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Hier könnte ein Verwaltungsgebäude entstehen

Am Ende blieben nur die Standorte B und C übrig, an denen künftig ein zweites Gebäude der Stadtverwaltung in unmittelbarer Nähe zum Peter-Plümpe-Platz entstehen könnte (das KB berichtete). Das mit der Bewertung der Standorte beauftragte Architekturbüro Heinle, Wischer und Partner hatte dazu jedoch acht Standorte analysiert und vier davon schließlich ausgeschlossen. Das Kevelaerer Blatt stellt die Argumente für und gegen die acht Standorte vor.

Standort A – wenig Platz, schwierige Quartiersnutzung

Auf der Marktstraße, gegenüber der einmündenden Busmannstraße, gehört der Stadt Kevelaer bereits ein Gebäude. Der Erwerb benachbarter Immobilien wäre möglich. Früher einmal dachte man hier über einen Durchstich nach, um die Flächen rund um Begegnungsstätte und Bühnenhaus attraktiver anzubinden. Dieser Plan gilt heute wegen verkehrsplanerischer Bedenken als unwahrscheinlich. Doch auch ein Verwaltungsgebäude dürfte hier nicht realistisch sein: Die Gestaltungssatzung erlaubt an der Marktstraße nur zwei Vollgeschosse. Um die erforderliche Anzahl Büros unterzubringen, wäre eine große Gebäudetiefe notwendig. Für ankommende Buspilger befindet sich das Gebäude auf der falschen Seite der Marktstraße, um ihnen eine öffentliche Toilette anzubieten, und auch gastronomische Angebote scheitern am fehlenden Platz für eine Außenbestuhlung. Um Fördergelder erhalten zu können, muss der geplante Neubau jedoch im Erdgeschoss eine sogenannte Quartiersnutzung vorsehen, eben die vorgenannten zwei Optionen, eine Touristeninformation oder ähnliches.
Fazit: 20 von 60 Punkten, K.O. durch nicht umzusetzende Flächenanforderungen.

Standort B – gute Lage, viele Möglichkeiten

Ein Neubau an der Busmannstraße gegenüber der Volksbank würde dazu beitragen, einen Platz vor dem Alten Rathaus einzufassen – wenn die Verkehrsführung entsprechend geändert wird. Zu diesem Zweck würde das Gebäude auch mit der kurzen Seiten zur Busmannstraße ausgerichtet werden. Ein Anbau an die vorhandene Bebauung ist aufgrund der fehlenden Brandwand nicht möglich. Die Lage wäre optimal für eine auch den Außenraum einbeziehende Quartiersnutzung und kurze Wege zum Alten Rathaus, das auch künftig Teile der Verwaltung beherbergen wird. Um die Flächenanforderungen zu erfüllen, müsste der Neubau vier Vollgeschosse haben – was die Architekten an diesem Standort für unproblematisch halten.
Fazit: 50 von 60 Punkten, städtebauliche Impulse und funktionale Vorteile.

Standort C – Anbau ans Rathaus und Teilung des Platzes

Schon das integrierte städtebauliche Handlungskonzept schlägt eine optische Teilung des wenig strukturierten Peter-Plümple-Platzes durch einen Neubau vor, der senkrecht zum Rathaus verliefe. Diese Idee greift der Standort C auf. Im Bereich der Wochenmarktfläche entstünde ein kleinerer Platz für Quartiersnutzungen, der Bereich der Parkflächen bliebe in seinen großen Dimensionen auf der anderen Seite erhalten. Der Vorschlag sieht eine L-förmige Lösung vor, die aus einem Anbau an das Rathaus und eine abgewinkelte Fortsetzung Richtung Platzmitte besteht. Das schafft eine direkte Verbindung beider Verwaltungsgebäude. Es erhält aber auch die Verbindung der beiden Plätze, weil das neue Gebäude so weniger weit in den Platz hinein ragt. Ein Durchgang im Erdgeschoss soll diese Verbindung verstärken. Der Raumbedarf könnte in drei Geschossen untergebracht werden, die Lage ist für eine Quartiersnutzung optimal.
Fazit: 52,5 von 60 Punkten, positive Umfeldeffekte, große Synergien.

Standort D – Anbau ans Rathaus, zusammenhängende Plätze

Auch Standort D sieht einen Anbau ans bestehende Rathaus vor, diesmal allerdings in Verlängerung bis zur Annastraße. Die Grünfläche müsste weichen, der Raumbedarf macht vier Vollgeschosse erforderlich. Gut denkbar wäre auch ein Durchgang zwischen beiden Gebäuden, die schon durch die Höhe sehr massiv wirkten. An Standort D wäre eine Quartiersnutzung ebenfalls gut möglich, wenngleich die Lage für öffentliche Toiletten etwas abseits wäre. Zudem müsste die Neugestaltung des Peter-Plümpe-Platzes Strukturen schaffen, die an dieser Stelle die Quartiersnutzung unterstützen. Dafür sorgt auch hier die unmittelbare Verbindung beider Verwaltungsgebäude für optimale Wege.
Fazit: 37,5 von 60 Punkten, wenig städtebauliche Impulse, massive Wirkung, aber kurze Wege.

Standort E – suboptimale Lage, fremde Grundstücke

Die Häuserzeile im Rücken des Rathauses war schon häufiger für eine städtebauliche Entwicklung im Gespräch. Mit drei Geschossen könnte dort gut der Raumbedarf eines zweiten Verwaltungsgebäudes untergebracht werden. Für eine Quartiersnutzung ist die Lage allerdings trotz der Nähe der bisherigen – schlecht angenommenen – öffentlichen Toiletten an der Rathausrückseite ungünstig. Auch weitere Angebote könnten dort schlecht frequentiert werden, fürchten die Architekten. Das größte Problem ist aber, dass die Grundstücke dort nicht der Stadt gehören und teilweise zur Anlieferung genutzt werden.
Fazit: 15 von 60 Punkten, wenig Chancen auf Realisierung.

Standort F – Öffentliche Begegnungsstätte

Auch die öffentliche Begegnungsstätte wurde als Standort für ein Verwaltungsgebäude geprüft. Es zeigte sich schnell, dass der Grundriss der einstigen Schule nicht zu den Anforderungen eines Bürogebäudes passt: Der Flur verläuft nicht mittig, die Raumgrößen sind ungeeignet, etc.. Außerdem müssten Ersatzräume für die zahlreichen derzeitigen Nutzungen der Begegnungsstätte gefunden werden – zum Beispiel in einem Neubau am Peter-Plümpe-Platz. Flächen für eine Quartiersnutzung fehlen, wenn das Gebäude in der heutigen Form erhalten werden soll. Das Ziel, alle Verwaltungsmitarbeiter räumlich näher zusammenzubringen, kann dort zudem nur ansatzweise erreicht werden.
Fazit: 32,5 von 60 Punkten, falsche Lage, falscher Zuschnitt, keine sinnvolle Option.

