Meinung im KB: Kreatives Gestalten schafft Lebensqualität

Schaut man auf die Agenda der in Vorbereitung befindlichen oder laufenden Baumaßnahmen in unserer schönen Stadt, kann man nun wirklich nicht behaupten, es passiere nichts: Hotel und Gradierwerk auf der Hüls, Neugestaltung von Fußgängerzone und Kapellenplatz und nun anlaufend die Überplanung des Peter-Plümpe-Platzes seien nur als jene Maßnahmen benannt, von denen jeder Einwohner und Besucher wird unmittelbar Notiz nehmen können.
Wenn ich das ins Verhältnis zur Größe und zu den „nebenher“ noch zu erledigenden Pflichtaufgaben in unserer Stadt setze, finde ich das überaus beachtlich. Natürlich läuft nicht alles optimal und reibungsfrei, wobei auch das immer eine Frage der Perspektive ist. Aber wo Menschen schöpferisch und gestaltend tätig werden, kommt es eben nun einmal auf ganz unterschiedlichen Ebenen zu bewusster Reibung.
Nun bin ich in Kevelaer nicht aufgewachsen, sondern nach verschiedenen Lebensphasen in recht unterschiedlichen Gegenden unseres Landes hierher zugezogen. Von der momentan recht populären „Heimat“ zu reden, ist vielleicht noch etwas früh, aber ich lebe gern hier und schätze das hohe Maß an Lebensqualität in Kevelaer. Vielleicht ist es aber gerade diese Perspektive, die es mir etwas leichter und unbeschwerter macht, die positiven Aspekte in unserem Stadtleben wahrzunehmen, insbesondere in Beziehung zu vergleichbaren Kommunen der Umgebung. Andererseits bewahrt mich das Fehlen des naturgegeben alles ein wenig rosa färbenden Paketes aus Kindheits- und Jugenderinnerungen davor, in jeder Veränderung vorrangig den Verlust individueller Identität wahrzunehmen – woraus sich diese auch immer speist.
Per se ist die Stadt ein vom Menschen für sich geschaffener Lebensraum, der für ihn mehr darstellt, als die elementare Absicherung des blanken Überlebens und dadurch zum Kulturraum wird. In der Stadt ist nichts „natürlich“, es ist alles „künstlich“: geplant, gegliedert, gestaltet, menschengeschaffen – Kulturlandschaft. Vielleicht sollten wir uns das zuweilen vergegenwärtigen, um den daraus ableitbaren Auftrag nicht aus den Augen zu verlieren: Gestaltet euren Lebensraum! Und ich füge hinzu: Gestaltet ihn aus dem Hier und Jetzt als Menschen der Gegenwart!
Das ist kein Toröffner für Bilderstürmerei, sondern ein Plädoyer für einen kreativen Einsatz der Formensprache unserer Zeit. Den überzeitlichen Wert der gotischen Kathedrale hatte man im Grunde vielerorts auch recht früh erkannt und gestaltete die Stadt später um diese herum in der jeweils modernen Formensprache. Ohne das an dieser Stelle weiter ausführen zu können, aber wirkt da eine Diskussion um die Aufstellung sogenannter „Altstadtlampen“ in einer durch Nachkriegsarchitektur dominierten Fußgängerzone nicht irgendwie anachronistisch? Zu der Zeit, als jene Lampenform modern war, wäre niemand auf die Idee gekommen, dass eine Straßenbeleuchtung mittels Fackeln doch viel stimmungsvoller wäre – in vielerlei Hinsicht: glücklicherweise!
Ich wünsche mir und ermuntere dazu, dass wir zu mehr Gestaltungswillen zurückfinden und manches Mal vielleicht auch sprachlich ein wenig abrüsten. Verfolgt man die Diskussionen, sei es im eigenen Umfeld, sei es in den sozialen Medien, gewinnt man den Eindruck, jede bauliche Veränderung ist eine Maßnahme gegen die Identität der Stadt und gegen ihre Bewohner: Von einer finalen Rodung (!) des Kapellenplatzes war und ist nie die Rede gewesen. Gleichwohl genügt ein Blick auf den Baumbestand und seine Qualität, auf den Pflasterbelag, den Zustand der betroffenen Fassaden und die Struktur des Platzes generell, dass das vielleicht im jetzigen Zustand auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Genauso wie für den Platz Bäume unabdingbar sind, benötigt er Licht und Struktur durch Sichtachsen – reden wir doch über keinen „Urwald“, sondern über menschengemachten Kulturraum. Fällt nun der Entschluss, den Baumbestand zu verringern und dieses durch Ausgleichspflanzungen zu kompensieren, so ist das nicht nur gängige und vernünftige Praxis, sondern wird gewiss auch keiner Kevelaerer Biene das Leben kosten. Diese überaus wichtigen und schützenswerten Tiere genießen zwar momentan eine ähnliche Popularität wie die oben kurz gestreifte „Heimat“, sie durch eine Vermengung von Baumbestand auf dem Kapellenplatz, CO2-Ausstoß und sonstigen Insekten (kurzum: durch fragwürdige Kausalitäten), allerdings ähnlich populistisch aufzuladen, dient weder den summenden Honigproduzenten noch der Diskussionskultur im Rahmen der Gestaltung von Kevelaers Straßen und Plätzen.
Matthias Wirth

