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Wieviel Medienkonsum ist noch gesund?

Smartphones, Tablets und Fernsehen: Medien sind heute aus dem Alltag von Kindern und Familien nicht mehr wegzudenken. Über die Dauer der Nutzung kommt es häufig zum Konflikt zwischen Eltern und ihren Kindern. Stephan Gnoß arbeitet in der Fachstelle für Suchtvorbeugung der Diakonie im Kirchenkreis Kleve. Vielfach wenden sich besorgte Eltern an ihn. Über einen gesunden Umgang mit digitalen Medien sprach das Kevelaerer Blatt mit dem Sozialarbeiter und Familientherapeuten.

KB: Herr Gnoß, wie viel Bildschirmzeit wird denn für Kinder überhaupt empfohlen?
Stephan Gnoß: Es gibt Richtzeiten, die ab dem 12. Lebensjahr am Tag zehn Minuten Bildschirmzeit pro Lebensjahr empfehlen, bei jüngeren Kindern sind es fünf Minuten. Genauso wichtig finde ich aber, dass Kinder noch rausgehen, Sport machen und sich mit Freunden treffen. Wenn die Kinder die nötige Reife haben und verantwortungsvoll mit Medien umgehen, können die Zeiten auch leicht variieren und man kann wochenweise Zeitbudgets festlegen. Zwischen dem 10. und 13. Lebensjahr wären das ca. 9 bis 12 Stunden Bildschirmzeit. Der Vorteil ist wie beim Umgang mit Taschengeld, dass Kinder so lernen, ihre Zeit selbstständig und eigenverantwortlich einzuteilen.
Im digitalen Zeitalter sollten Eltern aber zwischen Mediennutzung und Medienkonsum unterscheiden. Kinder und Jugendliche müssen heute oft für ihre Hausaufgaben im Internet recherchieren. Letztlich kommt es hier auch auf das Vertrauen an, das Eltern ihren Kindern entgegenbringen.

Hat die Mediennutzung in Zeiten von Corona stark zugenommen und kommen mehr besorgte Eltern zu Ihnen?
Die aktuelle JIM-Studie, die Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren in Deutschland zu ihrem Medienkonsum befragt hat, kommt zu dem klaren Ergebnis, dass Kinder in der Corona-Zeit mehr Zeit vor Bildschirmen verbringen. Danach verbrachten Jugendliche seit der Corona-Pandemie nach eigenen Angaben pro Tag mehr Zeit als vorher vor Bildschirmen und mit Musikhören und es ergab sich ebenso ein deutlicher Zuwachs bei der technischen Ausstattung der Jugendlichen.
Die meisten Eltern kommen zu uns, wenn das Familienleben aus den Fugen gerät oder wenn es etwa bei Handyentzug auf Seiten der Kinder zu Aggressionen kommt. Wir schließen dann mit den Eltern und ihren Kindern einen Mediennutzungsvertrag ab, der die Bildschirmzeiten täglich oder wöchentlich genau festlegt und bestimmt, wann das Handy ausgeschaltet wird. In einem solchen Vertrag sind Rechte und Pflichten genau geregelt; auch Kinder profitieren davon, dass sich die Eltern daran halten müssen. Und natürlich sollten Eltern auch mit ihrem eigenen Medienverhalten ihren Kindern ein Vorbild sein.

Was raten Sie Eltern, die zu Ihnen kommen?
Frühzeitige Absprachen und klare Regeln sind wichtig. Eltern sollten auf den Handys ihrer Kinder technische Schutzvorrichtungen einrichten, die verhindern, dass ihre Kinder gewaltverherrlichende oder pornografische Seiten schauen und solche Inhalte auf dem Handy landen. Wenn Eltern offiziell die Handybesitzer sind, dann haften sie auch im strafrechtlichen Sinne dafür. Das gleiche gilt für die Computer im Haushalt. Nähere Informationen gibt es etwa auf der Seite www.klicksafe.de.
Eltern verneinen oft entrüstet, wenn ich sie frage, ob sie ihre Kinder unter 12 Jahren einfach Alkohol trinken lassen. Dann lassen sie aber vielfach ihren Kindern im Internet freie Hand und unterschätzen die Gefahren, denen sie ihre Kinder aussetzen.
Wir stellen zunehmend fest, dass sich der Erziehungsstil verändert: Eltern wollten heute häufig Partner und Freunde ihrer Kinder sein, Erziehung heißt aber neben Zuwendung und Liebe auch, Grenzen zu setzen, Orientierung zu geben und konsequent zu sein.

Was sind typische Spiele, die Sie als problematisch ansehen?
Die meisten Spiele sind für Kinder und Jugendliche ja sehr reizvoll – und da beginnt oft auch die Problematik. Das eine sind gewaltverherrlichende Szenen bei manchen Spielen, hier sind insbesondere die Altersangaben der Spielehersteller kritisch zu sehen. Die unabhängigen pädagogischen Empfehlungen wie z.B. auf www.spielbar.de liegen da deutlich darüber, an diesen sollten sich Eltern orientieren. Problematisch sehe ich auch bei vielen dieser kostenlosen Spiele die In-Game-Käufe, wie z.B. die Skins bei Fortnite, die zu einem höheren Status führen.
Das andere sind eingebaute Glücksspielmechanismen wie z.B. bei Brawl Stars und Coin Master, die in Kinderzimmern nichts zu suchen haben. Kritisch sehe ich auch so genannte Lootboxen in anderen Spielen, die Spielvorteile bringen können. Diese Belohnungs- und Bezahlsysteme sind für Kinder und Jugendliche schwer zu durchschauen und sollen die Zielgruppe auf Dauer eng an das Spiel binden. Man darf ja nicht vergessen, dass es sich hier um Konzerne mit einem Umsatz in Milliardenhöhe handelt – deren Ziel heißt: Geld verdienen. In diesem Zusammenhang halte ich die momentane Aufweichung des Glücksspielstaatsvertrages zugunsten dieser Konzerne für einen wenig beachteten Skandal.
Nicht zuletzt sollten Eltern auch die Gefahr des Cybergrooming bei der Chatfunktion der verschiedenen Online-Spiele und sozialen Netzwerke im Blick haben.

