Als am 1. Weihnachtstag, beim Hirtenamt morgens um 6 Uhr in der Kerzenkapelle, zahlreiche kleine Flammen aufleuchten, ist es für Wallfahrtsrektor Gregor Kauling ein besonders emotionaler Moment. „Ich habe in die volle Kirche geschaut und auf die Kerzen, die die Gläubigen in den Händen hielten, das war sehr bewegend. Und mir ist da wieder bewusst geworden, dass ich das in meiner Funktion als Wallfahrtsrektor so das letzte Mal erlebe“, blickt er zurück.

Sechs Jahre lang stand der Domkapitular an der Spitze der Wallfahrt im niederrheinischen Kevelaer, bevor er als Pastor ins münsterländische Telgte wechselte. „Nach dem Neujahrsempfang am 7. Januar werde ich noch die Rektoren der großen deutschsprachigen Wallfahrtsorte in Kevelaer empfangen. Am Samstag, 13. Januar, feiere ich ab 18.30 Uhr das Gedenkamt für einen meiner Vorgänger, Richard Schulte Staade, das ist mein letzter Gottesdienst als Wallfahrtsrektor“, erklärt er. Bis sein Nachfolger eingeführt wird, übernimmt Heiner Innig die Pfarrverwaltung. Bevor Kauling seinen Dienst in Telgte antritt, bereitet er sich während einer dreimonatige Sabbatzeit auf den neuen Dienst vor. „Ich werde in Exerzitien gehen, verschiedene Wallfahrtsorte besuchen und auch etwas für meine Gesundheit tun“, sagt er.

Die vergangenen sechs Jahre haben dem heute 59-Jährigen einiges abverlangt. „Vieles hat sehr viel Kraft gekostet“, blickt Kauling zurück: die weltweite Zäsur durch die Pandemie, bei der er seiner Rolle als Chef zahlreicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso gerecht werden musste wie der des Seelsorgers in Krisenzeiten. Die kriegerischen Konflikte der vergangenen Jahre. Aber auch die städtebaulichen Planungen und Diskussionen in Kevelaer, die Frage, wie es mit dem Priesterhaus weitergeht, standen auf seiner Agenda. Kauling erinnert sich an lange Sitzungen und einige Auseinandersetzungen, auch mit dem Bistum. „Ich hatte da zum Teil andere Vorstellungen und einige Gespräche sind auch mit Enttäuschungen verbunden gewesen“, macht er deutlich. Der Spagat als Pfarrer einer vergleichsweise kleinen Pfarrei wie St. Marien einerseits und als Rektor des zweitgrößten deutschen Wallfahrtsortes auf der anderen Seite sei manches Mal schwierig gewesen.

Traditionen wahren und Neues schaffen

Aber dann gab es eben auch die anderen Erfahrungen. Die unzähligen Begegnungen mit unterschiedlichen Menschen. „Viele Frauen und Männer, die zur Trösterin der Betrübten pilgern, sind auf der Suche. Ich habe mich über die intensiven geistigen Berührungen in Gesprächen und während der Beichte sehr gefreut“, betont Kauling. Sein Ziel sei es gewesen, Traditionen zu wahren und Neues zu schaffen. „An einigen Stellen ist das gelungen“, ist er sich sicher. Dabei denkt er zum Beispiel an die Intensivierung der Ökumene, so wurden während der Pandemie protestantische Gottesdienste in der Basilika gefeiert und ins Internet übertragen. Außerdem hat er eine neue Leitungsstruktur im Priesterhaus etabliert, die die anfallenden Aufgaben auf mehrere Personen verteilt und nicht mehr alleine auf den Wallfahrtsrektor ausgerichtet ist. Und auch liturgisch hinterlässt er seine Spuren, zum Beispiel durch das neue Gemälde, das seit diesem Jahr während des Päpstlichen Segens zum Einsatz kommt. Kauling: „Es ist schön zu sehen, dass sich Neuerungen bewährt haben.“

Glücklich ist der scheidende Wallfahrtsrektor, dass auch an seiner neuen Wirkungsstätte in Telgte die Gottesmutter im Zentrum der Verehrung steht: „Ich bin marianisch geprägt. Maria hat in meinem Leben und auch bei meiner Berufung immer einer große Rolle gespielt. Es hat mich daher sehr gefreut, als sich mir die Perspektive eröffnete, nach Telgte zu wechseln.“ Er hofft, mit seiner langjährigen Leitungserfahrung den dortigen Wallfahrtsrektor Dr. Michael Langenfeld unterstützen zu können und wieder mehr jener Aufgaben übernehmen zu dürfen, die er in Kevelaer kaum mehr wahrnehmen konnte. „Die seelsorgliche Begleitung von Menschen in Freude und Leid, bei Taufen, Trauungen und Beerdigungen war hier fast nicht möglich. Das wird sich in Telgte sicher ändern“, erklärt er. Menschen begleiten, Exerzitien leiten, Pilgerfahrten unterstützen – all das sind Aufgaben, denen er sich „im letzten Drittel meines priesterlichen Lebens“, wie er selber sagt, stärker widmen möchte.

Die Verabschiedung von Wallfahrtsrektor Kauling ist am Sonntag, 7. Januar, und beginnt mit dem Gottesdienst um 10 Uhr in der Marienbasilika. Anschließend wird es die Möglichkeit zur offenen Begegnung mit Frühschoppen zum Neujahrsempfang geben.