Bäume schützen Menschen – schützen Menschen Bäume?

Noch immer ist keine Entscheidung zur Umgestaltung, die zu einer eventuellen Rodung im Bereich des Kapellenplatzes führen könnte, gefällt worden. Vielleicht ganz gut so. Denn solange bleibt ein wertvoller und bis zu 150 Jahre alter Baumbestand mit weit über 60 Linden, Kastanien und Rotbuchen unberührt.
Dennoch sehen die Bürger der Stadt Kevelaer und den umliegenden Orte mit Sorge einem noch ausstehenden Gutachten entgegen. Dieses wurde auch während des Klimaschutzvortrages auf Gut Neuenhof in Twisteden, (siehe nebenstehenden Bericht), ganz deutlich und führte zu emotionalen Wortbeiträgen. Für bitteres Aufstoßen sorgte dabei die Aussage der Projektleiterin und stellvertretenden Abteilungsleiterin für Freiraumplanung, Stephanie Janning: „Hier mit dem Rollstuhl fahren – das ist die Hölle.“ Geht tatsächlich, gerade an einem Ort an dem seit 375 Jahren das Gnadenbild der Mutters Gottes beherbergt ist, die Hölle auf? Und das während einer Fahrt mit dem Rollstuhl oder Rollator?
Ich kann und darf mir kein Urteil darüber erlauben, wie sich eine solche Fahrt anfühlt. Eine Lösung dieses Problems gilt es zu suchen. Gar keine Frage. Dennoch sollte der Gedanke, diesen wertvollen Baumbestand zu roden, mit größter Sorgfalt überdacht werden. Es ist ein Baumbestand, der seit über 150 Jahren das Bild unserer Marienstadt prägt, Pilger, Betende und Trostsuchende mit seinem Blätterdach schützt. Es ist ein Platz, der zum Verweilen einlädt, der Atmosphäre schafft. Dank des großen Baumbestandes kann er auch in immer heißer werdenden Sommern wohltuenden Schatten spenden. Oder ist es tatsächlich besser, sich in den Sommermonaten die Sonne höllisch auf das Haupt brennen zu lassen? Ich denke da nur an länger andauernde Veranstaltungen.
Zum Schutz der Bäume und der Menschen wurden 1980 und 1997 erste Sanierungen vorgenommen, dabei auch Maßnahmen zur Vitalisierung unternommen. Kranke und Menschen gefährdende Bäume wurden entfernt, durch Neupflanzung ersetzt. Die Bäume in unserer Stadtmitte bedeuten nicht nur für uns hier lebenden Mitbürger gesteigerte Lebensqualität. Sie leisten viel mehr, als uns bewusst ist. Gerade in Anbetracht des derzeit hochaktuellen Themas in Sachen Natur- und Klimaschutz sind diese Bäume im Stadtinneren besonders wichtig. Sie reduzieren den CO2- Ausstoß, Bienen und Insekten finden hier reichlich Nahrung, (was wiederum zum Überleben der Menschen sehr nützlich sein dürfte), zudem nutzen Vögel diesen Baumbestand als Brut-und Nistplatz.
Macht es da überhaupt Sinn, eine Klimamanagerin zu engagieren, die uns wohlgemerkt während ihrer Vorträge besonders eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes nahebringen möchte, wenn am anderen Ende des Tisches über den Erhalt der Bäume im Herzen der Stadt diskutiert wird? Eine Ersatzbepflanzung ist zwar vorgesehen, dürfte aber erst eine ganze Generation später Insekten ernähren, Vögeln Nistplätze bieten, den Menschen Schatten und Sauerstoff spenden.
Mein 20 Monate alter Enkel hat übrigens jetzt schon seinen Lieblingsbaum am Kapellenplatz gefunden. Mit großen Augen schaut er zu ihm hinauf, begrüßt freudig diesen Baumriesen, streichelt ihn und macht ihm Geschenke. Was soll ich ihm sagen, sollte sein Lieblingsbaum tatsächlich eines Tages verschwunden sein? Ich müsste beschämt zu Boden schauen und mit den Achseln zucken.
Liegt es nicht in den Händen unserer Generation, die Natur und das Klima zu schützen, uns für den Erhalt der Bäume rund um den Kapellenplatz stark zu machen? Das letzte Wort dürfte darüber noch nicht gesprochen sein.

