Geschichten über Menschen aus Kevelaer und Ortschaften

Hubert Janssen wird 90 – Bordpfarrer, Autor und Hobbymaler

Pfarrer Hubert Janssen sitzt an seinem Schreibtisch. Hier in seinem Büro beantwortet er Briefe, hält Korrespondenz mit Menschen aus der ganzen Welt. Der Pfarrer aus Kevelaer pflegt Kontakte. Auch im hohen Alter noch. Am kommenden Dienstag wird der Pfarrer und Oberstudienrat 90. Jahre alt.
„Dieses gesegnete Alter habe ich der guten Pflege meiner Schwestern Marianne und Elisabeth zu verdanken. Ohne sie wäre ich keine 90 geworden“, sagt Hubert Janssen mit einem dankbaren Lächeln. Seinen guten Gesundheitszustand, körperlich wie geistig, führt er aber auch auf die guten Gene seiner Vorfahren zurück.
Am 17. Januar 1927 erblickt Hubert Janssen in Kevelaer das Licht der Welt. Er wächst mit zwei Brüdern und drei Schwestern in der Nähe der Gnadenkapelle auf. Das Leben in der katholischen Familie und das Priesterleben in seinem näheren Umfeld prägen sein geistliches Denken. Mit 11 Jahren entdeckt Hubert die Liebe zur Seefahrt. An der Seite seines Onkels, Pfarrer Edmund Janssen, (er legte den Grundstein für die Amelandfahrten unzähliger Kinder und Jugendlicher), schippert der Junge erstmalig zur Nordseeinsel Ameland.
Während des Krieges ist er als Flakhelfer an der Möhnetalsperre im Einsatz. Von dort kehrt er mit 18 Jahren zur Familie zurück. Nach dem Abitur studiert Janssen Theologie, christliche Soziallehre und Philosophie, bevor er am 6. August 1952 in der St. Lambertikirche zu Münster die Priesterweihe empfängt. Schon als junger Kaplan in Ossenberg oder Homberg bewegen ihn die Anliegen der Kinder und Jugendlichen. Ein Jahr nach seiner Priesterweihe gründet der junge Pfarrer das inzwischen bundesweit bekannte Kinderferienwerk Ameland, übernimmt deren seelsorgerische Betreuung.
1958 heuert Hubert Janssen erstmalig als Bordpfarrer auf der „Arosa Sun“ an. „Damals waren es noch Linienschiffe“, erklärt der weltweit gereiste Seelsorger. Die Fahrt führt ihn nach Kanada. Eine Reise, die das Denken und Leben des jungen Mannes gründlich beeinflussen wird. „Auf dem Schiff wird Kirche anders gelebt“, berichtet der Träger des Bundesverdienstkreuzes, der Caritasnadel in Gold, der Dankplakette des Malteserhilfsdienstes in Silber und Gold und der Verdienstmedaille des Malteserordens in Rom. Auf einem Schiff sind Nationalitäten nicht wichtig. Hier rücken Religionen, Konfessionen und Kulturen enger zusammen. In vielen Einzelgesprächen, Vorträgen, Begleitungen der Passagiere, ist der Bordpfarrer für die Menschen da, hört ihre Sorgen und Nöte, erfährt ihre Freuden, gibt Rat.
55 Jahre (zuletzt 2013) fährt Hubert Janssen als Bordpfarrer auf Kreuzfahrtschiffen wie der Maxim Gorky, der Arkonia, der Europa, der Astor, der Astoria, dem Traumschiff M.S. Deutschland und der Queen Mary II zur See, umfährt alle Weltmeere, bereist 120 Länder dieser Erde. Zu seinen Aufgaben gehören aber nicht nur Gottesdienste. Der weltoffene und durchaus kritische Pfarrer hält Vorträge über Weltreligionen, befasst sich mit der Sternenkunde auf hoher See, begleitet die Passagiere auf ihren Landausflügen, bietet ihnen musikalische Darbietungen am Klavier oder auf dem Akkordeon.
Auf seinen Reisen lernt er Stars, Künstler, Regierungschefs, aber auch den einfachen Menschen kennen. All ihre Geschichten nimmt Hubert Janssen auf, schreibt sie nieder. Er schreibt sein Leben mit Gott und den Menschen auf. Sechs Bücher wie „Gott ist immer auf Sendung“, „Gott wie siehst du aus“, „Das singende Kirchenschiff“, als Mitautor „Brot für den Tag“, „Hinterfragter Glaube“ und „Meine Zeitreise“, hat Hubert Janssen verfasst. Darin schlägt der Seelsorger durchaus kritische Töne an. Er ist kein Pfarrer, der zu allem „Ja“ sagt, der das Zeitgeschehen einfach so hinnimmt.
