Aktuelles aus Kevelaer

Täter stiehlt Navi

In der Zeit von Montag (01.03.2021), 17:00 Uhr bis Dienstag (02.03.2021), 07:45 Uhr schlug ein unbekannter Täter die Seitenscheibe eines an der Kevelaerer Straße geparkten Mercedes ein.

Aus dem Handschuhfach entwendete der Dieb ein mobiles Navigationsgerät und flüchtetet anschließend in unbekannte Richtung.

Hinweise zu verdächtigen Personen oder Beobachtungen nimmt die Kripo Goch unter 02823 1080 entgegen.

Internet-Fürbitten werden im Klarissenkloster ins Gebet eingeschlossen

Für andere Menschen zu beten, ihnen zuzuhören, Anteil zu nehmen an den Sorgen – die Ordensschwestern aus dem Klarissenkloster in Kevelaer kennen diese Situation. Immer wieder suchen andere das Gespräch mit ihnen, bitten um ihre Fürsprache bei Gott.

Schwester Magdalene, seit sechs Jahren Äbtissin des Klosters, beschreibt es so: „Wir sind vertraut mit allem, was ein Menschenleben ausmachen kann. In den Gesprächen hören wir von Arbeitslosigkeit, von Streit, von Krankheit. Daran nehmen wir Anteil.“

In diesem Monat werden sich die insgesamt 14 Schwestern, die derzeit im Klarissenkloster leben, noch mehr Menschen mit ihren Anliegen wenden. Denn die Klarissen übernehmen die Internet-Fürbitte von dem Online-Portal „Haus der Seelsorge“. Den ganzen Monat lang werden die dort eingehenden Bitten an die Schwestern in dem niederrheinischen Wallfahrtsort weitergeleitet und dort in das gemeinsame Gebet eingeschlossen. „Außerdem hängen wir die Zettel mit den Anliegen aus und einzelne Schwestern nehmen sie dann jeweils noch mit ins persönliche Gebet“, erklärt die Äbtissin.

Fürbitten per Mail zu erhalten, ist für sie zur Selbstverständlichkeit geworden, auch unabhängig vom „Haus der Seelsorge“ erreichen die Klarissen auf diesem Weg Anliegen anderer Menschen. „Es ist gut, dass es diese Möglichkeit gibt“, betont Schwester Magdalene.

Der Kontakt zu den Klarissen bleibt teils über Generationen bestehen, hat die Äbtissin beobachtet. „Dann wird uns gesagt, dass schon die Mutter mit ihren Anliegen zu uns gekommen ist“, erzählt sie. Mit der Zeit habe sich so ein großer Kreis von Menschen gebildet, mit denen die Schwestern in Kontakt stehen. Auch für sie ist das wichtig, denn sie leben in selbstgewählter Armut und sind auf die Unterstützung anderer angewiesen.

Sich die Sorgen, Nöte und Ängste der anderen Menschen anzuhören, das gehe auch den Klarissen nahe, sagt Schwester Magdalene: „Wir lassen uns davon berühren, manchmal empfinden wir auch den Schmerz, den anderen mit uns teilen. Aber wir müssen ihn nicht selber tragen, sondern nehmen ihn ins Gebet und dürfen ihn an Gott weitergeben.“ Das Wichtigste sei, dass die Menschen, die sich an die Klarissen wenden, geborgen fühlen. „Sie wissen, dass sie nicht alleine sind mit ihren Sorgen und dass es andere Menschen gibt, die gemeinsam mit ihnen beten“, erklärt Schwester Magdalene.

Wer seine Fürbitte im Internet formulieren möchte, kann das unter: www.haus-derseelsorge.de tun.

Ein befreiendes Gefühl

Schon früh machten sich die Kund*innen auf den Weg, um die Kevelaerer Friseurläden aufzusuchen. In „Jimmys Barber Shop“ auf der Marktstraße legte Inhaber Jamil Abdullah bei seinem Kunden Andreas Valks persönlich Hand an. „Wir haben um halb 9  geöffnet. Wir lassen immer nur einen Kunden nach dem anderen rein, damit nicht so viele Menschen im Raum sind“, erzählte er. „Ich bin schon froh, es ist fast vier Monate her“, zeigte sich der Kunde erleichtert über den ersten Haarschnitt nach so langer Zeit. „Das ist ein anderes Gefühl – eher befreiend. Wenn ich morgens aufstand, standen die Haare zu Berge, als ob ich an einer Steckdose genächtigt hätte.“ Jamil Abdullah zeigte sich sehr glücklich darüber, wieder was tun zu können. „Das war eine Depression für mich, zu Hause herumzusitzen und nichts zu tun. Man hat immer Angst, dass die Kunden verlorengehen.“ 

Emre Ciftci wartete währenddessen auf seinen Schnitt. „Ich glaube, Ende November war das letzte Mal“ erzählte der 25-Jährige. In der Zwischenzeit hatte er selbst zu Hause mal Hand angelegt mit der Maschine. „Die Freundin hab ich gefragt, ob sie mal den Nacken ausrasieren kann, so dass ich wieder einigermaßen wie ein Mensch aussehe.“

Waschen, färben, schneiden

Bei „Cutters“ an der Gelderner Straße waren im Corona-Abstand voneinander drei Stühle mit Kund*innen belegt. „Wann war ich das letzte Mal hier?“, musste Sandra Hillbrecht erst mal überlegen. „Jetzt wo ich hier sitze, fühle ich mich prima“, freute sie sich „auf Strähnchen und wieder einen vernünftigen Haarschnitt.“