Standort G – Lage mit zu viel Potenzial für Anderes

Wenn die Verwaltung nicht in die Begegnungsstätte ziehen kann, dann eben in einen Neubau davor? Auf den Parkflächen zwischen Begegnungsstätte und Stadthotel skizziert die Machbarkeitsstudie den Standort F. Heute hat der Bereich nur wenig Aufenthaltsqualität, was einer Quartiersnutzung widerspräche. Allerdings ließe sich nach Ansicht der Architekten eben diese Qualität durch einen entsprechenden dreigeschossigen Neubau dort sehr gut schaffen. In Verbindung mit Bühnenhaus und Begegnungsstätte könnte der kulturelle Schwerpunkt an diesem Ort gestärkt werden. Alle drei Gebäude könnten einen gemeinsamen Vorplatz haben. Damit dieses „Quartier“ nachhaltig funktieren kann, regen die Planer an, den Süden des Areals als Misch- oder sogar reine Wohnbebauung zu entwickeln. Sollte die Belebung dieses Quartiers noch weitreichender betrieben werden, empfehlen die Architekten, direkt über eine Tiefgarage nachzudenken. Allein für den Verwaltungsbau wäre diese jedoch nicht erforderlich. Wie alle Neubaulösungen ließe sich der Raumbedarf der Verwaltung auch an Standort G optimal umsetzen.
Doch es gibt auch Nachteile: Wie bei Standort F ist das vor allem die Entfernung zum Rathaus. Nicht zuletzt stellen die Architekten die Frage, ob man einen Standort mit so viel Potenzial nicht besser als mit einem Verwaltungsgebäude nutzen könne.
Fazit: 42,5 von 60 Punkten, fast schon zu viel Potenzial und weite Wege.

Standort H – wie G, nur mit Einzelhandel

Standort H entspricht Standort G wie einer größeren Grundfläche – denn anstelle einer Quartiersnutzung wäre in dieser Variante das Erdgeschoss für Einzelhandel vorgesehen. Etwa 1100 Quadratmeter wären dort verfügbar, was grob dem Rewe im Kaufcenter entspräche. Der kulturelle Bereich würde in dieser Variante nicht gestärkt, wohl aber würden die vorhandenen Gebäude von einer höheren Frequentierung profitieren. Aber auch die Frequenz der Anlieferungen durch Lkw würde steigen.
Aufgrund der fehlenden Quartiersnutzung ist es gut möglich, dass eine Förderung des Neubaus nicht zulässig ist und dieser Standort allein deshalb aus der Betrachtung herausfallen würde.
Dennoch halten die Architekten diese Variante für nicht uninteressant, weil so neue Nutzungsmöglichkeiten für das alte Kaufcenter entstehen könnten.
Fazit: 30 von 60 Punkten, machbar, aber wohl nur ohne Förderung.
In die engere Auswahl empfiehlt die Machbarkeitsstudie die Standorte B, C, D und G, spricht sich aber klar für B oder C als Favoriten aus. Ob die Kevelaerer Politik dem folgt, bleibt abzuwarten. Kritik fand diese zu allen Standorten. (loh)

Die Bewertung der Standorte auf einen Blick.

Die Bewertung der Standorte auf einen Blick.

Flughafen: Kreis will Darlehen gegen Beteiligung tauschen

Der Kreis Kleve will sich mit 24 Millionen Euro als stiller Gesellschafter am Flughafen Weeze beteiligen. Das geht aus der Vorlage der nicht-öffentlichen Sitzung des Kreistags am Donnerstag, 8. Dezember 2016, hervor. Bereits jetzt hält der Kreis Kleve rund zehn Prozent an der FN GmbH, dem Mehrheitsgesellschafter des Flughafens. Diese Anteile haben einen Wert von 7,5 Millionen Euro und sind die Folge daraus, dass der Flughafen von 2011 bis 2015 die Zinsen für das Darlehen des Kreises nicht bedienen konnte. Dieses Darlehen hat eine ursprüngliche Höhe von 26,8 Millionen Euro.
Die FN GmbH hatte nun angekündigt, rund 3,5 Millionen Euro ausstehende Zinsen zu begleichen. Damit hätte der Flughafen gegenüber dem Kreis Kleve noch Verbindlichkeiten in Höhe von 30,8 Millionen Euro. Dem Kreistag liegen nun sechs Optionen vor:

  1. Die Rückforderung der Verbindlichkeiten, was für den Flughafen existenzgefährdend sein könnte.
  2. Der Verzicht auf die Verbindlichkeiten, was nicht zuletzt subventionsrechtlich bedenklich wäre.
  3. Eine Umwandlung der Forderungen in weitere Anteile an der FN GmbH, was weder diese begrüßen würde noch im Sinn der Politik wäre, die den Flughafen privatwirtschaftlich betrieben sehen möchte.
  4. Die Fortführung des Darlehensmodell mit an den Markt angepasster Zinsrate. Als Darlehensgeber begrüßt der Kreis diese Variante, als Mitgesellschafter entgehen ihm so mögliche Gewinne. Darüber hinaus scheint der Kreis sich zu sorgen, dass der Flughafen auch in künftigen Jahren das Darlehen nicht bedienen könnte und diese Lösung somit nicht tragfähig wäre.
  5. Option fünf sähe vor, alle Forderungen in eine stille Gesellschaft einzubringen, wobei dann kein planmäßiger Abbau der Verbindlichkeiten vorgesehen wäre.
  6. Bleibt also Option sechs: Der Flughafen zahlt 3,5 Millionen Euro zurück, die Gemeinde Weeze bringt 2,8 Millionen Euro und der Kreis 26,8 Millionen Euro als stille Gesellschafter ein und behält vier Millionen Euro als Darlehen bei. Diese Variante soll der Kreistag nach Vorstellung der Kreisverwaltung heute Abend beschließen.

Die Kevelaerer Aktionsgemeinschaft gegen Fluglärm und Luftverschmutzung kritisiert dieses Vorhaben. Der Kreis gebe damit Einfluss auf die Geschäftspolitik ab. Außerdem wähle er diese Option, weil er Beteiligungen nicht abschreiben müsse. Dafür gebe er das durch Sachwerte abgesicherte Darlehen ohne Not auf. Und Gewinnanteile werde der Kreis möglicherweise ebenso wenig erhalten wie bislang Zinszahlungen, denn „nur durch Buchhaltertricks und Grundstücksgeschäfte wurden ab 2007 künstlich Gewinne erzielt“, so die Aktionsgemeinschaft in einer Pressemitteilung.
Parallel dazu schwelt die Debatte um die Bedeutsamkeit des Flughafens (das KB berichtete). Luftfahrt­experten sehen das wie am Mittwoch der Wirtschaftsausschuss des Landtags: Ohne Geschäftsreisende und angesichts der Abhängigkeit von einer einzigen Fluggesellschaft könne man nur von regionaler Bedeutung sprechen. (loh)