Interview: Doris de Boer

„Ich könnte jetzt noch arbeiten“

Wenn Elfriede Verhasselt an ihrem Esstisch sitzt und aus ihrem Leben erzählt, strahlt sie vor allem eines aus: Lebensfreude. Die Kevelaererin feiert am morgigen Freitag ihren 100. Geburtstag und denkt gar nicht erst daran, nur noch daheim zu sitzen. Die fünffache Ururoma stammt aus Thüringen und kam durch die Ehe mit ihrem Mann Gerhard Verhasselt im Jahr 1950 nach Kevelaer.

In der Marienstadt fühlt sie sich bis heute wohl – einziger Wermutstropfen: „Die Berge fehlen.“ Dass Elfriede Verhasselt heute in Kevelaer lebt, ist quasi dem Zufall zu verdanken. Sie lernte ihren Mann, der damals eine Reise nach Thüringen unternahm, 1939 in ihrer Heimat kennen. Am 4. November desselben Jahres folgte die Hochzeit. Ein halbes Jahr später wurde Gerhard Verhasselt zum Militär eingezogen.

An diese Zeit hegt die 99-Jährige noch intensive Erinnerungen – vor allem, weil ihr Mann sich dann in den 40er-Jahren für vier Jahre in Russland in Gefangenschaft befand. Neben der Sorge um den geliebten Ehemann stand sie vor der Herausforderung, mit ihren zwei Töchtern den Weg nach Kevelaer zu bestreiten. Ab 1950 kam sie mit ihrer Familie schließlich bei Freunden in der Wallfahrtsstadt unter.

Eine Frauen-WG mit der Enkelin

Die Arbeit sei ihr immer wichtig gewesen, erzählt Elfriede Verhasselt. „Ein Faulpelz war ich nie, das weiß ich wohl“, lacht die Seniorin. „Ich könnte jetzt noch arbeiten.“ Neben der Arbeit als Verkäuferin und der Tätigkeit bei der Buchbinderei Jansen habe sie anschließend sechs Jahre lang im Hallenbad gearbeitet. Daneben zog sie ihre zwei Töchter Waltraut und Erika groß und beherbergte seit den 50er-Jahren außerdem ihre Schwiegereltern. Mit ihrer Familie lebte sie nach der vorübergehenden Unterkunft bei ihren Freunden im Elternhaus ihres Mannes, der bereits im Jahr 1984 verstarb. Heute wohnt die 99-Jährige dort mit ihrer Enkelin Sylvia, die das Ganze charmant als „Frauen-WG“ deklariert.

Die Bezeichnung scheint der Seniorin ganz recht. Denn andernfalls könnte man gar vermuten, dass ihre Enkelin nur zu ihrer Unterstützung mit im Haus lebt. Davon hat die 99-Jährige allerdings nicht allzu viel nötig. Denn im Wesentlichen versorgt sie sich selbst: Sie bestreitet ihren Alltag, kocht, backt und geht einkaufen. Und wenn es nach ihr ginge, würde sie sich auch heute noch auf vier Rädern fortbewegen. „Aber Autofahren darf ich nicht mehr“, sagt die Seniorin – mit ironisch- vorwurfsvollem Blick auf ihre Enkelin Sylvia und Tochter Waltraut. „Das kriegen wir auch oft genug aufs Butterbrot geschmiert“, wirft ihre Tochter lächelnd ein. Abhalten lässt sich Verhasselt davon allerdings nicht.

Beim wöchentlichen Gang zum Markt und dem Einkauf im Supermarkt verlässt sie sich nun auf zwei Räder: ihren Rollator. „Hauptsache ich kann noch laufen. Dann bin ich aber auch K.O.“, räumt die 99-Jährige ein – fast so, als müsste sie sich dafür schämen.

Dass sie so lange mit dem Auto mobil war, verdankt die Seniorin auch einem glücklichen Händchen bei der Zahlenwahl. Denn in den 60er-Jahren durfte sie sich mit ihrer Familie über einen Lottogewinn im mittleren fünfstelligen Markbereich freuen. Der floss in Haus, Auto und Führerschein. Wenn sie nicht gerade Lotto spielte, war Elfriede Verhasselt gerne in der Natur unterwegs – ob mit dem Fahrrad, dem Mofa oder zu Fuß beim Wandern.

Außerdem ist sie gerne gereist, geschwommen und hat ihre Freizeit mit Handarbeiten verbracht. Zwei Mal durfte sie sich sogar „Königin“ nennen, als ihr Mann bei den Antoniusschützen auf den Königsthron stieg.

99 Jahre, wo sind die geblieben?

Und sonst verbrachte und verbringt die 99-Jährige gerne Zeit mit ihrer großen Familie: Zwei Kinder, fünf Enkel, 13 Urenkel und fünf Ururenkel zählen dazu, wenn auch nicht mit allen ein enger Kontakt besteht. Zu besonderen Anlässen wie ihrem 80. Geburtstag vereint die Seniorin dennoch gerne alle an einem Tisch. Durch Covid-19 bleibt ihr das in diesem Jahr verwehrt – auch wenn die Einladungskarten bereits geschrieben waren. Stattdessen verbringt sie ihren Geburtstag im engsten Kreis – eben im erlaubten Rahmen.

„99 Jahre, wo sind die geblieben?“, schmunzelt Elfriede Verhasselt, während sie von ihrem Geburtstag erzählt. Dass die Seniorin noch so fit durchs Leben geht, hat sie vor allem sich selbst zu verdanken, da sind sich Tochter Waltraut und Enkelin Sylvia einig. Sie sei stets aktiv gewesen, habe viel erlebt und sich auch geistig nie ausgeruht.

