Politik will Weeze erhalten
Eltern, die Vertretung der Pflegschaften, die Leitung der Gesamtschule, Ratsvertreter aus Weeze und Lehrer waren gekommen um zu verfolgen, wie die Kevelaerer Politiker im Schul- und Sportausschuss am vergangenen Dienstag in Sachen Investitionen in den Teilstandort Weeze entscheiden würden. Der Kevelaerer Investitionsanteil läge bei einem positiven Votum bei über 2,33 Millionen Euro. Am Ende stimmte eine Mehrheit aus elf Auschussmitgliedern von CDU, SPD und KBV für Ja, Grüne und FDP mit Nein.
Vor der eigentlichen politischen Debatte erhielten zwei Lehrer, die zwischen den beiden Standorten Weeze und Kevelaer pendeln, die Gelegenheit, ihre Standpunkte in der Frage im Schulausschuss darzustellen. Für die Kritiker aus der Lehrerschaft sprach Tristan Tiedtke. Er wies zunächst darauf hin, dass ein 9:9-Abstimmungsergebnis in der Schulkonferenz kein eindeutiges Votum sei, wie es die Verwaltungsvorlage – die auf dieses Detail verzichtet hatte – darstelle. Die, die es täglich betreffe, hätten sich anders entschieden, sagte Tiedje.
Man halte einen Umbau am Standort Weeze für Zeitverschwendung. „Die Schüler werden trotz Umbau einen schlechteren Status haben als in Kevelaer“, so seine Überzeugung. Es gebe „Kollegen, die immer noch pendeln müssen, und auch die Schüler. Das sind immer die Weezer Schüler, die pendeln müssen.“
Die Schüler versuchten, das Beste aus den Problemen zu machen. Aber Qualität ginge halt unter den Bedingungen nicht, wo „man mit Stammkräften krampfhaft versucht, den Unterricht aufrechtzuerhalten. Wir wollen konkurrenzfähig bleiben“, man könne das so nicht fahren. Dann komme noch die Umstellung auf G 9 .
Auch das Land wolle keine zwei Standorte haben, andere Schulen bewältigten vergleichbare Situationen mit einem Standort. „Und wenn einige Eltern Angst haben, dass der Schwachpunkt Weeze Kevelaer ,überfallen‘ wird – das wird nicht der Fall sein.“ Und: „Wenn wir die Weezer Kinder nach Kevealer holen, verlieren wir einen Zug, aber wir müssen nicht die größte Schule am Niederrhein sein.“ Das sei gar nicht gewünscht.
Ein Großteil des Kollegiums bitte darum, „nicht auf das, was die Partei will oder was in der Zeitung stehe, sondern „auf die Profis, die wissen, wie Schule aussehen soll“, zu hören. Die Politik solle „das moralisch Richtige für Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer tun, um eine zukunftsfähige Schule aufzubauen“.
Die Lehrerin Sonja Johnson machte deutlich, dass sie eine Befürworterin des Teilstandortes der Gesamtschule Kevelaer-Weeze ist. „Ich pendele auch sehr viel hin und her“, gab sie ihren Vormittag wieder, wo sie dreimal hin und her gefahren sei. Sie sei für den Standort, weil die Probleme sonst „nur verlagert“ würden. „Dadurch ändern wir unsere etwas schwierigeren Schüler am Standort Weeze nicht.“ Es wäre da sehr hilfreich, – und da seien schon Signale –, dass da mehr Unterstützung an Sozialpädagogen und Sozialarbeitern an den Standort kommen solle, meinte die Lehrerin für Englisch, Deutsch und Hauswirtschaft.
Die Haltung der Lehrerschaft sei bekannt, schob Bürgermeister Dominik Pichler zwischendurch ein. Aber es gehe darum, alle Aspekte zu hören. Er würde später von einer „ausgewogenen Debatte“ auch in der Politik sprechen. „Man kann jeden Standpunkt mit guten Gründen vertreten.“
Die KBV folgte dem Verwaltungsvorschlag für ein Invest am Teilstandort Weeze – und damit dessen Erhalt. „Das sind sinnvolle und zielführende Investitionen“, unterstrich Paul Verheyen. „Das Pendelverkehrsproblem sei schon bei der Gründung bekannt und vorauszusehen gewesen. Pacta sunt servanda“, äußerte er die Überzeugung, dass es der Schulleitung und der Verwaltung gelingen werde, die Probleme zu lösen.