Auch Alexander Kempken war die Erleichterung anzumerken: „Großartig, es wurde auch mal wieder Zeit. Und die Dame macht das hervorragend“, genoss der 26-Jährige die Behandlung mit Schere und Maschine. Er habe es selbst mal mit dem Rasierer im Ansatz versucht, „aber nicht durchgezogen“. Auch die so angesprochene „Dame“ Ann-Katrin fand es „sehr schön, wieder im Laden zu stehen und arbeiten zu dürfen.“ Die Übergangszeit habe sie zwar auch irgendwie bewältigt mit Dingen, die sonst liegenbleiben. Aber das Gefühl im Laden ersetze das alles nicht. „Man führt wieder Gespräche, hat unterschiedliche Charaktere vor einem, muss sich wieder umstellen.“ Und irgendwie verliere man das nicht. „Das war heute morgen, als ich um acht den Salon betreten habe, wieder sofort drin.“ Auch bei „Cutters“ wird es in nächster Zeit mit einem spontanen Termin schwierig.  „Bis Ende März“ seien die Auftragsbücher „schon sehr, sehr voll.“

Zurück im Alltag

Im „Room Number 17“ in Wetten ordnete Friseurmeisterin Tanja van der Will-Pauli ihrer Kundin gerade die Haare. „Der erste Tag fühlt sich gut an. Wir freuen uns, die Kunden freuen sich – es macht Spaß“, hörte man durch die Maske ihren Stoßseufzer der Erleichterung. „Man hat wieder Lust zu arbeiten, ist motiviert, kann wieder seiner Leidenschaft und seinem Beruf nachgehen.“

Die Auflagen seien geblieben – „außer dass wir zehn Quadratmeter pro Person und nicht mehr pro Kunde haben. Da musste ich von der Platzfläche nicht viel ändern. Auf Termin arbeiten mussten wir vorher auch.“ Sie ist sich sicher, dass der aktive Protest der Friseure was gebracht hat. „Es war doch mal gut, auf die Situation der Friseure in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen. Ich hab auch das Gefühl, das hat gefruchtet.“ Die ersten 14 Tage seien ausgebucht. Danach sei vielleicht was möglich. „Aber die nächsten zwei bis vier Wochen wird es bei allen schwierig. Dann kommt vielleicht das große Loch, das war beim ersten Lockdown auch schon so. Mal abwarten.“

Kundin Andrea Hartjes wartete währenddessen nur noch auf den Feinschliff. „Ich bin das erste Mal hier. Als klar war, dass die Friseure auf haben, habe ich hier angerufen“, erzählte die Wettenerin. „Es war super, heute einen Termin zu kriegen, weil mit meinen Haaren gar nichts mehr los war. Die mussten echt geschnitten werden.“ So ein Friseurbesuch, der habe „ganz viel Normales“ an sich, meinte sie. „Man hat ja keine Termine, kommt nirgendwo hin. Man kann sich nicht verabreden, gar nichts.“ Sie fände es gut, wenn nach den Friseuren weitere Läden öffnen könnten. „Für die Leute, die Geschäfte haben, ist das hart“, meinte die Frau, die selbst aus dem Lebensmittelbereich kommt. 

Aufträge bis Anfang April

In „Kerstins´s Haarstudio“ an der Murmannstraße in Kervenheim gönnten sich Friseurmeisterin Kerstin Schubert und ihr Stammkunde Kalle van Oeffelt zwischen dem nächsten Schnitt eine Tasse Kaffee. „Heute der erste Tag ist gut. Wir haben seit 9 Uhr auf. Wir arbeiten auf Termin, man darf ja nicht anders“, erzählte Schubert. „Wir haben Stammkunden, die haben wir alle angerufen, dass die einen Termin haben. Dann klingelt nicht den ganzen Tag das Telefon.“ Dementsprechend seien die Auftragsbücher schon gefüllt. „Wir sind jetzt schon beim 1. April. Das ist kein Aprilscherz.“

Natürlich freue sie sich total über die Öffnung. „Insgesamt 16 Wochen in 11 Monaten schließen, das ist krass. Das holt man auch so schnell nicht wieder auf – auch mit der staatlichen Hilfe, die kommt.“ Kalle van Oeffelt genoss die Zeit bei der Friseurin seines Vertrauens. Der Laden existiere seit 21 Jahren. Seitdem komme er alle zehn Wochen. „Da entsteht da schon eine Verbindung“, meinte er. Zumal er in dem Salon 2007 seine Frau kennengelernt hat, als die zeitgleich einen Termin hatte. „Da hat es gezündet“, müssen Kunde und Friseurin bei dem Gedanken schmunzeln. „Das Reden miteinander, das fehlt natürlich.“

Lange Haare sind klar im Vorteil

Er sei froh, dass er am ersten Tag schon einen Termin bekommen habe, sagt van Oeffelt. „Ich trag eh lange Haare, da wäre es nicht so schlimm, wenn sie noch länger werden würden. Aber bei einigen kann ich mir vorstellen, dass sie sich durch das lange Haare unwohl fühlen.“ 

Wie aufs Stichwort hatte Schubert eine passende Anekdote dazu parat: „Ich hatte heute morgen einen Herren, der feiert heute seinen 80. Geburtstag, war seit November nicht mehr beim Friseur. Der sah aus wie ein Waldschrat.“ Man müsse bei einigen Kund*innen teilweise echt schmunzeln, „weil die richtig zugewachsen sind. Die sehen sich gar nicht mehr ähnlich, so lang sind die Haare schon geworden.“ Es sei allerhöchste Zeit. „Selbst im Krieg sind Haare geschnitten worden, mitten in der Straße zwischen den Trümmern. Da sieht man mal, wie wichtig das ist.“