Auch wenn Letzteres in gewissem Maße ihrem Urenkel Marcel mit zu verdanken sein dürfte, der eng mit seiner Uroma aufwuchs. Er habe nämlich, erzählt seine Mutter Sylvia, früher aus dem Kindergarten häufig Spiele mitgebracht, die die Seniorin dann natürlich mit ihm spielen musste. „Und wenn sie ein Spiel nicht kannte, musste das halt gelernt werden.“ Das halte geistig fit.

Auch die Leidenschaft für Rommé hat bei ihr immer für Kopfarbeit gesorgt. So hatte die Seniorin bis vor einigen Jahren noch einen festen Rommé-Club. Und wer auch mit Mitte 90 noch dafür Sorge trug, dass alle betagten Damen mit dem Auto nach Hause gefahren wurden, dürfte klar sein.

Es funkte auf der Herbstkirmes

Gerade einmal 19 Jahre waren Irene und Peter Pacco alt, als sie sich am 17. Oktober 1970 das Jawort gaben. Zueinander gefunden hatten die Veerterin und der Kevelaerer zwei Jahre zuvor auf der Herbstkirmes in Wetten. Peter Pacco war zu diesem Anlass mit seinen Freunden in einer Kneipe eingekehrt. „Und sie saß mit Freundinnen am Tisch neben uns“, erinnert sich der Jubilar, während er seine Frau lächelnd ansieht. Und dann sei es einfach so passiert, ist sich das Goldpaar einig. Zwei Jahre später läuteten die Hochzeitsglocken.

Wie man es schafft, so viele Jahre glücklich verheiratet zu sein? „Ach, man merkt irgendwie gar nicht, dass es 50 Jahre sind“, lacht die Jubelbraut und lässt damit ihre Zutaten für eine glückliche Ehe im Verborgenen. Wichtig ist dem Paar jedenfalls, nicht nur daheim schöne Erlebnisse miteinander zu teilen, sondern auch außerhalb der gewohnten Umgebung Zeit zu verbringen. Seit 48 Jahren fahren sie mindestens eimal im Jahr nach Österreich – zu den Gastgebern besteht inzwischen ein freundschaftliches Verhältnis.

Und sonst verbringen die Friseurin im Ruhestand und der ehemalige Dachdecker ihre Freizeit gerne auf den Fahrrädern, die seit Kurzem auch im Hause Pacco einen kleinen Motor besitzen. „Ich fahre immer mit dem Fahrrad“, erzählt Irene Pacco und gibt ihrem Mann damit eine Steilvorlage für einen kleinen Seitenhieb. Denn dieser sitzt hin und wieder daheim und sorgt sich um seine Liebste, wenn sie mal wieder bei den ärgsten Witterungsverhältnissen mit dem Rad unterwegs ist, anstatt das Auto zu nehmen. Ernsthaft passiert ist dabei noch nichts und über das ein oder andere Malheur können die beiden nur lachen.

Schützen und Schwimmen 

Seit rund 40 Jahren wohnt das Jubelpaar im eigenen Haus in Wetten, in dem der Jüngste der drei Enkelkinder sogar sein eigenes Zimmer für die Zeit bei Oma und Opa hat. Eine ganz persönliche Note verleiht Peter Pacco, der seit vielen Jahren bei den Petrusschützen in Kevelaer aktiv ist und 1994 dort König war, dem Eigenheim mit zahlreichen selbst gemachten Basteleien. Der kreative 69-Jährige nutzt seine Zeit gerne, um Deko zu basteln oder auch das ein oder andere Heimatbild selbst zu malen. Seine Frau verbringt ihre Freizeit, jedenfalls vor der Corona-Pandemie, lieber im Wasser beim Schwimmen.

Ihre Feier zur Goldhochzeit am 17. Oktober – dem Hochzeitstag des Paares und zugleich der Geburtstag der Jubelbraut – hatten Irene und Peter Pacco mit rund 100 Gästen geplant. Dass die Gästezahl aufgrund von Covid-19 nun deutlich reduziert wurde, ist für das Jubelpaar zwar bedauerlich, tut der Vorfreude jedoch keinen Abbruch. Schon die Silberhochzeit habe man in großem Stil gefeiert. Und nun – 25 Jahre weiter – darf auch zu diesem Anlass keine Party fehlen.

Sofern die Corona-Maßnahmen es zulassen, wartet nach dem Gottesdienst ein Sektempfang auf die Gäste, bevor es zum gemeinsamen Essen und Feiern ins Waldschlösschen geht. Und bereits jetzt wagte Irene Pacco einen kleinen Gedanken an die Diamantene Hochzeit, die in zehn Jahren ins Haus stehen wird. Damit löste sie einen ironisch-empörten Blick ihres Mannes aus, der sich durchaus der Sachlage bewusst ist: auch zum 60. Hochzeitstag muss es eine Feier geben. Aber in diesen Tagen freut sich das Paar erst einmal, am Wochenende gemeinsam mit Familie und Freunden auf 50 Ehejahre zurückzublicken.

Die Bindung nach Kevelaer bleibt

Heiraten in Coronazeiten liegt nicht unbeginnt im Trend. Vielfach wurden die Trauungen verschoben oder mussten im kleinen Kreis gefeiert werden. Monika und Christoph Zeidler konnten an ihrem Hochzeitstermin festhalten, durften mit über 50 Gästen feiern und konnten danach auch noch vermelden, dass alle gesund geblieben sind.

Mitte August gab sich das Paar im alten Rathaus von Dorsten das Jawort. Dass sich dieses Ereignis jetzt im KB wiederfindet, hat Monika Zeidler ihrem Lebensweg zu verdanken. Denn den größten Teil ihres Lebens hat die 53-Jährige in Kevelaer verbracht. „Ich habe im Marienhospital das Licht der Welt erblickt, bin in Kevelaer zur Schule gegangen und war auch im Antoniuschor aktiv“, erzählt die dreifache Mutter.

