wesentliche Eckpunkte der Festwoche anlässlich des 100-jährigen Jubiläums zur Erhebung der Kevelaerer Wallfahrtskirche zur Basilika minor.

Silvia und Thomas Molderings stimmen sich aufs nächste Mitsing-Event ein. Foto: privat
Thomas und Silvia Molderings laden am 2. September ein zu „Kevelaer singt“

Kevelaer singt wieder am Schulzentrum

Thomas Molderings lässt sich nicht so schnell entmutigen. Der Betreiber des Brauhauses „Kävelse Lüj“ startet am 2. September 2023 in die zweite Runde seines Mitsing-Konzertes „Kevelaer singt“. Und das, obwohl bei der Premiere in 2022 gerade einmal 300 von möglichen 2.000 Gästen gekommen waren.

Die Künstlerin begeisterte mit Songs von Reinhard Mey, Robbie Williams und Abba

Frau Höpker erneut vor ausverkauftem Haus

Das ausverkaufte Konzert- und Bühnenhaus platzte aus allen Nähten. „Frau Höpker bittet zum Gesang“ hieß es nach der ersten Veranstaltung im Mai erneut und die Kevelaererinnen und Kevelaerer ließen sich nicht lange bitten.

Mit Stimme, Spaß und Fantasie

Es schien, als hätten sie die Welt um sich herum vergessen – so gebannt lauschten die zehn Kinder im „Goldenen Apfel“ an diesem Nachmittag den Worten des Mannes am Klavier. „Wer von Euch hat Lust, mal je eine Strophe von dem Lied zu singen?“, fragte Johannes Stammen in die erwartungsvolle Runde der kleinen „NachwuchssängerInnen.“ Sofort streckten sich ihm die Finger entgegen. „Na dann, los“, lachte der 66-Jährige und ließ seine Finger über das Klavier gleiten, während die Kinder mit allem, was die Lungen hergaben, jeder die jeweiligen Zeilen des Liedes „Zirkus Fantasie“ wiedergaben. „Klasse“, meinte Stammen.

Pommes, Polonäse und Süßigkeiten

Im Anschluss daran zeigten die Kinder von sich aus mal, wie lustig so eine Probe aussehen kann – und stimmten gemeinsam schreitend, klatschend und tanzend ihre lustige „Pommesbuden-Polonäse“ an. Danach gab´s erstmal eine Pause – und was Leckeres zum Naschen. „Ich fühle mich hier wie bei der Fütterung der Raubtiere“, meinte Stammen und hielt die Tüte etwas höher, um die Süßigkeiten zu retten. „Die Pause machen wir immer aus pädagogischen Gründen. Es ist für Kinder nicht so leicht, sich durchgehend so zu konzentrieren“, erzählte er.

Seit November vergangenen Jahres bemüht er sich mit seinem an diesem Tag erkrankten Kollegen Elie Wakeem vom „Theaterchor Niederrhein“, den Kindern die Freude am Gesang zu vermitteln. „Unser erster Auftritt war das Weihnachtssingen im Dezember“ erinnert sich Stammen, wie es eigentlich zu diesem Projekt gekommen war. Damals hatte man einfach mal die Idee, in Kostümen des 19. Jahrhunderts an zwei Dezember-Wochenenden Weihnachtslieder zu singen – und das sollte dann auch mit Kindern vonstatten gehen.
„Wir haben dann erst mal im Chor rumgefragt“, erzählt der Sänger mit Bassstimme. Und das Interesse der sangesbegeisterten Eltern, ihren Kids auch ein Forum für dieses besondere Hobby zu geben, war von vornherein gegeben. Am einem Tag gingen die Kinder mit – und waren begeistert. „Kalt war´s , aber sehr schön. Wir sind sogar vor die Krippe gezogen“, erzählt der achtjährige Leo. „Das war voll cool und was Besonderes“, ergänzte der zwei Jahre ältere Janesh.