Patienten haben die Wahl

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes dürfen ausländische Versand-Apotheken Preisnachlässe und Boni für verschreibungspflichtige Arzneimittel gewähren und diese vertreiben. Wie sieht es mit der Zukunft der Apotheken vor Ort aus? Das KB hat sich umgehört.
In der Winnekendonker Urbanus-Apotheke herrscht entspannte Stimmung. Apothekerin Petra Schnatz spricht an dem Thekentisch mit ihrer Kundin Susanne Keitel und gibt ihr dann das Medikament, das sie benötigt. „Die meisten Kunden haben das nicht verfolgt“, versichert Schnatz. „Hier sind Leute, die den persönlichen Kontakt suchen. Die denken über sowas nicht nach.“ Die Kunden bestätigen diesen Eindruck: „Ich bin lieber in der Apotheke. Wenn ich Fragen habe, werden die hier schnell und kompetent beantwortet“, zeigt sich ein junger Mann skeptisch gegenüber dem Internet-Versandhandel. Susanne Keitel (51) hält auch nicht viel davon: „Es ist einfacher, ich komm direkt hierhin, hol mir die Sachen ab und hab noch Unterhaltung dabei.“
Auch in der Stern-Apotheke von Monika Schwarz an der Busmannstraße sieht man das Ganze noch relativ gelassen. „Ich halte mich da noch etwas bedeckt. Man muss sehen, wie der deutsche Gesetzgeber jetzt reagieren wird“, meint die seit 1983 approbierte Apothekerin, die seit gut 25 Jahren selbstständig ist. „Uns sind ja eh die Hände gebunden, weil das für den deutschen Markt nicht gilt.“ Es werde sich zeigen, wie viele auf diesen Zug aufspringen. Das Szenario, das vorausgesagt würde, wäre jedenfalls verheerend. Ein Rechtsanwalt hätte vorausgesagt, dass 50 Prozent der verschreibungspflichtigen Medikamente dann an den ausländischen Versandhandel gehen könnten.
Auf eventuelle Stürme scheint Schwarz aber eingestellt. „Ich hab angefangen mit der ersten Gesundheitsreform, da war mir klar, dass es so ausgehen würde.“ Zumal es auf die Kundenreaktion ankomme und darauf, was die Krankenkassen dazu sagen. „Auf ACTA, die Apothekerkammer und den -verband können Sie nicht allzusehr bauen.“
Der Vorsitzende des Apothekerverbandes Duisburg/Niederrhein, Peter Vogt, sieht langfristige Folgen, die das Urteil für die Apotheken und den Arzneimittelmarkt hat: „Natürlich wird das dann Rosinenpickerei und stellt das System in Frage.“ Er sieht die Gefahr, dass Arbeitsplätze verloren gehen und Apotheken schließen werden: „Es gibt Apotheken, denen geht es gut, in Kevelaer gibt es ein paar, aber gerade im ländlichen Raum wird es eng.“ Wenn man wirklich eine Zukunft wolle, wo es „Beratung am Telefon und keinen Apotheker vor Ort gibt, dann muss man den Weg gehen.“ Das Urteil bedeute nicht nur, dass der Patient sagen kann: „Hurra, der Preis ist frei und billiger. Letztendlich zahlen wir dafür alle“, so Vogts Überzeugung.
„Von selbstgemachten Säften und Zäpfchen können wir nicht leben, und wenn wir nicht die gleichen Chancen wie die Wettbewerber im Internet haben, ist es eng“, prognostiziert der Homberger Apotheker. Diese Chancengleichheit sehe er aber so nicht.
Den Beruf des Apothekers könne man nicht mit anderen Berufen vergleichen. „Das ist ein Gesundheitsberuf, den man nicht nur für Luft und Liebe machen kann. Das Urteil sehe das aber nur unter der wirtschaftlichen Wettbewerbssituation.“ Der deutsche Gesetzgeber habe klar geregelt, dass man zum Beispiel Betäubungsmittel wie Morphium oder verschreibungspflichtige Medikamente als „erklärungsbedürftige Güter nicht vertreiben darf wie ein paar Schuhe“, so Vogt.
Als Problem sieht Vogt, dass das Gericht in Luxemburg den ausländischen Versandapotheken eine Preisveränderung erlaubt. Deutsche Apotheken dürften das aber nicht, „Die deutschen Apotheken dürften aber nicht schlechter gestellt werden als die europäischen. Dann dürfen auch die stationären nicht schlechter gestellt werden als europäische.“ Sollte da mal jemand gegen klagen, „dann haben wir ein Problem und einen Rieseneinfluss auf die stationäre Apotheke. Wenn die Politik da nicht gesetzgeberisch eingreift, haben wir ein großes Apothekensterben.“ Dann gebe es nur noch ein paar große Versandapotheken. Kritik übt er zudem an den freien Versand verschreibungspflichtiger Medikamente. Die seien ein besonderes Gut „und keine Packung Milch aus dem Supermarkt. Da ist es nicht gut, wenn es über den Preis geht.“ Der Gesetzgeber müsse tätig werden. „Der muss das so hinkriegen, dass die Versandapotheke anders vergütet wird als die Apotheke vor Ort“, ist sein Vorschlag. Denn aus seiner Sicht „kann es nicht im Sinne Deutschlands sein, dass wir alle Apotheken in Deutschland so in Bedrängnis bringen, dass die alle zumachen.“ Ein schlechtes Schuhgeschäft müsse auch zumachen, aber ein Gutes auch überleben können. „Und das gilt auch für eine gute Apotheke mit gutem Service und Dienstleistungen.“
Die Kevelaerer Ärzteschaft reagierte auf das Urteil eher zurückhaltend. Einigermaßen deutlich ist aber die Haltung des Wettener Allgemeinmediziners Dr. Johannes Hoffmann. Er lässt durchblicken, dass sich in der Entscheidung eine europaweite Entwicklung abzeichnet, die man wohl nicht aufhalten kann.
Aus der Frage, welche Apotheken seine Patienten nun aufsuchen oder nutzen sollten, halte er sich persönlich komplett heraus. „Die Patienten haben die Wahl, da habe ich Respekt vor dem Handeln der Patienten.“ (aflo)