Auf einer Zugfahrt nach Magdeburg hat sie vor einigen Jahren ihren jetzigen Mann kennengelernt. Da er aus Gladbeck kommt, habe man die erste Zeit viel gemailt und telefoniert. „Und als die Beziehung immer enger wurde, sind wir viel hin und her gependelt“, erinnert sich die Frischvermählte. Das sei aber keine Dauerlösung gewesen.

So entschloss sich Monika Ingenpaß (wie sie vor der Hochzeit hieß) vor vier Jahren, nach Gladbeck zu ziehen. „Dieser Schritt war nicht einfach“, erinnert sie sich an ihren Abschied aus Kevelaer. Entgegen kam ihr dabei ihre berufliche Stellung. Als Mitarbeiterin bei der Agentur für Arbeit wechselte sie nur den Standort, von Goch nach Dinslaken.

Obwohl sich ihr neuer Lebensmittelpunkt nun in Gladbeck befindet, ist Monika Zeidler immer noch oft in Kevelaer anzutreffen: „Zwei meiner drei erwachsenen Söhne leben noch hier. Und auch sonst habe ich noch guten Kontakt zu vielen Freunden.“

Das nächste Mal kommt sie am 8. Oktober in die Wallfahrtsstadt. Eine Gemeinschaftsveranstaltung ihres Betriebes findet hier statt. Auf dem Programm stehen eine Stadtführung, Besuch der Hostienbäckerei und ein Abstecher zum Solegarten. Ansonsten beziehen die Zeidlers das Stadtgeschehen aus dem Kevelaerer Blättchen. Denn das lassen sich die Eheleute auch nach Gladbeck zuschicken. „Mit dem KB hole ich mir jede Woche ein Stück Heimat aus dem Briefkasten“, erklärt Monika Zeidler ihre Verbundenheit mit der Wallfahrtsstadt.

Richtige Flitterwochen waren dem Ehepaar wegen der Pandemie bislang noch nicht vergönnt. „Wir haben einige Tage in einem Wellnesshotel verbracht und waren kurz an der Nordsee“, verrät die 53-Jährige, „mit unserem Hund.“ Der wäre auch gleich zu ihrem neuen „Hobby“ geworden. Sind die Zeidlers doch gerne an der frischen Luft. „Oder auf dem Fußballplatz“, ergänzt sie. Schließlich sei ihr Mann nicht nur Schalke-Fan. Er würde auch noch selber die Fußballschuhe schnüren.

Ein Wahlkevelaerer wird 80 Jahre

„Eigentlich möchte ich gar nicht in die Zeitung“, sagt Gerhard Müskens, der am 22. September 2020 sein 80. Lebensjahr vollendet hat, bescheiden. Dabei könnte seine Lebensgeschichte mehrere Seiten füllen. Seit 2005 wohnt er mit seiner Ehefrau Thea in Kevelaer und sagt ohne lange zu zögern: „Wir fühlen uns hier sauwohl.“ Geboren und aufgewachsen ist er in Kessel bei Goch. Dort hat er seine heutige Ehefrau kennen und lieben gelernt und mit ihr viele glückliche Jahre auf einer kleinen Kartstelle, dem Elternhaus von Thea, in Kessel-Grunewald verbracht. Neben Schweinen und Hühnern zogen beide liebevoll ihre Kinder groß und lebten gemeinsam mit der Oma unter einem Dach, bis diese im stolzen Alter von 87 Jahren verstarb.

Auf dem Hof gab es immer viel Arbeit. Nicht nur das Vieh musste gepflegt, auch das umliegende Land sowie das Haus mussten in Stand gehalten werden. Hauptberuflich arbeitete Gerhard Müskens bei der Klever Union. Vielen ist diese als Butterfabrik bekannt. Dort, wo heute riesige Wohnkomplexe stehen, verbrachte der Jubilar 37 Jahre seines aktiven Beruflebens. „Feierabend hatte mein Vater nie“, erinnert sich seine Tochter Monika Behrens, die vielen KB-Leser/innen durch die Rubrik „Bildgedanken“ bekannt sein dürfte. „Er hat sogar Teppiche geknüpft. Einen Webteppich für mein Kinderzimmer, auf dem später meine beiden Töchter spielten“, sagt sie mit Blick auf ihre Eltern. „Ja genau“, wirft Thea ein, „ich hatte mir das Sortiment bestellt, doch mir fehlte einfach die Geduld. Da hat Gerd mir geholfen. Und weil es ihm Freude bereitet hat, kamen weitere Teppiche hinzu.“

Die Offenheit, Neugier und das Interesse an den unterschiedlichsten Dingen haben ihn sein Leben lang begleitet und angetrieben. Als leidenschaftlicher Fotograf rückte er so manches Motiv ins rechte Licht und erwarb Preise für einige seiner außergewöhnlichen Bilder. Gerne stellte er diese anderen zur Verfügung, ebenso sein Wissen über die Geschichte rund um Goch. Jahrelang hat er ehrenamtlich als Autor für die Zeitschrift „An der Niers und Kendel“ gearbeitet und führte gemeinsam mit seiner Frau zu Beginn der Öffnung von Schloss Moyland zahlreiche Gruppen durch das geschichtsträchtige Gemäuer.

Nach Wien, Budapest und Paris

„Unser Familienurlaub war meistens gleichzeitig eine Studienreise“, schmunzelt Monika Behrens. „Ich konnte mir zwar nicht alles merken, doch war es mir und meinem Bruder nie langweilig.“ Später, als die Kinder aus dem Haus waren, besuchte das Ehepaar Müskens mit dem Briefmarkenverein große Städte wie Wien, Budapest, Paris, Berlin und viele mehr. Dabei faszinierten Gerhard Müskens stets die großen Bauwerke sowie die unendlichen Weiten, aber auch die schlichte Schönheit der einzelnen Orte. „Mein Mann hat alles behalten, er kann so viel erzählen“, sagt seine Frau nicht ohne Stolz.