Freude fördern

Seitdem versammelt sich die kleine Gruppe regelmäßig jeden Donnerstag zwischen 17 und 18 Uhr, versuchen die beiden engagierten „Lehrer“, den Kids etwas von ihrer Begeisterung für Musik weiterzugeben. „Wir wollen hier keine „Gesangsstars“ züchten, sondern die Freude am Gesang fördern“, meint Stammen, der selbst seit dem neunten Lebensjahr singt und seit zwei Jahren den Kirchenchor Wemb leitet. „Kinder sind viel impulsiver. Du mußt bei ihnen ein vernünftiges Konzept haben, um sie bei der Stange zu halten“, erkennt er aber in der Herangehensweise schon einen wesentlichen Unterschied.

Stammen ist besonders glücklich darüber, dass es in dem doch relativ kurzen Zeitraum schon einen echten Fortschritt zu beobachten gibt. „Beim ersten Mal waren alle schüchtern, und wenn ich da jetzt sehe, dass die selbst Strophen singen wollen, dann geht mir das Herz auf.“

Ähnlich sieht es Elie Wakeem. Der 19-jährige gebürtige Syrer hat in seiner Heimat Damaskus unter lebensgefährlichen Bedingungen einen Kinderchor geleitet und hat eine ganz tiefen inneren Bezug zum Singen und zu der Arbeit mit Kindern. „Ich möchte mich nicht Kinderchorleiter nennen, sondern ein Kind im Chor“, meint der junge Mann bescheiden. „Und wenn ich sehe, wie zufrieden die Kinder sind bei der Probe, dann freut mich das am meisten.“

Keine Noten, keine Langeweile

Singen egal wo und mit wem, „das ist das Wichtigste.“ Und man spüre, dass die Kinder einfach Lust haben, zu lernen. „Aber wir müssen jedes Mal was Neues finden, damit sie keine Langeweile haben.“ Vieles laufe in Verbindung mit aktivem Singen, das hätten er und Stammen bei einem Kurs in Münster gelernt. Und die Kinder müssten keine Noten in der Hand haben, erzählte Wakeem.

Die Kinder selbst, die finden den Ansatz einfach nur toll. „Wir machen zu den Liedern bestimmte Bewegungen“, beschrieben die neunjährigen Theresa und Amelie, wie sie die Stunden erleben.

Zum Abschluss der Stunde stimmten die Kinder tanzend und singend das Lied „Wir sind Kinder einer Welt“ an. Elie Wakeem hofft, dass es bei dieser Kerngruppe nicht bleibt. „Unsere Türen sind geöffnet. Jedes Kind ist willkommen.“

Lieder, Emotionen und ganz viel Spaß

Buntes Scheinwerferlicht, volle Besucherränge, Tontechniker und eine riesige Bühne: Bei „Klasse! Wir singen“ in der Dortmunder Westfalenhalle ging es zu wie bei einem richtig großen Rockkonzert. Doch statt einer Band aus Übersee waren etwa 4.000 Kinder aus Schulen der Region die Stars – darunter auch die circa 200 Schüler der St. Hubertus-Grundschule in Kevelaer.

Samstagsmorgens um 11 versammelten sich die Schüler, Lehrer und Eltern der St. Hubertus-Grundschule auf dem Schulhof und sortierten sich, um sich auf den Weg zum großen Liederfest in die Westfalenhalle in Dortmund zu machen. Mit den weißen T-Shirts des Liederfestes bekleidet, ging es zum Schulbus.

Wochenlang haben die Kinder im Unterricht geübt, eine CD mit allen Liedern sowie das Liederbuch wurden ebenfalls mitgegeben, damit die Kinder zu Hause üben konnten – als Vorbereitung auf den großen Auftritt; zusammen mit etwa 4.000 anderen Schülern der Region.

Singen fördert die Kinder

Singen macht Spaß, bringt Lebensfreude, fördert das psychische sowie physische Wohlbefinden und ist Grundlage für jede Art von Musik. Zudem fördert das gemeinsame Singen nachweislich die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern sowie soziale Kompetenzen, Sprachentwicklung und Konzentrationsfähigkeit in einzigartiger Weise. Singen ist ein Mittel, um Inklusion, Integration und Völkerverständigung im Schulalltag zu praktizieren; denn alle Kinder, völlig unabhängig von physischer oder psychischer Konstitution, ethnischer oder sozialer Herkunft singen gemeinsam.