„Für die Zukunft der Kirche ist es wichtig, dass Laien mehr in die Verantwortung einbezogen werden“, sagt der hauptamtliche Religionslehrer, „auch die Rolle der Frau muss gestärkt werden, die Tür muss für die Frau geöffnet werden, nicht aus der Not heraus sondern vielmehr aus Einsicht.“ Janssen befürwortet, dass Priester ihre Lebensform frei wählen sollten: „Jesus hätte die Ehelosigkeit nicht gewollt.“
Mit Bedauern und Sorge sieht er die prekäre Weltsituation und die nicht enden wollenden Flüchtlingsströme. Diese hält er zum Teil für gesteuert. „Es sind Religionskriege“, so der Pfarrer, der dabei an die Kreuzzüge der Christen erinnert.
Seit 1994 wohnt Pfarrer Hubert Janssen wieder in Kevelaer. Er wird als „Würdenträger am Niederrhein“ in verschiedene Gemeinden eingesetzt. „Dadurch erreiche ich mehr Menschen“, sagt der Hobbymaler, der dankbar für sein reich gefülltes und vielseitiges Leben ist.
Dazu zählen auch seine sieben von ihm komponierten Messen wie „Ihr seid das Salz der Erde“, „Ave Maria“ „Die Welt braucht Frieden“ und das „Kevelaerer Marienlied.“ Und im August dieses Jahres steht sein eisernes Priesterjubiläum bevor.
Doch zunächst feiert Pfarrer Hubert Janssen seinen runden Geburtstag mit einem Tag der offenen Tür. Denn diese steht immer für jeden Menschen offen.
Stationen des Pfarrers und Oberstudienrates Hubert Janssen:
Nach seiner Priesterweihe im August 1952, Kaplan in Rheinberg Ossenberg. Von 1953-1956 Kaplan in Duisburg-Homberg. 1953 Gründung des Kinderferienwerkes Ameland/NL.1956-1959 Jugendkaplan in Ahlen. 1959 hauptamtlicher Religionslehrer an den Berufsschulen in Duisburg-Homberg und Subsidiar in Homberg-Hochheide. In den Jahren von 1963-1983 Studienrat und Oberstudienrat an den Berufsschulen und Kollegschulen Recklinghausen und als Subsidiar in der dortigen Gemeinde St. Petrus-Canisius. Von 1982-1994 versah er pastorale Dienste in 13 Gemeinden des Dekanats Marl. Seit 1990 ist Hubert Janssen Geistlicher Beirat des Berufsverbandes katholischer Arbeitnehmerinnen in der Hauswirtschaft in Deutschland und Nordrhein-Westfalen. Viele Jahre als Vorstandsmitglied der Pax-Vereinigung in Deutschland. Seit 1994 ist Pfarrer Hubert Janssen Seelsorger in acht Gemeinden des Pfarrverbandes Kevelaer und im Dekanat Goch.

Eine Meisterin irdenwarener Zierschüsseln

Künstlerische und persönliche Interessen hatten Grethe Holtmann, Tochter des Malers Heinrich Holtmann, und Josef Vorfeld 1929 zusammengeführt. Sie arbeiteten in einem gemeinsamen Atelier in Kevelaer. Ab 1930 betrieben sie die alte Ölmühle auf Schravelen als Werkstatt.
1932 heiratete das Paar. Drei Kinder gingen aus der Ehe hervor, die gut 60 Jahre dauern sollte.
Die Töpfermeisterin, Jahrgang 1899, widmete sich dem Studium der niederrheinischen Irdenwaren, vor allem der Zierschüsseln. Bereits als sehr junge Frau war sie im Maler-Atelier von Friedrich Stummel und Vater Heinrich Holtmann sowie beim Krefelder Keramiker Paul Dressler ausgebildet worden.
Mit großer Kunstfertigkeit bemalte sie Gefäße, Schalen und Teller und ließ sich z.B. durch persische Fayence anregen. Ihre Werke fanden ungeahnten Zuspruch. In vielen niederrheinischen Wohnungen hängen bis heute Zierschüsseln aus den Händen von Grethe Vorfeld-Holtmann an den Wänden oder stehen in Vitrinen und werden gehütet als Familienschatz. Sie sind echte Sammlerstücke und auf dem Markt kaum zu bekommen.
