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Drei Täter flüchten in einem dunklen PKW

Geldautomat in Twisteden gesprengt

Am frühen Mittwochmorgen, 14. Dezember 2022, gegen 3 Uhr, kam es zu einer Geldautomatensprengung in einer Bankfiliale an der Dorfstraße in Twisteden.

Die Täter flüchteten in einem dunklen PKW mit niederländischem Kennzeichen

Da hat‘s geknallt: Geldautomat an der Feldstraße gesprengt

Wer in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in Kevelaer nicht senkrecht im Bett saß, der darf sich wohl entweder über einen tiefen Schlaf oder ein Heim fernab der Feldstraße freuen.

Sechs Jahre Haft für Automatensprenger

Im Geldautomatensprenger-Prozess gegen einen 29-jährigen gebürtigen Kempener (das KB berichtete) hat das Landgericht Kleve jetzt das Urteil gefällt. Der Mann wurde wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion  in zwei Fällen, versuchter Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit versuchtem schwerem Bandendiebstahl in zwei Fällen und mehrfachen Diebstahls zu einer Gefängnisstrafe von insgesamt sechs Jahren verurteilt. Die Strafe beinhaltete dabei nicht die von der Verteidigung und dem Angeklagten angestrebte Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung.

Sprengung am „Irrland“

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann gemeinsam mit zwei weiteren bereits verurteilten Männern im September und Oktober 2018 mehrere Geldautomaten – neben dem am Twistedener „Irrland“ auch weitere in Moers, Tönisvorst und Mülheim-Kärlich – versucht hatte, in die Luft zu sprengen.

In Moers sei die schwere Tresortür meterweit durch die Luft geflogen, auch in Twisteden war der Automat aufgesprengt, aber keine Beute gemacht worden. In den anderen beiden Fällen sei es bei dem erfolglosen Versuch geblieben. Dazu kamen noch ein versuchter Diebstahl im Krefelder „Nordbahnhof“ im Juli 2018, der Diebstahl des Tatfahrzeugs in Mülheim an der Ruhr sowie Einbrüche in einer Grefrather Schule, einer Kita in Meerbusch und einer Wohnung in Korschenbroich Ende 2018.

Die Krefelder Tat und die Diebstähle Ende 2018 hatte der Angeklagte gestanden. Das hielt ihm das Gericht auch positiv zugute.

Man sei zu dem Schluss gekommen, dass die Angaben der Mitbeschuldigten, die die Tatbeteiligung des Angeklagten bestätigt hatten, stimmen. Für deren Glaubhaftigkeit spreche insbesondere ihre Übereinstimmung und die Selbstbelastung, sagte Richter Gerhard van Gemmeren. Dazu kämen objektive Tatbestände, die DNA beziehungsweise die Fingerspuren des Angeklagten und die Funksignale, die das Handy des Angeklagten zur jeweiligen Tatzeit in Tatnähe zweifelsfrei festgestellt hätten. Die Handys der Täter wimmelten davon, dass von Geldautomaten berichtet werde, Standorte mitgeteilt, sowie Fotos von Geldautomaten und Presseberichte gesammelt worden seien und man sich im Chat darüber unterhalten habe. „Dass der Angeklagte uns da weis machen will, damit nichts zu tun zu haben, das passt nicht zusammen.“ Außerdem habe er „des öfteren die Unwahrheit“ gesagt, nannte van Gemmeren das April-Verfahren als Beispiel.

Der Angeklagte habe Geld benötigt „für Glücksspiel, Unterhalt, Reisen, Lokaleröffnungen“. Es habe sich um „lange geplante, durchgeführte Straftaten mit Vorbereitungsphasen“ gehandelt.  Er sei zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Taten voll schuldfähig gewesen. Er sei zwar „durchaus eine gestörte Person“, das habe aber auf die Taten keinerlei Auswirkungen gehabt. Selbst wenn er depressiv gewesen sei, habe er die Straftaten trotz Depression begangen. Auch eine Spielsucht trage da nicht. Die vom Gutachter konstatierte „bipolare Störung“ und die „posttraumatische Belastungsstörung“ müssten für die Taten ursächlich gewesen sein – das sei aber nicht der Fall. Der Angeklagte habe nichts dazu gesagt, die Taten wie x-beliebige Straftaten wiedergegeben. Auch die Mittäter hätten psychische Besonderheiten nicht bemerkt, bei vorherigen Verurteilungen sei nichts festgestellt worden.

Auch aus dem Tatablauf ergäben sich auch keine Besonderheiten. „Und der Angeklagte konnte, wenn es ihm zu gefährlich war, auch eine Tat abbrechen.“ Der Angeklagte brauche sicher psychologische Hilfe, aber die könne auch im Gefängnis und im Anschluss an die Haftstrafe geleistet werden. Daran müsse der Angeklagte allerdings auch mitwirken wollen.