Zu wenig Platz vor Ort für Kinder

„Wir haben die Ausnahme zur Regel gemacht.“ Bei der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses war Arnulf Jackel von den Grünen der Einzige, der neben Lob auch deutliche Kritik an der Arbeit der Verwaltung äußerte. Denn in Kevelaers Ortschaften fehlen massiv Kindergartenplätze.
Rechtlich dürfte das Vorgehen der Stadt in Ordnung sein, denn das Versorgungsangebot erfüllt in seinem Umfang die gesetzlichen Anforderungen. Erreicht wird das aber nur, indem die Kindergärten seit Jahren ihre Überhangplätze – eigentlich für Notfälle gedacht – voll ausreizen. Zudem hat Kevelaer ein großes Angebot an Plätzen bei Tagesmüttern.
Begonnen haben die Schwierigkeiten mit dem Ausbau der Betreuung von Kindern unter drei Jahren. Dieser Ausbau auf die vorgeschriebene Quote verringerte die Plätze für Kinder ab drei Jahren. Politik und Verwaltung haben in Kevelaer reagiert und 2012 und 2014 jeweils einen neuen Kindergarten auf den Weg gebracht. Doch das war nicht genug.
Kein Platz für Zuzügler
Das Kevelaerer Blatt weiß von mindestens drei Kindern, deren Familien jüngst nach Kevelaer gezogen sind und die weder in der Stadtmitte noch in den Ortschaften einen freien Kindergartenplatz finden können – denn die dafür vorgesehenen Überhangplätze sind alle vergeben. Die dadurch permanent zu großen Gruppen gehen „auf Kosten der Kinder und der pädagogischen Kräfte“, betonte Jackel.
Besonders angespannt ist die Situation in Winnekendonk. Obwohl Anmeldungen noch bis Weihnachten möglich sind, müssen die beiden dortigen Kindergärten Neuanmeldungen bereits jetzt auf die Warteliste setzen. Ausgehend von den Kindern, die im kommenden Jahr einen Ü3-Platzanspruch haben, fehlen im Golddorf 45 Plätze. Auch in Twisteden und Kervenheim werden 15 bzw. 16 Plätze fehlen. Lediglich in Wetten zeichnet sich ab kommendem Jahr eine Trendwende ab und die Ü3-Plätze werden in etwa auskömmlich sein. Legal wird der Mangel nur dadurch, dass die Ortschaften mit Kevelaer-Mitte zusammengefasst werden, wobei auch hier der Überschuss nur 16 Plätze beträgt. Unterm Strich bleibt stadtweit ein Minus von 62 Plätzen, denen 70 mögliche Überhangplätze gegenüber stehen.
Um speziell die Situation in Winnekendonk zu lösen, empfiehlt die Verwaltung neben den Überhangplätzen und Plätzen in der Stadtmitte dreierlei: Bislang aufgrund der Inklusion behinderter Kinder klein gehaltene Gruppen sollen diese Größenbegrenzung aufheben. Plätze in der Kindertagespflege sollen genutzt werden. Und zuletzt gebe es mit der Spielgruppe „Vergissmeinnicht“ ein weiteres Betreuungsangebot.
Entspannung ab 2019?
Den Prognosen zufolge entspannt sich die Situation ab 2019: Hier könnte das Angebot über die gesamte Stadt betrachtet erstmals wieder die Nachfrage übersteigen. Doch die Zahlen verdecken eines: In Winnekendonk, Twisteden und Kervenheim werden auch dann noch mehr Plätze fehlen, als durch Überhangplätze ausgeglichen werden können. Für die Eltern bedeutet das heute wie in drei Jahren, dass sie ihre Kinder aus ihrer jeweiligen Ortschaft täglich in einen Kindergarten in Kevelaer-Mitte fahren müssen. Zumindest für viele Berufstätige in Winnekendonk und Kervenheim dürfte das dem Weg zur Arbeit, der oft über die A57 führt, entgegen liegen. Nicht zuletzt dürfte nicht jede Familie die Möglichkeit haben, ihr Kind jeden Tag überhaupt mit dem Auto zur Betreuung zu fahren.
Für Politik und Verwaltung ist die Situation nicht einfach. Jugenddezernent Marc Buchholz betont, man wolle langfristige Lösungen schaffen, um Betreibern wie Mitarbeitern von Kindergärten Verlässlichkeit zu bieten. Es könne nicht das Ziel sein, einen Kindergarten zu bauen und aufgrund sinkender Kinderzahlen nach drei Jahren wieder zu schließen. Jackel erinnerte daran, dass Kevelaer Zuzugsgemeinde sei, was Buchholz veranlasste zu bekräftigen, dass man sich auf jeden Fall Gedanken zum Betreuungsangebot machen müsse, wenn man auf der Hüls oder in Winnekendonk auf dem alten Sportplatz neue Baugebiete ausweise.
Ein neuer Kindergarten mit einer Gruppe in Winnekendonk lohne sich nicht, sagte Ingrid Brahms vom Jugendamt. Ob ein Anbau des Urbanus-Kindergartens möglich sei, war jedoch ebenso wenig Thema wie die Überlegung, ob gemeinsam mit dem Bedarf in Kervenheim nicht sogar eine neue zweigruppige Einrichtung langfristig möglich wäre. Die meisten Politiker schlossen sich Martin Brandts (CDU) an, der eingangs resümiert hatte: „Auf Kante genäht, aber es passt.“ (loh)

Irritation um Pläne für Mechelner Platz

Eine überraschende Entwicklung hatte am Tag vor der Ratssitzung die Sondersitzung des Stadtentwicklungsauschusses genommen. Dort beschlossen die Politiker auf Anregung von Karl Renard (KBV) einstimmig, die Entscheidung über die Gestaltung des Mechelner Platzes auf den Rat am gestrigen Donnerstag, 28. Oktober, zu verschieben (Bericht aus dem Rat folgt).
Zuvor hatte sich das Gremium in Sachen Hauptstraße auf ein mehrheitliches “Ja” für den Förderantrag einigen können. Allerdings soll es noch eine Probepflasterung geben, um die Farbgebung der Böden zu prüfen. In Sachen Baumbepflanzung ist vorher eine Abstimmung mit der Werbegemeinschaft und den Anwohnern durchzuführen. Und “zunächst” sollen keine fest installierten Radstellplätze auf der Hauptstraße vorgesehen werden. Als Kostenrahmen wurde die Summe von 850.000 Euro festgelegt.
Die FDP lehnte den Entwurf ab. Die Grünen kündigten an, die Abstimmung im Rat freizugeben und stimmten erst gar nicht mit ab. Es gebe in der Fraktion alle Meinungen von Annahme bis Ablehnung, erläuterte Ulrich Hünerbein-Ahlers.
Was den Mechelner Platz angeht, hatte der Planer des Projekts, Helmut Hardt, zu seinem Entwurf eine abgespeckte Alternativlösung des Platzes mit geringeren Wegeflächen zur Verringerung der Kosten, reduzierten Sandflächen und einen Innenbereich komplett ohne Pflasterung mit multifunktionaler Rasenfläche vorgelegt. Die Kosten für diese Variante taxierte Hardt auf brutto 275.000 Euro – im Gegensatz zu den 320.000 Euro zuvor. Dazu komme noch die Wasserspielfläche vis-à-vis des Spielplatzes, die man mit Wasserdüsen ausstatten könne. Mit dem Verzicht auf einige Düsen und einer Steuerungstechnik könne man sicher die Kosten von ursprünglich 110.000 Euro brutto um 25.000 Euro oder vielleicht noch etwas mehr reduzieren. “Vielleicht” sei das dann noch in dem genannten Finanzrahmen machbar, vermied Hardt aber eine eindeutige Aussage. Was die Kosten für die technische Wartung dieser Anlage betrifft, gab er eine Spanne von 1000 bis 3000 Euro pro Jahr an.
Hintergrund der Vertagung der Entscheidung waren dann Äußerungen des Kevelaerer Stadtplaners Franz Heckens, der von der Bereisung verschiedener Kevelaerer Spielplätze durch die Spielplatzkommission berichtet hatte. Dort sei vom Tiefbauamt die Aussage getätigt worden, dass das Versetzen der Spielgeräte nicht so einfach sei, die Kletterspinne dort schon Abnutzungserscheinungen aufweise und man da in absehbarer Zeit „drangehen“ müsse. “Versetzen würde sich nicht lohnen”, sei dort der Tenor gewesen, so Heckens. “Wie es mit den Holzspielgeräten sein würde, ist nicht thematisiert worden, aber auch da kann man sich vorstellen, dass der Ab- und Aufbau nicht zur Stabilität beiträgt”, führte der Stadtplaner weiter aus.
Ob man da nicht bei weiteren Kosten in einen Bereich komme, der mit den veranschlagten 320.000 Euro nicht finanzierbar sei – und ob man bei der Erneuerung nicht etwas Generationsübergreifendes schaffen könne, fragte Mario Maaßen (CDU). “Wir wollen eine Spielelandschaft, die dem Ganzen würdig ist”, so sein Plädoyer für einen erhöhten Aufenthaltscharakter.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Horst Blumenkemper empfand es als “traurig, dass ich davon jetzt erst hier Kenntnis nehmen kann.” Das sei eine Situation, “die wir spontan eventuell berücksichtigen müssen und auf die wir uns nicht einstellen konnten”. Wenn die Spielgeräte marode seien, werfe das die Frage auf, “ob wir für andere Dinge am Spielplatz noch Geld haben”. Wenn der Platz so nicht finanzierbar sei, habe man ein großes Problem. “Ich fühle mich da ein klein wenig überfahren.” Man sei davon ausgegangen, “dass wir der vorgelegten Planung so zustimmen können, sich dieses Wasserspiel in der beabsichtigten Form realisieren lassen könnte”. Schließlich gehe es darum, dass der Platz inmitten der Stadt liegt und “tatsächlich etwas hermachen soll in Verbindung mit dem Museum Richtung Forum Pax Christi, wo es auch Veränderungen geben wird”. Da habe man zuletzt auch die Vorstellung geäußert, mit Sponsoring zu arbeiten, damit diese Vorstellungen finanziell zu verwirklichen sind.
Für die Umsetzung der Spinne sei die Summe von 15.000 Euro genannt worden, sagte Karl Renard (KBV). Andere Spielgeräte für Senioren seien begrüßt worden, weil die auch von Kindern genutzt würden. Für die KBV präferierte Heinz-Josef van Aaken die Planungsvariante 1a, weil dann auch Mütter mit Kinderwagen, Ältere mit Rollatoren und Rollstühlen die Fläche befahren können. “Das ist mit der abgespeckten Fläche mit Rasen nicht möglich.”
Dass es offene Punkte gebe, sei im Grundsatz kein Problem für einen Förderantrag, so Stadtplaner Hardt. Wichtig sei nur, dieses im Antrag deutlich zu machen und zum Ausdruck zu bringen, dass man an der Stelle nicht wisse, ob man mit den Kosten hinkomme. “Das ist der Gegenstand von Anträgen – ob nun Spielgeräte oder Wasserspiel, da wird sich der Geldgeber nicht zieren”, so seine Auffassung. Stadtplaner Heckens machte deutlich, dass ein Antrag bis zum 9. Dezember und damit eine Realisierung des Mechelner Platzes 2017 schwer möglich sei, wenn nicht in den nächsten vierzehn Tagen ein Beschluss getroffen werde. Ein Förderantrag sein dann erst wieder in 2017 für 2018 möglich, “was fördertechnisch kein Problem” sei und bautechnisch als isolierte Maßnahme auch nicht vorgezogen werden müsse. “Man muss nur überlegen, ob man die Verzögerung nach außen hin vertreten kann.” (aflo)