Gerade bei den jungen Männern seien die Frisuren heute Statussymbole. Selbst während der Schließung der Friseure hätten viele von ihnen gut geschnittene Haare gehabt. Schubert geht davon aus, dass da die eine oder andere Frisur „unter der Hand“ fachmännisch aufbereitet wurde. „So gut kann kein Laie Haare schneiden“, empfinde sie das persönlich „als total ungerecht.“ Man habe das wohl geduldet. Aber das werde sich jetzt wieder mit dem Öffnen der Salons ändern. „Denn das, was man im Friseursalon bekommt, das kriegt man nicht zu Hause.“ 

3D-Grafik des SARS-CoV-2-Virions (Grafik: Public Domain)

7-Tage-Inzidenz im Kreis Kleve sinkt auf 73,3

Am heutigen Montag, 1. März 2021, liegen dem Kreisgesundheitsamt zur Mittagszeit insgesamt 6.734 labordiagnostisch bestätigte Corona-Infektionen seit Beginn der Corona-Pandemie vor. Das sind 24 mehr als am Vortag. Von den 6.734 Indexfällen sind 293 in Bedburg-Hau, 790 in Emmerich am Rhein, 933 in Geldern, 678 in Goch, 218 in Issum, 222 in Kalkar, 209 in Kerken, 594 in der Wallfahrtsstadt Kevelaer, 1026 in Kleve, 231 in Kranenburg, 508 in Rees, 101 in Rheurdt, 378 in Straelen, 103 in Uedem, 145 in Wachtendonk und 305 in Weeze.

Von den insgesamt 6.734 bestätigten Corona-Fällen gelten 6.252 als genesen; 135 Personen sind verstorben. Eine weitere Person aus Kevelaer ist verstorben, sie war Anfang 90. Im Kreisgebiet befinden sich aktuell 41 Personen im Krankenhaus.

7-Tage-Inzidenz

Die 7-Tage-Inzidenz entspricht der Anzahl der in den letzten sieben Tagen neu gemeldeten Fälle pro 100.000 Einwohner. Die für heute um 0.00 Uhr vom Landeszentrum Gesundheit NRW (LZG) ermittelte 7-Tage-Inzidenz im Kreis Kleve liegt bei 73,3. Gestern lag dieser Wert bei 76,2. Aktuell befinden sich insgesamt 1.270 Personen in häuslicher Quarantäne.

Corona-Schutzimpfung

Seit dem 8. Februar 2021 laufen im Impfzentrum des Kreises Kleve die Corona-Schutzimpfungen. Aus der Gruppe der Über-80-Jährigen erhielten dort bislang insgesamt 3.882 Personen ihre Erstimpfung. Bei den priorisierten Berufsgruppen bekamen insgesamt 2.930 berechtigte Personen ihre Erstimpfung. Die mobilen Teams impfen seit Ende Dezember in den Altenpflegeeinrichtungen. Dort gab es bislang insgesamt 12.669 Erst- und Zweitimpfungen. Auch in den Kliniken im Kreisgebiet gab es bereits Erst- und Zweitimpfungen – insgesamt 2.845 Impfdosen. Somit wurden bis zum 28. Februar im Kreis Kleve insgesamt 22.326 Impfdosen verimpft.

Weit weg von einer entspannten Lage

Es ist ein leichter Abwärtstrend zu erkennen. In Kevelaer war die 7-Tage-Inzidenz Anfang der Woche auf 58 gesunken, nachdem sie in der vergangenen Woche bei knapp über 100 lag. Dass ein solcher Trend nach unten nicht zwangsläufig anhalten muss, haben die vergangenen Wochen gezeigt. Nun heißt es, die Zahlen nicht nur zu halten, sondern noch weiter zu drücken. Eine Schwierigkeit sei aktuell, erklärt Ordnungsamtschef Ludger Holla, dass bei vielen Infizierten nicht nachvollziehbar sei, wo eine Ansteckung stattgefunden hat. „Wir sind weit weg von einer Entspannung der Lage.“

Missachtung der Maßnahmen

Angesichts dessen scheint es noch weniger verständlich, dass viele Bürger*innen offenbar nachlässig bei der Einhaltung der Corona-Maßnahmen werden. Am vorletzten Wochenende sei bei dem frühlingshaften Wetter bereits zu beobachten gewesen, dass einige Gruppen bei ihren Spaziergängen definitiv aus mehr als einem Haushalt plus einer weiteren Person bestanden, mahnt Holla. Diese Beobachtung habe sich am vergangenen Wochenende fortgesetzt. Das Ordnungsamt habe kontrolliert und bei zu großen Gruppen beobachten können, dass diese sich schnell auflösten, als sie die Mitarbeiter*innen erblickten. Auch seien in der Innenstadt, in der im Radius von zehn Metern um jedes geöffnete Einzelhandelsgeschäft eine Maskenpflicht besteht, immer mehr Menschen ohne Maske unterwegs. „Es scheint sich eine Müdigkeit einzustellen“, sagt Holla und appelliert, sich weiterhin diszipliniert an die Beschränkungen zu halten.

Die teilweise Öffnung der Schulen und Kitas ist nach Auffassung von Bürgermeister Dominik Pichler trotz der angespannten Lage weiterhin ein wichtiger Schritt. Es solle aber auch, da sind sich Pichler und Holla einig, über weitere Öffnungen nachgedacht werden. Sowohl in der Gastronomie als auch im Einzelhandel habe es im vergangenen Jahr gut funktionierende, sichere Hygienekonzepte gegeben. Die Perspektive für weitere Branchen sei weiterhin ein wichtiges Augenmerk.