Beide halten sich durch tägliche Sparziergänge mit Hündin Wanda fit. Wanda ist 21 Jahre alt, ein richtiges Familienmitglied und ebenfalls bei allen beliebt. Ihren Umzug in die Wahlheimat Kevelaer hat das Ehepaar nie bereut. „Die Menschen um uns herum sind immer hilfsbereit, freundlich und offen. Als ich eine benachbarte Bäuerin mit Gummistiefeln im Garten sah, wusste ich sofort, dass ich hier sogar Platt sprechen kann.“ In Kessel-Grunewald hingegen seien fast alle Häuser an Niederländer verkauft worden. „Es lebt nur noch eine ehemalige Nachbarin dort, mit der wir manchmal telefonieren.“

Gerhard Müskens blickt auf 80 erfüllte Jahre zurück. „Heute würden wir das alles nicht mehr schaffen“, sagt er. Und auch wenn er nun keine Riesenerdbeeren, Bohnen oder Kartoffeln mehr anbaut, ein Trecker steht dennoch in seinem Schuppen. Auf Hochglanz poliert, strahlt dieser mit seinem Fahrer um die Wette und wird regelmäßig gewartet. „Denn: Gesundheit ist wichtig!“ Dies ist sein größter Wunsch, besonders auch für seine Familie, wobei er wieder zuversichtlich und gewinnbringend lächelt.   

Mit Leib und Seele Bäuerin

Auf dem Hüdderather Hof fühlt Kathrin Quinders sich pudelwohl. Mit viel Liebe pflegt sie ihre Rosen, hat den Garten immer im Blick und stellt sich daraus jeden Sonntag einen eigenen Blumenstrauß zusammen. Regelmäßig empfängt sie dabei noch ihre Kinder, Enkel und Urenkel. Das Familienleben erfüllt die Kevelaererin. Und dass sie all diese Sachen mit beinahe 90 Jahren noch erleben kann, dafür ist Quinders sehr dankbar. Am 16. August feiert sie ihren 90. Geburtstag – aufgrund von Corona zwar nicht so groß wie erhofft, aber der Familientrubel darf trotzdem nicht fehlen.

Am 16. August 1930 wird Kathrin Leurs als ältestes von fünf Geschwistern auf einem Bauernhof in Wetten geboren. Das landwirtschaftliche Leben wurde ihr damit quasi in die Wiege gelegt. Dass sie dann im Jahr 1956 ihren Theo heiratet, den sie auf einem Reiterball kennengelernt hatte, führt sie auf den nächsten Bauernhof. Denn ihr Mann bewirtschaftet damals einen landwirtschaftlichen Betrieb auf Hüdderath. Dort feiern die beiden Kevelaerer, für die die Kirche immer eine große Bedeutung hatte, damals ihre Hochzeit. Ein Ereignis blieb der Familie von diesem Tag besonders in Erinnerung: Die Braut bekam zur Hochzeit eine Kuh als Mitgift. Als diese Reißaus nahm und mit vereinten Kräften wieder eingefangen werden musste, sorgte das für die nötige Action.

Kathrin Quinders besuchte auf dem Weg ins Berufsleben zunächst die Landwirtschaftsschule und anschließend das Mädchenpensionat in Remagen. Später ist sie „mit Leib und Seele Bäuerin“, sind sich ihre Kinder einig. Sie packte überall mit an, war besonders verbunden mit den Tieren. Heute gilt ihre Leidenschaft immer noch dem Hof, auf dem sie sich ihre Selbstständigkeit bewahrt – wohlwissend, dass einer ihrer Söhne mit seiner Partnerin nebenan wohnt und zur Stelle ist, wenn sie doch einmal Hilfe benötigt. Durch den Hüdderather Hofladen, den die beiden betreiben, ist immer Leben auf dem abgelegenen Grundstück.

Immer auf dem Laufenden bei den Enkeln

Mit ihrer Familie hält die 89-Jährige telefonisch Kontakt. Hin und wieder bekommen die Enkel, die teilweise das Leben in der Großstadt erkunden, einen handgeschriebenen Brief. Der regelmäßige Kontakt liegt der Kevelaererin am Herzen. Am liebsten ist es ihr aber natürlich, wenn die Familie zu besonderen Anlässen auf dem Hof zusammenkommt. Zwar kann sie die fünf Kinder, zehn Enkel und vier Urenkel nicht mehr alle selbst verköstigen, das tut den Familienfesten aber keinen Abbruch.

So wird es am Wochenende zu ihrem Geburtstag eine reich gedeckte Frühstückstafel geben. Am liebsten hätte Quinders ihre ganze Familie dabei, was sie aufgrund des Coronavirus in diesem Jahr allerdings nicht verantworten möchte. Dennoch freut sich die heimatverbundene Kevelaererin auf ihren Ehrentag und hofft, sich noch viele Jahre um den Hof kümmern zu können. „Wenn es so weiter geht, sind wir zufrieden“, sagt die 89-Jährige.

Premiere auf dem Minigolfplatz

Drei Familien aus Angola, Afghanistan und dem Irak entdeckten Minigolf in Winnekendonk: eine Freizeitgestaltung, die ihnen aus ihren Heimatländern bislang völlig unbekannt war. Nach einer Fahrradtour zur Minigolfanlage wurden die zugewanderten Familien von Peter Siebers, der sich ehrenamtlich im Heimatverein „Ons Derp“ engagiert und die Minigolfanlage betreut, herzlich begrüßt. Nach einer kurzen Einweisung, bei der man sich mit den noch fremden Spielregeln vertraut machte, ging es auf den Platz und die neuen Minigolfspieler durften den Freizeitspaß in vollen Zügen genießen.

Dabei wurde nicht nur Minigolf neu entdeckt. Beim Rundgang über die Minigolfanlage stellte Siebers den Familien die Anlage weiter vor, die auch mit einem großen „Mensch ärgere Dich nicht Spiel“, Kricket, Boule und Pit Pat ausgestattet ist – und das alles zur Überraschung der Familien kostenlos, da die Anlage ehrenamtlich betrieben wird.