Oft sind Teller und Schüsseln für die Erwerber persönlich gestaltet und bei aller Unterschiedlichkeit für Kenner durch Formensprache und Farbgebung auf Anhieb zu identifizieren.
Zwischen den Eheleuten Josef Vorfeld und Grethe Vorfeld-Holtmann entwickelte sich eine gute Arbeitsteilung: Josef drehte und montierte, Grethe verlieh dem Werk Leben und Farbe.
Die beiden gehören zu denen, die den Ruf der Marienstadt begründeten, auch eine Kunstwerkstadt zu sein. Das begnadete Paar war bis ins hohe Alter kreativ. Beide Namen, Holtmann wie Vorfeld, sind mit einer der bedeutsamsten Kulturstätten in Kevelaer elementar verknüpft: mit dem niederrheinischen Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte.
1990 verlieh der Verein für Heimatschutz und Museumsförderung zum ersten Mal einen Ehrentaler an Persönlichkeiten, die die Einrichtung durch ihr Engagement gefördert hatten. Grethe Vorfeld-Holtmann und Dr. Franz Oehmen wurden bei dieser Premiere ausgezeichnet. Ihre Väter hatten zu den Gründern des Museums gezählt. Die „Kinder“ hatten die Arbeit fortgeführt.
Grethe Vorfeld-Holtmann erzählte damals von den Anfängen des Museums. Die erste Sammelstätte habe sich auf dem heimischen Speicher an der Antoniusstraße befunden. Wenn Vater Heinrich verreist war, schlichen die Kinder sich hinauf und begutachteten die alten Stücke. Ihr Vater hatte vor allem Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie Hausrat, Möbel und Bildschmuck zusammengetragen und den Grundstock für das später gegründete Volkskundemuseum gelegt.
Später widmete das Museum dem Lebens- und Kunstwerk von Josef Vorfeld und Grethe Vorfeld-Holtmann unter dem Titel „Die Werkstatt Grethe und Josef Vorfeld“ eine eigene Ausstellung.
Grethe Vorfeld-Holtmann starb 1992. Ihr Mann überlebte sie fünf Jahre.

Was macht eigentlich Heinz Paal?

Heinz Paal, geboren 1942, begann 1974 seine Laufbahn bei der Stadt Kevelaer als Leiter des Rechnungsprüfungsamtes und schon 1976 wurde er zum Kämmerer und Beigeordneten ernannt. Mit dem Ausscheiden des Stadtdirektors Dr. Heinz Röser zum Jahreswechsel 1983/1984 war der Weg frei, um an die Spitze der Verwaltung aufzurücken. Mit der Änderung der kommunalen Gesetzgebung und der Zusammenlegung der Ämter des hauptberuflichen Stadtdirektors (durch den Stadtrat bestimmt) und des ehrenamtlichen Bürgermeister­amtes (durch die Bürger gewählt) wurde Heinz Paal 1999 zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister der Stadt Kevelaer gewählt.
Heinz Paal war ein zielstrebiger und durchsetzungsstarker Verwaltungschef, der sicher auch wegen dieser Eigenschaften nicht immer unumstritten war. Vielen Menschen wird er in lebhafter Erinnerung geblieben sein, doch nur wenige kennen vermutlich den Menschen hinter dem Amt, das er fast 20 Jahre inne hatte.
Der KB-Herausgeber Rudolf Beerden hat Heinz Paal in der Woche vor Weihnachten in dessen Zuhause an der Blumenstraße in Kevelaer besucht. Bei Kerzenschein mit Kaffee und Gebäck konnte er ihm Fragen stellen, die den Lesern des Kevelaerer Blattes den Menschen Heinz Paal durch dessen Antworten vielleicht ein wenig näher bringen wird. Wer ist der Mensch hinter der „öffentlichen“ Person?
Kevelaerer Blatt: Herr Paal, wie beginnt ein typischer Tag in Ihrem Leben?