Mutation im Blick

Auch wenn die 7-Tage-Inzidenz in Kevelaer wieder gesunken ist, kreisweit geht der Wert nicht signifikant nach unten (Stand Montag, 1. März: 73,3). Bei den Verantwortlichen des Kreises sei zudem eine gewisse Nervosität hinsichtlich der britischen Mutation des Coronavirus (B.1.1.7) spürbar, erklärt Holla. Demnach liege es nun auch in Kevelaer an jedem Einzelnen, weiterhin die Maßnahmen zu befolgen und so zur Eindämmung der Pandemie beizutragen. 

Kerzenkapelle bald wieder ohne Gerüst

Wer durch Kevelaer geht in dieser Zeit, hat sich vielleicht gefragt, warum schon länger ein Gerüst an der Kerzenkapelle steht. Das KB hat nachgefragt: Es gibt einige Reparaturarbeiten, die am Dachsims nötig sind. Bei dieser Gelegenheit werden auch andere kleine Schäden beseitigt, die aufgefallen sind und die man gut erledigen kann, wobei das Gerüst sehr hilfreich ist. Der Winter und auch die Umstände der Pandemie haben ein gutes Arbeiten oft nicht möglich gemacht. So steht das Gerüst länger dort als gedacht.

Wegen der vielen Kerzen in der Kapelle sind regelmäßige Renovierungen nötig, aber die können auch gut ohne ein Gerüst erfolgen und fallen aktuell noch nicht an. Sie sind erst vor einigen Jahren erfolgt. Die Kerzenkapelle ist in einem guten Zustand, berichtet Dr. Rainer Killich. Es sei nichts marginales, was dort in Ordnung gebracht wird. Er hoffe, dass die Kerzenkapelle bald wieder ohne Gerüst steht. 

So sieht die FDP die Zukunft Kevelaers

Wie sieht Kevelaer in Zukunft aus? Welche Perspektiven gibt es? Wer hat Ideen, wer will mitgestalten? In einer unregelmäßigen Serie „Zukunft für Kevelaer“ will das Kevelaerer Blatt Menschen aus Verwaltung und Politik, aus Wirtschaft und Ehrenamt, aus Kirchen und Vereinen, aber auch engagierte Privatpersonen und ihre Perspektiven für ihre Heimatstadt vorstellen. Dazu haben wir unter anderem die Fraktionen im Kevelaerer Rat nach ihren Ideen, Vorstellungen und Schwerpunkten ihrer politischen Arbeit und im Rat befragt. In der heutigen Folge unserer Serie stellt die FDP-Ratsfraktion diese vor.

Wo sehen Sie die Schwerpunkte der Arbeit bei Ihrer Fraktion (thematisch)?

Kevelaer ist eine attraktive Stadt, mit hoher Lebensqualität. Die Bandbreite unserer Einzelhändler und des produzierenden Gewerbes ist eine umfangreiche Basis, auf die gut aufgebaut werden kann. Der gutausgestattete Schulstandort, das gelebte und attraktive Vereinswesen sind Ausgangspunkt für eine gute Ausbildung unserer jungen Mitbürger sowie Fundament einer aktiven, gemeinschaftlichen Bürgergesellschaft. An diese gute Ausgangslage gilt es anzuknüpfen, Gutes zu bewahren und Herausforderungen anzunehmen und zu überwinden.

Bildung, Stadtentwicklung, Kultur und Tourismus

Für die Freien Demokraten spielen damit die Themen Bildung, Stadtentwicklung, sowie Kultur und Tourismus eine herausragende Rolle. Gleichzeitig gilt es aber auch die Themen des Umweltschutzes und des verantwortungsvollen Umgangs mit Finanzen in den Blick zu nehmen.

Jens Auerbach,
stellv. Fraktionsvorsitzender      Foto: Medienmanufaktur Niederrhein

In den kommenden Jahren werden wir uns beispielsweise mit folgenden Fragen beschäftigen: Welche Auswirkungen hat die Ausweisung von Wohngebieten, wo entsteht welcher Wohnraum? Wie werden die Kevelaerer Schulen zukunftsfähig und digital aufgestellt? Wie entwickelt sich die Innenstadt und der Einzelhandel? Wie stellen wir den Betrieben Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven zur Verfügung? Wie stärken wir Wallfahrt und den Tourismus? Wie entwickeln und modernisieren wir unsere Stadt weiter und bewahren Bewährtes? Wie stellen wir unsere Stadt nachhaltig auf? Wie entwickelt sich die Altersstruktur der Bevölkerung, welche Auswirkungen hat das und welche Schritte leiten wir daraus ab?

Ideengeber

Wir Freien Demokraten sehen uns als Ideengeber, als innovative Kraft junger Menschen, unterstützt durch die Erfahrung unserer langjährigen Mitglieder und wollen konstruktiv und produktiv gestalten. Wir wollen Kevelaer verbessern und bringen dazu verschiedene Perspektiven und Sichtweisen mit. Wir kommen aus unterschiedlichen Lebenssituationen, üben unterschiedliche Berufe aus, schätzen das Vereinsleben und Ehrenamt und sind verbunden in der Liebe zu unserer Heimatstadt Kevelaer.

Welche laufenden Projekte wollen Sie unbedingt vorantreiben (inhaltlich)?

In Kevelaer finden derzeit große Bemühungen statt, neben den Pilgerreisenden weitere touristische Personengruppen zu erschließen. Im Zusammenhang mit dem Gradierwerk, dem Pilger- und Solepark und unserem historischen Stadtkern ist Kevelaer auch für Touristen ein attraktives Ziel. Diese Bemühungen gilt es zu vertiefen und auszubauen, dabei stehen wir in einem guten Austausch mit der Verwaltung, die in diesem Bereich sehr aktiv ist und mit guten Ideen viel leistet. Eine Herausforderung wird die Schaffung einer attraktiven Anbindung an die Innenstadt sein, hier können wir uns auch innovative Shuttle-Lösungen gut vorstellen.