Instandhaltungsarbeiten erforderlich 

„Wir möchten den zugewanderten Familien verschiedene Möglichkeiten der Freizeitgestaltung näherbringen“, erklärt Michaela Neuhaus vom Caritasverband Geldern-Kevelaer. Neuhaus hat im Rahmen des „LEADER“-Projektes „Unser Dorf ist stark durch Vielfalt“ diesen Ausflug organisiert. „Vielleicht haben einige auch Interesse, sich ehrenamtlich einzubringen und bei den Instandhaltungsarbeiten zu unterstützen. „Damit wäre es eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten und die Idee des LEADER-Projektes wird gelebt“, wünscht sich Neuhaus. 

Das Fazit an diesem Tag fiel für alle Seiten positiv aus: Die Familien hatten viel Spaß und können sich auch vorstellen, zu helfen. In jedem Fall wollen alle aber künftig weiterhin fleißig Minigolf spielen. Ebenso freut sich der Heimatverein auf weitere Besuche und die Unterstützungsangebote.

Stadtfest fällt in diesem Jahr endgültig aus

An diesem Samstag wäre wieder Kevelaers Stadtfest gewesen, an dem sich in den Vorjahren viele der in den Sommerferien daheimgebliebenen Kevelaerer erfreut haben. In diesem Jahr war den Veranstaltern von Inside Kevelaer schnell klar, dass der Termin aufgrund der Covid-19-Pandemie nicht würde stattfinden können.

Jetzt hat der Verein bekannt gegeben, dass es auch keinen Nachholtermin in diesem Jahr geben wird. Unter anderem aufgrund der sich stetig ändernden Lage und ebenfalls wechselnder Hygieneanforderungen habe man sich so entschieden, bedauert der Vorsitzende, Michael Hülsen.

Wer bereits eine Gebühr für einen Trödelmarktstand bezahlt hat, kann die Gebühr unter kasse@inside-kevelaer.de zurückfordern. Ansonsten gilt die Reservierung automatisch für das kommende Jahr.

Das Geheimnis einer langen Liebe

Wenn Gisela und Walter Kels in ihrem heimischen Wohnzimmer sitzen und in ihr ganz eigenes Garten-Paradies hinausblicken, sind sie glücklich. In ihrem Haus auf Schravelen, das das Paar Anfang der 60er-Jahre gebaut hat, verbringen die Kevelaerer viel gemeinsame Zeit. In den vergangenen Wochen hat das Paar diese vor allem genutzt, um die Planungen für ihre Eiserne Hochzeit voranzutreiben. Denn Gisela und Walter Kels sind am 18. Juli 2020 ganze 65 Jahre verheiratet. Das wollen die 91-Jährige und der 94-Jährige mit ihrer Familie und Freunden gebührend feiern.

Wenn das Paar von den gemeinsamen Ehejahren erzählt, wird vor allem die gemeinsame Leidenschaft fürs Reisen deutlich. Von China über New York und Ungarn bis zur Karibik hat es das Paar in den vergangenen Jahren verschlagen. Spontan fällt Walter Kels da ein besonderes Erlebnis ein: Die Betreiber eines Reisebüros luden ihn und seine Frau in Ungarn zu ihrer Hochzeit ein. Mit einem Nostalgie-Zug ging es in die Puszta zur Trauung, wo die Trauringe im wahrsten Sinne des Wortes vom Himmel fielen. Allerdings wohl behütet in den Händen von Fallschirmspringern. So Action-reich musste es für das Paar allerdings nicht immer zugehen. Lächelnd fragt Walter Kels: „Wissen Sie, was das Schönste an der Karibik-Kreuzfahrt war? Wir haben alleine auf dem Vorschiff in der Dunkelheit den Sternenhimmel beobachtet.“ „Das war zum Greifen nah“, pflichtet seine Frau ihm bei.

Bevor das Paar im Rentenalter vom Reisefieber gepackt wurde, arbeitete Gisela Kels als Verkäuferin in Düsseldorf, ihr Mann beim Unternehmen Dom-Samen auf Schravelen. Walter Kels war außerdem engagiert bei der St.-Quirinus-Schützenbruderschaft Schravelen, was ihm im Jahr 1952 dazu verhalf, Gisela von Danwitz kennenzulernen. Beim Frühschoppen kam es zum Tanz zwischen den jungen Leuten. Bereits drei Jahre später, am 18. Juli 1955, gab sich das Paar das Jawort in der Wallfahrtskirche von Marienbaum. Die Töchter Ursula und Waltraud machten das Familienglück vollkommen.

„Wir haben die Zeit genutzt, als wir noch konnten“

Neben der Familie und dem Reisen galt die Aufmerksamkeit des Jubelpaares bis vor wenigen Jahren vor allem dem Sport. Walter Kels, der mit den Folgen einer schweren Kriegsverletzung lebt, setzte sich intensiv für den Versehrten- und Rehasport ein, gehörte dem Weezer Wanderclub an, wo er insgesamt 35 Wanderwochen mitmachte und 15 Wochen in Eigenregie organisierte, und er absolvierte ganze 30-mal das Deutsche Sportabzeichen im Rahmen des Behindertensports. Seine Frau Gisela absolvierte dieses 25-mal. Bis vor fünf Jahren war das Paar im Rahmen seiner Möglichkeiten noch sportlich aktiv. Als Gisela Kels sich nach einem Schlaganfall nicht mehr in Gänze erholte, musste der Sport ruhen. „Wir haben die Zeit genutzt, als wir noch konnten“, scheint der Jubelbräutigam zufrieden zu akzeptieren, dass man mit Anfang und Mitte 90 nicht mehr auf den Sportplätzen dieser Welt verkehrt. „Gut, dass wir das gemacht haben“, blickt seine Frau glücklich auf die aktiven Jahre zurück.

