Seit Jahrzehnten breitet sich der Eichenprozessionsspinner (EPS) immer weiter aus und gehört seit vielen Jahren zum festen Arteninventar auch am Niederrhein. Nun beginnt wieder die Zeit, in der die Raupen ihre Brennhaare bilden und damit zum Risiko für den Menschen werden. Dazu gibt der Kreis Kleve nun Hinweise für die Bevölkerung heraus.

Um gesundheitlichen Problemen vorzubeugen, versprühen viele Kommunen jedes Jahr vorbeugend ein biologisches Mittel, das das Bakterium „Bacillus thuringiensis“ (Bt) enthält. „Aber dieses Mittel tötet nicht speziell die Raupen des EPS, sondern auch viele andere Insekten, in deren Verdauungstrakt es gelangt. Das sind alle Schmetterlingsraupen, die sich zu der Zeit von eingesprühten Blättern von Eichen oder Grashalmen darunter ernähren, aber auch Käfer und diverse Larven anderer Arten sind gefährdet“, warnt der Naturschutzbund (NABU) Kreisverband Kleve e.V.. Dadurch könne auch der Bruterfolg von Singvögeln beeinträchtigt werden. Denn zahlreiche Vogelarten ernähren ihre Jungen im Frühjahr mit eiweißreichen Schmetterlingsraupen, vor allem aus Eichen. Auch für Fledermäuse seien derartige Auswirkungen möglich. Denn in Eichen gibt es von Natur aus die meisten Raupen.

„Wie bedeutsam Eichen für die Artenvielfalt sind, veranschaulicht der derzeit laufende Kinofilm ‚Die Eiche – Mein Zuhause‘ sehr beeindruckend. Wenn Insekten in dieser Nahrungskette auch nur kurzzeitig ausfallen (das Präparat verliert nach wenigen Tagen seine Wirkung), hat dies trotzdem weitreichende Konsequenzen für die gesamte Lebensgemeinschaft der Natur“, so der NABU.

Chemische Behandlung nur bei massivem Befall

Das Umweltbundesamt weist in seinen Empfehlungen von 2016 und 2019 daraufhin, dass eine chemische Bekämpfung nur dann erfolgen darf, wenn nach einer vorherigen Befallsermittlung ein deutlicher Raupenbefall der Bäume festgestellt werden konnte. Eine vorbeugende Behandlung der Bäume ohne Befallsermittlung sei nicht sinnvoll. Jeder Einsatz sei sorgfältig abzuwägen; die Belange von Umwelt-, Natur- und Gesundheitsschutz müssten dabei berücksichtigt werden.

„Wenn es sich um einen verhältnismäßig schwachen Befall handelt und / oder die betroffenen Gebiete von Menschen kaum genutzt werden, sollten Biozide nicht zur Bekämpfung eingesetzt werden“, heißt es seitens des NABU. In Waldgebieten, in denen Eichenprozessionsspinner auftreten, können für die betroffenen Areale Warnschilder aufgestellt oder diese vorübergehend gesperrt werden. Sind einzelne oder wenige Bäume in der Nähe von Siedlungen oder in Bereichen befallen, die Menschen oft nutzen, können ausgebildete Schädlingsbekämpferinnen und -bekämpfer die vorhandenen Raupen oder Nester mit geeigneten Methoden entfernen.

„Die langjährige Erfahrung der Niederlande zeigt, dass so ein gestuftes Vorgehen erfolgreich sein kann“, so der NABU. Nach einer Risikoanalyse werden die befallenen Gebiete in Risikozonen eingeteilt und durch ein fortlaufendes Monitoring überwacht. Der niederländische Leitfaden (abrufbar unter: https://bit.ly/43FelXA) wird regelmäßig den neuesten Erkenntnissen angepasst. Die aktuellste Version erschien im Mai 2022.

Einige Gemeinden im Kreis Kleve verzichten in diesem Jahr bereits auf flächendeckende Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen. Sie kontrollieren stattdessen ehemals befallene Bäume und bekämpfen den Eichenprozessionsspinner bei Bedarf mit geeigneten Maßnahmen.

Einrichtung eines Meldesystems gefordert

Der NABU fordert die Kommunen auf, die positiven Erfahrungen der niederländischen Nachbarn und einiger Kommunen im Kreis Kleve aufzugreifen sowie den Empfehlungen des Umweltbundesamtes zu folgen. Sinnvoll sei eine Kommunikation mit der Bevölkerung, mit Waldbesitzerinnen und -besitzern sowie den Forstbehörden.

Der NABU befürwortet zudem die Einrichtung eines Meldesystems bei der kommunalen Verwaltung, um in Zukunft auf vorbeugende, flächendeckende Bekämpfungsaktionen verzichten zu können. Die Notwendigkeit von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor den Brennhaaren des Eichenprozessionsspinners stehe außer Frage, z.B. in der Nähe von Kindergärten oder Schulen. „Die Entscheidung über Art und Umfang von Maßnahmen sollten jedoch immer auf das notwendige Mindestmaß beschränkt sein.“ Ein abgestuftes Konzept ermögliche die Abwägung und Planung von Maßnahmen und vereinbare den größtmöglichen Schutz der Kreis Klever Bevölkerung mit den Zielen des Umwelt- und Naturschutzes.

Auskunft zu den Eichenprozessionsspinnern erteilt der NABU Kreisverband Kleve, Monika Hertel, Kapellener Markt 2, 47608 Geldern, info@nabu-kleve.de.

Über den EPS

Der Eichenprozessionsspinner ist ein Nachtfalter und eine in Deutschland heimische Schmetterlingsart, die von der Klimaerwärmung profitiert. Die Eier werden in warmen Wintern kaum geschädigt, so kann sich der EPS im Frühjahr massenhaft ausbreiten.

Die Raupen können sowohl aus gesundheitlicher als auch aus forstlicher Sicht ein Problem darstellen. Sie schlüpfen (je nach Witterung) im April und durchlaufen bis zur Verpuppung fünf bis sechs Entwicklungsstadien. Dabei fressen sie austreibende Blätter von Eichen und leben in Familienverbänden. Ab dem dritten Larvenstadium (April / Mai) bilden die Raupen die reizend wirkenden Brennhaare aus und das akute Risiko für den Menschen ist in dieser Zeit am größten.