Angelika Kobsch (CDU) machte deutlich, dass man sich mit dem Weezer Bürgermeister und dem Schulleiter besprochen habe. „Ich glaube, die Entscheidung zur Gründung mit zwei Standorten war richtig, ist richtig und bleibt richtig.“ Die CDU-Fraktion unterstütze vor allem die baulichen Maßnahmen, die den Standort Weeze qualitativ dem Standort Kevelaer annäherten.
Die Gemeinde Weeze mache sich darüber Gedanken, wie sie die eigene Wahrnehmung der Schule verbessern könne und habe sich selbst zu Investitionen durchringen können. Auch sei im Austausch mit dem Weezer Bürgermeister deutlich geworden, dass man personelle Ressourcen bei Schulbegleitung, bei Schulpsychologen und -pädagogen schaffen wolle. Wichtig sei der CDU, dass der Umbau des Teilstandortes Weeze eng mit dem schulpädagogischen Konzept des Gesamtstandortes und nicht des Teilstandortes Weeze verknüpft werde. „Wir wollen über den Kirchturm hinaus denken.“ Ihr sei aber bewusst, dass das sicher „kein Zuckerschlecken für die Lehrer“ sei.
Für die SPD-Fraktion erklärte Irene Vonscheidt, dass sich ihre Partei für das Invest und den Standort ausspreche.
„Wir glauben nicht, dass die Investition zu dem gewünschten Ergebnis führen wird“, machte Jan Itrich für die FDP deutlich. Er sprach von „erschreckenden Missständen“ schulorganisatorischer Art, die von der Schulleitung im letzten Schulausschuss berichtet worden seien und dem „in dem Ausmaß für uns inakzeptablen“ Pendeln in Pausenzeiten. Durch die Investition könne der Standort nicht so aufgewertet werden, dass er zusätzliche Schüler anziehen könne, die jetzt nach Kleve oder Goch gingen. Sinnvoll seien Strukturen nur an einem Standort. Er befürwortete auch eine Rückabwicklungsklausel in dem Beschluss. „Wir sind bereit, am Standort Kevelaer zu investieren. Wir sehen das als grundsätzliche Chance für die Gesamtschule und sollten finanzielle Kräfte zum Wohl der Gesamtschule bündeln.“
Die Schüler seien leicht gestresst, die Lehrer etwas mehr, der Schulleiter habe sich in den letzten vier Jahren auch verändert, schlussfolgerte Elisabeth Fischer für die Grünen, dass die Situation, das Ganze in Haupt- und Teilstandort aufzusplitten, dem Schulstandort Kevelaer nicht gut tue. „ Wir wollen, dass Schüler Butterbrot essen können und nicht gleich nach Weeze pendeln müssen“, so ihre Argumentation.
Ihre Parteikollegin Birgitt Höhn ergänzte, dass man die Einschätzung nicht teile, dass es eine stabile Nachfrage gebe. Der Pendelverkehr sei „für die Schülerinnen und Schüler ein großes Problem“ und lasse sich perspektivisch nicht ändern. Davon seien gerade die inklusiven Kinder betroffen. Und ab dem Sommer gebe es mit der Gesamtschule Geldern eine Konkurrenz, die vielleicht Eltern aus Winnekendonk oder Kervenheim veranlasse, eher dorthin zu gehen.
Schuldezernent Marc Buchholz stellte klar, dass man die Idee der Abfederung der Situation durch Pädagogen am Standort aus der Schulkonferenz mitgenommen hat. Man werde auch die Frage nach Busbegleitern für die Pendelverkehre prüfen.
Das Schulrecht sehe Teilstandorte vor. Man habe damals für Schüler in Kevelaer und Weeze ein Angebot machen wollen. „Die Elternschaft in Weeze interessiert ein ortsnahes Angebot sehr wohl.“ Und man wolle dem Schulleiter die Möglichkeit geben, alle Interessierten aufzunehmen. Den Aspekt G9 und mehr Schüler habe man noch nicht beraten.
Endgültig entscheidet am heutigen Donnerstagabend der Rat der Stadt über diese Frage. Sollte der dem Votum des Fachausschusses folgen, „werden wir mit dem Konzept arbeiten und das Beste daraus machen, Kollegen wie Tietke versuchen zu motivieren. Wir fühlen uns dem verpflichtet“, stellte Schulleiter Michael Cuypers klar.
Die Kritiker konnten dem Beschluss wenig abgewinnen. Ihr Unmut richtete sich auch gegen den Schuldezernenten Buchholz. Der argumentiere aktuell als Vorsitzender der Elternvertretung der Leibnitz-Gesamtschule in Duisburg-Hamborn für einen Neubau auf dem Schulgelände – und gegen einen dortigen Zweigstandort in der ehemaligen Comenius-Hauptschule.