Kevelaerer Unternehmer müssen sich neu organisieren

Die Unternehmervereinigung Kevelaer (UVK) hat 2013 um den Erhalt der städtischen und unternehmerisch geführten Wirtschaftsförderungsgesellschaft Kevelaer gekämpft, doch die engagierten Kevelaerer konnten sich damals mit ihren Argumenten nicht gegen den damaligen Bürgermeister Dr. Axel Stibi durchsetzen. Dieser wollte den Bereich des Stadtmarketing und der Wirtschaftsförderung als Stabsstelle in die Verwaltung integriert wissen, um seinen persönlichen Einfluss unmittelbar geltend machen zu können. Die Politik hat bekanntermaßen damals so entschieden.

Viele in der Stadt hatten lange darauf gehofft, dass die ruhende Wirtschaftsförderungs-GmbH wiederbelebt werden könnte. Doch Ende 2017 wurde die GmbH endgültig liquidiert.
Der UVK wurde damals als Trostpflaster angeboten, dass es ein Gremium geben soll, in dem die Unternehmer direkt aus der Verwaltung (durch den Wirtschaftsförderer) informiert werden und sie selbst Ideen für die wirtschaftliche Fortentwicklung der Stadt einbringen können. Dies wurde 2014 durch den „Initiativkreis Wirtschaft“ realisiert, der ca. 20 Personen umfasst, die aus allen Ortsteilen stammen.

In den vergangenen vier Jahren hat sich viel verändert. Der Verkehrsverein (VV), der aus Unternehmern, aber auch aus dem Bürgermeister und dem Rektor der Wallfahrt besteht, hat an Schlagkraft und Sichtbarkeit verloren, denn der Geschäftsführer der WFG war in Personalunion auch Geschäftsführer des VV. Mit der Trennung wurde notgedrungen ein neuer Geschäftsführer für den VV gesucht. Dr. Rainer Killich hatte sich ehrenamtlich und dankenswerterweise dieser Aufgabe angenommen. Allerdings muss er dies neben seinem aufreibenden Job als Leiter der Wallfahrt mitorganisieren und das ist sicher nicht immer einfach.

Der im Erscheinungsbild nicht mehr so zeitgemäße Krippenmarkt, der traditionell durch den VV, Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing organisiert wurde, hat eine positive Wandlung genommen. So haben sich einige Kevelaerer Unternehmer aus dem „Initiativkreis Wirtschaft“ 2017 zusammengetan und den adventlichen Markt neu organisiert. Dazu wurde eigens eine Abwicklungs-GmbH gegründet, die die notwendigen Verträge mit Ausstellern, Gastronomen, Gema, usw. schließen kann und die erforderlichen Investitionsmittel bereitstellt, um den Markt mit neuen Buden, Beleuchtung, Beschallung, Musikprogramm, usw. auszustatten.

Heute hat Kevelaer eine große Anzahl von unternehmerisch geführten Organisationen, die alle ein Eigenleben führen, aber wenig gemeinsam, im Sinne einer zielgerichteten Strategie für Kevelaer umsetzen (können). UVK, VV, Werbegemeinschaften Hauptstraße, Busmannstraße, Bahnstraße, Marktstraße, Amsterdamer Straße, Maasstraße, Werbebeirat, Initiativkreis Wirtschaft und individuelle Zusammenkünfte von Hotellerie/Gastronomie.