Paal: „Wie bei jedem Menschen, mit Aufstehen, Frischmachen, Anziehen und dem Gang in die Küche. Hier nehme ich zu allererst ein halbes Glas Möhrensaft zu mir. Sie wissen schon, wegen der Augen“, sagte er mit seinem bekannten verschmitzten Lächeln. Das sei ein schon seit Jahrzehnten praktiziertes Ritual, führt er weiter aus. „Das alles natürlich zu anderen Zeiten als früher. Meine Frau und ich können den Tag jetzt recht entspannt beginnen. Wobei wir nicht in den Tag hinein bummeln. Sobald es hell wird, sind wir auf jeden Fall auf den Beinen.“
Was ist Ihr Lebensmotto?
Paal: „Das habe ich nicht und ich habe mir auch noch nicht wirklich Gedanken darüber gemacht.“
Ihr liebstes Genussmittel?
Paal: „Wein und Tabak“, antwortet er ohne zu zögern. „Beim Wein heute eher weiß als rot, wie z.B. Sauvignon Blanc, Pinot Grigio und Chardonnay. Den Tabakkonsum habe ich auf maximal fünf kleine Zigarillos reduziert.“
Aha, also eher ritualisiert als das früher stressgeplagte Rauchen? Oder war es das nie?
Paal: „Geplagt nie, höchstens unbewusst. Irgendwann im Büro machte ich eine Feststellung: Ich telefonierte zwangsläufig und habe das überhaupt nicht so richtig wahrgenommen. Ich telefonierte und telefonierte und am Ende des Gesprächs war mein Aschenbecher plötzlich fast ganz voll. Ich dachte dann, das darf doch nicht wahr sein, hast du die Dinger alle geraucht, bist du närrisch?
Dann habe ich mir einen Trick überlegt. Die Zigarillos wurden am äußersten Ende des Büros, also fünf bis sechs Meter entfernt, deponiert, sodass ich während der häufigen Telefonate hätte aufstehen müssen, denn die Telefone hatten damals alle noch ein Kabel. Ich hing dann im wahrsten Sinne des Wortes „an der Strippe“ fest und konnte nicht mehr so viel rauchen.“
In diesem Zusammenhang: Wie steht es um Ihre Gesundheit?
„Im vergangenen Jahr hatte ich eine böse Attacke. Ich war in Bad Oeynhausen, aber nicht der Erholung wegen, sondern wegen der Herzchirurgen. Ich habe es allerdings rechtzeitig wahrgenommen durch ein Kribbeln zuerst im linken und dann im rechten Arm. Ich sagte darauf zu meiner Frau: „Morgen muss ich zum Kerner (Anmerkung d. Reaktion: Dr. med. Rüdiger Kerner, Chefarzt im Marienhospital), der muss da reingucken, da stimmt etwas nicht. Es war glücklicherweise nur ein leichter Herzinfarkt. Einige Beipässe wurden gesetzt und jetzt fühle ich mich wieder wirklich gut. Eigentlich soll ich ja gar nicht mehr rauchen, aber das fällt mir richtig schwer. Ich rauche für mein Leben wirklich gerne“, sagt er mit einem Lachen.
Welche Momente haben Sie im Rat oder Verwaltung genossen?
Paal: „Meine Wiederwahl zum Stadtdirektor, mit allen Stimmen, ohne Gegenstimmen, ohne Enthaltung. Von allen Parteien“, sagt er voll Stolz. „Und das nach acht Jahren im Amt, das habe ich genossen. Das war eine Anerkennung meiner geleisteten Arbeit.“
Und was im Täglichen?
Paal: Er überlegt etwas länger. „Ach wissen Sie, das waren eine so große Fülle in den 20 Jahren. Die könnte ich gar nicht alle aufführen. Vielleicht der Papstbesuch. Aber das war sicherlich für viele andere auch ein besonderes Ereignis.
Was bereuen Sie aus der beruflichen Sicht?
Paal: „Das wir viele gute, in den Ansätzen geplante Vorhaben nicht verwirklichen konnten. Und noch einen Punkt, aber den werde ich Ihnen nicht verraten“, sagte er mit ernster, fast trauriger Miene.
Und in Ihrem privaten Umfeld?
Paal: „Auch das sage ich Ihnen nicht“, sagt er, jetzt mit einem süffisanten Lachen.
Man sagt Ihnen nach, dass Sie durchsetzungsstark sind. Woher kommt diese Eigenschaft?
Paal: „Auf jahrelange Beobachtung der Menschen, wie sich diese verhalten und wie man mit ihnen umgehen muss. Und es ist eine charakterliche Frage, eine angeborene Eigenschaft, die Sie haben oder eben nicht.“ Sagt er bestimmt. „Und man muss natürlich immer sehr gute Leute an seiner Seite haben, denn so allein auf weiter Flur wird es mit dem Durchsetzungsstarken auch schnell vorbei sein.“
Ich bin die gute Fee und Sie haben zwei Wünsche frei.