Den Weg für die neue Hauptstraße freigemacht

Ein wenig wirkt das Projekt wie eine frisch bezogene, aber noch nicht renovierte Altbauwohnung: Ob man den Kevelaerern mit einer Probepflasterung auf der Hauptstraße wirklich einen „roten Teppich“ für die Umgestaltung ausrollt, mag vorerst noch dahingestellt bleiben. Jedenfalls soll es eine solche Probe geben – und wo die Möbel und Pflanzen hinkommen, steht auch noch nicht fest. Wolfgang Röhr (Bündnis 90/Die Grünen) nahm das zum Anlass, nach der Enthaltsamkeit seiner Fraktion in der Sondersitzung des Stadtentwicklungsausschusses (siehe gesonderten Bericht) im Rat noch ein wenig in Richtung „schöner shoppen“ zu gehen: „Nahezu alle“ grünen Ratsmitglieder würden den tags zuvor noch abgespeckten Plänen für die Hauptstraße zustimmen, kündigte er an. Aber der Verzicht auf Fahrradstellplätze sei „nicht sinnvoll“. Was als nächstes komme, fragte er sich und die anderen Ratsmitglieder am Donnerstagabend im Laufe einer insgesamt rund vierstündigen Sitzung: „Kein Baum, keine Bank, keine Lampe, kein Abfalleimer vor meinem Laden?“ Politik und Planer dürften nicht allen Anforderungen nachgeben, er jedenfalls werde die nun vereinbarten zehn Bäume „nachzählen“, kündigte er an.
Diese Arbeit will ihm der Bürgermeister wohl gerne abnehmen: „Irgendeiner wird’s abbekommen“, sagte Dominik Pichler und machte deutlich, dass er die Ratsbeschlüsse „umsetzen muss“ und die Eigentümer sich nicht nach dem „St.-Florians-Prinzip“ aus der Verantwortung stehlen könnten. Zuvor hatte er auf eine allgemeine Nachfrage zur Stadtkernerneuerung mit den Worten: „wir haben nicht die Absicht, die Innenstadt so zu verändern, dass vom historischen Ortskern nichts mehr da ist“, auf die Ziele des seiner Auffassung nach „in Grundzügen vorhandenen“ Masterplans verwiesen.
Letzterer fehlt nach Auffassung der FDP ebenso wie ein Gestaltungsbeirat, weshalb Wilhelm Gerats für seine Fraktion die Forderung wiederholte, die Maßnahme um ein Jahr zu verschieben.
Ganz anders sieht das die SPD: In den „letzten 20 Jahren“ sei „viel zerredet“ worden, sagte Heinz Ermers, der sich freut, „dass endlich was geschieht“ und diese Aussage mit einem Dank an die Verwaltung verknüpfte, die „Großartiges geleistet“ habe. Auch Horst Blumenkemper bekräftigte: „Wir wollen das Projekt und wir wollen es jetzt.“
Dafür legten die Ratsmitglieder am Donnerstagabend den Grundstein: Bei zwei Gegenstimmen der FDP beschloss der Rat mehrheitlich, den Förderantrag für den Umbau der Hauptstraße zu stellen. Michael Nicolas