Hinzu kommt, dass alle ehrenamtlich geführt und die handelnden Personen häufig dieselben sind, die sich engagieren. Das bedeutet natürlich auch eine Mehrfachbelastung und Aufopferung von Freizeit. Dies wiederum führt dazu, dass viele Frust schieben und das persönliche Engagement darunter leidet. So bleiben viele gute Ideen bei einem „man müsste mal“, doch nichts geht wirklich zielgerichtet voran.

Die Zeit ist reif, um sich gemeinsam neu aufzustellen; Althergebrachtes zu überdenken, eine erfolgsorientierte Strategie und Organisation mit gelebtem Inhalt zu entwickeln, die die Kräfte bündelt und Ideen sowie Projekte mit viel vorhandener Kompetenz formuliert, um diese im Austausch mit Verwaltung, Politik, Rat und auch Kirche gemeinsam zur Umsetzung bringt.
Die Zeit des „dahin wurschteln“ und „jeder für sich“ muss beendet werden, denn Kevelaer befindet sich in einem gravierenden Umbruch. Ideen für die Zukunft müssen entwickelt werden, denn die Innenstadt und die Ortschaften verändern sich sowohl in ihrem Aussehen als auch in der Quantität der Geschäfte.

Die Kevelaerer Wirtschaft an sich brummt, viele neue Arbeitsplätze wurden geschaffen und die Gewerbesteuer ist von zuletzt elf Millionen Euro auf geschätzte 16 Millionen Euro in 2017 angestiegen. Auch die Wallfahrt als elementarer Teil unserer Stadt erfährt ebenso einen Wandel und die Kirche definiert ihre Herangehensweise und das begleitende Angebot für den Wallfahrer neu.

Der jetzt vorliegende Entwurf ist eine sehr gute Grundlage für die Diskussion, um die wichtige Neuorganisation auf den Weg zubringen. Es müssen nur alle Akteure in Kevelaer den Schulterschluss wagen und gemeinsam das neue Konzept zur Reife mitentwickeln und dann auch uneingeschränkt mittragen. Wir können nur gemeinsam das „Juwel am Niederrhein“ in eine gute Zukunft führen.

Gelungene Premiere

Die Eröffnung der Wallfahrtssaison war der erste große öffentliche Auftritt des Kevelaerer Wallfahrtsrektors Domkapitular Gregor Kauling. Zum ersten Mal seit Langem fand beim feierlichen Hochamt nicht wie gewohnt der Wechsel zum Forum Pax Christi statt, wo traditionell immer die Predigt des Bischofs gehalten wird. Wegen des kühlen, windigen Wetters blieb die Festgemeinde im Schutz der Marienbasilika.

Aber die Herzen hat auch der neue Pastor doch erwärmt und für sich gewonnen. „Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer gelungenen Wallfahrtseröffnung und Gottes Segen in Ihrem neuen Amt“, gratuliert ihm ein Mitbruder in Soutane. Viele Bewohner Kevelaers konnten dem neuen Pastor am 1. Mai direkt begegnen. Gemeinsam mit dem Aachener Bischof schüttelte er viele Hände und nahm sich Zeit für persönliche Begegnungen. Gewinnend, unkompliziert, herzlich, so kann man den neuen Pastor an St. Marien beschreiben.

Dass der Bischof von Aachen dieses Mal die Wallfahrt eröffnete, machte ihm besondere Freude, denn dort studierte Kauling zunächst Stadtplanung und fand in der Kaiserstadt seine Berufung zum Priester. Nun widmet er sich nicht Immobilien, sondern den Menschen und versucht, in ihren Herzen der Botschaft Jesu eine Wohnung zu bereiten.

Nachdem seine beiden Vorgänger nach nur wenigen Jahren zu Höherem berufen wurden, hoffen die Kevelaerer, dass ihnen dieser Pastor nun lange bleiben möge.

Einer für alle

Dominik Pichler möchte bei der nächsten Bürgermeisterwahl erneut antreten – aber nicht mehr als SPD-Kandidat, sondern aus dem Amt heraus. Das ist eine gute und richtige Entscheidung.