Paal: „Zwei?“, fragte er sofort zurück.
Ja zwei, nicht drei. Das fragt ja jeder.
Paal: „Erstens Gesundheit für meine Frau und mich. Und dass die Welt ein wenig friedlicher wird. Das ärgert mich wirklich, was zum Beispiel in Syrien geschieht, das ist furchtbar.“
Sie haben noch einen Wunsch frei.
Paal: „Wie, jetzt doch drei?“
Sie können die Zeit zurückdrehen, egal wie lange.
Paal: Er überlegt kurz und sagt ein wenig in Gedanken verloren: „Ich bin nicht sicher, ob ich nochmals in den öffentlichen Dienst gehen würde. Ich glaube, ich würde gerne Händler sein. Irgendwelche Artikel verkaufen. Früher wollte ich gerne Maurer werden, aber meine Mutter hat mich nicht gelassen. Ich habe immer etwas gebaut, und das tue ich auch heute noch gern. In meinem Haus in Spanien, da habe ich schon viele Steine übereinander gesetzt. Allerdings bin ich nicht ganz so gut im Anfertigen des Mörtels und da ist mir schon so manche Mauer wieder umgefallen.“
Was würden Sie sich für Kevelaer wünschen?
Paal: „Einen guten, mit der Situation und dem Umfeld in Kevelaer vertrauten Rat und Bürgermeister. Und dass sie die richtigen Entscheidungen für die Entwicklung Kevelaers treffen. Das wünsche ich mir für Kevelaer“, sagt er mit ein wenig Wehmut in der Stimme.
Haben Sie ein aktuelles Ziel oder Projekt?
Paal: „Ich möchte gerne Saxophon spielen, damit bin ich zugange.“ Dabei zeigt er auf das im Wohnzimmer auf einem Ständer stehende Instrument.
War das schon immer Ihr Wunsch, ein Instrument zu spielen?
Paal: „Nein. Eigentlich nicht. Nur wegen des Sounds. Ich habe mir ja auch mal eine Harley Davidson „Fat Boy“ (Anm. d. Redaktion: schweres Motorrad mit entsprechendem Knattergeräusch) gekauft, wegen des Sounds“, sagt er mit einem herzhaften Lachen. „Die habe ich aber nur fünf Jahre gefahren. Dann war ich es leid, weil ich die zuviel putzen musste.“
Wann haben Sie mit dem Saxophonspielen angefangen?
Paal: „Jetzt erst. Ich bin bei Seite 47 von 100 im Lehrbuch. Einige Male war ich beim Musiklehrer, jetzt versuche ich es autodidaktisch.“
Geht Ihre Frau dann laufen, wenn Sie loslegen?
Paal: „Nein, nein. Die hört mir zu. Teilweise singt sie sogar mit.“
Na, dann möchte ich auch eine Hörprobe von Ihnen.
Paal, ganz bestimmt: „Nein, das geht nicht. Das ist noch zu schlecht.“
Wen würden Sie gerne einmal treffen, um einen Abend zu verbringen, und warum?
Paal, überlegt etwas länger: „Also mit Trump nicht.“ (Anm. d. Redaktion: Donald Trump, nächster gewählter Präsident der USA) „Mit Angela Merkel würde ich gerne einmal reden, aber den ganzen Abend verbringen, das wäre vermutlich zu lange.“
Was haben sie an Ihrem Beruf gehasst und was hassen Sie heute?
Paal: „Also heute hasse ich es, wenn man mich hetzt. Das habe ich überhaupt nicht gerne.
Früher habe ich mich immer selbst gehetzt, das ging immer von mir selbst aus. Gehasst habe ich – da gibt es heute so ein neues Wort dafür: postfaktisch –, wenn man im Vorfeld einer Diskussion oder Entscheidung alles ganz sauber analysiert und vorbereitet hat und man dies einer Gruppe von Menschen, ausdrücklich in kleinen Schritten erklärt, damit auch wirklich jeder dem folgen kann, und anschließend sagen die dann: ,Nöö, das ist aber anders.‘ Da habe ich dann oft aufgegeben und war frustriert.“
Ihre Lieblingsmusik?
