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Michaela Moldering, Wilfried Oestrich (beide vom Wasser-Bodenverband Issumer Fleuth), Marika Ochse vom Naturschutzzentrum Gelderland und Dr. Andreas Schattmann (von links) erläuterten die Maßnahme an der Issumer Fleuth. Foto: FG
An der Issumer Fleuth wurden Maßnahmen zur Renaturierung umgesetzt

Zurück zur Natur

In unmittelbarer Nähe zur Gaststätte „Zur Brücke“ wurden in den vergangenen Jahren drei Maßnahmen zur Renaturierung und naturnahen Umgestaltung umgesetzt.

Initiative gegen den „Flächenfraß“ durch Straßen, Bau- und Gewerbegebiete

„NABU“ kritisiert Kommune

Der NABU Kreis Kleve fordert die Kommune Kevelaer auf, Belange des Natur- und Artenschutzes deutlich stärker als bisher zu berücksichtigen. Die Zahl der Vorhaben, die ohne Rücksicht auf bedrohte Tier- und Pflanzenarten oder den Verlust von Freiraum und unversiegeltem Boden umgesetzt werden, habe landesweit erschreckende Dimensionen angenommen.

Naturschutz und Landwirtschaft versöhnen

Es war eine Urkunde und ein symbolischer „Lebensbaum der Biodiversität“, den die NRW-Landwirtschafts-,Natur- und Umweltministerin Ursula Heinen-Esser im Versuchszentrum Gartenbau der Landwirtschaftskammer NRW in Straelen an den Berater Peter Gräßler überreichte.

Stellvertretend für das Bundesamt für Naturschutz zeichnete die Ministerin das 2018 von der Landwirtschaftskammer NRW angeschobene LEADER-Projekt „Steigerung der Biodiversitätsmaßnamen auf landwirtschaftlichen Flächen am Niederrhein“ als „UN-Dekade-Projekt Biologische Vielfalt“ aus. Die Auszeichnung erhalten Projekte und Beiträge, die sich in besonderer Weise für den Erhalt der biologischen Vielfalt einsetzen.

Gräßler hatte im Rahmen des LEADER-Projektes für die Landwirtschaftskammer NRW insge-samt 93 Betriebe in den Kommunen Geldern, Kevelaer, Nettetal und Straelen beraten, die in der Folgezeit auf gut 165 Hektar Fläche Maßnahmen für die Stärkung der Biodiversität und des Artenschutzes ergriffen haben. „Das erstreckte sich von Blühstreifen – einjährigen, mehrjährigen oder über Vertragsnaturschutz – und Uferrandstreifen bis zu Grünlandmaßnahmen.“ Der Anteil an Vertragsnaturschutzmaßnahmen am Niederrhein liegt laut Kammer bei 50 Prozent.

Dabei habe man auch mit dem Naturschutzbund Gelderland und den Biologischen Stationen kooperiert, um so die Netzwerkbrücke zwischen Naturschutz und Landwirtschaft zu schaffen. „Die Untere Landschaftsbehörde sagt dann ‚Ja‘ zu den Maßnahmen und greift dabei auf deren Expertise zurück“, erklärte Gräßler.

„Der Impuls ging ganz stark von der Bauernschaft aus“, hob die Teamleiterin Biodiversität bei der Landwirtschaftskammer NRW, Elisabeth Verhaag, die Rolle von Personen wie des Winnekendonkers Bernhard Stenmans oder der LEADER-Organisatorin Simone Schönell hervor.

Knapp 30 Betriebe hätten sich allein aus Kevelaer engagiert. Es sei das „maßgebliche Ziel der Aktion“ gewesen, Landwirtschaft und Umweltschutz zusammenzubringen und das über diese persönliche Ansprache aufzulösen. Das sei gelungen, meinte Verhaag. Mittlerweile sei man aber in sieben Beratungsprojekten aktiv und könne mit Fug und Recht feststellen, „dass wir mit diesem Beratungsangebot erfolgreich unterwegs sind“, erklärte der Präsident der Landwirtschaftskammer NRW, Karl Werring. Man habe in den vergangenen Jahren landesweit rund 400 Landwirte beraten, mit denen man über rund 1.000 Hektar neue Flächen für die Biodiversität und den Artenschutz pro Jahr gesprochen habe, sagte Werring.

Die „hervorragende Zusammenarbeit“ mit den Unteren Naturschutzbehörden und den Biologischen Stationen vor Ort sei ein wesentlicher Erfolgsfaktor, unterstrich der Präsident. Die Ergebnisse des Niederrhein-Projekts zeigten, „dass sich in gemeinsamer und konstruktiver Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Naturschutz große Fortschritte auch in einer intensiv bewirtschafteten Agrarregion erreichen lassen.“

NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser erklärte, dass ihr das Projekt besonders am Herzen liege, weil es hier um das Miteinander von Landwirtschaft und Naturschutz für die Biovidersität gehe. „Wir erleben in den letzten Jahren ja eher das Gegenteil. Aber so kann das nicht weiter gehen. Wir haben nur eine Erde, auf der wir leben, von der wir essen, wo wir ein Ökosystem haben.“ Es gelte da, Landwirtschaft, Artenschutz und Natur zusammenzubringen und nicht gegeneinander zu handeln.