Nicht nur die Bürger sind größtenteils mit seiner Arbeit zufrieden, auch die unterschiedlichen Fraktionen des Kevelaerer Rates respektieren Pichler und arbeiten meist konstruktiv mit ihm zusammen. Letztlich soll es ja auch so sein: Die Politik beschließt demokratisch – nicht immer einvernehmlich – eine Lösung und der Bürgermeister muss sie umsetzen, egal, wie er persönlich dazu steht. Welcher Partei der Bürgermeister angehört, spielt dabei keine Rolle.

Es hat sich ja auch gezeigt: Pichler setzt sich als SPD-Mitglied natürlich für sozialdemokratische Ziele ein. Aber er denkt ebenso überparteilich und nicht immer auf einer Linie mit seiner Fraktion.

Tatsächlich ist die produktive Zusammenarbeit von Politik und Stadtverwaltung auch nicht nur Pichler zu verdanken. Die CDU, die sich gegen eine Blockade entschieden hat – und damit dafür, Kevelaer auch unter einem SPD-Bürgermeister voranzubringen –, hat daran ebenso großen Anteil. Gut möglich, dass sie einen aus dem Amt heraus kandidierenen Bürgermeister unterstützen wird, obwohl der ein anderes Parteibuch in der Tasche hat.

Und mal ehrlich: Eine echte Alternative zu Pichler zeichnet sich derzeit in keiner Partei ab. Die ein, zwei Personen, die man sich vorstellen könnte, haben längst dankend abgelehnt. Und einen Kandidaten von außen ins Rennen schicken, solange sich Pichler keine gravierenden Fehler erlaubt? Das hätte wohl wenig Aussicht auf Erfolg. Denn eines darf man nicht vergessen: Pichler ist Kevelaerer durch und durch, er ist aktiver Katholik und er ist ein Bürgerlicher.

Das macht ihn auch für konservative Bürger wählbar. Die anfängliche Skepsis, die 2015 sein langer Haarschnitt noch bei einigen Wählern ausgelöst hat, sie ist vorbei. Die Kevelaerer kennen ihren Bürgermeister inzwischen – und viele schätzen ihn.

Schwierige Abwägung

Die Situation an den zwei Standorten der Gesamtschule ist so, wie sie ist, auf Dauer nicht gut. Die Pendelei ist weder Schülern noch Lehrern zuzumuten. Die Frage ist jedoch: Kann ein modernisierter Standort Weeze die wesentlichen Probleme lösen?

Richtig ist, dass die Modernisierung unumgänglich ist, wenn der Standort erhalten werden soll. Das ist nicht nur für das Image der Schule wichtig, sondern auch für einen qualitativ hochwertigen Unterricht, der schließlich an beiden Standorten gleich sein sollte, um später alle Schüler für die letzten Jahrgänge in Kevelaer zusammenführen zu können.

Aber wäre da nicht gleich ein einziger Standort die bessere Lösung? Die Infrastruktur am Schulzentrum auf der Hüls sucht in der Region ihresgleichen. Ein vernünftiger Schulbusverkehr zwischen Kevelaer und Weeze zu Anfang und Ende des Schultages wäre für die Schüler vermutlich weniger lästig als die Pendelei in den Pausen. Für die letzten Schuljahre ist dieses Vorgehen ja eh beschlossene Sache.

Teurer würde ein einzelner Standort sicherlich. Der Unterrichtsqualität förderlich wäre er aber ebenso sicher. Vermutlich ist jedoch auch Teil der Wahrheit, dass vor allem die Lehrer profitieren würden, denn die Schüler sind in der aktuellen Situation nur in ihren ersten Schuljahren vom innertäglichen Pendeln betroffen, die Lehrkräfte jedoch ihr Arbeitsleben lang.
Überhaupt muss man an dieser Stelle fragen, ob ein intelligenter Stundenplan und eine Fokussierung einzelner Lehrer auf einen bestimmten Standort die Pendelei nicht erheblich entschärfen könnte, erst recht, wenn auch in Weeze moderne Fachräume existieren.

Die Abwägung der unterschiedlichen Interessen – darunter auch die hier nicht näher ausgeführten Interessen der Gemeinde Weeze – ist sicher nicht einfach. Und eine nachträgliche Änderung der Standortsituation müsste man nicht nur gegenüber den Weezer Familien gut begründen.