Paal: „Alles! Außer Modern Jazz. Und Zehntonmusik höre ich mir auch nicht an. Sonst bin ich eigentlich offen für jede Art der Musik. Eine Oper habe ich mir früher mal angehört, das muss ich heute aber auch nicht mehr. Ich höre mir gerne einzelne Passagen daraus an. Bei einer Oper muss ich mir dann drei Stunden um die Ohren hauen, um zehn Minuten Freude zu haben.“
Ihre größte Stärke?
Paal: „Ich kann gut vergeben, aber ich vergesse nichts. Ich verstehe, aufgrund meiner eigenen Fehlerhaftigkeit, dass ein Mensch Fehler machen kann.“
Ihre größte Schwäche?
Paal: „Das habe ich Ihnen schon erzählt: Rauchen!“
Wenn Sie aus Ihrem familiären Umfeld von Kindern gefragt werden, was Sie gearbeitet haben, was sagen Sie dann?
Paal: „Ich habe immer versucht für diese Stadt das Bestmögliche zu erreichen. Das waren recht einfache oder schwierige Dinge, die anstanden.“
Worauf sind Sie in Ihrer beruflichen Karriere besonders stolz?
Paal: „Ich war immer stolz auf ein harmonierendes Umfeld und Mitarbeiter, die gut mit mir kommunizieren konnten.“
Wenn Sie sich morgens im Spiegel betrachten, was ist Ihr erster Gedanke?
Paal: „Was bist du alt geworden.“
Was ist Ihre Lieblings­­be­schäftigung?
Paal: „Mit meiner Frau in der näheren Umgebung spazieren zu gehen. Mein Saxophon zu quälen oder es quält mich, weil so der ein oder andere Ton nicht so kommt, wie ich es mir wünsche. Ich bin zum vierten Mal Großvater geworden und meine Frau und ich freuen uns auf unseren Enkel, der auch häufiger und gerne hier bei uns ist.“
Angenommen, ich wollte Bürgermeister werden, welchen Rat würden Sie mir geben?
Paal: „Dass Sie vernünftige und loyale Mitarbeiter haben, denn Sie verstehen von Verwaltung nichts”, sagt er und lacht.
Was glauben Sie, welche Ihrer Eigenschaften missfällt den Menschen in Ihrem Umfeld am meisten?
Paal: „Ich bin etwas reserviert und wirke auf manche hochnäsig oder arrogant. Das mag bei manchem so ankommen, zumindest ist dies mein Eindruck. Deswegen habe ich oft eine gewisse Distanz zu Menschen. Das habe ich mir auch anerzogen. Das ist manchmal auch besser; bei unangenehmen Entscheidungen, kann man mit Distanz auch leichter entscheiden.“
Welches „Geheimnis“ aus Ihrer Amtszeit können Sie heute lüften?
Paal: „Meine größten Erfolge waren meine Niederlagen. Als ich meine Amtszeit begann, da gab es in Kevelaer kaum Gewerbefläche. Damals konnten wir einen riesigen Bauernhof erwerben, um diesen mit potenziellen Gewerbeflächen zu tauschen. Wäre das damals zustande gekommen, dann wäre die Stadt dran zugrunde gegangen.“
Haben Sie Entscheidungen mitgetragen, obwohl Sie diese aus Ihrer Überzeugung eigentlich abgelehnt haben?
Paal: „Nein. Da wäre ich dann lieber rausgegangen oder hätte einen dringenden Toilettengang vorgetäuscht.“
Welche Entscheidungen würden Sie heute rückgängig machen?
Paal, überlegt lange: „Personalentscheidungen, aber die sage ich Ihnen nicht. Das betrifft Menschen. Bei den großen Dingen eigentlich keine. Vielleicht in Nuancen anders machen, aber nicht grundsätzlich. Aber wie gesagt, eine Personalentscheidung, die ich getroffen habe, die war falsch.
Aber wenn Sie dies genauso schreiben, dann wird man sicherlich sagen: ,Arroganter Hund, typisch Paal, der meint, nie etwas falsch gemacht zu haben.‘“
Welcher Gedanke schießt Ihnen bei dem Begriff „Bohrloch“ zu allererst durch den Kopf?
Paal: „Dömkes. (Anm. d. Redaktion: Investor und Projektentwickler des gescheiterten „Balneasana“ auf der Hüls). Der arme Kerl, der hat sich erschossen.
375-Jahre Wallfahrt Kevelaer, was bedeutet das für Sie?
