„Neue Wege in Sachen Wirtschaftsförderung will die CDU-Fraktion in Kevelaer gehen“, verkündet Fraktionspressesprecher Hubert van Meegen in einer aktuellen Pressemitteilung. „Sie möchte eine ausgelagerte Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit beschränkter Haftung (WFG) als eigenständiges Unternehmen installieren, das nach Auffassung der CDU Handlungsspielräume besser ausnutzen kann.“

„Im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Haushalt 2024 wurde diese Idee diskutiert und von der Fraktion einstimmig beschlossen“, so der CDU-Fraktionsvorsitzende Mario Maaßen. Einziger Gesellschafter soll die Wallfahrtsstadt Kevelaer sein und von einem Aufsichtsrat kontrolliert werden. Die Geschäftsführung soll idealerweise nach Auffassung der CDU durch die bisherige Wirtschaftsförderin Verena Rohde übernommen werden. Sie soll auch ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der bisherigen Abteilung mitnehmen können. Die CDU verspricht sich davon mehr gestalterische Freiräume für die handelnden Personen. In der Vergangenheit sei nämlich der Ausbau einer wirtschaftsnahen Infrastruktur in Kevelaer stark vernachlässigt worden.

Die WFG soll als Bindeglied zwischen Wirtschaft, Politik und Verwaltung fungieren und braucht neben der entsprechenden Fachkompetenz auch funktionelle Strukturen und entsprechende finanzielle Ressourcen sowie Vertrauen und genügend freien Handlungsspielraum, um wirtschaftsorientiert und strategisch agieren zu können. „Für uns als CDU ist die wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt ein zentraler Punkt, bei der im Standortmarketing innerstädtisches Gewerbe und die Betriebe in den Misch- und Gewerbegebieten gleichberechtigt nebeneinanderstehen“, so Maaßen weiter. Auch die künftige Entwicklung Kevelaers als Kurstadt bedürfe einer besonders intensiven Betreuung.

Die WFG solle gewährleisten, dass die derzeitige Stabsstelle Wirtschaftsförderung – analog zu früheren Strukturen um den Bereich Tourismus und Kultur erweitert – in der jetzigen Form die Fülle der ihr gestellten Aufgaben adäquat erfüllen kann. „Die bisher schon im Haushalt dafür bereit gestellten Mittel von mehr als 750.000 € dürften für die Erfüllung der Aufgaben der WFG ausreichend sein“, meint die CDU. Ideen, wie die WFG zudem künftig aus verschiedenen Bereichen eigene Einnahmen erzielen könne, habe die CDU auch schon, „z. B. durch Vermittlung von Gewerbeflächen und Sponsoring, aber auch als Betreiberin eines Parkhauses“.

Der Stadtrat muss über einen entsprechenden CDU-Antrag entscheiden.“

Koordinator, Kümmerer und Krisenmanager gesucht

In dem auf Ende November datierten Antrag der CDU-Fraktion heißt es zur Begründung unter anderem, sie umfasse in Kevelaer „neben der klassischen Wirtschaftsförderung für die ansässigen Betriebe und Branchen und die Akquisition neuer Unternehmen auch die Stadtentwicklung – mit besonderem Blick auf eine Innenstadtförderung unter Berücksichtigung der gewachsenen Wallfahrtsstrukturen – und die Tourismusförderung. Hinzu kommen in naher Zukunft die Entwicklung und Steuerung einer „Kurstadt Kevelaer“, in der der medizinische Sektor wirtschaftlich an Bedeutung gewinnen wird. (…) Die Wirtschaftsförderung ist hier wie in den anderen genannten Bereichen Koordinator, Kümmerer und Krisenmanager gleichermaßen.

Alle diese Aufgabenbereiche adäquat zu bearbeiten und damit die Grundlagen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu sichern und konsequent weiterzuentwickeln, ist eine Mammutaufgabe. Wer sie in der Wallfahrtsstadt Kevelaer als Bindeglied zwischen Wirtschaft, Politik und Verwaltung erfüllen will, braucht neben der entsprechenden Fachkompetenz und Arbeitskraft auch funktionelle Strukturen und entsprechende finanzielle Ressourcen sowie Vertrauen und genügend freien Handlungsspielraum, um wirtschaftsorientiert und strategisch agieren zu können.“

Gleichzeitig spricht sich die CDU in ihrem Antrag für uneingeschränktes Wachstum aus: „Für uns als CDU ist eine wirtschaftliche Entwicklung, bei der im Standortmarketing innerstädtisches Gewerbe und die Betriebe in den Misch- und Gewerbegebieten gleichberechtigt nebeneinanderstehen, ein zentraler Punkt. Es lässt sich nicht leugnen, dass der Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur in Kevelaer über Jahre stark vernachlässigt wurde. Ein Vorrat an Gewerbegrundstücken für wachsende Bestandsunternehmen oder Neuansiedlungen existiert nicht, die realen Zuständigkeitsstrukturen und Abläufe in Kevelaer sind für Außenstehende oft schwer nachvollziehbar und die Reaktionszeit ist zu lang. So ist in der Vergangenheit manches interessante Projekt im Sande verlaufen. Nachbarkommunen laufen uns hier eindeutig den Rang ab“, erklären die Christdemokraten in der Begründung ihres Antrages und stellen fest: „Die derzeitige Stabsstelle Wirtschaftsförderung – analog zu früheren Strukturen um den Bereich Tourismus und Kultur erweitert – kann in der jetzigen Form die Fülle der ihr gestellten Aufgaben nicht adäquat erfüllen.“

Die WfG Kevelaer und ihre Geschichte vom KB – Redakteur Michael Nicolas

Ganz so neu sind die Wege einer WFG für Kevelaer nicht, wie die Kevelaerer Christdemokraten wissen dürften:
Zwischen 1988 und 2013 gab es bereits eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Sie war aus der Debatte um Umbau und Bewirtschaftung des Bühnenhauses entstanden. Maßgebliche Antreiber waren damals Stadtdirektor Heinz Paal und Hans-Josef Kuypers. Letzterer wurde nach der Gründung erster Geschäftsführer, ihm folgte 2006 Ruth Keuken.

Vor ziemlich genau zehn Jahren war die damalige WfG Kevelaer auf Betreiben des damaligen Stadtoberhauptes Dr. Axel Stibi (CDU) aufgelöst worden – nach dessen Angaben, um allein durch diese Auflösung 80.000 Euro einzusparen. Eine Mehrheit im Stadtrat unter Führung der CDU hatte dies dann im Juli 2013 – gegen den lautstarken Protest der Unternehmervereinigung Kevelaer (UVK) – beschlossen.

Wirtschaftsfördererin Ruth Keuken hatte die WfG kurz zuvor Richtung Kleve verlassen, Bernd Pool die komissarische Leitung bis zur Abwicklung übernommen. Ein neuer Wirtschaftsförderer, direkt „ans Rathaus angebunden“ und unmittelbar dem Bürgermeister unterstellt, sollte her, und wurde mit Hans-Josef Bruns gefunden. Dr. Axel Stibi verlor den Kampf um das Bürgermeisteramt, Bruns agierte unglücklich, beide haben heute keinen Schreibtisch mehr in der Wallfahrtsstadt.