Kevelaer beteiligt sich am Projekt „NRW hält zusammen“

Armut und soziale Ausgrenzung sind für viele Menschen zum Alltag geworden. Das beeinträchtigt nicht nur das Leben der Einzelnen, sondern auch den sozialen Frieden und die Demokratie in unserem Land. Aus diesem Grund beteiligt sich die Stadt Kevelaer, unter der Federführung von Vanessa Freienstein, an dem Projekt „NRW hält zusammen“, dessen Auftaktveranstaltung im Konzert- und Bühnenhaus stattfand. 65 Interessierte aus Kindergärten, Schulen, Vereinen und aus den Parteien konnte Bürgermeister Dominik Pichler und Stadtdezernent Marc Buchholz begrüßen.
Als einzige Stadt im Kreis Kleve und als eine von 57 Kommunen in NRW kann Kevelaer die Möglichkeit nutzen, sozialraumbezogene Daten zu erheben. 80 Prozent der Kosten übernimmt das Land. Das Ergebnis kann dann als Grundlage für eine künftige, fachübergreifende Stadt- und Sozialraumplanung dienen.
Obwohl es auf den ersten Blick nicht so erscheint, auch Kevelaer ist eine Stadt mit zwei Gesichtern. Wirtschaft und Arbeitsmarkt haben sich positiv entwickelt. Mit einer Arbeitslosenquote von nur sechs Prozent steht Kevelaer im Vergleich zu den anderen Städten im Kreis bestens da. Vielen Menschen geht es gut. Sie können sich und ihren Kindern einen guten Lebensstandard bieten. Sie können sich am sozialen Leben beteiligen und sind anerkannte Mitglieder unserer Gesellschaft.
Dem gegenüber stehen viele Menschen, an denen die positiven Entwicklungen vorbei gehen. Immer mehr können, weil sie arbeitslos sind, oder auch trotz Arbeit ihren Lebensunterhalt nicht selbst ausreichend finanzieren. Registriert sind in Kevelaer 816 Bedarfsgemeinschaften. Diese Menschen können nicht angemessen teilhaben am gesellschaftlichen Leben. Sie sind sozial ausgegrenzt.
Armut und soziale Ausgrenzung treffen Menschen jeden Alters: Kinder ebenso wie alte Menschen; junge Erwachsene, die gerade in das Berufsleben starten wollen, ebenso wie Menschen mittleren Alters, die bereits Familie haben. „Ich bin Realist, wir werden es nicht schaffen, alle in die Chancengleichheit zu bekommen“, sagt Marc Buchholz. „Aber mit dem Projekt „NRW hält zusammen“ werden wir in unserer Stadt Armut und Ausgrenzung zielgerichteter bekämpfen können.“
Freienstein stellte den Anwesenden das Projekt vor, das als Grundlage die Erhebung von Daten durch Fragebögen vorsieht. Sie werden über Kindergärten, Schulen und Ämter an die Familien verteilt und beinhalten Fragen zur Familie, zur Wohnumgebung, Kinderbetreuung, Freizeitgestaltung oder Haushaltseinkommen.
Eine strikte Anonymität wird gewahrt. Durch eine Verlosungsaktion (10 x 50 Euro) soll die Rücklaufquote erhöht werden. Im Anschluss werden die Fragebögen ausgewertet und mit bestehenden Datensätzen ergänzt. Sozialraum-Konferenzen werden durchgeführt, bei denen „Experten“ (das können auch Betroffene selber sein), Politik und Verwaltung sowie Träger und Einrichtungen in Austausch und Diskussion weitere Ideen entwickeln können. Dabei sollen ebenfalls erste Lösungsansätze entstehen und mögliche Maßnahmenschritte geplant und eingeleitet werden. Als Ergebnis soll in einer „Zukunfts-Werkstatt“ allen Beteiligten und der Öffentlichkeit eine projektabschließende Studie präsentiert werden.
Die Anwesenden hatten noch die Möglichkeit, ihre Gedanken zu Armut, Ausgrenzung und Teilhabe zu definieren und Anregungen für den Verlauf des Projektes zu geben.
Mit dem Projekt will Kevelaer soziale Lebensräume in der Stadt mit überdurchschnittlichen Ressourcen ausstatten. Die Lebenslagen der Menschen sollen verbessert werden, damit gegen Armut und soziale Ausgrenzung vorgegangen werden kann.
Auch wenn keine finanzielle Unterstützung durch das Land in Anschlusskonzepten vorgesehen ist, so sieht Buchholz gute Möglichkeiten, auf Grundlage der Erhebung und Auswertungsarbeit, gezielt bei kommenden Programmen erfolgreich Anträge stellen und begründen zu können. (jvdh)

Kritik von Anwohnern und Behinderten

„Schade, dass wir das nicht mehr ändern können“, meinte einer der rund 60 anwesenden Bürger, die sich von Helmut Hardt von der „Stadtumbau Ingenieursgesellschaft“ die Pläne für den Mechelner Platz erläutern ließen. Vergangene Woche hatte die Stadt Kevelaer zu einer Bürgerversammlung über die Innenstadtgestaltung geladen. Im Zentrum standen die Neugestaltung von Mechelner Platz und Hauptstraße.
Zunächst entschuldigte sich Bürgermeister Dominik Pichler dafür, dass der Termin in die Herbstferien lag und die Debatten um Mechelner Platz und Hauptstraße nicht an zwei separaten Terminen, sondern gestaffelt an diesem Abend stattfanden. „Das ist dem engen Korsett geschuldet“, verwies er auf die eine Woche später folgende Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses. Früher jedoch war die Ausarbeitung durch Planer Helmut Hardt nicht abgeschlossen, und Pichler erklärte, ihm sei wichtig gewesen, dass die Entwürfe den Bürgern vollständig vorliegen. „Kritik ist nicht verboten“, machte der Bürgermeister dann deutlich. Von dieser Anregung machten die Bürger im Verlauf des Abends reichlich Gebrauch.
Hardt stellte das „Trichtermodell“ für den Mechelner Platz als Grundstruktur zur Neugestaltung des Museumsvorplatzes mit ebenen Betonplatten und Klinkerpflaster vor. Ergänzend zeigte er die Variante mit weniger gepflasterten Flächen und einer Rasenfläche im mittleren Dreieck des Trichters auf.
Vorgesehen sind auch eine Anlieferung von Museumsobjekten per Lkw, eine Verbindung zum Forum Pax Christi und das mögliche Anlegen von Skulpturen und eines „Wasserspiels“ am Vorplatz. Ein solches Wasserspiel würde aber an die 110 000 Euro kosten, das Geld dafür müsste aus anderen Quellen kommen.
Dazu kommen eine großzügige Spielfläche, in der die „alten“ Gerätschaften wie Kletterspinne und -turm verbleiben sollen, und mehreren Sitzgelegenheiten in einem grundsätzlich verkehrsfreien Raum mit erschwertem Zugang für Radfahrer. Die Kosten sollen brutto zwischen 275 000 und 320 000 Euro betragen.
Die Tendenz der meisten Bürger ging beim Trichter in Richtung mehr Grünfläche, die allerdings grundsätzlich besser als in der Vergangenheit gepflegt werden sollte. Verena Eifert, Mitglied der Selbsthilfegruppe „Pro Retina Deutschland“, verwies als Sehbehinderte darauf, dass es viel zu wenige Farbkontraste und keine Leitlinien gebe, an denen man sich orientieren könne. Darauf müsse man bei der Materialwahl in der Ausführungsplanung schauen, meinte Planer Hardt dazu.
Die beiden Sprecher der Bürgerinitiative Mechelner Platz, Lutz Apel und Georg Hensen, wiesen auf eine mögliche Bebauung am Rand des Platzes hin, gegen die sie sich vor zwei Jahren bereits vehement zur Wehr gesetzt hatten. Sie kritisierten, nicht in die Planungen im Vorfeld mit einbezogen worden zu sein. Und sie sahen keine Aufwertung des Spielplatzes, wenn es keine neuen Spielgeräte und kein Wasserspiel gebe. An den Kosten für das Wasserspiel würde man sich beteiligen.
In Sachen Wasserspiel gab es Unterstützung durch Bürgermeister Dominik Pichler: „Meine Kinder selbst finden Wasser toll – ich werde an den Ausschuss und den Rat appellieren, es zu realisieren. Das wäre eine Aufwertung“, so seine klare Aussage.
Danach wurde die Entwurfsplanung für die Hauptstraße diskutiert, wonach die Straße – farblich überwiegend in Rot oder Rotbraun gehalten – klar in drei Bereiche gegliedert werden soll. In der Mitte soll es die Bewegungsfläche für Pilger, Passanten, Anlieferung und Rettungswagen geben. An den Seiten sollen die Außengastronomie und die Warenauslagen stehen, gegliedert mit Hilfe heller Rinnen mit Betonstein und kleiner Kante.
Alle wollen Bäume, aber nicht vor ihrem Geschäft
Dazu sind Bänken, fünf Baumpaare, Bodenornamente und über den Pilgerweg hängende Fahnen sowie neue LED-Leuchten, zentrale und dezentrale Radstellplätze für geordnetes Fahrradparken und an den Einmündungen vier große Gelenkpunkte vorgesehen. Die Kosten für den Umbau sollen sich auf 860 000 bis 950 000 Euro belaufen.
Hardt stellte von sich aus klar, dass es hinsichtlich der Bäume viele Rückmeldungen gegeben habe nach dem Motto: „Bäume ja, aber nicht bei mir.“ Die Platzierung werde nicht einfach werden, aber man werde auf ein durchgängiges Bild achten. „Das wird uns begleiten“, so seine Überzeugung.
Es werde zur Konzeptplanung ein Beschluss mit zehn Bäumen in fünf Zweierreihen geben, aber natürlich nicht mit zentimetergenauer Ausführung, unterstrich Kevelaers Stadtplaner Franz Heckens.
„Dazu wird es noch eine Anwohnerversammlung geben und Treffen im Einzelfall vor Ort, so dass da ein gewisser Spielraum ist, aber ohne das Konzept komplett auf den Kopf zu stellen“ oder konträr zu den Beschlüssen zu handeln. Ein Anwohner machte noch den Vorschlag, die Bäume zwischen den Geschäften zu platzieren. „Das ist ein denkbares Modell“ meinte Hardt. Fünf Zweiergruppen sollten es aber in jedem Fall bleiben.
„Retina“-Vertreterin Verena Eifert bezeichnete die vorgesehen Rippenplatten inmitten der Straße als sinnlos, da sie ohne Farbkontrast keine Orientierung böten und die zweite Leitlinie Richtung Gebäude Menschen mit Stock in die Irre führte. Die äußeren Kanten wären für die Betroffenen spürbar, die Rippenplatten eine sinnvolle Ergänzung, entgegnete Hardt.
Einige Bürger äußerten im Zusammenhang mit der Strukturierung der Straße, dass dies eine Uniformisierung der Innenstadt und dem Verlust an Flair führen könnte. Heftige Kritik gab es auch an den Standorten der geplanten Fahrradstellplätze.
„Radständer mit 7,60 Meter und eine Bank bei uns, das geht gar nicht“ verwies Gabriela Thoenissen von der Hauptstraße 29 darauf, dass sie neben dem Museum das einzige historische Gebäude mit Blenden besäße. „Die ältesten und schönsten Häuser sollen mit Radstationen zumöbliert werden“, so ihr Einwurf. Nicht nur sie schlug vor, dass man auch am Ende der Hauptstraße Ständer errichten könnte.
Man werde nicht verbieten können, dass Radfahrer vor „ihr“ Geschäft fahren wollten, so Hardt. Es gebe eben zwei Plätze, wo das Thema freie Schaufenster nicht zur Debatte stehe. Man benötige ein geordnetes Parken, so seine Grundlinie. „Ein Bügelständer ist kein Makel“, so seine Einlassung.
Das Ganze gehe aber noch in die politische Beratung und bleibe der Ausführungsverordnung vorbehalten. An der Positionierung, so Hardts Fazit der Diskussion, „müssen wir wohl noch arbeiten, wie ich heute gesehen habe.“
Am Ende bedankte sich Bürgermeister Dominik Pichler für eine „engagierte und teilweise kontroverse“ Diskussion. Welche Anregungen bei der Sondersitzung des Stadtentwicklungsausschusses am Mittwoch, 26. Oktober, und in der Ratssitzung am Donnerstag, 27. Oktober, aufgenommen wurden, darüber berichtet das KB zeitnah im Anschluss.