Paal: „Ich freue mich, dass die Wallfahrt schon so lange der Wirtschaftsmotor für unsere Stadt ist. Man hat mir oft vorgehalten, dass ich nichts für die Wallfahrt getan habe. Für mich war die Wallfahrt immer der größte Wirtschaftsfaktor. Und ich bin der festen Überzeugung, dass dies so weitergeht bzw. es noch intensiviert werden kann. Dies hat zwar nichts mit Glauben und Theologie zu tun, aber es ist so. Das kann allerdings nicht die Stadt leisten, dazu sind andere berufen.
Was werden Sie als erstes tun, wenn ich gleich das Haus verlasse?
Paal: „Dann ziehe ich an meinem Zigarillo, denn dann ist die Zeit da. Ich habe einen festen Zeitplan, ich muss mich ja selbst disziplinieren. Das ist ja mein Problem beim Rauchen.“
Das Gespräch führte Rudolf Beerden.

Im Vertrauen auf Gottes Fügung

Im Alter von 62 Jahren starb Clementia Elisabeth Killewald OSB, die 39. Äbtissin von Rupertsberg und Eibingen, der Abtei St. Hildegard. Sie war in Altwetten zu Hause und das älteste Kind der Familie Killewald.
Geboren in Duisburg, verbrachte sie ihre erste Schulzeit in Dinslaken. 1970 zog sie mit ihren Eltern nach Altwetten. Elisabeth Killewald, die am Lise-Meitner-Gymnasium in Geldern ihr Abitur machte, fühlte schon als junges Mädchen ihre Berufung zur Ordensschwester, hörte aber auf den Rat einer Äbtissin, erst einmal zu studieren. In Mainz nahm sie ein Musikstudium mit dem Hauptfach Flöte auf.
Als 1966 ihre leibliche Mutter starb, war Elisabeth nach der Wiederverheiratung des Vaters für ihn, ihre „neue“ Mutter und die jüngeren Geschwister eine wertvolle Hilfe beim Zusammenwachsen der Familie, zu der zwei weitere Mädchen hinzu kamen. Soziales, christliches und gesellschaftliches Engagement waren in der Familie zu Hause.
1976 trat Elisabeth in die Benediktinerinnenabtei St. Hildegard ein, die unmittelbar auf die hl. Hildegard von Bingen zurückgeht. Nach dem Noviziat, der Vorbereitungszeit für das Klosterleben, legte sie die Gelübde ab und arbeitete zunächst im Weinberg des Klosters und im Weinverkauf. Sie bildete sich zur Organistin aus, wurde Mitglied der Abtei-Schola und betreute Jahre lang zusammen mit den Hausärzten die alten und kranken Mitschwestern.
Ihr Name als Benediktinerin, Schwester Clementia (die „Güte“) – so hieß eine leibliche Schwester der hl. Hildegard -, entsprach dem Wesen der Nonne. Güte zählte zu ihrem Lebensplan. Ihre mitfühlende, integrierende Art, nach der sie schon als Mädchen und junge Frau in ihrer leiblichen Familie gelebt hatte, beeinflusste die Entscheidung des Konvents, sie zu ihrer neuen Mutter und Oberin auf unbefristete Zeit zu wählen – zur 39. Nachfolgerin der hl. Hildegard von Bingen. Im Oktober 2000 wurde sie als Äbtissin der Abtei St. Hildegard durch Bischof Franz Kamphaus geweiht.
An ihrer schwarzen Ordenstracht ist eine Benediktinerin äußerlich zu erkennen; ihre Kutte ähnelt der dunkelbraunen Tracht der Klarissen, die – wie die Benediktinerinnen – auf Kontemplation ausgerichtet sind. Die Schwestern leben, beten und arbeiten im Kloster. Man trifft sie nicht geschäftig im Alltag auf einer Hauptstraße.
Die Benediktinerinnen leben nach der vom hl. Benedikt vor gut 1500 Jahren aufgestellten Regel, „wahrhaft Gott suchen“ zu wollen. Die Nonnen verpflichten sich in ihrem dreiteiligen Gelübde, für immer in ihrer Klostergemeinschaft zu bleiben. Diese Beständigkeit am Ort – es gibt keine Versetzungen von Haus zu Haus – entspricht dem Bemühen um Beständigkeit in Lebensstil und innerer Haltung. Das setzt andauende Arbeit an der eigenen Person voraus.