Weg mit den Autos

Maßnahmen, die Autofahrer einschränken, sind immer unpopulär – zumindest anfangs. Inzwischen gibt es aber unzählige Stadtviertel und ganze Großstädte, die das Auto zurückdrängen. Auch dort gab es anfangs Proteste. Heute genießen die meisten Betroffenen die neu gewonnene Lebensqualität.

Auch Kevelaer steht vor einer richtungsweisenden Entscheidung in der Verkehrspolitik. Eine Tiefgarage unter dem Peter-Plümpe-Platz scheint keine Option mehr zu sein. Der Platz selbst aber – da sind sich die Experten einig – verschenkt sein Potenzial in Sachen

Aufenthaltsqualität. Doch genau daran mangelt es in Kevelaers Innenstadt. Der Kapellenplatz ist spirituell „belegt“. Den Cafés entlang der Fußgängerzone fehlt der Platz für großzügige Außenflächen. Der Peter-Plümpe-Platz wäre ideal – und er soll zeitnah neugestaltet werden.
Ein großer Wurf kann dort nur gelingen, wenn der Anteil der Parkflächen deutlich verringert wird, die Trennung zur Marktstraße verschwindet und diese mindestens verkehrsarm wird.

Dazu muss es attraktiver werden, die Fahrt zur Arbeit, zum Einkauf oder zur Eisdiele mit dem Fahrrad oder Pedelec zu bestreiten. Sichere und ausreichend breite Radwege gehören dazu – besser noch die Umwidmung mancher Straße in eine Fahrradstraße. Spätestens mit Fertigstellung der OW 1 wäre die Bahnstraße dafür ein Kandidat. Die Marktstraße ist es heute schon – und sie muss dringend attraktiver werden für Fußgänger und Fahrradfahrer, wenn wirklich eine Verbindung zwischen Innenstadt und Solegarten auf der Hüls gelingen soll.

Vielleicht muss auch der Bürgerbusverkehr ausgeweitet werden. Was den Bedarf an Fahrern betrifft: Könnten sich nicht Langzeitarbeitslose als Fahrer einige Euro extra verdienen und gleichzeitig dem ersten Arbeitsmarkt wieder näher rücken? Vermutlich werden zudem in fünf Jahren auf definierten Strecken verkehrende selbstfahrende Fahrzeuge als Sammeltaxis oder Kleinbusse beginnen, die Innenstädte zu erobern. Die Weichen dafür müssen aber jetzt gestellt werden, wenn Peter-Plümpe-Platz und Marktstraße umgebaut werden. Sonst sind wir damit in fünf Jahren fertig und können von vorne anfangen.

Jetzt ist die Zeit für ein Verkehrskonzept, das das Auto nicht mehr in den Mittelpunkt stellt und die Innenstadt für Menschen attraktiv macht. Wie das gelingen kann – und dass das gelingen kann – haben in den Niederlanden und in Dänemark viele Städte erfolgreich vorgemacht.

Zeit für Sicherheit

39 Sekunden. So viel länger wäre jemand unterwegs, der die gesamte Sonnenstraße ohne einmal abzubremsen von vorne bis hinten mit Tempo 30 anstelle von Tempo 50 entlang fahren würde. Angesichts der zahlreichen Rechts-vor-links-Kreuzungen dürfte der tatsächliche Zeitverlust wohl eher bei der Hälfte liegen. Tempo 30 wird es auf der Sonnenstraße jedoch nicht geben. Einen entsprechenden Antrag der CDU-Fraktion hat die Stadtverwaltung abgeschmettert und für die kommende Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses nicht mal zur Abstimmung gestellt.

Dass die Polizei Tempo 30 dort befürwortet, um die Sicherheit des Wohngebiets zu verbessern, fand in den Bürokratenohren weniger Beachtung als die Feststellung, dass die Rechts-vor-links-Regelung den Verkehr bereits verlangsamen würde. Dabei dürfte jeder wissen, dass Verkehrsteilnehmer weit häufiger mit unangepasster Geschwindigkeit auf solche Kreuzungen zufahren, wenn dort Tempo 50 erlaubt ist, als wenn die maximal zulässige Geschwindigkeit nur 30 km/h beträgt. Hinzu kommt die verstärkte Belastung der Anwohner mit Emissionen wie Feinstaub, Stickoxiden und Lärm infolge des stärkeren Abbremsens und Beschleunigens.