Die Kevelaer-App

Als weiteren Baustein, nicht nur für die Touristen, sondern auch vor allem für die Kevelaerer Bürgerinnen und Bürger sehen wir auch die Kevelaer-App. Dabei handelt es sich um eine App, die alle relevanten Informationen über Veranstaltungen, Ansprechpartner, Vereine etc. bündelt und die baukastenartig um weitere Funktionen ergänzt werden kann. Wir könnten uns etwa ein Modul zum Streaming von Rats- und Ausschusssitzungen sehr gut vorstellen oder einen digitalen Mängelmelder, durch den unkompliziert und schnell Missstände wie defekte Laternen gemeldet und behoben werden können. In weiteren Ausbaustufen könnten über die App auch direkt Veranstaltungstickets und Kurse gebucht werden, sowie mittels „Augmented Reality“ Zusatzinformationen beispielsweise zu Sehenswürdigkeiten bereitgestellt werden.

Der Schulstandort in Kevelaer baut auf einem sehr guten Fundament auf, in den letzten Jahren sind umfangreiche Modernisierungen an allen Schulen auf den Weg gebracht worden. 

Digitalisierung in den Schulen

Die Ausstattung der Schulen mit digitaler Technik und die dafür benötigte Infrastruktur ist bereits in Umsetzung begriffen. Dies ist aber nur ein Teilerfolg, dringend muss etwa die Internetversorgung des Schulzentrums verbessert werden, damit die digitale Technik und die damit eröffneten Möglichkeiten auch vollumfänglich genutzt werden können.

Eine längerfristige Schwerpunktsetzung wird sich durch die in Kürze erfolgende Präsentation des Schulentwicklungsplans ergeben. Dieser wird uns erste Aussagen zu möglichen Schulerweiterungen liefern können. 

Jürgen Hendricks,
Ratsmitglied
Foto: Medienmanufaktur Niederrhein

Neben den Schülerzahlen, sollte die Entwicklung von Schule und den dazu gehörigen Gebäuden auch immer den aktuellen Kenntnisstand der Pädagogik widerspiegeln und Räumlichkeiten für Individualisierung, Förderung, Digitalisierung und methodisch unterrichtliche Arbeit bereithalten. 

Zukunftsplan

Was man in allen Teilbereichen merkt: Wir brauchen einen Zukunftsplan für Kevelaer, eine Vorstellung davon, wohin sich Kevelaer entwickeln soll und wie die Zukunft Kevelaers aussehen soll. Wir sehen das als eine überlebenswichtige Langzeitkonzeption, an der alle gesellschaftlichen Gruppen mitwirken sollten. Ohne eine solche Perspektive läuft die Stadtentwicklung Gefahr, nur solitäre Einzel-Entwicklung zu betreiben, aber das große Ganze aus den Augen zu verlieren. Dabei gilt es nicht nur die Innenstadt zu betrachten, sondern auch den Außenbereich und die Ortschaften mit einzubeziehen. Auch die Bereitstellung von Erweiterungsflächen für bestehende und neue Betriebe muss strategisch betrieben werden. Insofern ist es richtig und wichtig, dass nun auch ein ganzheitliches Verkehrskonzept entwickelt wird. 

Es ist zu begrüßen, dass mit der Ausschreibung einer Stelle für einen Stadtplaner oder eine Stadtplanerin nun eine zentrale Führungsstelle geschaffen wird, bei der die Fäden zusammenlaufen und die als Fachmann oder Fachfrau eine planerische Perspektive für Kevelaer entwickeln kann. Die FDP hatte die Einrichtung einer solchen Führungsstelle aus gutem Grunde bereits seit Jahren gefordert, endlich wird diese Idee nun realisiert und die Stadtentwicklung erheblich aufgewertet, sodass nun das volle Potenzial dieser Abteilung zum Tragen kommen kann.

Welches sind die dringendsten Probleme in Kevelaer, bei denen Sie sich um Lösungen bemühen wollen?

Zu den schon oben benannten Problemen, gibt es weitere, die jetzt angegangen werden müssen. So ist Wohnraum in verschiedenen Preis- und Wohnungsgrößen sehr knapp in Kevelaer. Gleichzeitig gibt es Leerstände oder Personen, die sich von zu groß gewordenen Immobilien trennen wollen. Durch die gestiegenen Grundstückspreise und die steigenden Baukosten wird Wohnraum aber immer teurer und für viele kaum noch erschwinglich, die Nachfrage ist sehr hoch, das Angebot niedrig. Aus diesem Grund befassen sich Politik und Verwaltung mit der Thematik des bezahlbaren Wohnraums. 

Einzelhandel

Die Entwicklung des Einzelhandels in den Innenstädten ist eine Schwierigkeit, die es nur schwerlich umzukehren gelingen wird. Nichtsdestotrotz ist der Einzelhandel mit aller Kraft zu unterstützen. Klar ist, wir werden in Kevelaer nicht eine deutschlandweite Entwicklung aufhalten können. 

Wir können aber alles in unserer Macht stehende tun und versuchen, so gut es geht den Einzelhandel zu unterstützen, sei es durch Verbesserung der Rahmenbedingungen wie beispielsweise bei Parkplatzgebühren und Sondernutzungsgebühren oder bei der Unterstützung durch das Stadtmarketing.