Beim Titelsong „Klasse Wir Singen“ tobte die Halle. Foto: akoe

Vor zehn Jahren hat Gerd-Peter Münden die Veranstaltung gemeinsam mit Lehrern, Eltern und Chorleitern auf den Weg gebracht. Das Ziel des Projektes erläutert der ehemalige Domkantor in seiner Moderation: „In unserer Gesellschaft gibt es schon genug Wettbewerb – wir müssen wieder mehr gemeinsam machen.“ Es fällt nicht schwer, dieser Aufforderung nachzukommen. Denn er bezieht nicht nur die Klassen und deren Lehrer ein, sondern auch die vielen mitgereisten Väter, Mütter, Brüder und Schwestern.

Lieder, die aus Kindern gute Menschen machen

Auf dem Programm stehen Klassiker wie „Zwei kleine Wölfe“, „Ich wollt’ ich wär ein Huhn“ oder „Meine Biber haben Fieber“. Musik kann aber noch mehr als Spaß bereiten. Nämlich wichtige Werte weitergeben. „Es gibt Lieder, die aus Kindern gute Menschen machen“, leitet Münden einen Song ein, der sich um die Bewahrung unseres Planeten dreht. Ein anderer widmet sich dem Thema Integration.

So wurde das Abendlied „Der Mond ist aufgegangen“ aus dem 18. Jahrhundert von Matthias Claudius auch optisch in Szene gesetzt, indem sich die abgedunkelte Halle während der Strophen in ein Sternenmeer verwandelte und an der Decke eine riesige, glitzernde Kugel als Mond erschien. Als wirkungsvolle akustische Begleitung der 4.000 Stimmen trug die Live-Band zu einer zauberhaften Atmosphäre bei. Der Auftritt brachte schließlich nicht nur das Gänsehautgefühl mit sich, Teil eines riesigen Klangkörpers zu sein. Der pädagogische Hintergrund zielt auch auf die Förderung von Gemeinschaftssinn und Selbstbewusstsein der Kinder ab. Stolz waren die Kinder – es war für alle ein einzigartiges Erlebnis, Teil eines so großen Liederfestes zu sein.

Über das Event Klasse! Wir singen”
„Klasse! Wir singen“ ist ein Gesangsprojekt für Schulklassen aller Schulformen der Stufen eins bis sieben, welches das Singen von Kindern in Schule, Familie und Freizeit dauerhaft und nachhaltig fördert. „Klasse! Wir singen“ erreicht nachweislich Kinder aller Bevölkerungsschichten und macht Inklusion erlebbar: Niemand wird ausgeschlossen, alle können mitmachen.

Das Projekt hat seit 2007 über 670.000 Kinder aus Niedersachsen, NRW, Hamburg, Berlin, Stuttgart, Saarbrücken, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Hessen sowie circa 770.000 begeisterte Zuschauer erreicht. Teilnehmende Klassen versuchen, etwa sechs bis zehn Wochen lang möglichst täglich im Unterricht zu singen: Den Kindern wird ein gemeinsamer Liederkanon vermittelt, um auch außerhalb der Schule miteinander singen zu können. Bei den Liederfesten bilden Kinder, Lehrer und Betreuungspersonen einen Chor aus bis zu 4.000 Sängerinnen und Sängern, der von einem Moderator und einer professionellen Band begleitet wird.

Das Material (CD, Liederbuch, T-Shirt) bekommt jedes Kind für einen Teilnahmebeitrag von acht Euro zur Verfügung gestellt. Kinder aus kinderreichen Familien, Kinder mit erhöhtem Förderbedarf, Flüchtlingskinder und Kinder, deren Eltern ALG II beziehen, erhalten die Materialien kostenlos. Sponsoren sind die Firmen Rossmann und Procter & Gamble. Träger des Projektes ist der gemeinnützige Verein „Singen e.V.“ – Gerstäcker Str. 13, 38102 Braunschweig.