In 30 Jahren habe man zum Beispiel 75 Prozent der Biomasse bei Insekten aufgrund von versiegelten Flächen, Lichtverschmutzung oder homogenen Agrarlandschaften verloren. „Und wir werden in einigen Jahren eine Million weniger Arten auf der Welt haben. Wir kennen Insekten, die unsere Kinder und Enkel nicht mehr kennenlernen werden.“ Deswegen sei es umso auszeichnungswürdiger, dass aus der Kreisbauernschaft Geldern der Wunsch gekommen sei, über ein LEADER-Projekt Biodiversitätsberatungen durchzuführen.

Es gehe dabei nicht darum, konventionelle Bauern zum Ökolandbau zu bewegen – auch wenn man bis 2030 20 Prozent ökologischen Landbaus anstrebe. „Aber man kann auch der konventionellen Landwirtschaft zeigen, wie es möglich ist, mehr Biodiversität auf ihre Betriebe zu bekommen.“

Die Ministerin kündigte an, dass die Maßnahme der Landwirtschaftskammer vom Projektstatus in eine langfristige Finanzierung überführt werden soll. Das sei im Haushalt angemeldet worden und durch das Kabinett gekommen. Jetzt brauche es nur noch eines Beschlusses des Landtages.

Die Fördersumme für das damals bis Ende Dezember 2021 bewilligte Projekt belief sich auf knapp 161.330 Euro. Das Geld wurde zu 65 Prozent aus den LEADER-Fördermitteln, zu insgesamt einem Viertel von den Kreisen Kleve und Viersen und zu zehn Prozent von der Landwirtschaftskammer NRW finanziert.

Natur für den Menschen

Es gibt einen großen Unterschied zwischen Umwelt- und Naturschutz, der nicht allen Menschen bewusst ist: Umweltschutz – das steckt schon im Namen – bezieht sich auf jemandes Umwelt, nämlich die der Menschen. Umweltschutz dient immer einem menschlichen Zweck – auch wenn Politik und Wirtschaft das gerne mal vergessen. Um so erstaunlicher, dass das, was vergangene Woche in Kevelaer eher leise und überraschend einhellig beschlossen wurde, waschechter Naturschutz ist – Erhalt der Natur um ihrer selbst willen (siehe KB 06/2018, S. 2).

Gemeint ist das Programm zur bienen- oder besser insektenfreundlichen Stadt Kevelaer. Keine langen Diskussionen gingen vorweg. Ein Antrag der SPD, der genau in die Kerbe schlug, die der Verein „Natur und Kultur um Achterhoek“ (NUK) da schon einige Wochen bearbeitete, und kurz darauf stand das eher informelle Treffen von Bürgermeister, Politikern und Naturschützern. Jeder erkannte nicht nur die Kompetenzen der anderen an. Auch die Sinnhaftigkeit des Vorstoßes wurde von keiner Seite in Frage gestellt.

Und nicht nur das. Schon dieses erste Treffen brachte einen ganzen Katalog sinnvoller, einstimmig beschlossener Maßnahmen auf den Weg. In mancher Kommune hätten schon einzelne der Maßnahmen lange Auseinandersetzung in politischen Ausschüssen mit sich gebracht, vom ganzen Programm in seiner durchaus beachtlichen Tragweite gar nicht zu reden. Für so viel Entschlussfreudigkeit kann man Politik und Verwaltung nur applaudieren.

Der Applaus gilt aber auch dem NUK, der mit wohlüberlegten und realisierbaren Ideen in dieses Treffen gegangen ist. Überhaupt dürfte der NUK ein idealer Partner für dieses Vorhaben sein, liegt die Stärke der Achterhoeker doch seit der Vereinsgründung darin, nicht konfrontativ, sondern vermittelnd Naturschutz und Landwirtschaft zusammenzubringen.
Kevelaer wird von diesem Projekt profitieren; nicht nur, weil die Stadt damit ihr Image polieren kann. Es gibt nämlich noch eine zweite Wahrheit über den Naturschutz: Mit den Insekten kommen auch wieder Singvögel, Fledermäuse und Kleinsäuger verstärkt zurück in die Stadt. Das ist nicht nur Selbstzweck. Es erfreut auch die Herzen vieler Menschen, diese Tiere in ihren Gärten und auf öffentlichen Grünflächen zu beobachten. Und das ist ein Stück Lebensqualität.