Philipp Schmidt,
Ratsmitglied
Foto: Medienmanufaktur Niederrhein

Problematisch sind aus finanzieller Sicht auch die anstehenden baulichen Investitionen. In vielen Bereichen stehen enorm kostenintensive Maßnahmen an, die zu einer stark steigenden Verschuldung der Stadt führen. Durch die derzeit aufgrund der Corona-Pandemie vollkommen unklaren konjunkturellen Entwicklung und der Besonderheit, dass die Finanzen der Stadt im erheblichen Umfang von der Konjunkturlage abhängt, ist die Finanzsituation mit wachsamem Auge zu betrachten und frühzeitig gegenzusteuern. Es gehört zur Verantwortung, auch schmerzhafte Entscheidungen zu treffen. Kostenträchtige Prestige-Projekte, die außerdem noch Parkplätze vernichten, gehören hinterfragt und auf den Prüfstand gestellt.

Corona-Pandemie

Bei aller Brisanz der Stadtentwicklung wird es in der kommenden Zeit auch zu einer maßgeblichen Aufgabe gehören, die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf unsere Vereine sorgsam zu betrachten und Gegenmaßnahmen zu treffen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass auch und gerade nach der Pandemie unser Vereinsleben leistungsfähig ist. Die sozialen Folgen der Pandemie sind derzeit noch kaum abzuschätzen, eine gute Vereinsstruktur ist dabei das Sicherungsnetz unserer Kevelaerer Gesellschaft.

Wie sieht Kevelaer zum Ende der Wahlperiode aus, wenn Sie Ihre Ziele durchsetzen können (Ausblick)?

Kevelaer wird eine moderne, offene und freundliche europäische Stadt sein, die stark von Pilgern und Touristen frequentiert wird. Die gemeinhin bekannt ist, für ihre schöne und lebendige Innenstadt, das außergewöhnliche Gradierwerk und das entschleunigende Ambiente. Kevelaer wird sich verändert haben, aber das was wir lieben, wird erhalten bleiben: Die Vereine, das Ehrenamt, das Miteinander.

Heimat

Kevelaer wird die Heimat von vielen jungen Familien sein, die Kevelaer schätzen für die Atmosphäre, die gute Ausstattung der Schulen, den hohen Lebensstandard, das Vereinswesen, die gute Lage im Herzen Europas, die Nähe zum Ruhrgebiet, zum Rheinland und niederländischen Metropolregionen und die Nähe zur Natur, ganz in dem Bewusstsein unseres Wahlprogramms: „Hier hör ek thüß!“.

Sachkundige Bürger*innen (Fotos: Medienmanufaktur Niederrhein)

3D-Grafik des SARS-CoV-2-Virions (Grafik: Public Domain)

57 neue bestätigte Corona-Infektionen im Kreis Kleve seit Freitag

Am Sonntag, 28. Februar 2021, lagen dem Kreisgesundheitsamt zur Mittagszeit insgesamt 6.710 labordiagnostisch bestätigte Corona-Infektionen seit Beginn der Corona-Pandemie vor. Das sind 57 mehr als am Freitag.

Von den 6.710 Indexfällen sind 292 in Bedburg-Hau, 785 in Emmerich am Rhein, 933 in Geldern, 674 in Goch, 218 in Issum, 222 in Kalkar, 208 in Kerken, 590 in der Wallfahrtsstadt Kevelaer, 1.023 in Kleve, 231 in Kranenburg, 508 in Rees, 101 in Rheurdt, 378 in Straelen, 103 in Uedem, 144 in Wachtendonk und 300 in Weeze.

Von den insgesamt 6.710 bestätigten Corona-Fällen gelten 6.231 als genesen; 132 Personen sind verstorben. Im Kreisgebiet befinden sich aktuell 36 Personen im Krankenhaus.

Die für Sonntag um 0.00 Uhr vom Landeszentrum Gesundheit NRW (LZG) ermittelte 7-Tage-Inzidenz im Kreis Kleve liegt bei 76,2 Am gestrigen Samstag lag dieser Wert bei 74,2; am Freitag bei 81,6.

Aktuell befinden sich insgesamt 1.249 Personen in häuslicher Quarantäne.

Ein trauriger Fall

Dieser Fall – er ist anders als so viele Verfahren, die man vor Gericht üblicherweise so erlebt. Allein das Alter des Angeklagten – 81 Jahre – ist vor Gericht durchaus eine Seltenheit. Und die Geschichte, die mit dem Vorwurf der schweren Brandstiftung im Zusammenhang stand, beleuchtete ein bisschen die Art und Weise, wie wenig aufmerksam unsere Gesellschaft manchmal gegenüber älteren Menschen ist.

Geboren in Berlin, lebte der frühere Bautechniker bis zum 20. Lebensjahr in Wedding, siedelte dann über in die Schweiz. Immer unterwegs, ledig, ohne Kinder. Dort bleibt er bis etwa „1985, 1990“, bis er nach Deutschland zurückkehrt.

Die nüchterne Erzählung der Tat, wie sie die Staatsanwaltschaft zu Beginn vortrug, war  folgende: Am 27. August 2020 steckte der Mann in Kevelaer seine Giebelwohnung in einem Dreifachhaus an, verteilte an fünf verschiedenen Stellen Benzin und zündete dieses an. Das Feuer griff auf das Mobiliar  über. Dass es sich ausbreitete, konnte durch die Feuerwehr verhindert werden.

„Ich verstehe es selber nicht“, räumte der Mann die Tat sofort ein, an die er sich im Detail aber nicht mehr erinnern könne.  „Ich sollte ausziehen an dem Tag, war eine Woche vorher nicht gut in Schuss, weil ich keine Tabletten genommen habe“, meinte er mit unverkennbarem Berliner Akzent. Er ist Diabetiker.