Adventssingen am Kapellenplatz

Es ist die große Kraft des gemeinschaftlichen Singens, die sie eint: Die evangelische Pfarrerin Karin Dembek, der theologische Referent Dr. Bastian Rütten, Chordirektor Romano Giefer und Dirigent Tom Löwen­thal organisieren für die Kirchengemeinde St. Marien wieder ein großes „Adventssingen“ auf dem Kapellenplatz. Nach den positiven Erfahrungen beim Auftakt im vergangenen Jahr stand für sie schnell fest: „Dieses Jahr machen wir den Kreis noch größer.“ Hinter jedem der beiden Chorleiter stünden „eine Menge an singbegeisterten Menschen“, freut sich Rütten über die Teilnahme von Giefer und Löwenthal.

Eine Kombination aus Tradition und Zeitgeist

Wenn die alle kommen – die beiden rechnen mit 200 bis 300 Chormitgliedern aus Basilika- und Familienchor, den Kinderchören, dem Theaterchor, dem Chor der evangelischen Gemeinde und dem KMGV – würde das schon ein stattliches Bild abgeben. Aber das ist nur so etwas wie der „Background-Chor“ des Offenen Adventssingens. Denn man wolle ausdrücklich „als Kirche vor die Tür gehen“, sagt Rütten, „und die Menschen einladen, mitzusingen.“ Deshalb gibt es die Texte am Kapellenplatz für alle Interessierten bei Ehrenamtlern, die auch die Einteilung der offiziell angemeldeten Gruppen vornehmen werden. Und wer einfach nur zuschauen möchte, sei natürlich auch herzlich willkommen, sagt Rütten. „Es soll ein buntes, klangvolles und eindrückliches Erlebnis werden“, hofft Romano Giefer, der mit Löwenthal zusammen die Mischung der Lieder „aus Traditionellem und Zeitgemäßem“ ausgewählt hat.

Musikalisch begleitet wird das Ganze von Musikern an Tasteninstrumenten, aber auch von Bläsern der Basilikamusik. „Jubel und besinnliche Momente wechseln einander ab“, skizziert Romano Giefer das etwa 40-minütige Programm. Der Charakter des Offenen Adventssingens sei in diesem Jahr „etwas anders als letztes Jahr“, sagt Tom Löwenthal, gleichwohl ein „meditativer Auftakt für Weihnachten“, bei dem das gemeinsame Singen ein großes Gefühl erzeugen werde.

Eine großartige Einstimmung haben sich die Organisatoren auch überlegt: Es werde zu Beginn einen „Klangteppich“ aus Musik der Tasteninstrumente und der spielbaren Glocken der Basilika geben, verspricht Rütten. Für Momente zur „Entschleunigung“ sorgen kurze Texte, die Pfarrerin Karin Dembeck auswählt.

Beginn ist am 19. Dezember um 19.30 Uhr auf den Stufen der Basilika und auf dem Kapellenplatz. Bei wirklich schlechtem Wetter könne man ob dieser ausgewählten Zeit in die Basilika ausweichen. Wer sich als Chor oder Gruppe anmelden wolle, habe bis kurz vorher noch die Gelegenheit dazu, verspricht Rütten, es lägen digitale Chorsätze für die „Profis“ vor (Kontakt am besten per E-Mail: r.giefer@basilikamusik-kevelaer.de). Aber auch alle anderen Interessierten können sich die Texte des Offenen Adventssingens herunterladen, etwa auf der Internetseite des Advents- und Krippenmarktes (www.kevelaerer-krippenmarkt.de).

Apropos: Der Kevelaerer Krippenmarkt ist an diesem Tag zum letzten Mal in diesem Jahr geöffnet. Und nach dem Offenen Adventssingen wird dort das Bühnenprogramm wieder aufgenommen. Womöglich ist es keine schlechte Idee, an diesem Abend Kirchliches und Weltliches, Besinnliches und Unterhaltsames miteinander zu kombinieren.