Brief der „Bürger“ an ihren „Meister“

Die Geschichte des zweiten Bauabschnitts der Kevelaerer Ortsumgehung OW1 wird immer mehr zur unendlichen Geschichte. In einer Serie im Kevelaerer Blatt berichtet die Interessengemeinschaft pro OW1 von ihrem langen Kampf gegen Lärm und Abgase. Heute: Teil 3.
Brief der BÜRGER der pro OW1 an ihren MEISTER
„Zu Beginn, liebe Kevelaerer, müssen wir erklären, warum wir diesen ungewöhnlichen Weg der Kommunikation mit Herrn Dr. Pichler wählen: Mehrere unserer Briefe, in denen wir ihn zu Gesprächen einluden, ließ er unbeantwortet. Eisige Stille aus dem Bürgermeisteramt. Über die Gründe hierfür kann man nur spekulieren. Nun haben wir allerdings seit kurzer Zeit auch eine Facebook-Seite und hier wurde von uns am 8.10. folgender Text veröffentlicht (Auszug):
„Überhaupt kommt es uns oft so vor, als ob wir hier in der Rheinstraße Bürger zweiter Klasse wären. Das EIGENTLICHE Kevelaer, das die kommunale Politik und Verwaltung interessiert, endet an der Bahnschranke. Mal gut, dass man uns nicht das Wahlrecht entziehen kann…“
Dies brachte uns doch tatsächlich einen Kommentar von ihm ein, nämlich: „?“ – Was auch immer das heißen soll, hier kommt unsere Antwort.
Sehr geehrter Herr Dr. Pichler, da es Ihnen unverständlich erscheint, dass wir Mitglieder der pro OW1 uns als Bürger zweiter Wahl fühlen, möchten wir Ihnen diesen Umstand im Folgenden erläutern.
Da ist zum einen Ihr oben dargelegtes Verhalten. Sie engagieren sich seit ihrer Amtseinführung für alle Bevölkerungsgruppen, haben jeden Kindergarten besucht und sind mit Vertretern der Kevelaerer Geschäftswelt zu einem Gespräch ins Wirtschaftsministerium nach Düsseldorf gefahren, um eine weitere Öffnung an Sonntagen für sie durchzusetzen. So wünscht man sich einen Bürgermeister! Die pro OW1 wurde dagegen ignoriert. War Ihnen die mise­rable Infrastruktur Kevelaers zu dieser Zeit denn noch nicht aufgefallen, die in der Anlage 1 zur Beschlussvorlage 106-2016 so treffend beschrieben wird:
„Die Innenstadt leidet aufgrund des nach wie vor fehlenden zweiten Teilstücks der Umgehungsstraße (L486n) und dem damit verbundenen Durchgangsverkehr sowie dem hohen Aufkommen an Bussen und Individualpilgern unter dem hohen Verkehrsaufkommen.“? (Zur allgemeinen Information: Kevelaer möchte in die Arbeitsgemeinschaft historischer Stadt- und Ortskerne NRW aufgenommen werden. Der Rat beschließt am 27.10. über den Antrag. Das oben genannte Zitat entstammt der Beschlussvorlage.) Warum, warum nur meiden Sie uns, statt mit uns am selben Strang zu ziehen? Oh Moment, wie konnten wir es vergessen: Einen Tag, nachdem wir die kommunale Politik in diesem Blatt um Unterstützung baten, konnte man lesen, dass Sie einen Brief an Herrn Groschek geschrieben haben. Sein Inhalt scheint sich ja immerhin zu hundert Prozent mit unseren Forderungen zu decken…
Nun kommen wir zum zweiten Punkt, der uns wieder einmal das Gefühl gibt, die Underdogs von Kevelaer zu sein (wir beschränken uns hier auf diese Punkte, um Ihre Geduld nicht überzustrapazieren). Oben erwähnte Beschlussvorlage ist auch in anderer Hinsicht interessant. Ihr Autor, Herr Holla, muss u.a. auch die Schwächen der Stadt aufführen und es heißt:
„Schwächen:

  • Ortseingang Ost: Bahnstraße / Dondertstraße / Wettener Straße
  • Ortseingang Nord: Amsterdamer Straße
  • Umsetzungsdefizite bei Fassaden, Möblierung, Sonnenschutz“