Eigenbedarf angemeldet

Die Vermieter, die auch auf dem umgebauten Bauernhof wohnen, hatten Eigenbedarf angemeldet, „weil die jüngere Tochter und der Schwiegersohn da einziehen wollten“, obwohl er „fast zehn Jahre“ dort – auch unter dem vorherigen Vermieter – gewohnt hatte. Die Frist zum Verlassen der Dachgeschosswohnung war einmal verlängert worden. Seine Bitte um einen weiteren Aufschub über das Wochenende war abgelehnt worden. Die Gerichtsvollzieherin sollte an diesem Tag um zehn Uhr kommen, das wusste der Mann. Sie hatte ihm zu verstehen gegeben, dass der Vermieter die Möbel behalten kann, wenn er nicht auszieht.

„Ich hatte alle Kleider zusammengepackt, ich war fix und fertig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich sowas gemacht habe“, sagt er. „Wie konnte ich meine eigene Wohnung anstecken, sagen Sie mir das. Ich habe alles verloren, was ich hatte.“ Wie die über die Jahre zusammengekauften Möbel, die Kleidung, die Erinnerungen.

Einer seiner wenigen Bekannten hatte er am Vorabend eine Nachricht auf das Handy hinterlassen. Dort stand: „Falls wir uns nicht mehr sehen sollten, wünsche ich Dir alles Gute.“ Er habe nie gesagt, dass er sich was antut, sagte die Frau, die er früher bei Spaziergängen mit seinem verstorbenen Schäferhund ab und an besucht hatte. „Aber häufig sagte er: Was soll ich noch, wen hab ich noch auf dieser Welt?“ Nein, umbringen habe er sich nicht wollen, betonte der alte Mann.

Keine unmittelbare Gefahr

Den Benzinkanister habe er als Reserve für das Auto in der Wohnung aufbewahrt, aber nicht bewusst zum Anzünden der Wohnung. Seine DNA wurde von der Polizei auf dem Kanister festgestellt.

Ein Brand-Sachverständiger machte im Verfahren deutlich, dass die geschlossenen Fenster und Jalousien einen dämpfenden Einfluss auf das Feuer gehabt habe. „Ohne Maßnahmen hätte der Brand eine Stunde vor sich hingedümpelt und irgendwann auf die Hauseingangstür übergegriffen.“ Dann erst wäre das Feuer irgendwann zum Dachboden und später auf die Wohnungen durchgedrungen. Eine „Gefährdung für Leib und Leben der Bewohner zu dem Zeitpunkt“ sah er nicht. „Hier wäre keinem was passiert“, war seine Aussage.

Der alte Mann verließ nach dem Legen des Brandes die Wohnung, fuhr zum Bahnhof, stieg in den Zug und fuhr nach Berlin. „Ich hab geguckt, wo ich früher gewohnt habe.“ Einr Blick zurück in eine Vergangenheit, die schöner war.

In der Zeit fahndete die Polizei mit Suchhunden und Drohnen nach dem alten Mann, „weil wir gedacht haben, er tut sich was an.“ Das berichtet der ermittelnde Beamte in dem Prozess. Die Suche führte bis zum Bahnhof, ging bis in die Abendstunden. Dann wurde sie erfolglos abgebrochen.

Dass er in Berlin übernachtet hat, verneinte der Angeklagte. Den Tag darauf fuhr er mit dem Zug wieder zurück. Ein paar Tage später kam er „nicht akkurat“ aussehend zum Stall der Bekannten. Sie überzeugte ihn, zur Polizei zu gehen und fuhr ihn auf die Wache nach Uedem. „Das haben Sie prima gemacht“, gab es für die Alltagsbegleiterin dafür vom Richter ein ausdrückliches Lob. Immer wieder kam der alte Mann über sich selbst ins Grübeln. „Das ist mir ein Rätsel, dass mir das mit 80 passieren konnte. Das muss ein Filmriss gewesen sein.“

Eine Kurzschlussreaktion

Der Richter bezeichnete die Tat später als einen „Kurzschluss“ – einen, der immerhin eine sechsstellige Schadenssumme verursacht hat, weswegen das Urteil später auf „schwere Brandstiftung“ lautete. Der anwesende Vermieter sprach von „130 000 bis 150 000 Euro“. Genaue Zahlen habe er nicht.

Die Anwältin des Mannes sprach von einer „Überforderung“ angesichts der Situation. Denn er habe nicht mehr gewusst, wohin. Eine Ersatzwohnung habe er einfach nicht bekommen, obwohl er gesucht habe. „Entweder waren es immer Wohnungen in der zweiten und dritten Etage“, wo er sich wo er sich mit seiner Bandscheibe und dem Rollator hätte hinaufquälen müssen. Oder die Vermieter wollten schlicht einen 80-Jährigen nicht mehr haben, sagte der Angeklagte. „Es kam immer die Frage: Wie alt sind Sie? Da sagen die alle: Wir rufen Sie wieder an, aber das tut keiner.“ Eine Wohnung schien er in Wetten gefunden zu haben. „Aber die Vermieter waren selber 80 und sagten: Nein, nicht noch einen.“

Und er habe niemanden gekannt, der ihm hätte helfen können. „Das Sozialamt Kevelaer sagte, sie könnten mir eine Obdachlosen-Dingsbums besorgen.“ Von einer Wohnung für einen Mann, der jahrzehntelang für 800 Euro Rente gearbeitet hat, war da nicht die Rede, sagte er. „Keiner hat ihn anscheinend da unterstützt, das halte ich für erschreckend“, sagte seine Anwältin in ihrem Plädoyer.