Nur daheim zu sitzen kommt für die Kevelaerer allerdings nicht in Frage. Vor allem draußen in ihrem Garten verbringt das Paar gerne Zeit. Besonders schön ist es dort, wenn die jüngsten Familienmitglieder sich auf dem rund 4.000 Quadratmeter großen Grundstück austoben. Neben der Zweisamkeit genießen Gisela und Walter Kels die Momente, wenn die Familie etwas Trubel ins Haus bringt. Und so freuen sie sich auch, wenn sie am  Samstag, 18. Juli 2020, in vertrauter Gesellschaft das Fest der Eisernen Hochzeit begehen. Nachdem am heutigen Freitag, 17. Juli 2020, der Winnekendonker Musikverein auf ein Ständchen beim Jubelpaar erscheinen wird, lädt dieses am Samstagmorgen zur Messe mit Pastor Manfred Babel und anschließend zum gemeinsamen Essen ins „Alt Derp“.

Ein besonderes Rezept für die glückliche Liebe hat das Paar nicht – eine wichtige Zutat gibt es allerdings. „Immer Verständnis zu haben ist wichtig. Man muss auch mal zurückstecken“, betont Gisela Kels. „Unsere Ruhe konnten wir stets bewahren, da unsere Herzen immer wussten, dass sie zusammengehören“, schreiben die Jubilare in ihrer Einladung. Diese Ruhe strahlt das zufrieden wirkende Paar zweifelsohne aus. Ob es besondere Wünsche für die gemeinsame Zukunft gibt? Gesundheit, darin sind sich Gisela und Walter Kels einig. „Alles andere kommt von alleine“, lächelt die Jubelbraut.

Immer voller Tatendrang

Wenn Heike Hacks und Ellen Selders vom Leben ihres Vaters erzählen, sind die Worte geprägt von schönen Erinnerungen und Bewunderung für sein Engagement. Denn in der Tat dürfte sich manch einer die Frage stellen, ob Theo Selders‘ Wochen mehr als sieben Tage hatten. Der Wettener brachte sich in zahlreichen Bereichen des Dorflebens ein, pflegte mit Begeisterung seinen Hof und verbrachte daneben gerne Zeit mit seiner Familie und Freunden. Nach langer Krankheit verstarb er am 17. Juni 2020 im Alter von 75 Jahren im Kreise seiner Familie. Seine beiden Töchter und die Wettener Ortsvorsteherin Beate Clasen erinnern sich gemeinsam an das Leben des ehemaligen Landwirtes und Kraftfahrers zurück.

Theo Selders wurde am 10. Februar 1945 als ältestes von vier Kindern der Eheleute Wilhelm und Elisabeth Selders geboren. Er wuchs auf dem elterlichen Hof in Wetten auf. Diesen bewirtschaftete er selbst bis in die 80er-Jahre. Seit er Anfang der 70er-Jahre bei der Firma „Mera Tiernahrung“ seine Arbeit aufnahm, lief der Hof nebenher, bis er schließlich nur noch als Wohnort genutzt wurde. „Das hat er leidenschaftlich gemacht“, erinnert sich seine Tochter Heike Hacks an die Arbeit für Mera. Für seine Kinder war jedoch in jungen Jahren vor allem die Arbeit auf dem eigenen Hof spannend. „Die Getreideernte war das Highlight. Wir fanden das super“, erinnert sich Ellen Selders, die heute mit ihrer Familie auf dem Hof wohnt, gerne an die Zeit zurück, in der sie ihrem Vater bei der Ernte helfen durften.

Im Alter von 27 Jahren heiratete Theo Selders Mechtild Hebben. Zwei Kinder, Ellen und Heike, gingen aus der Ehe hervor. Im Alter von 46 Jahren verstarb seine Frau. In dieser schwierigen Zeit habe sich die Familie gegenseitig getragen, sich Halt gegeben, erzählen die Töchter. Ab Ende der 90er-Jahre verbrachte Theo Selders eine glückliche Zeit mit seiner Lebensgefährtin Elisabeth Düngelhoef auf seinem Hof. Seine und ihre Familie waren ihm sehr wichtig.

Neben der Leidenschaft der Pflege seines Zuhauses lebte Selders für die Arbeit in seinem Heimatdorf. Er war begeisterter Feuerwehrmann, Reiter und Schütze. In seiner Jugend engagierte er sich in der Landjugend. „Wenn die Sirene ging, konnten wir nur noch an die Seite springen“, erzählt Heike Hacks lächelnd. Bei den Schützen gehörte Theo Selders zunächst den Sebastianus- und anschließend den Petrus-Schützen an. Als Reiter ritt er erst selbst aktiv und engagierte sich später viele Jahre im Vorstand des Wettener Reitvereins. „Es gibt niemanden, der so oft gewählter Adjutant des Festkettenträgers war“, erzählt Ortsvorsteherin Beate Clasen mit Blick auf die Dorfgeschichte. Von 1973 bis 1993 gehörte Selders außerdem dem Präsidium der Geselligen Vereine an. „Als das Präsidium 2009 die Kirmes ausgerichtet hat, war er auch hier als Adjutant an der Seite des Festkettenträgers“, ergänzt Clasen. Das war für ihn ein ganz besonderes Ereignis, erinnern sich seine Töchter noch gut daran. Hin und wieder waren Heike und Ellen selbst überrascht von den Arbeiten ihres Vaters. Eines Tages war Ellen Selders im Dorf unterwegs, sah ihren Vater und fragte sich: „Warum gießt er denn dort jetzt die Blumen?“ Die Lösung war einfach: Er hatte sich dazu entschlossen, als Rentner im Heimatausschuss zu helfen.

Fast 50 Jahre ritt er als St. Martin durchs Dorf

Theo Selders war lange Zeit der Wettener „St. Martin“.