Ortseingang Ost: Bahnstraße. Kevelaer endet also doch an der Bahnschranke. Herr Dr. Pichler, eindeutiger geht es doch nicht mehr. Soll das heißen, was auf der Rheinstraße passiert, hätte keine Auswirkungen auf die Innenstadt? Das wäre ein Widerspruch zu oben.
Falls Sie in Ihrem Leben noch nie zur Autobahn gefahren sind, will ich Ihnen hier schildern, was sich auf dieser Straße alles abspielt: An Wochentagen fahren hier ca. 800 schwere LKW (Stand 2012) (und wir haben gehört, dass neue Gewerbegebiete erschlossen werden), landwirtschaftliche Maschinen (oft sehr groß und sehr breit), Individual-Verkehr in die Innenstadt, zu Irrland, nach Weeze, zu den Supermärkten, zu den Haushalten, viele kleinere LKW, Motorräder und: reichlich Radfahrer, die trotz Herrn Hollas „erstklassiger Ausschilderung“ den Radweg nicht gefunden haben. Am Wochenende in der Pilgersaison kommen noch die großen Fuß- und Radwallfahrergruppen dazu, die ebenfalls die Straße benutzen.
Dann gibt es noch den Bürgersteig bei den ungeraden Hausnummern, maximal 2.15 m(!) breit. Er ist der ausgewiesene Radweg, auf dem u.a. die zahlreichen Radfahrer aus Winnekendonk unterwegs sind (die wissen, wo es lang geht). Normale Anwohner möchten auch mal vor die Tür treten, aber da sind auch die Fußgruppen aus der Jugendherberge, oft in Klassenstärke, ebenfalls auf diesem schmalen Streifen unterwegs. Der helle Wahnsinn!
Gut, dass es nie Unfälle auf der Rheinstraße gibt, oder hätten Sie dergleichen irgendwann dem Polizeibericht in der Zeitung entnommen? Und doch gibt es sie, zahlreich und mit Personenschaden.
Sie sehen also: Es ist voll hier, laut, dreckig, es stinkt. Aber unser Bürgermeister antwortet uns nicht. War diese Antwort auf Ihr „?“ deutlich genug? Sie können mit uns ja zu Frau Regierungspräsidentin Lütkes oder zum Verkehrsminister fahren, um positiven Einfluss auf die Verabschiedung des Planfeststellungsverfahrens zu nehmen. Wenn Sie allerdings befürchten, dass Ihre grüne Koalitionspartnerin dem Vorhaben nicht günstig gesonnen sein sollte, können Sie ja eine Tüte von dem schwarzen Zeugs mitnehmen, das wir schon nach zwei Tagen Parken an dieser Straße von der Windschutzscheibe kratzen können. Überreichen Sie es ihr mit den Worten: „Eine Lunge stand zur Probeentnahme gerade nicht zur Verfügung.“
Mit vorzüglicher Hochachtung
pro OW1

Massive Kritik am Bundesteilhabegesetz

Rund 500 Menschen besuchten die Infoveranstaltung der Lebenshilfen Dinslaken, Gelderland, Kleverland und Unterer Niederrhein zum Bundesteilhabegesetz. Im Konzert- und Bühnenhaus Kevelaer zeigte sich, dass viele Menschen mit Handicap und ihre Familien sehr besorgt sind über die geplanten Reformen. Die Veränderungen drohen, die Lebenssituation von Menschen mit geistigem Handicap massiv zu verschlechtern. Dagegen stemmen sich die vier Lebenshilfen, die gemeinsam dafür kämpfen, dass Betroffene mit kognitiver Beeinträchtigung nicht die Verlierer der Reform sind.
Das Thema Bundesteilhabegesetz und die drohenden Folgen für die Betroffenen brennen den Menschen unter den Nägeln. Welche Auswirkungen können die geplanten Änderungen für Menschen mit Handicap haben? Welche Lebensbereiche sind betroffen? Und: Wie können sich Betroffene, ihre Familien und interessierte Bürger gegen die drohende Verschlechterung der Lebenssituation wehren und für ein fortschrittliches Bundesteilhabegesetz kämpfen?
Fragen wie diese diskutierten rund 500 Besucher mit und ohne Handicap. Als Experten nahmen auf dem Podium Vertreter der vier Lebenshilfen Platz: Margot Stieler (Vorstandsvorsitzende Lebenshilfe Dinslaken), Meinhard Reichelt (Geschäftsführer Lebenshilfe Dinslaken), Adelheid Ackermann (Vorstandsvorsitzende Lebenshilfe Gelderland), Günter Voß (Geschäftsführer Lebenshilfe Gelderland), Edith Schmit (stellvertretende Vorstandsvorsitzende Lebenshilfe Kleverland), Hermann Emmers (Geschäftsführer Lebenshilfe Kleverland), Werner Esser (Vorstandsvorsitzender Lebenshilfe Unterer Niederrhein) und Verena Birnbacher (Geschäftsführerin Lebenshilfe Unterer Niederrhein).
Aus verschiedenen Blickwinkeln stellten die Experten die geplanten Reformen, deren Folgen und ihre Forderungen an den Gesetzgeber vor. So setzen sich die vier Lebenshilfen dafür ein, dass Menschen mit geistiger Beeinträchtigung auch weiterhin Leistungen aus der Eingliederungshilfe zustehen. Denn laut dem neuen Gesetz müsste ein Mensch in mindestens fünf von neun Lebensbereichen wie Arbeit, Selbstversorgung oder Gemeinschaftsleben Unterstützungsbedarf nachweisen, um noch Leistungen in Anspruch nehmen zu können. Die Folge wäre, dass Menschen, die die Mindestkriterien nicht erfüllen, ihren Alltag kaum oder gar nicht mehr bewältigen könnten und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verlören.
Im Bereich der Arbeit fordern die Lebenshilfen, dass alle Menschen auch mit hohem Unterstützungsbedarf in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) arbeiten können. Dieses Modell kommt in Deutschland zurzeit nur in NRW zur Anwendung. Im Wettbewerb mit alternativen Anbietern kämpfen die Lebenshilfen überdies dafür, dass für deren Werkstätten dieselben Standards etwa bei Personalschlüssel, Raumgrößen und individueller Förderung gelten. Dies ist nicht der Fall. Es ist aus Sicht der Lebenshilfen aber erforderlich, damit für Menschen mit Handicap in allen Werkstätten bestmögliche und gerechte Arbeitsverhältnisse angeboten werden können.
Die Veranstaltungen in Kevelaer besuchten auch viele Mitglieder der Selbstvertretungsgremien innerhalb der Lebenshilfen. Bei den Betroffenen war die Verunsicherung angesichts der drohenden Veränderung spürbar groß. Sehr anschaulich schilderten sie ihre Ängste und äußerten ihre Forderungen nach einem fortschrittlichen Bundesteilhabegesetz. Der Abend endete nach vielen besorgten Fragen und interessanten Diskussionen mit einem offensiven Appell von Günter Voß, dem Geschäftsführer der Lebenshilfe Gelderland: „Wir leisten weiter Aufklärung und kämpfen alle gemeinsam gegen die massiven Verschlechterungen, die der derzeitige Gesetzentwurf bringt!“
In den kommenden Wochen und Monaten planen die vier Lebenshilfen weitere Aktionen, um auf die drohenden Missstände aufmerksam zu machen.