Als Argument führt die Verwaltung an, dass die Sonnenstraße eine wichtige Verkehrsachse durch die Stadt ist. Primär deshalb soll eine Tempo-30-Zone dort rechtlich nicht zulässig sein. Aber gibt es da nicht 300 Meter entfernt die parallel verlaufende OW1? Und dürften den Anwohnern nicht bessere Luft und Sicherheit für ihre Kinder wichtiger sein als ein paar Sekunden Fahrzeit zu ihren Häusern? Alle anderen juristischen Kriterien scheinen erfüllt zu sein für Tempo 30.

Manchmal wünscht man sich in Kevelaer mehr Mut. Andere Kommunen haben weniger Probleme damit, zukunftsweisende Verkehrskonzepte auch dann umzusetzen, wenn sie diese möglicherweise vor Gericht verteidigen müssen. Es gibt zahlreiche mit der Sonnenstraße vergleichbare Fälle, wo seit vielen Jahren unangefochten Tempo 30 umgesetzt ist.

Dran bleiben an der Hüls

Man kann die Entwicklung auf der Hüls wie die FDP als falsch ansehen, man kann sie für eine Chance halten. Sicher ist: Sie wird kommen. Und damit sie die Chance hat, eine Chance zu sein, darf nicht für sich alleine stehen. Sie muss in ein größeres Konzept eingebunden werden.

Der künftige Park auf der Hüls muss mit Leben gefüllt werden, er muss für sich allein ein Grund sein, ihn zu besuchen. Kaum jemand glaubt heute noch, dass ein Gradierwerk Lungenprobleme löst. Das Gebäude kann also nicht mehr als das Schmuckstück des Parks sein. Nur für die Gesundheit werden sich keine Touristen dorthin verirren.

Ähnliches gilt für die Pilger, die auf dem Kapellenplatz und im Marienpark alles antreffen, was sie suchen. Zumal heute viele Gäste die Wallfahrtsstätten zwar gern besuchen, aber nicht allein deshalb nach Kevelaer kommen. Sie werden sich nach dem Kapellenplatz eher für ein Café oder einen Einkaufsbummel als für die Hüls entscheiden.

Auch der Weg zur Hüls muss also attraktiv und lohnend sein. Bimmelbahn, Seilbahn… jetzt müssen Antworten gegeben und auf den Weg gebracht werden. Der Baubeginn steht schließlich unmittelbar bevor.

Wie bei einer Tombola…

Ab heute (1. März) wird bei der Kreisverwaltung in Kleve gelost. Dabei handelt es sich weder um ein neues Gesellschaftsspiel für die Kollegen in der Mittagspause noch um eine große Tombola zum 65. Geburtstag des Landrates (das dauert noch zwei Jahre). Vielmehr soll so dem nächtlichen „Schlangestehen“ vorm Kreishaus Einhalt geboten werden. Was bei den derzeitigen Temperaturen ja auch durchaus Sinn macht. Aber das nur am Rande.

Der Hintergrund ist viel ernster: Die Ausländerbehörde des Kreises Kleve kommt dem Publikumsverkehr einfach nicht mehr hinterher. Dabei sprechen hohe Besucherzahlen doch eigentlich für Beliebtheit. Dies ist hier aber wohl eher nicht der Fall. Teilweise ab 3 Uhr stehen die Antragsteller vor der Tür. Doch wenn sich diese um 6 Uhr öffnet, gehen trotzdem viele leer aus. Ein noch nicht ausgereiftes Online-System und zu wenig qualifizierte Mitarbeiter sorgten bislang dafür, dass längst nicht jeder Wartende auch an dem Tag einen Termin bekam.

Damit ist nun Schluss! Ab heute müssen die „Kunden“ nur noch von 6 bis 7 Uhr ein Nümmerchen ziehen und Daumen drücken für eine Terminvergabe. Denn das Personal spielt Lottofee und zieht die „Nummern des Tages“. Der Rest darf ein Formular ausfüllen und wiederkommen.

Hoffentlich kommt da keiner auf die Idee, sich einige Nummern zu besorgen. Sind doch so mehrere Lose in der Tombola…