Eines lag dem engagierten Dorfbewohner besonders am Herzen: der St. Martins-Umzug. Beinahe 50 Jahre ritt er als „St. Martin“ durchs Dorf. Als seine Töchter und Enkel noch klein waren, wussten sie nicht, dass ihr Vater bzw. Opa der St. Martin ist. „Mama, der hat die gleichen Schuhe wie Papa“, sagte die heute 47-jährige Heike Hacks damals, als sie einen Blick unter das Gewand des Reiters erhaschen konnte. „Er hat immer am nächsten Tag gefragt: Wart ihr beim St. Martinszug? Was hat der St. Martin denn gesagt?“, lacht die 45-jährige Ellen Selders. „Als wir erfahren haben, dass unser Papa der St. Martin ist, sind wir aus allen Wolken gefallen“, ergänzt ihre Schwester. So hat auch heute der St. Martins-Tag noch eine große Bedeutung innerhalb der Familie.

„Alles, was er gemacht hat, hat er gern gemacht“, da sind sich Theo Selders‘ Töchter einig. Ihm sei nie etwas wirklich lästig gewesen und er habe nie eine besondere Aufmerksamkeit für sein Engagement gewollt. „Er ging im Vereinsleben einfach auf. Aber er hat kein großes Brimbamborium gemacht“, sagt seine Tochter Ellen. „Er war ein Geselliger, war einfach gerne mit Leuten zusammen“, konnte auch Clasen als Ortsvorsteherin beobachten. Und das war nicht nur im Vereinsleben so. Theo Selders hat gerne gefeiert. „Er war immer einer der Letzten auf Feiern. Das haben wir wohl geerbt“, erzählt Ellen Selders lächelnd. Seine geliebte und gelebte Pünktlichkeit führte allerdings auch dazu, „dass er auf Geburtstagen schon mal vor dem Gastgeber da war.“ Die Pünktlichkeit, auch da sind sich die Schwestern einig, hat ihr Vater nicht unbedingt an sie weitergegeben.

Mit wem hat Theo Selders sich denn gerne umgeben? „Ihm war das egal, wer das ist, ob er die Person kannte oder nicht“, erzählt Ellen Selders. Er habe sich eigentlich mit allen Menschen gut verstanden und mit der offenen Art auch andere Menschen gerührt. Mit seiner lockeren Art fand er auch in seinem Kegelclub „Halber Liter“ gute Freunde. Alle zwei Wochen wurde gekegelt – mit Ehrgeiz. „Und wenn sie eine Tour gemacht haben, haben sie das Wochenende genommen, an dem kein Kegeln war“, schmunzelt Ellen Selders. Nach Aussage ihres Vaters sei das natürlich nur Zufall gewesen… Zudem gehörte Theo Selders einem Doppelkopf-Club an und betätigte sich als Rentner sportlich bei den „UNIDOs“, einem Herrenfahrradclub in Wetten. Neben dem Radfahren und dem Reiten galt seine sportliche Begeisterung aber auch dem Fußball. Zwar spielte er nicht selbst, beobachtete aber gerne voller Stolz seine Enkel auf dem Fußballfeld. Außerdem war er großer Fan des FC Bayern München.

Aus tiefem Herzen heimatverbunden

Wer nun denkt, mit all diesen Hobbys sei der Alltag des Wetteners ausgelastet gewesen, der irrt. Theo Selders kümmerte sich mit viel Sorgfalt um seine Mutter, die mittlerweile mit 105 Jahren die älteste Kevelaerer Bürgerin ist. Nebenbei fuhr er den Wettener Bürgerbus, pflegte das eigene Grundstück und kümmerte sich um seine fünf Enkelkinder und die seiner Lebensgefährtin. Er sei nicht der Großvater gewesen, der Tag ein Tag aus mit seinen Enkeln spielte, doch er sei immer zur Stelle gewesen, wenn man ihn brauchte. So baute er für sie zum Beispiel ein Holzhaus auf Stelzen und eine Scheune für die Spielzeugtrecker- und maschinen.

Ein Highlight für die Enkel war es immer, wenn sie ihren Opa auf seinen LKW-Touren durch Deutschland begleiten durften. Und als er bereits krank war, schaute er den jüngsten Familienmitgliedern gerne beim Spielen auf dem Hof zu. Da habe er einmal gesagt: „Auf der Kötherheide (Anm. d. Red.: ein Außenbezirk von Wetten) war und ist es doch für Kinder immer noch am schönsten.“ Dabei habe er Tränen in den Augen gehabt, berichtet Ellen Selders. „Ich glaube, er hat sich oft, als er meine Jungs bei uns oder die Kinder meiner Schwester bei ihnen zu Hause beobachtet hat, an seine für ihn sehr schöne Kindheit auf der Kötherheide, auf unserem Hof, erinnert.“

Verleihung des „Knoase-Ordens“

Für all seinen Einsatz und die Art, das Wettener Dorfleben zu bereichern, erhielt Theo Selders im Jahr 2008 den „Knoase-Orden“. Für diese Auszeichnung muss man keine bestimmten Leistungen erbracht haben, erklärt Beate Clasen. Er sei einfach für „verdiente Wettener“.

Seit 2016 schließlich konnte der Wettener sich in seinem geliebten Heimatdorf nicht mehr so engagieren, wie er es gewohnt war und immer gewollt hat. Nach seiner Diagnose einer Krebserkrankung habe sich sein Kontakt irgendwann größtenteils auf die Familie beschränkt, so die Töchter. Besonders mit seinen Geschwistern habe er ein inniges Verhältnis gepflegt. „Die Beziehung der Geschwister untereinander ist sehr eng. Auch auf dem letzten Weg waren sie alle an seiner Seite“, erzählt Heike Hacks.

Diesen letzten Weg ging Theo Selders zunächst zu Hause und in den vergangenen drei Monaten im Hospiz in Wetten. Umsorgt von den Mitarbeitern der Einrichtung, denen Heike Hacks und Ellen Selders sehr dankbar für ihre Unterstützung sind, und geliebt von seiner Familie verstarb Theo Selders am 17. Juni 2020.