Özcan Cosar in Kevelaer unter‘m Dach

In Kleve füllte er mühelos die Stadthalle, in Kevelaer zumindest das Oberstübchen der Öffentlichen Begegnungsstätte. In der Reihe „Kabarett unter‘m Dach“ durften die Kleinkunstfans der Marienstadt mit Özcan Cosar einen Comedian begrüßen, der nicht so recht in die Rasterfahndung nach einem Vorzeige-Türken passt. Denn dazu ist er viel zu vielseitig. Der Einwanderer-Sohn wurde in Stuttgart geboren und kann einiges zwischen Bosporus und Neckar Gelegene im breiten Dialekt aufsagen und manches gar in überspitzter Dialektik aufzeigen.
Das beginnt im Innersten, wo er beispielsweise in einem sensationellen Seitenhieb an türkischen Körperöffnungen in bester Türsteher-Manier Bakterien kontrolliert, geht über das erste Outing als Türke im Kindergarten und reicht bis zum vorläufigen Höhepunkt, dem Realschulabschluss. Damit ist er ganz weit vorne, seine Kumpels raten ihm, eine Lehre zum Rechtsanwalt zu machen oder gleich zum Richter, „der f…t den Rechtsanwalt.“ Klar, dass so einer für deutsche Gangster-Rapper nur ein müdes Lächeln übrig hat. Aber auch die kann er: Die nennen sich dann „Haftbefehl“ und sagen Sachen wie: „Ey, ich leb‘ noch bei meinen Eltern, aber ist hart, Mann.“ Er wolle dann immer fragen: „Und dein kleiner Bruder heißt ,Strafzettel‘, oder was?“
Das bleibt nicht der einzige „Kulturaustausch“, den er in rund anderthalb Stunden Progra1mm raushaut. Er berichtet von Phantomschmerzen nach der Beschneidung und lässt sich 24 Stunden in Sauerkraut einlegen, um die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen. Er wird Zahnarzthelferin („Ich war der einzige Mann auf der Schule“), schwäbelt sich als Herbert und Hannelore herrlich spießig in die Lachmuskeln und hängt sich mit einfachen Sätzen an die Herzen der Zuschauer („Wir haben auch Angst vor diesen Monstern“, sagt er zum Beispiel zum Thema islamistische Attentäter). Überhaupt: Religionen seien wie Betriebssysteme beim Computer und die Menschen eben Windows-Anhänger oder Apple-Jünger. Ein kleiner Satz in einer Marienstadt. Aber ein großer für die Welt, in der wir leben.