Die Benediktinerinnen streben in ihrem monastischen, also klösterlichen, kontemplativen Leben keine vordergründigen Leistungen an. Sie haben auch keine karitativen Aufgaben. „Der Sinn eines solchen Lebens ist die Anbetung Gottes, die Hingabe an den Dienst für ihn in Gebet und Lobpreis.“
In der täglichen Arbeit mühen sie sich, das ihrige zum Unterhalt der Gemeinschaft beizutragen, weil sie erst dann ‚wahre Mönche sind, wenn sie wie unsere Väter und Apostel von der Arbeit ihrer Hände leben‘ (Regel Benedikts, Kap. 48)“. In diesem Dienst ging Mutter Clementia auf.
Ihre Mitschwestern schreiben in einem Nachruf: „Am 2. Juli starb unsere Äbtissin, Mutter Clementia Killewald, im Alter von 62 Jahren. Wir empfinden tiefe Trauer, sind aber zugleich erfüllt von großer Dankbarkeit Gott gegenüber, der uns Mutter Clementia geschenkt hat.“
Mutter Clementia habe ihre Amtszeit unter das Leitwort „Dominus ipse faciet – Der Herr wird es fügen“ (Psalm 36,5) gestellt. Aus dieser Zusage habe sie gelebt, Gottvertrauen geschöpft und starken Glaubensmut bewiesen, Vertrauen, Offenheit und Wohlwollen geschenkt. Zugleich erfuhr sie selbst im Konvent und von Freundinnen und Freunden der Abtei hohe Wertschätzung. Immer hatte sie zudem einen Blick auf ihre große Familie.
Weiter heißt es in dem Nachruf: „Höhepunkt der Amtszeit von Mutter Clementia war die Heiligsprechung und Kirchenlehrererhebung Hildegards von Bingen durch Papst Benedikt XVI. am 7. Oktober 2012 in Rom. Der Konvent hatte sich darum seit Jahrzehnten bemüht und war maßgeblich an den wissenschaftlichen Vorbereitungen beteiligt. Mutter Clementia stellte die neue Heilige und Kirchenlehrerin am 7. Oktober 2012 auf dem Petersplatz öffentlich vor und erhielt für ihre Rede höchste Anerkennung.“
Wichtige Projekte fielen in die Amtszeit von Mutter Clementia, darunter die Gründung einer Klosterstiftung und Bauten an der Abtei.
Nach einer schweren Operation zu Beginn des Jahres 2015 nahm Mutter Clementia zwar noch einmal die Arbeit auf, zog sich nach einer weiteren Operation am 27. Mai dieses Jahres aber aus ihrem Äbtissinnenamt zurück. Die Schwestern schreiben auf ihrer Webseite: „Sie starb wie sie gelebt hatte, im Vertrauen auf Gottes Führung und in Dankbarkeit und Freude für alles Gute, das sie in ihrem Leben empfangen hat. Dass sie am 2. Juli, dem Gründungstag der Abtei St. Hildegard (2. Juli 1900), dem Tag der Vertreibung des Konventes durch die Gestapo (2. Juli 1941) und dem Tag der Heimkehr aus dem Exil (2. Juli 1945) zu Gott heimging, empfinden wir als besondere Gnade und Fügung Gottes.“
In der Todesanzeige für ihre Äbtissin em. schreiben die Mitschwestern: „Mutter Clementia hat unserer Gemeinschaft in Hingabe gedient. Nie hatte sie sich vorstellen können, einmal Äbtissin von Rupertsberg und Eibingen und damit Nachfolgerin der heiligen Hildegard zu werden. So ließ sie sich allein im Vertrauen auf die gütige Führung des Herrn auf seinen Ruf ein.“
Am 9. Juli feierten zahlreiche Menschen, darunter die große Familie sowie viele Äbte und Äbtissinnen, Mitschwestern, Mitbrüder und 30 Priester das Auferstehungsamt für die Verstorbene.
Zuvor hatte sich der Konvent im Kapitelsaal noch einmal von der Verstorbenen verabschiedet. Sechs Schwestern trugen den Sarg vor den Altar. An der Seite des Hauptzelebranten, des Abtpräses der Beuroner Benediktinerkongregation Dr. Albert Schmidt OSB konzelebrierte u.a. ihr „Weihe-Vater“ Altbischof Franz Kamphaus aus Limburg die österlich gehaltene Heilige Messe.  Sechs Mitglieder der Familie Killewald trugen den Sarg zum Friedhof. (eve)