Offene Fragen

Selbst der Staatsanwalt plädierte auf 21 Monate mit Bewährung, sprach von einer „problematischen Lebenssituation“, sah auch wenig Sinn in der „abschreckenden Wirkung“ einer Inhaftierung. Das halbe Jahr Untersuchungshaft in Kleve und Fröndenberg hätten ihre Spuren hinterlassen, sagte seine Anwältin. Das Gericht entschied letztendlich auf eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren.

Der alte Mann wird jetzt im Weezer Petrusheim unterkommen, um dort seinen Lebensabend zu verbringen. „Keine schöne Lebenssituation, aber eine Konsequenz, die er sich selbst hat zuschulden kommen lassen“, nannte das der Richter. Nicht ohne anzumerken, dass er es „sinnvoll“ gefunden hätte, wenn man durch caritative Einrichtungen wie Diakonie oder Caritas für den Mann mehr hätte machen können.

3D-Grafik des SARS-CoV-2-Virions (Grafik: Public Domain)

Amtsärztin erwartet wieder einen Inzidenzwert von über 100

Durch die zunehmende Ausbreitung von Corona-Mutationen steigen auch im Kreis Kleve die Fallzahlen in den vergangenen Tagen deutlich an. Am Freitag, 26. Februar 2021, lag die 7-Tage-Inzidenz laut einer Pressemitteilung der Kreispressestelle bei 81,6. „Wir merken, dass gerade diese mutierten Viren erheblich schneller weitergegeben werden“, fasst Dr. Martina Scherbaum, Amtsärztin des Kreises Kleve, die Ergebnisse ihrer Analysen zusammen. „Wenn sich dieser Trend fortsetzt, erwarte ich, spätestens innerhalb der nächsten zwei Wochen eine 7-Tage-Inzidenz von über 100 zu erreichen.“ Dieser Trend könne nur aufgehalten werden, wenn die Hygieneregeln weiter konsequent eingehalten werden. „Wir brauchen die Mithilfe aller Bürgerinnen und Bürger im Kreis Kleve, damit die Infektionszahlen aufgrund der ansteckenderen Corona-Mutationen nicht ‚durch die Decke schießen‘“ so Landrätin Silke Gorißen. „Keiner kann sagen: Das geht mich nichts an! Denn das Virus macht vor keinem Bereich unseres Alltags Halt. Ob Kita oder Schule, ob Arbeitswelt oder Freizeitangebote, ob Treffen mit der Familie oder mit Freunden – überall müssen die Abstands- und Hygieneregeln beachtet werden, damit es einen Weg zu ‚mehr Normalität‘ geben kann.“

31 Prozent Mutationsfälle erfasst

Seit dem 08. Februar 2021 wurden im Kreis Kleve 116 Virus-Mutationsfälle – 114 Fälle der britischen Variante und 2 der südafrikanischen – durch Test-Typisierung bestätigt. Außerdem wurden bislang 52 so genannte „epidemiologische“ Fälle erfasst. Dabei handelt es sich um positiv getestete Personen, die direkten Kontakt zu einer Person hatten, bei der eine Virus-Mutation nachgewiesen wurde. Diese Tests wurden jedoch nicht typisiert. 168 Mutationsfälle bei insgesamt 539 gemeldeten Fällen (08.-24.02.) bedeuten, dass in 31 Prozent der Coronafälle ein Mutationsfall vorliegt. Der prozentuale Anteil der Virus-Mutationen liegt jedoch wahrscheinlich viel höher. Dr. Scherbaum: „Das Gesundheitsamt veranlasst Typisierungen immer dann, wenn der Verdacht auf eine Mutation besteht, beispielsweise bei einer unerwarteten Krankheitsschwere oder einem ungewöhnlichen Ausbruchsgeschehen.“ Zusätzlich gebe es auch untersuchte Proben von den verschiedenen Laboren.

Etwa jede zweite positiv getestete Person weiß nicht, wo und bei wem sie sich angesteckt hat. Bei den verbleibenden 50 Prozent der Fälle können und werden die Infektionsketten nachvollzogen. Gut 30 Prozent der Ansteckungen erfolgen bei privaten Kontakten und am Arbeitsplatz, 10 Prozent stehen in einem Zusammenhang mit größeren Ausbrüchen und 5-10 Prozent der Ansteckungen erfolgen im eigenen Haushalt.

Corona-Stab: Wir dürfen nicht nachlässig werden

Die Mitglieder des Corona-Stabs appellieren an die Bürgerinnen und Bürger im Kreis Kleve, weiterhin auf die Hygieneregeln zu achten. „Wir dürfen nicht nachlässig werden, auch wenn wir nach einem Jahr Corona alle erschöpft sind und uns endlich wieder normaler im Alltag bewegen wollen. Jetzt ist es wichtig, weiterhin die Kontakte konsequent zu begrenzen.“ So könnten beispielsweise Einkäufe gebündelt werden, um mehrfache Besuche im Supermarkt oder im Lebensmittel-Einzelhandel zu verringern.

Bei Erkältungssymptomen sollte beim Hausarzt ein Corona-Test durchgeführt werden. Zumindest sollte die erkrankte Person so lange zuhause bleiben, bis für 48 Stunden keine Erkältungssymptome mehr vorliegen.

Da das Gesundheitsamt zunehmend Ausbrüche in Betrieben feststellt, sollten auch die Unternehmen im Kreisgebiet ihre Hygienekonzepte überdenken. Regelmäßige Schnelltests könnten geeignet sein, um Ausbrüche in Betrieben frühzeitig zu erkennen und zu begrenzen.

Auch wenn Kinder und Jugendliche häufig bei einer Corona-Infektion nur geringe Symptome haben, können sie das Virus weiterverbreiten. Deshalb sollten auch sie ihren aktiven Freundeskreis begrenzen und in der Gemeinschaft konsequent eine medizinische Maske tragen.