Staatsanwalt hatte acht Jahre und neun Monate Gefängnisstrafe beantragt

Die Staatsanwaltschaft hatte insgesamt acht Jahre und neun Monate beantragt. Die Taten seien von dem Angeklagten „kriminell geplant und umgesetzt“ worden. Er sei ein „Manipulator“ und ein „Lügner“, der versuche, „die Leute für sich und seine Taten einzuspannen, für sich zu benutzen.“ Er habe mit „Gewissenlosigkeit“ gehandelt, weil es ihm egal gewesen sei, ob andere Leute zu Schaden kommen, insbesondere werde das am Beispiel Moers deutlich.

Die Angaben des Angeklagten zu der bestrittenen Beteiligung an den Sprengungen seien „widersprüchlich“, „nicht glaubhaft“ und eher „Phantasiegeschichten“.

Vorwürfe an die Kammer

Der Anwalt des Angeklagten sprach von einer „vermeintlichen Bande“ und „dünner Beweislage“. Die anderen beiden verurteilten Männer hätten sich im abgetrennten Verfahren mit dem Geständnis einen „schlanken Fuß“ gemacht. Die Kammer habe auch „kein besonderes Interesse an der Aufklärung gezeigt“, die Straffähigkeit des Mandanten sei eingeschränkt gewesen.

Drastischer fiel das letzte Wort des Angeklagten aus, der nach seinem Ausfall am vergangenen Donnerstag im Gericht Fußfesseln trug. Er unterstellte, er sei bewusst nicht in das Verfahren gegen die beiden Mittäter eingeführt worden. „Dann wäre es hier nie soweit gekommen“, warf der 29-Jährigen dem Staatsanwalt vor, sein „Verfahren“ von Oktober 2019 mit dem Schuldspruch „verteidigen“ zu müssen. „Das ist skandalös.“

Er selbst habe nur „die Tat am Nordbahnhof und drei Aufpasserdienste“ begangen. Als er auf die Aussage der beiden Mittäter zu sprechen kam, äußerte er den Satz: „Am liebsten wäre ich über den Tisch und hätte sie kaputtgeschlagen.“

Automatenknacker sind geständig

Die Staatsanwaltschaft Kleve wirft einem 28-jährigen Krefelder und einem 20-jährigen Mülheimer vor, gemeinsam mit einer dritten Person von Ende September bis Oktober vergangenen Jahres Geldautomaten in Tönisvorst, Puhlheim, Moers und Mülheim-Kärlich gesprengt zu haben. Außerdem sollen der Krefelder und der dritte Mann Ende Dezember 2018 mehrere Einbrüche verübt haben.

In der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2018 (das KB berichtete) sprengte das Trio auch den Geldautomaten am Twistedener Scheidweg in der Nähe vom „Irrland“. Dabei wurde die Abdeckung des Geldautomaten abgerissen und etwa 20 Meter weit fortgeschleudert. Der Tresor im Geldautomaten wurde oberflächlich beschädigt und konnte durch die Täter nicht geöffnet werden.

Der Ermittlungsleiter der Polizei führte aus, dass die Sprengungen alle nach demselben Muster abgelaufen sind. Die Männer hebelten die Automatenverkleidung auf, verlegten dort Schläuche, stellten eine Propangasflasche dazu und entzündeten sie erst über Mullbinden, dann mit einer flüssigen Lunte. Das Gemisch in Tönisvorst entzündete sich jedoch nicht. In Pulheim kam es nicht zur Explosion, weil die Täter wegen des LEG-Tanks und der Nähe zur Tankstelle die Tat nicht vollzogen. Der Anwalt des Krefelders monierte, dass dieser Fall im Verfahren nicht hätte zugelassen werden dürfen.

Dem Trio auf der Spur

In Moers erfolgte eine Explosion, wobei der Tresor bis zum Fahrbahnrand flog, das Geld teilweise verbrannte. Am Ende fehlten 1460 Euro. In Mülheim-Kärlich blieb das Trio wie in Twisteden ohne zählbares Ergebnis – darum später auch die Diebstähle. Der Beamte sprach von „gefährlichem Halbwissen“, was die Methode anging, und einer „Sache für Amateure“. Über die zurückgelassenen Tatwerkzeuge, DNA-Spuren und der Handy-Überwachung kam man dem Trio schließlich auf die Spur.

Beide Angeklagten gaben sich geständig. Als Motiv gab der junge Krefelder an, dass er die Taten wohl aus alter Verbundenheit mit dem polizeilich als Hooligan eingestuften dritten Mann begangen habe. Neun Jahre zuvor hatte er in Bayern mehrere Raubüberfälle – darunter auch mit schwerer Körperverletzung – begangen, erhielt aber eine Jugendstrafe auf Bewährung, während der Komplize einsaß. Der 20-jährige Mülheimer nannte Geldprobleme und das Gefühl, nicht mehr weiter zu wissen, als seine Motive. Außerdem wurden gravierende Probleme im familiären Umfeld deutlich. Nach dem Pulheim-Ereignis habe er aufgehört, sei nach Österreich gegangen. Dort habe der dritte Mann ihn aufgesucht und zu weiteren Taten verleitet.

Eine Gutachterin des Jugendamtes empfahl, den 20-Jährigen strafrechtlich nicht als „Jugendlichen“, sondern als „Heranwachsenden“ einzuordnen. Das Verfahren wird am 10. Oktober mit den Plädoyers und dem Urteil abgeschlossen.