Bäume schützen Menschen – schützen Menschen Bäume?

Noch immer ist keine Entscheidung zur Umgestaltung, die zu einer eventuellen Rodung im Bereich des Kapellenplatzes führen könnte, gefällt worden. Vielleicht ganz gut so. Denn solange bleibt ein wertvoller und bis zu 150 Jahre alter Baumbestand mit weit über 60 Linden, Kastanien und Rotbuchen unberührt.
Dennoch sehen die Bürger der Stadt Kevelaer und den umliegenden Orte mit Sorge einem noch ausstehenden Gutachten entgegen. Dieses wurde auch während des Klimaschutzvortrages auf Gut Neuenhof in Twisteden, (siehe nebenstehenden Bericht), ganz deutlich und führte zu emotionalen Wortbeiträgen. Für bitteres Aufstoßen sorgte dabei die Aussage der Projektleiterin und stellvertretenden Abteilungsleiterin für Freiraumplanung, Stephanie Janning: „Hier mit dem Rollstuhl fahren – das ist die Hölle.“ Geht tatsächlich, gerade an einem Ort an dem seit 375 Jahren das Gnadenbild der Mutters Gottes beherbergt ist, die Hölle auf? Und das während einer Fahrt mit dem Rollstuhl oder Rollator?
Ich kann und darf mir kein Urteil darüber erlauben, wie sich eine solche Fahrt anfühlt. Eine Lösung dieses Problems gilt es zu suchen. Gar keine Frage. Dennoch sollte der Gedanke, diesen wertvollen Baumbestand zu roden, mit größter Sorgfalt überdacht werden. Es ist ein Baumbestand, der seit über 150 Jahren das Bild unserer Marienstadt prägt, Pilger, Betende und Trostsuchende mit seinem Blätterdach schützt. Es ist ein Platz, der zum Verweilen einlädt, der Atmosphäre schafft. Dank des großen Baumbestandes kann er auch in immer heißer werdenden Sommern wohltuenden Schatten spenden. Oder ist es tatsächlich besser, sich in den Sommermonaten die Sonne höllisch auf das Haupt brennen zu lassen? Ich denke da nur an länger andauernde Veranstaltungen.
Zum Schutz der Bäume und der Menschen wurden 1980 und 1997 erste Sanierungen vorgenommen, dabei auch Maßnahmen zur Vitalisierung unternommen. Kranke und Menschen gefährdende Bäume wurden entfernt, durch Neupflanzung ersetzt. Die Bäume in unserer Stadtmitte bedeuten nicht nur für uns hier lebenden Mitbürger gesteigerte Lebensqualität. Sie leisten viel mehr, als uns bewusst ist. Gerade in Anbetracht des derzeit hochaktuellen Themas in Sachen Natur- und Klimaschutz sind diese Bäume im Stadtinneren besonders wichtig. Sie reduzieren den CO2- Ausstoß, Bienen und Insekten finden hier reichlich Nahrung, (was wiederum zum Überleben der Menschen sehr nützlich sein dürfte), zudem nutzen Vögel diesen Baumbestand als Brut-und Nistplatz.
Macht es da überhaupt Sinn, eine Klimamanagerin zu engagieren, die uns wohlgemerkt während ihrer Vorträge besonders eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes nahebringen möchte, wenn am anderen Ende des Tisches über den Erhalt der Bäume im Herzen der Stadt diskutiert wird? Eine Ersatzbepflanzung ist zwar vorgesehen, dürfte aber erst eine ganze Generation später Insekten ernähren, Vögeln Nistplätze bieten, den Menschen Schatten und Sauerstoff spenden.
Mein 20 Monate alter Enkel hat übrigens jetzt schon seinen Lieblingsbaum am Kapellenplatz gefunden. Mit großen Augen schaut er zu ihm hinauf, begrüßt freudig diesen Baumriesen, streichelt ihn und macht ihm Geschenke. Was soll ich ihm sagen, sollte sein Lieblingsbaum tatsächlich eines Tages verschwunden sein? Ich müsste beschämt zu Boden schauen und mit den Achseln zucken.
Liegt es nicht in den Händen unserer Generation, die Natur und das Klima zu schützen, uns für den Erhalt der Bäume rund um den Kapellenplatz stark zu machen? Das letzte Wort dürfte darüber noch nicht gesprochen sein.